<strong>Fight</strong>.Back.3 - 2006Tibor Haraszti (Reinickendorf)André Kalicinski (Mitte)2. September 2002 REP-Kundgebung auf dem AlexanderplatzDie RepublikanerDer Umgang der NPD mit anderen rechten Parteien wie DVU und REPin Berlin ist durch das notwendige Bekenntnis zur NS-Ideologie und diedementsprechend historische Ausrichtung aktueller Politik geprägt. DaREP und DVU bürgerlicher rekrutiert sind als die NPD kam es hier zuReibungspunkten einzelner Politiker mit ihren Parteivorständen. Im Juni2003 konnte sich der damalige Landesvorsitzende der RepublikanerBernd Bernhard nicht gegen den Bundesvorstand seiner Partei durchsetzen,die Distanz zur NPD aufzulösen und trat zusammen mit dem BerlinerPressesprecher von seinen Ämtern zurück.Mit nur zwei aktiven Kreisverbänden in Reinickendorf und Mitte könnendie Republikaner in Berlin schon seit Jahren ihr rechts-konservatives Profilnur knapp halten, was sich auch in den miserablen Wahlergebnissen von0,5 % zur Bundestagswahl 2005 und immerhin 1,4 % zur Europawahl2004, niederschlägt. Ihre Bundeszentrale in der Garbáty-Villa in Pankowhaben sie dementsprechend aufgegeben und sind in ein kleines Büroin der gleichen Straße gezogen. Die Schwäche der REPs macht sich dieNPD zu Nutze und kann wenige REPs und deren WählerInnenschaft fürsich gewinnen. In Sachsen hat sich ähnliches vollzogen, als einen Tag vorder Wahl im September 2004 die sächsische Landesvorsitzende der Republikaner,Kerstin Lorenz, ihren Austritt aus der Partei und ihren Beitrittzur NPD verkündete und damit eine bisher fehlende Perspektive für REPsöffentlich sichtbar machte.Konrad Voigt, Landesvorsitzender der REPs in Berlin trat im Januar2005 ebenfalls aus der Partei aus und erklärtezeitgleich mit REP-Funktionären aus Hamburg undSachsen seinen Beitritt zur NPD. Die REP-Führunghabe „die historische Stunde zum gemeinsamenKampf aller Patrioten für unser Vaterlandverschlafen“ und sich in das „selbstgewähltepolitische Abseits“ gebracht. Das Bedürfnis desBerliner Landesverbands, die Politik an der NPDauszurichten, scheiterte also bisher am Bundesvorstandund den 1990 vereinbarten „RuhstorferKonrad VoigtAbgrenzungsbeschlüssen“. Ein weiterer Versuchaus diesem Dilemma auszubrechen ereignetesich in Spandau nach der Bundestagswahl 2005.Im Oktober 2005 gründete Beate Neitzel zusammenmit ihrem Mann, dem langjährigen SpandauerREP-Vorsitzenden Olaf Neitzel und demSpandauer REP-Sprecher Roland Hirsch, sowieOliver Straube, Mitglied des Landesvorstands derREPs, einen lokalen Ableger der Familienpartei inSpandau. Nach Hinweisen von AntifaschistInnenging die Familienpartei gegen das ungeliebte KindPeter Warnstmit rechtlichen Schritten vor.Die REP-Kreisverbände Tiergarten, Mitte und Wedding vereinigten sich imApril 2005 und werden vom Landesvorsitzenden Peter Warnst (gelernterPolizeibeamter, 34) geleitet. Sein Stellvertreter für den Landesvorsitz istTibor Viktor Haraszti (27), der seit 2003 den Kreisverband Reinickendorfleitet, wo er auch zur Wahl antrat. Weiterhin aktiv im KreisverbandReinickendorf sind Peter Blank und Uwe Barteis. Marieluise Jeschke istLandesschatzmeisterin. Die anderen Kreisverbände sind in ihren Aktivitätennicht oder nur kaum wahrnehmbar. Der Vollständigkeit halber seien dieKreisvorsitzenden dennoch erwähnt: Karsten Kosgalwies (Friedrichshain),Thomas Weisbrich (Lichtenberg), Günther Nestmann (Marzahn-Hellersdorf),André Kalicinski (Mitte), Marina Posse (Neukölln), Michael Rauschenbach(Pankow), Axel Günther (Steglitz), Reinhard Haese (Tempelhof).FazitDie NPD Berlin versucht seit einiger Zeit durch die verstärkte Zusammenarbeitmit Freien Kameradschaften aus dem Dornröschenschlaf einerWahlpartei zur Aktionspartei mit kontinuierlicher Lokalpolitik aufzugehen.Damit verliert die NPD an BürgerInnennähe und wird als eine gewalttätigagierende Gruppierung wahrgenommen, die eine bestimmte jugendlicheKlientel anspricht. Ob diese Klientel, mit der Herabsetzung des Wahlaltersauf 16 Jahre bei der Abgeordnetenhauswahl 2006 groß genug für eineBeteiligung im Senat ist, bleibt abzuwarten.Der personelle Rückhalt durch die Kameradschaftsaktivisten und der logistischeAufwand durch die einzelnen Berliner NPD Kader verschafft demLandesverband neuen Aufwind und einigen Kreisverbänden wie Pankoweine aktionistische Außenwirkung. Die Gründung neuer Kreisverbände wiez.B. in Neukölln sind eher formal und werden wahrscheinlich nur zu Wahlkampfzeitenaufrechterhalten. Inhaltlich hat der Landesverband nicht vielzu bieten und richtet seine Politik stur am Bundesvorstand aus. Ob das sobleibt, wird sich zeigen, wenn der gleichzeitige Kuschelkurs zur DVU undden Kameradschaften lokal nicht mehr zu vereinbaren ist.Mit einem jugendkulturellen Angebot versucht die NPD für Jugendliche,ihre WählerInnenschaft, wieder attraktiver zu werden. Das Eindringen derNPD und ihrer Anhänger in bisher nicht-rechte Subkulturen hat neben derEnttabuisierung rechter Denk- und Verhaltensweisen auch ein Aufweichender Neonaziszene zur Folge. Die Spaltungen der letzten Jahre in Brandenburgund auch in Berlin um die „Jugend Wacht“ sind Ausdruck dieserneuen Entwicklung.Über den juristischen Weg schafft es die Partei sich in bürgerliche Räumeeinzuklagen und Aufmärsche durchzusetzen, was wiederum dem Selbstbewusstseinzugute kommt. Dennoch ist die neue Dynamik nur Produktder teilweisen Fokussierung des Bundesvorstands auf den Wahlkampf inBerlin und dem Wirken von einigen Selbstdarstellern wie Eckart Bräunigerund Jörg Hähnel. Ob eine kontinuierliche Parteiarbeit ohne oder entgegender Politik der Freien Kameradschaften möglich ist, und wie sich die BerlinerNPD beim ersten großen Streit in den neu geschlossenen Bündnissenverhält, kann interessant werden. Zumindest liegt hier viel Potential zurSpaltung.<strong>Antifaschistisches</strong> Engagement in der Hauptstadt muss die fließendenÜbergänge und Bündnisse von „unabhängigen Nationalisten“ und derNPD stärker ins Blickfeld rücken und die lokale NPD mehr zum Themamachen. Weiterhin bleibt die 2000 nach Köpenick gezogene Bundeszentraleund die von dort aus gesteuerte bundesweite Politik Inhalt antifaschistischerArbeit, da sie maßgeblich für den Aufschwung des BerlinerVerbandes verantwortlich ist.Fußnoten(1) TAZ, 09.02.2004 „Die NPD Prignitz will rein doitsch bleiben“(2) 24. April 2005: Ein Wahlkampfstand der NPD am Lindencenter inHohenschönhausen wird von dem Kreuzberger Andrew Hanisch und demNPD Kreisvorsitzenden für Lichtenberg-Hohenschönhausen Claus Schadebetreut. Als sich Jugendliche in kritischer Absicht nähern zieht Hanischein Pfefferspray. Danach wird der Stand im gegenseitigem Einvernehmenabgebaut.31. Juni 2004: Die NPD macht am Bhf. Schönhauser Allee einenInfostand. Als ein Passant Infomaterial zerreißt wird er von dem NPDlerAndrew Hanisch verfolgt, gewürgt und zu Boden gezerrt.(3) Zündstoff Heft 4/99, S. 120 Strukturen
<strong>Fight</strong>.Back.3 - 2006Reichsbürger:deutsche AntisemitenReichsbürger bei einem Neonaziaufmarsch in Dresden am 13. Februar 2005: Mit Palästinenser-Tuch:Rainer J. Link, rechts daneben mit weißer Mütze Wolfgang Hackert, rechts dahinter Gerd WaltherInnerhalb der neonazistischen Szene in Deutschland haben sich dieäußerst merkwürdig erscheinenden Reichsbürger unter der FührungHorst Mahlers als so genannte Reichsbewegung formiert. Der politischeWeg Mahlers dürfte hinlänglich bekannt sein - von der Mitgliedschaft imSozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS), als „APO-Anwalt“ einerder Wortführer in der 68er außerparlamentarischen Opposition sowie als„RAF-Kämpfer“ der 70er hin zur heutigen extremen Rechten.Horst Mahler, der sich selbst als „eine weltbekannte Person der Zeitgeschichte“bezeichnet, hat sein ganzes Tun und Handeln der Wahnvorstellungvon der „jüdischen Weltverschwörung“ untergeordnet. Seine sogenannte Beweisführung zur „Endlösung der Judenfrage“ (O-Ton Mahler)verbreitet er in pseudowissenschaftlichen bzw. pseudophilosophischenTexten hauptsächlich im Internet. Horst Mahler knüpft eindeutig ameliminatorischen NS-Antisemitismus an. Für die Gemeinde der deutschenHolocaustleugner und Revisionisten ist er zum Vordenker geworden unddie von ihm entwickelten Strategien werden von seinen teilweise auchunterbelichteten AnhängerInnen umgesetzt. Mittlerweile ist Mahler aufgrundseiner antisemitischen Aktivitäten verurteilt worden und die weitereAusübung seines Berufes als Rechtsanwalt ist ihm untersagt. Das hindertihn allerdings überhaupt nicht daran seine Aktivitäten fortzusetzen.Mahlers große Erleuchtung dieser Tage besteht darin, dass „Die wegenLeugnung des Holocausts Verfolgten“ jetzt „zu Verfolgern“ werden, indemSie „die Große Lüge“ jagen, „deren Tage gezählt sind“. Mahler will die Justizmit einer Fülle von so genannten Holocaustverfahren überschwemmenund plädiert daher in seinen Kreisen für „eine organisierte Selbstanzeigenkampagne“.Hierin sieht er einen „zielorientiert geführten Freiheitskampf“und solch eine Kampagne würde „im Rahmen des Feldzugesgegen die Offenkundigkeit des Holocausts den Zusammenbruch derFremdherrschaft über unser Volk wesentlich beschleunigen“.Das Jagen der „großen Lüge“ besteht denn u. a. auch darin, dass Mahlerselbst, aber auch seine „Reichsbürger-Gefolgschaft“ Briefe, Faxe und E-Mails verschicken, in denen sie den Adressaten vorwerfen sich „als Kollaborateureder Feindmächte eines schweren Kriegsverbrechens gegen dasDeutsche Volk schuldig gemacht” zu haben und sie sich „demnächst vorGerichten des Deutschen Reiches wegen dieser Verbrechen verantworten”müssten. Und unverhohlen drohen sie dann auch damit, dass „Nachdem fortgeltenden Reichsrecht“ darauf „die Todesstrafe steht“. Politiker,Juristen und im pädagogischen Bereich Schule und Kita tätige Menschen,werden auf diese Weise von Mahler und seinen „Reichsbewegungs-Aktivisten“bedroht und belästigt.Zu Mahlers “Reichsbewegung” gehört auch Gerd Walther aus Haselhorst,einem Ortsteil von Spandau. Der Lebensinhalt des fanatischenAntisemiten besteht ebenfalls darin, die „jüdische Weltverschwörung“ zubekämpfen. Gerd Walther ist auch, wie etliche andere „Reichsbürger“, „InGeschäftsführung ohne Auftrag für das Deutsche Reich“ unterwegs undverschickt mit diesem Briefkopf u. a. Briefe an LehrerInnen, in denen erein Droh-Szenario gegen die betreffende Person aufbaut. So verfasste„Reichsbürger Walther“ am 30. April 2004 einen „Offenen Brief“ an einenSchulleiter in Bernau bei Berlin, in dem er einleitend schreibt „Die BundesrepublikDeutschland ist am Ende. Die Handlungsfähigkeit des DeutschenReiches wird wieder hergestellt. Denken Sie jetzt an Ihre persönlicheZukunft.“, um dann die Drohung auszusprechen „…. Ihnen in demdemnächst vor dem Reichsgericht gegen Sie stattfindenen Strafverfahrenwegen Landesverrats die Einlassung zu widerlegen, dass Sie sich desIhnen vorgeworfenen Verrats am Deutschen Volke nicht bewusst gewesenseien.“ Untermauern will Walther seine Mitteilung an den Schulleiter miteiner Rede von Prof. Dr. Carlo Schmid vor dem Parlamentarischen Rat am8. September 1948 in der es wohl u. a. heißt dass „die BundesrepublikDeutschland kein Staat, sondern nur die Organisationsform einer Modalitätder Fremdherrschaft sei“ Dieses Konstrukt ist bei den „Reichsbürgern“Dreh- und Angelpunkt ihrer Sicht auf die Dinge. Und weiter halluziniertWalther in dem Brief „Sie stehen an vorderster Front, wenn es gilt, unsereJugend mit der Auschwitz-Lüge seelisch zu vergiften“, um dann denSchuleiter abschließend zu beratschlagen „Sie werden hiermit auf dieMöglichkeit der tätigen Reue hingewiesen und aufgefordert, im Geiste vonTauroggen das Vasallenverhältnis zu den USA innerlich aufzukündigenund künftig mit allen Ihren Handlungen an der Schule das wohl des DeutschenReiches und seines Volkes in den Mittelpunkt zu stellen. In ersterLinie wird von Ihnen erwartet, beim Aufstand für die Wahrheit, der am 30.Juli 2003 auf der Wartburg begann, dabei zu sein”. Die Verteilung diesesBriefes vor Bernauer Schulen zog eine Anklage wegen Volksverhetzungnach sich. Am 28. Juni 2005 begann die Verhandlung gegen Gerd Walther,Dirk Reinicke, Wolfgang Hackert und dem früheren Schatzmeisterdes VRBHV Rainer J. Link vor dem Bernauer Amtsgericht. Das Verfahrenist mittlerweile auf unbestimmte Zeit vertagt.Weitere Gerichtsverfahren gegen den einschlägig bekannten Personenkreisaus dem Spektrum der „Reichsbewegung“ und des VRBHV sindanhängig.Als Verteidigerin tritt in all diesen Prozessen die Anwältin Silvia Stolz auf,jedoch sitzt Horst Mahler im Hintergrund und hält die Fäden in der Hand.Strukturen 21