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Ulrich Nachbaur, Lehrerinnenzölibat - Vorarlberg

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110 | 4. 1918 bis 1938„Wenn Sie hineingeschrieben hätten,“ antwortete Preiß, „die Lehrerin darf bei Strafe der Entlassungund bei Verlust der Pensionsberechtigung nicht heiraten, würde es praktisch auf dasselbehinauskommen.“ 545 Die Sozialdemokraten blieben in ihrer Ablehnung allein.In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit wurde „Doppelverdienertum“ als „unmoralische Überversorgung“empfunden; 546 zumal wenn beide Ehepartner im öffentlichen Dienst standen, und erst recht, wennsolche Ehen kinderlos blieben: Die nationale Pflicht nicht erfüllen und auch noch doppelt verdienen!4.4. <strong>Vorarlberg</strong>er Schulgesetze im Nationalrat 1922Die Landesregierung hatte die Gesetzesentwürfe vorab dem Unterrichtsamt im Bundesministeriumfür Inneres und Unterricht zur Vorbegutachtung geschickt. Es hatte im März 1922 unter anderem höflichdarauf aufmerksam gemacht, dass die Aufrechterhaltung des <strong>Lehrerinnenzölibat</strong>s im Nationalratauf Widerstand stoßen könnte. 547Nachdem sich Bund und Länder in der Schulfrage nicht hatten einigen können, blieben sämtlicheKompetenzartikel des Bundes-Verfassungsgesetzes 1920 bis 1925 sistiert. Die bestehenden StaatsundLandesgesetze konnten bis dahin nur durch eine übereinstimmende Landes- und Bundesgesetzgebunggeändert werden, 548 für das Schulwesen sollte dies noch darüber hinaus gelten. 549 Das Bundesparlamenthatte demnach gleich lautende Gesetze zu erlassen. 550 Dieses System der paktiertenGesetzgebung wurde in den bisherigen Forschungen zum <strong>Lehrerinnenzölibat</strong> selten erkannt und kaumberücksichtigt, führte vielmehr häufi g zu Verwirrungen. 551 Erst mit der autoritären „Maiverfassung“1934 sollte – vorübergehend – eine Kompetenzverteilung vorgenommen werden: im Pflichtschulwesendie Grundsatzgesetzgebung beim Bund, die Ausführungsgesetzgebung bei den Ländern. 552Der Sozialdemokrat Karl Leuthner (1869 bis 1944), Redakteur der „Arbeiter-Zeitung“, zog am 15.Dezember 1922 im Nationalrat geharnischt gegen die Vorlagen aus dem „Land des Klerikalismus“545In der Spezialdebatte, StenSib 11. VLT 3. Tagung 1921/22, 17. Sitzung 31.03./01.04.1922, S. 51. – Vgl. VVB02.04.1922, S. 2.546Roellecke, Bewerberüberhang, S. 11.547VLA: AVLReg IX-826/1923: BM für Inneres und Unterricht/Unterrichtsamt an LH, Wien 12.03.1922.548Verfassungsübergangsgesetz, StGBl. Nr. 451/1920, § 42 Abs. 2 lit. f.549Vgl. Zeissl, Rechtsorganisation, S. 188–189. Zur Zentralisierung der Kompetenzen bis 1962 vgl. zeitnah Ermacora,Föderalismus, S. 235 u. 242–247.550Zum Gesetzgebungsprozess des Lehrergehaltsgesetzes, der Lehrer-Dienstpragmatik und des Katechetengesetzesfür <strong>Vorarlberg</strong>: StenProt NR 1. GP Blg 1239, 1326, 1375, 1637, 159. Sitzung 15.12.1922, S. 5051–5058,205. Sitzung 13.07.1923, S. 6339–6340; BGBl. Nr. 438/1923 (Lehrergehaltsgesetz), 439/1923 (Lehrer-Dienstpragmatik),440/1923 (Katechetengesetz).551Z. B. Kupec, Eheschranken, S. 67: „1923 erschien zu diesem Landesschulgesetz für Tirol ein Bundesgesetz,welches es novellierte.“552BGBl. I Nr. 239/1934, Art. 37. Vgl. Zeissl, Rechtsorganisation, S. 191; Engelbrecht, Bildungswesen 5, S. 274–275.

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