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Ulrich Nachbaur, Lehrerinnenzölibat - Vorarlberg

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12 | 1. Vor 17741.1. Deutsche Schulen und weltliche SchulmeisterinnenDie städtischen Lateinschulen blieben Knaben vorbehalten. Doch als zu Beginn des 16. Jahrhundertsmit dem Vordringen der Schriftlichkeit im bürgerlichen Alltag die Unterrichtung des Deutschen an Gewichtgewann, organisierten die Bürgerschaften in Feldkirch, Bregenz und Bludenz „Deutsche Schulen“,Vorläufer der Volksschulen, in denen Knaben und Mädchen unterrichtet wurden. 4 Eine Abbildungzeigt uns, wie 1553 in das Feldkircher Klassenzimmer ein Blitz einschlug und zwei der Mädchen traf,die vor dem Schulmeister in der ersten Reihe gesessen hatten. 5 In der größeren Stadt Freiburg imBreisgau wurden die Mädchen bereits getrennt und von einer bürgerlichen „Lehrfrau“ unterrichtet;diese Aufgabe übernahmen bevorzugt Ehefrauen der Latein- oder Deutschschulmeister. 6 Das hatteüber Jahrhunderte System. Für Feldkirch ist belegt, dass der Stadtrat 1593 in Ermangelung eines Provisors(Gehilfen) die Frau des Schulmeisters Fiener beauftragte, für ein Vierteljahr Schule zu halten. 7Für Bludenz wird 1544 eine „Meritha Schulmeisterin“ genannt, wobei unklar bleibt, ob sie tatsächlichunterrichtete. 8Die Schulordnung Erzherzog Ferdinands II. (1564 bis 1595) für Tirol und die Vorlande von 1586 verpflichtete den Schulmeister, die Knaben, und seine „Schulfrau“, die Mädchen zum Gottesdienst zuführen. 9 Entsprechend wurde die Ehefrau auch in die Bestallungsurkunden der Bregenzer Schulmeisterund 1700 in eine Bregenzer Lokalschulordnung aufgenommen. 10 Nach der erneuerten landesfürstlichenSchulordnung von 1747 hatte der Schulmeister zudem die Züchtigung der Mädchen, wohl derSittlichkeit geschuldet, durch die „Schulfrau“ vornehmen zu lassen. 11 Die Mädchenschule in Hall inTirol soll 1775 die erste Schule Österreichs gewesen sein, die mit weltlichen Lehrerinnen besetztwurde, mit zwei Lehrergattinnen. 12 In seinem Gutachten zur beabsichtigten Schulreform vertrat 1803der zuständige Staatsrat und Kabinettsreferent Martin Lorenz (1748 bis 1828) die Ansicht, die Fraudes Schulmeisters müsse in der Lage sein, die Mädchen neben den Handarbeiten auch im Lesen undKopfrechnen zu unterrichten. 13 Der josephinisch gesinnte Geistliche kannte die Dorf- oder Pfarrschule4Sander, Volksschule, S. 11; Kleiner, Volksschule, S. 22; Vasella, Bildungsverhältnisse, S. 43–46; Somweber,Deutsche Schule; Burmeister, Kulturgeschichte, S. 162; Burmeister, Bludenz, S. 144–145; Ulmer/Schöch, Generalvikariat8, S. 232–236; Flür, Fragmente, S. 77–115.5ZBZ/Handschriftenabteilung: NL Johann Jacob Wick (Wickiana) MS F 21, Bl 132r. – Abgebildet auch in: Bilgeri,<strong>Vorarlberg</strong> 3, vor S. 289.6Schadek, Freiburger Schulen, S. 474 u. 479. Vgl. z. B. auch Crotti, Lehrerinnen, S. 59–74, zu den frühen „Lehrfrauen“und „Lehrschwestern“ in der Schweiz.7Somweber, Deutsche Schule, S. 40.8Flür, Fragmente, S. 89–90, leider ohne Quellenangabe. Vgl. Burmeister, Bludenz, S. 145.9Ediert in: Boyer, Schulordnungen 3, S. 137–156 (Züchtigung: Pkt. 8, Messbesuch: Pkt. 9); vgl. Flür, Fragmente, S.105–107; Hirn, Ferdinand II., S. 229–334; Gönner, Lehrerbildung, S. 26.10Bestallungsurkunden: VLA: VOKA Bregenz: Urk. 5029 (1669), Urk. 3033 (1677); Schulordnung 1700: VLA: PfABregenz: Urk. 6410.11Ediert in: Boyer, Schulordnungen 4, S. 137–157.12Hölzl, Tirol 1972, S. 257.13Weiß, Volksschulplan, S. 206.

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