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Fight.Back.03 - APAP – Antifaschistisches Pressearchiv Potsdam

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<strong>Fight</strong>.Back.3 - 2006nern am Volkstrauertag 2004 an einer Feierstunde auf dem Garnisonsfriedhofam Columbiadamm in Tempelhof und legten einen Kranz derNPD-Pankow ab. Die Wahlkämpfer eines Infostands der NPD in Pankowfuhren am 20. November 2004 zu einem Aufmarsch von Kameradschaftenin Lichtenberg, „zur Unterstützung der Demonstration“.Aber auch andere NPD-Funktionäre pflegen gute Kontakte zur Kameradschaftsszene.So wurde auch der 32 jährige NPD-Kassenwart, MatthiasWichmann Kandidat im Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf öfter zwischenKameradschaftsmitgliedern gesehen. So beteiligte er sich am 8. Mai2005 in Berlin lieber am „Schwarzen Block“ der freien Kameradschaftenals mit NPD Fahne zu erscheinen.René Bethage, ein langjähriger NPD-Funktionär, trat im September 2003gar aus der Partei aus, um intensiver mit Kameradschaften zusammenzuarbeitenund seine eigene in Treptow-Köpenick, die „Berliner AlternativeSüd-Ost“ (BASO), zu gründen. Bethage führt das NPD Jugendkonzept fortund fordert ein nationales Jugendzentrum in Treptow/Köpenick, z.T. auchmit Erfolg im bürgerlichen Lager. Bethage war in der NPD der „Demonstrationsmotor“und leitet nun eine große Gruppe Jugendlicher aus Schöneweide,mit denen er seinen Aktionismus auslebt. Zu seinem Schritterklärte er: „Die NPD hat den Fehler gemacht, alles von oben nach untendurchzudrücken. Aber wenn man keine funktionierende Basis hat, klapptes eben nicht.“ Genau diese Basis baut er nicht nur auf <strong>–</strong> sie kommt derNPD auch zugute.Gemeinsamer WahlkampfEinen breiten Zustrom von Freien Kameradschaften in die NPD aufgrundder gegenseitigen Annäherung gibt es bisher nicht, vielmehr wird punktuellund im Wahlkampf gezielt zusammengearbeitet.So konnte die Partei in einigen Bezirken Berlins einen aktionistischen undAufsehen erregenden Bundestagswahlkampf 2005 nur mit personellerUnterstützung und teils unter der Leitung von Kameradschaftsführerndurchstehen. Die Berliner Sektion des MHS und Aktivisten aus den imMärz 2005 verbotenen Kameradschaften BASO und Tor, verhalfen derNPD in Berlin durch Straßenaktivismus und öffentlichem Wirbel höchstwahrscheinlichzu ihrem hohen Wahlergebnis.Die Kameradschaften reagierten auf die Verbote mit der Neugründungder JN Berlin im April 2005, deren Politik sie bestimmten, aber vor derenKarren sie sich auch vorbehaltlos spannen ließen. Aktivisten der „JN-Berlin“störten zahlreiche Veranstaltungen bürgerlicher Parteien wie SPD undPDS, und versuchten ihrem Kandidaten Udo Voigt in Köpenick den Weg zuöffentlichen Veranstaltungen frei zu machen.Die JN ist zumindest in Berlin keine eindeutige Vorfeld- und Rekrutierungsorganisationfür die NPD mehr, sondern eher Sammelbecken fürNeonazis, die ihrer Politik ein legales Label verpassen wollen, kommenund gehen wann sie wollen und ihre Loyalität zur NPD allem anderenunterordnen. Der Treptower Markus Loszczynski, ehemaliges Mitgliedder BASO wurde im November 2005 sogar in den Bundesvorstand der JNgewählt. Unter diesen Vorzeichen sind auch die Neugründungen von sog.„JN-Stützpunkten“ in Treptow-Köpenick und Pankow im April 2005 und inNeukölln im September 2005. Die Kameradschaftlerin Stefanie Piehl tratin der Öffentlichkeit als „JN-Stützpunktleiterin“ auf.Die bundesweite Verbreitung der juristisch unbedenklichen sog. „SchulhofCD“ der NPD wurde in den letzten Wochen vor der Wahl 2005 gestartet.Sie setzte da an, wo die Freien Kameradschaften mit ihrem indiziertenPendant „Anpassung ist Feigheit <strong>–</strong> Lieder aus dem Untergrund“ (ProjektSchulhof) von 2004 aufgrund der staatlichen Repression nicht mehrweiterkamen. Während die Freien auf klandestine Verteilaktionen setzten,lud Stella Palau, Sprecherin der Berliner NPD, MedienvertreterInnenmorgens vor Schulen und kündigte an, zwischen 10 und 15 Schulentäglich zu beliefern. Mit der starken Öffentlichkeit der NPD im Wahlkampfund der Mobilisierungsstärke der Freien Kameradschaften konnte inBerlin an mindestens sechs Schulen die CD verteilt werden. Doch wennfreie Kameradschaften als Erfüllungsgehilfen für die NPD an solchenAktionen teilnahmen, kam es auch zu gruppendynamischen Gewalttätigkeiten:Am 12. September 2005 verteilten mehrere schwarz gekleideteKameradschaftler zusammen mit NPD-Funktionären vor der Rudolf-Virchow-Gesamtschulein Marzahn und griffen eine Lehrerin an, die CDswieder einsammelte. Andreas Storr (37), der ehemalige Chef der JN undder Berliner NPD und 2005 Kandidat in Charlottenburg, entriss ihr dieCDs gewaltsam und flüchtete zunächst unerkannt. Jetzt ist er mit einerAnzeige wegen Raub konfrontiert.Obgleich der Aktivismus der Kameradschaften durch Spontandemonstrationengegen Polizeiwillkür u.ä. den NPD- Wahlkampf dynamischgestaltete, lässt sich resümieren, dass sich die Kameradschaften in Berlininhaltlich nicht weiter entwickelt haben und eigene Aktionen unabhängigzum Wahlkampf der NPD immer weniger wurden.Aber auch auf andere Hilfe konnte sich die NPD im Wahlkampf verlassen:Die freien Redakteure beim Offenen Kanal Berlin Bernd Zikeli und EwaldFrank, organisierten mehrere Sendungen im Sommer 2005, in denen siez.B. Claus Schade eine Stunde lang sein Programm erklären ließen oderdie Pressekonferenz des NPD-Bundesvorstands mit Udo Voigt und demParteivorsitzenden der DVU Gerhard Frey zum gemeinsamen Wahlantrittübertrugen.Rechtes Wahlbündnis13. August 2005: NPD Stand am Alexanderplatz wird von Freien Kameradschaftenbetrieben. Mitte: Christian Banaskiewicz, r. Sebastian SchmidtkeDie DVU trat zusammen mit der NPD als rechtes Wahlbündnis zur Bundestagswahl2005 in Berlin an. Der Berliner DVU Landesverband entfaltetaußer gelegentlichen „politischen Stammtischen“ keinerlei Aktivitätenund orientiert sich an den Vorgaben der Münchener Parteizentrale.Lediglich der Beisitzer im Berliner Landesverband, Sascha Kari, nimmtkontinuierlich an Aktionen von Berliner Kameradschaften teil.Ziel der Wahlbündnisse zwischen DVU und NPD ist es, sich lokal nicht insGehege zu kommen und sich nicht gegenseitig die WählerInnen wegzunehmen.In Berlin trat die DVU-Kandidatin Manuela Tönhardt mit auf derNPD Liste an, während in Brandenburg nur die DVU wählbar war.Solche Wahlbündnisse gerieten NPD-intern in die Kritik, weil sie nachaußen die Partei programmatisch ambivalent erscheinen ließen. Der Paktaus NPD und DVU stelle ein „rechts-reaktionäres, national- und sozialdemagogischesBündnis dar, welches mir schon länger Bauchschmerzenbereitet“, schrieb Stefan Rochow, Chef der JN, in einem offenen Brief. Esgebe in der Partei „Stimmen, die das was einige Herren an Schaumschlägereiin den Medien betreiben, sehr kritisch sehen“, so Günther Deckert,ehemaliger Bundesvorsitzende der NPD, der im Oktober 2005 von allseinen Ämtern in der Partei enthoben wurde. Freie Kameradschaftengehen da einen Schritt weiter und verkündeten auf der Homepage www.wahlboykott.tk: „Wir Nationale Sozialisten können nicht ernsthaft annehmen,daß unser Zukunftsentwurf Wirklichkeit wird, wenn wir für Figurenwie Frey, Schwerdt, Marx (...) und den Abschaum von der DVU Wahlkampfmachen“.Anders als in anderen Wahlkreisen muss der NPD-Bundesvorstanddie Wahlbündnisse nicht gegen die Basis durchdrücken und wird vomBerliner Landesverband unterstützt. Am 21. August 2004 diskutierten dieBerliner NPDler Eckart Bräuniger, Claus Schade und Jörg Hähnel mit demstellvertretenden Parteivorsitzenden Holger Apfel öffentlich im TempelhoferRathaus „warum sich die nationalen Parteien nicht zusammenschließen“.Eine Veranstaltung zu „Zahlen zur Ausländerpolitik“ musste vomLandesvorstand gerichtlich erstritten werden, da der Bezirk versucht hatteder NPD die Räume zu verweigern. Auf der Veranstaltung sprachen nebenBräuniger auch der DVU-Landesvorsitzende Dietmar Tönhardt zum Bündnisbeider Parteien. Die Veranstaltungen rechter Parteien im TempelhoferRathaus haben Kontinuität. Mindestens zweimal im Jahr mieten NPD oderREP die Räume, um Veranstaltungen abzuhalten. Mit mäßiger Beteiligungaber um so mehr öffentlicher Unmutsbekundungen.Strukturen 19

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