94 I. Teil. <strong>Die</strong> Beobachtungstatsachenist die, daß <strong>der</strong> Donner durch den Zusammenstoß <strong>der</strong> Wolken entstehensoll. Aber schon <strong>der</strong> Englän<strong>der</strong> Hooke gab ein halbes Jahrhun<strong>der</strong>tvor Franklin die richtige Deutung. Der Donner entstehtdurch den Schall <strong>der</strong> Luftwellen nach den leuchtenden Entladungen.Eine genaue Untersuchung über die Fortpflanzung des Donners verdankenwir Meinardus 105 ). Er geht aus von den Blitzen ohne wahrnehmbaresGeräusch und unterscheidet dabei zwischen objektiven undsubjektiven Blitzen. Unter jenen versteht er das Sichtbarwerdeneiner elektrischen Entladung, bei <strong>der</strong> ein stiller Ausgleich <strong>der</strong> Spannungenerfolgt, unter diesen die Blitze, die wohl mit Lufterschütterungenverbunden sind, bei denen jedoch die Schallwellen das Ohrdes Beobachters nicht erreichen. <strong>Die</strong>se subjektiven Blitze sind auchbei uns sehr häufig. Man kann bei jedem <strong>Gewitter</strong> die Erfahrungmachen, daß, selbst wenn <strong>der</strong> Himmel schon von den grellsten Blitzenerleuchtet ist und <strong>der</strong> Wolkenkragen sehr weit gegen den Zenith vorgerücktist, noch kein Donner gehört wird. <strong>Die</strong> Schallweite des Donnersreicht nur selten 40 bis 50 Sekunden nach dem Blitz, d. h. in <strong>der</strong> Regelnicht mehr als 15 km, eine höchst auffallende Tatsache, die nichtallein durch die geringe Stärke des Donners erklärt werden kann.Vielmehr muß man dafür die Luftschichten, die <strong>der</strong> Schall durchdringtund an denen eine Brechung (Refraktion) <strong>der</strong> Schallwellen stattfindet,verantwortlich machen. Maßgebend ist in erster Linie die Temperaturän<strong>der</strong>ungmit <strong>der</strong> Höhe, ferner die Luftdruck- und Dampfdruckän<strong>der</strong>ung,sowie <strong>der</strong> Wechsel <strong>der</strong> Windrichtung und Stärke mit <strong>der</strong>Höhe. Allerdings wird <strong>der</strong> einfache Vorgang <strong>der</strong> Schallbrechung durchmancherlei Umstände abgeän<strong>der</strong>t, so vor allem durch die Reflexion<strong>der</strong> Schallwellen an den Wolken und an <strong>der</strong> Erdoberfläche mit ihrenvielen Unebenheiten.Experimentelle Untersuchungen über die Schallwellen <strong>der</strong> Luftbeim Donner hat W. Schmidt 106 ) ausgeführt. Indem er diese Schwingungendurch leichte Metallplatten o<strong>der</strong> eine rußende Flamme sichtbarmachte, zeigte er, daß das eigentliche Rollen, das „Echo" im Gegensatzzum direkten Schall des Donners, das man früher fälschlich durch die106 ) W. Meinardus, Über das Wetterleuchten. Meteorol. Zeitschr. 12, 14(1895).106 ) W. Schmidt, Über das Wesen des Donners. Wiener Sitzungsberichte IIa,123,821 (1914). — Welche Arten von Schallreflexion kommen für Donner in Betracht ?Meteorol. Zeitschr. 31, 33 (1914).
Der Kugelblitz 95Länge <strong>der</strong> Blitzbahn erklärte, zum Teil von intermittierenden Entladungen,zum Teil von <strong>der</strong> Reflexion <strong>der</strong> Schallwellen herrührt. <strong>Die</strong>seReflexion ist möglich an den Wolken, aber auch an <strong>der</strong> Grenze zweierLuftschichten von verschiedener Feuchtigkeit o<strong>der</strong> Temperatur. Nurim letzten Fall kommt eine merkliche Energie für den reflektiertenSchall heraus. Je mehr sich <strong>der</strong> Einfallswinkel <strong>der</strong> Schallwellen aufdie Grenzschicht dem Fall <strong>der</strong> totalen Reflexion nähert, um so stärkerwird das Rollen des Donners.Das Wetterleuchten stellt meistens eine Aufhellung <strong>der</strong> Wolkeno<strong>der</strong> Himmelsteile dar durch Blitze entfernter <strong>Gewitter</strong>. Oft ist aberdas Wetterleuchten auch ein naher Flächenblitz, unter welchemNamen man seit Arago die Blitze zusammenfaßt, die ganze Umrisseeiner Wolke, häufig auch die ganze Wolkenoberfläche entladen. Daß<strong>der</strong> Flächenblitz nicht etwa nur ein von Wolken verdeckter Linienblitzist, geht aus seinem Spektrum hervor, das nicht ein Linien-,son<strong>der</strong>n ein Bandenspektrum ist, und zwar überwiegen meistens dieStickstoffbanden. <strong>Die</strong> Entladunggsdauer ist beim Flächenblitz meistenserheblich länger als beim Linienblitz, meist dauern die Flächenblitze0,1 Sekunde.6. Der KugelblitzEs ist seit langem bekannt und durch eine Fülle guter Beobachtungenverbürgt, daß die elektrischen Entladungen bei <strong>Gewitter</strong>naußer in Form von Linien- und Flächenblitzen auch in Form vonFeuerkugeln erfolgen kann. Vor allem Arago hat diesen eigentümlichenErscheinungen seine Aufmerksamkeit gewidmet und eine Reiheklassischer Berichte über Kugelblitze gesammelt. In Deutschland hatSaut er 107 ) in Ulm ein großes Material zusammengetragen.Der Kugelblitz ist uns noch heute ein Rätsel. Wenn auch, vorallem durch die Untersuchungen Töplers, manches neue Licht aufdie Erscheinung gefallen ist, so gilt doch im großen und ganzen heutenoch, was L. Weber 108 ) vor fast 40 Jahren darüber ausführte. „Jeweiter die exakte Forschung fortschreitet, um so größer wird die Ver-107) prof s auter, Über Kugelblitze. Beilage zum Programm des Realgymnasiumsin Ulm 1892.108 ) L. Weber, Über den gegenwärtigen Stand <strong>der</strong> Kugelblitzfrage. Meteorol.Zeit sehr. 2, 118 (1885).