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Ulrich Nachbaur, Lehrerinnenzölibat - Vorarlberg

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124 | 4. 1918 bis 1938ledig und 5,8 verwitwet, geschieden oder getrennt, waren also 42,4 Prozent dieser Frauen „alleinstehend“.Der österreichische Durchschnitt lag bei 62,3, 30,4, 7,3 bzw. 37,7 Prozent. 632 In derselbenAltersstufe waren in <strong>Vorarlberg</strong> 1934 der Frauen 62,3 Prozent verheiratet, 34,3 Prozent ledig und 3,4verwitwet, geschieden oder getrennt, also immer noch deutlich mehr als ein Drittel alleinstehend. 6334.8. „Fräulein“ oder „Frau Lehrerin“?Im Februar 1920 bestimmte Unterstaatssekretär Glöckel, dass allen definitiv angestellten weiblichenLehrkräften aller seinem Ressort unterstehenden Schulen, auch wenn sie ledigen Standes sind, künftigin mündlichem und schriftlichem Verkehr die Bezeichnung „Frau“ zuteil werde. 634 Der Landesschulratteilte den Erlass den <strong>Vorarlberg</strong>er Tageszeitungen mit, die ihn kurz berichteten. 635 Offenbar warenmit diesem „Titel“ 1914 zunächst nur Lehrerinnen an höheren Schulen bedacht worden. 636 Merkwürdig,aber vielleicht bezeichnend ist, dass Glöckel die Anrede „Frau“ wie einen Beamtentitel an dieDefi nitivstellung knüpfte. 1928 ordneten das Bundeskanzleramt und das Bundesministerium für Justizfür ihre Beamtinnen Ähnliches an. 637Die Verwendung von Anredeformen in <strong>Vorarlberg</strong> ist noch unerforscht. Auch hierzulande war „Frau“(wie „Herr“) jedenfalls über Jahrhunderte keine Geschlechts-, sondern eine Standesbezeichnung, diean sich nur Adeligen zukam. Insofern ist die frühneuzeitliche Bezeichnung „Lehrfrau“ für weltlicheLehrerinnen und „Schulfrau“ für die Frau des Schulmeisters bemerkenswert. Hinzu kamen „Klosterfrauen“,aber nicht alle. So wurden in den Lehrerschematismen nur Dominikanerinnen als „Frau“tituliert, allerdings nur die Chorfrauen, nicht die Laienschwestern, die als „Schwestern“ bezeichnetwurden. „Frau“ verweist hier noch auf den geistlichen Stand, für weltliche Lehrpersonen wurde in denSchematismen auf Anreden verzichtet.Das „Fräulein“ war noch im 18. Jahrhundert „ein junges und annoch unvermähltes Frauen-Zimmer,welches von adelichen Eltern geboren worden.“ 638 Nicht von ungefähr ließ das biedere Gretchen dengalantern Faust mit der Bemerkung abblitzen: „Bin weder Fräulein, weder schön / Kann ungeleit nachHause gehn“ (Goethe, Faust I, 1808). Nicht von ungefähr wurden weltliche adelige Damenstifte, wieFerdinand II. 1567 eines in Hall in Tirol stiftete, auch als „Fräuleinstifte“ bezeichnet. Parallel fand die632Volkszählung 1920, S. 49 u. 54, eigene Berechnungen.633Volkszählung 1934, S. 7, eigene Berechnungen.634VLA: LSR VIII 23A/1920 (283/1920): Erlass Staatsamt für Inneres und Unterricht/Unterrichtsamt, Wien19.02.1920.635VVB 04.03.1920, S. 3 (Der Titel „Frau“); VTB 05.03.1920, S. 1 (Frau Lehrerin); VW 06.03.1920, S. 2 (Der Landesschulratvon <strong>Vorarlberg</strong>).636Glöckel (wie Anm. 634) bezog sich in Abänderung auf den Erlass des Ministeriums für Kultus und Unterricht20.04.1914, Zl. 10236 ex 1913, der zu dieser Frage ergangen sein muss. Ich fand ihn weder im Protokollbuch desLandesschulrats noch im Verordnungsblatt des Ministeriums. – Vgl. ÖPW 14 (1919) 5+6, S. 90: Der Titel „Frau“für Fachlehrerinnen – abgelehnt (bezieht sich allerdings auf Böhmen).637Dür, Justiz, S. 267.638Zedler, Universallexikon 9, Sp. 1598.

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