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Ulrich Nachbaur, Lehrerinnenzölibat - Vorarlberg

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4. 1918 bis 1938 | 111vom Leder, 553 unter anderem gegen die Beibehaltung der Sonderbestimmungen bei der Bestellunggeistlicher Lehrpersonen und nicht zuletzt gegen den <strong>Lehrerinnenzölibat</strong>. Seit Jahrzehnten sei um dieFrage des Zölibats in allen staatlichen Berufen ein harter Kampf geführt worden. Mit der Erlangungdes gleichberechtigten Wahlrechts der Frauen in der Republik müsste er von vornherein erledigt sein.„Eine Frau deshalb ihres Postens zu berauben, weil sie ihr menschliches Recht zu heiraten ausübt, isteine Schurkerei – da wäre jeder andere Ausdruck zu milde – und man muß nur staunen, daß sich dieFrauen der christlichsozialen Partei gegen diese Misshandlung und Entehrung, ja Beschmutzung ihreseigenen Geschlechtes nicht wehren.“ Es handle sich um eine „ganz gemeine Versklavung“. Durchden Zölibat werde ein Mädchen nicht zum Engel. Verletze ein Geistlicher den Zölibat, sei dies schwernachweisbar, Frauen aber liefen Gefahr, schwanger zu werden. Man rede sich gerne auf die Bauernaus, doch es sei „ein rechter Pfaffengedanke […], es als ungehörig anzusehen, daß eine Frau, die sichin anderen Umständen befi ndet, vor den Augen der Schüler erscheint.“ 554Berichterstatter Otto Volker (1872 bis 1938), ein christlichsozialer Wiener Bürgerschuldirektor, bracheine Lanze für die Barmherzigen Schwestern. Dann stimmte die Mehrheit ohne weitere Wortmeldungden Gesetzen zu. 1923 konnten die paktierten Landes- und Bundesgesetze schließlich in Krafttreten. 5554.5. Offener Kampf der „katholischen Lehrerinnensektion“ um Frauenlehrstellen 1920 bis 1922Die Besoldungsreform von 1908 dürfte den Lehrberuf attraktiver gemacht, erstmals einen gewissenStellenandrang durch Junglehrer und Junglehrerinnen hervorgerufen haben, der durch den Krieg vorübergehendaussetzte, in den Nachkriegsjahren aber, in einer Zeit sinkender Schülerzahlen aufgrundgeburtenschwacher und durch Krankheiten dezimierter Jahrgänge, spürbar zunahm. 1918 besuchten21.000 Kinder <strong>Vorarlberg</strong>s Volksschulen, 1927 gerade noch 15.300 – über ein Viertel weniger. Erst ab1933 waren es wieder konstant rund 21.000. 556Nach 1918 herrschte zum ersten Mal auch in <strong>Vorarlberg</strong> ein Überangebot an Lehrpersonen in wirtschaftlichsehr schwierigen Zeiten.Zeichnete sich ein Mangel oder ein Überangebot auf dem Lehrermarkt ab, versuchten Schulbehördenallenthalben, über die Ausweitung oder Einschränkung der Ausbildungskapazitäten regulierend einzugreifen.557 Auf dieses Steuerungsinstrument griff nun auch das österreichische Unterrichtsamt zurück.Da die Zahl der sich um Stellen bewerbenden Lehrerinnen und in Wien auch der Lehrer weit über denBedarf gestiegen sei, beschränkte Unterstaatssekretär Glöckel für 1920/21 die Aufnahme in die staatlichenund privaten Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten. 558 Das entsprach auch den Forderungen553StenProt NR 1. GP 159. Sitzung 15.12.1922, S. 5052.554Alle drei Zitate StenProt NR 1. GP 159. Sitzung 15.12.1922, S. 5055.555Dafür war noch ein Beharrungsbeschluss des Nationalrats nötig: 205. Sitzung 13.07.1923, S. 6339–6340.556Ulmer, Schulstatistik 1918–1936, S. 358.557Vgl. für die Schweiz: Hodel, Kinder, speziell S. 712–724; für Deutschland: Bölling, Lehrerarbeitslosigkeit.558VLA: LSR VII-17/1921 (638/1921).

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