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Fight.Back.03 - APAP – Antifaschistisches Pressearchiv Potsdam

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Browntown ReloadedEin Abriss zur Geschichte und Gegenwart rechterAktivitäten in Königs Wusterhausen und UmlandKönigs Wusterhausen, eine beschauliche Kleinstadt am südlichen Randvon Berlin. Die rund 33.000 EinwohnerInnen genießen das Ambiente imGrünen. Doch der harmonische Schein trügt: Königs Wusterhausen isteine Stadt wie jede andere. Eine Stadt mit einem Neonaz-Problem. VomAnfang der neunziger Jahre an bis heute gibt es im Ort kontinuierlichextrem rechte Aktivitäten. Bis 1999 gehen „insgesamt fünf Morde undunzählige Überfälle (...) auf das Konto, der mehrere hundert Personenumfassenden rechtsextremen Szene“ (1).Die NeunzigerSchon kurz nach dem Mauerfall war Königs Wusterhausen als Hochburgfür Neonazis und faschistische Organisationen bekannt. In der Regionwurden der Landesverband Berlin-Brandenburg der „FreiheitlichenDeutschen Arbeiterpartei“ (FAP) (2) sowie eine Sektion des rassistischenKuKluxKlan (3) gegründet. Neben Kameradschaftsaktivitäten hattenKader verschiedener Neonazi-Organisationen, wie beispielsweise das„Internationale Hilfskomitee für nationale politische Verfolgte und derenAngehörige e.V.“ (IHV) (4) ihren Aktionsschwerpunkt oder Wohnsitz vorOrt. Es wurden Wehrsport- und Sprengübungen, rechte Fußballturniereund Konzerte durchgeführt. Königs Wusterhausen hatte schon früh anbundesweit den Ruhm einer „browntown“.Ein rassistisches Weltbild war jedoch nicht nur unter den Neonazisverbreitet. Es war <strong>–</strong> und ist noch immer <strong>–</strong> fester Bestandteil in den Köpfenvieler Menschen in Königs Wusterhausen und Umland. Ein sehr abstoßendesund bezeichnendes Beispiel hierfür ist das Dorf Dolgenbrodt.1992 sollte ein ehemaliges Ferienlager im Ort zu einer Aufnahmestellefür Flüchtlinge umgewandelt werden. Die DorfbewohnerInnen sträubtensich. Einen Abend vor der Eröffnung brannte der damalige Neonazi SilvioJankowsky (Mitglied in der Nationalistischen Front) das Gebäude ab. DieDorfbewohnerInnen und allen voran der damalige Bürgermeister stehennoch heute unter dem Verdacht, den Neonazi für seine Tat bezahlt zuhaben.Ein Jahr nach dem Brandanschlag in Dolgenbrodt, der dem Ort den Titel„Erstes rassistisches Dorf“ einbrachte, kam die Region erneut in dieSchlagzeilen. Eine Gruppe junger Neonazis griff den Nigerianer Steve E.an, misshandelte ihn schwer und versuchte ihn im Anschluss im Scharmützelseezu ertränken. Dies konnte durch beherztes Eingreifen einesPassanten verhindert werden. Der an dem Übergriff beteiligte CarstenSzczepanski, Hauptakteur der damaligen Szene, wurde 1995 wegen Beihilfezu versuchtem Mord zu einer achtjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.Während seiner Haftstrafe begann er mit dem Verfassungsschutz (VS)zusammenzuarbeiten. Trotz der Schwere der Tat befand sich Szczepanskibereits Anfang 1997 wieder auf freiem Fuß. Fortan agierte er als V-Mann„Piato“ in Neonazi-Kreisen. Er pflegte weiterhin enge Kontakte zur bundesweitenNeonazi-Szene und gab das Fanzine „United Skins“ heraus.Auch in der NPD war er aktiv als Vorstandsmitglied des LandesverbandsBerlin-Brandenburg für den Bereich Organisationsleitung. Bei der Leitungdieses Referats stand ihm Reinhard Golibersuch zur Seite. Golibersuch,Beisitzer im Landesverband Berlin-Brandenburg, baute 1983, unterstütztvon Michael Kühnen, eine Gruppe der 1983 durch den Bundesministerdes Innern verbotenen neonazistischen „Aktionsfront Nationaler Sozialisten/NationalerAktivisten“ (ANS/NA) auf; er war auch Mitglied der am 24.Februar 1995 durch den Bundesinnenminister verbotenen FAP.Szczepanski eröffnete zudem einen Laden, mit dem er das Neonazispektrumvon Königs Wusterhausen mit Musik versorgte, auch war er indie Planung eines Rohrbombenanschlags involviert. Der Plan flog auf,doch Szczepanski kam ohne Verfahren davon. Weniger „Glück“ hatteer im Dezember 2002, als er sich abermals vor Gericht verantwortenmusste. Er hatte dem Sänger der <strong>Potsdam</strong>er Band „Bloodshed“ (ehemals„Proissenheads“), Uwe Menzel, ein Gewehr verschafft. Beide wurden zuGeldstrafen verurteilt.Goodbye Szcepansky, welcome NPD!Schon im Jahre 1997 gründete sich der NPD-Kreisverband Spreewald,der sich bis Ende 1999 bis nach KW ausbreitete. Sonnenwend- undReichgründungsfeiern am Anfang des neuen Jahrtausends gehörtenebenso zu dessen Repertoire wie Schlesienfahrten und Liederabende.Neben der Partei gab es auch die Kameradschaft „United Skins“. Diesewar eine militante Gruppe von Neonazis, welche bundesweit an Neonaziaufmärschenund Konzerten teilnahm. Sie konnte des Weiteren fürAngriffe auf alternative Jugendliche, MigrantInnen und Obdachlose verantwortlichgemacht werden. Ihre öffentliche Aktivität ebbte mit der Zeitab und reduzierte sich auf Schutzaufgabenbei NPD-Veranstaltungen und daseinmalige Verteilen von NPD-Propaganda.Höhepunkt der Arbeit der NPD wardie Durchführung eines Aufmarschs imJuni 2000 unter dem Motto „Gegen dasVergessen, gegen roten Terror“. Die NPDund ihre Jugendorganisation Junge Nati-Reinhard Golibersuch,langjähriger Neonazi Brandenburg 39

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