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Fight.Back.03 - APAP – Antifaschistisches Pressearchiv Potsdam

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<strong>Fight</strong>.Back.3 - 2006‚autonom‘ ja aufgrund ihres Aussehens, dass heisst sie ziehen sich zwaran wie sie es für einen Autonomen für richtig erachten, aber das war esdann auch schon, politischer Wert dabei gleich Null (...)“. Im Vorfeld derMobilisierung zu einem „Schwarzen Block“ auf einer Neonazidemonstrationerklärte eine Magdeburger Neonazi-Internetseite erbost: „Ein Zeichenvon politischer Radikalität ist dieser Mummenschanz sicherlich nicht,eher schon von persönlicher Schwäche, die mit oberflächlicher Selbstdarstellereiüberspielt werden soll (...) wer unsere politischen Zusammenhängemit einem Abenteuerspielplatz verwechselt, sollte lieber ganz schnellaus unseren Reihen verschwinden.“ Einige ostdeutsche Neonazis trugendaher am 1. Mai 2005 T-Shirts mit der Aufschrift: „Unsere Fahnen sindschwarz <strong>–</strong> unsere Blöcke NICHT!“. Im Nachhinein wurde dementsprechendkritisiert: „Nationale Sozialisten gehen nicht auf die Strasse umsich zu vermummen und einzuigeln. Wir wollen der Bevölkerung unsereAnsichten und Ziele mitteilen und vermitteln, da wirkt diese Art vonDemonstration eher beängstigend und abweisend der Bevölkerung gegenüber.“Nachdem auf einer Neonazi-Demonstration im November 2004 inBerlin u.a. Chart- und Hip-Hop-Musik gespielt wurde, warf Oliver Schweigertals ein Vertreter der alten Kameradschafts-Strukturen den „autonomenNationalisten“ vor: „Nicht nur das solches Geseiere nichts mitunserer Art zu tun hat, ja ihr vollkommend fremd ist, nein es widersprichtauch unserem politischen Wollen, welches sich gegen die, von den HenkernDeutschlands gewollte sog. Multikulturelle Gesellschaft, richtet.“ ImZusammenhang mit einer Neonazidemonstration in Magdeburg im Januar2005 brach der Konflikt zwischen Oliver Schweigert und den „autonomenNationalisten“ erneut aus. Dieses mal ging es um die gesuchte Auseinandersetzungder „autonomen Nationalisten“ mit autonomen AntifaschistInnenam Rande der Demonstration. In einer Stellungnahme mit dem Titel„Lügen haben kurze Beine! ‚Autonomer Nationalist‘ zeig mir mal deine.“beklagte er: „Ich war als Ordner im Bereich rechtseitig der Demonstrationeingesetzt. Durch undiszipliniertes Verhalten ist mir ein Blöckchen vonmöchte gerne superrevolutionären ‚autonomen Nationalisten‘ aufgefallen.Diese Leute waren zu keiner Zeit in der Lage sich dem Tag entsprechenddiszipliniert zu verhalten (...)“ Doch auch an anderen Stellen bröckelteder ANB- Gruppenzusammenhalt. So haben sich die Pankower Neonazisum Dirk Müller, Alex Elsholz und Christopher Wilhelm mit den Aktivistender Kameradschaft Tor aus Lichtenberg überworfen. Sie bezeichnen dieKS Tor als „Kameradschaft Selbststeller“ (im Sinne von Selbstdarsteller),sprechen von einer „Torproblematik“ (im Sinne Problem mit der KS Tor)und drohen den Aktivisten aus Lichtenberg intern körperliche Gewalt an.Auch bundesweit gibt es Stimmen die die „autonomen Nationalisten“ als„Störer“ empfinden. So landeten im März 2005 die „Autonomen Nationalisten“auf der Tagesordnung des fünften Arbeitstreffens des Nationalenund Sozialen Aktionsbündnis Mitteldeutschland (NSAM) in Thüringen:„Selbsternannte ‚autonome Nationalisten‘, Was bedeutet ‚autonom‘ undwie wollen wir, als breite Masse in Zukunft mit diesen Störern umgehen?“.Eine eindeutige Antwort auf diese Frage scheint die Neonaziszene nochnicht gefunden zu haben oder aus Angst vor der folgenden Auseinandersetzungnicht geben zu wollen.FazitIm Moment scheint sich zumindest in Berlin die jüngere Fraktion in derKameradschaftsszene unter dem Label „autonome Nationalisten“ gegendie alten Strukturen durchgesetzt zu haben. Eine Situation die in anderenRegionen, wie z.B. Hamburg, aufgrund führungsstarker Altkader unwahrscheinlichist. Die niedrig schwelligen Angebote der Kameradschaftscliquenan erlebnisorientierte rechts anpolitisierte Jugendliche wurden voneiner zunehmenden dynamischen Entwicklung, einem wachsenden Personenpotentialund einer höheren Mobilisierungsfähigkeit honoriert. Soscheint es für einige Aktivisten der Neonazi-Szene möglich zu sein, dassorganisations-soziologische Modell der Autonomen in Teilen zu kopieren.Da aber die inhaltliche politische Praxis <strong>–</strong>so weit vorhanden- zwangsläufigeine andere ist, erfolgt nur eine sekundäre Politisierung. Diese dürftekaum eine politische Nachhaltigkeit als Resultat bei den jugendlichenAktivisten hervorbringen. Die zunehmende Entpolitisierung der Kameradschaftsszeneunter dem Label „autonome Nationalisten“ kann alsinhaltliche Schwächung der Neonazi-Szene ausgelegt werden. Doch hiermuss entgegengehalten werden, dass durch das Ablegen des völkischenDogmatismus, die unverbindlichen organisatorischen Verpflichtungen unddie Erhöhung des Erlebnisfaktors eine zunehmende Anzahl von rechtsanpolitisierten Jugendlichen angezogen wird. In untergeordnetem Maßefinden auch jetzt noch politische Aktivitäten wie Mahnwachen für NS-Größen,Flugblattaktionen und Schulungen statt. Der Erfolg dieser Politpraxiswird sich erst in einigen Jahren zeigen. Dann wird sich abzeichnen wieviele von den jugendlichen „autonomen Nationalisten“ Gefallen an derPolitik finden und sich mehr und mehr in politische Strukturen begeben,wie viele sich irgendwann ausgetobt haben und ins bürgerliche Lebenzurückkehren, wie viele sich zurückziehen, wenn sie den ersten ernsthaftenGegendruck von AntifaschistInnen zu spüren bekommen und wie vielenach der ersten Bewährungsstrafe die Lust an ständiger Action verlieren.Neonazis am 1. Mai 2005 in Leipzig: „Nationale Sozialisten gehennicht auf die Strasse um sich zu vermummen und einzuigeln.“Analyse 5

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