48 I. Teil. <strong>Die</strong> Beobachtungstatsachenan eine Wirkung <strong>der</strong> Pulvergase. Selbst nachdem das durch Laboratoriumsversuchewi<strong>der</strong>legt war, hielt man an <strong>der</strong> Wirkung des Hagelschießensfest. Versuche im großen Stil, die im Jahre 1896 in Steiermarkin Gegenwart zweier führen<strong>der</strong> Meteorologen, Pernter undTrabert, ausgeführt wurden, ergaben aber ebenfalls kein Resultat.Man verwendete dabei Kanonen mit großen Trichtern, die große Raucho<strong>der</strong>vielmehr Luftwirbelringe erzeugten. <strong>Die</strong> Messungen zeigten aber,daß diese Ringe kaum höher als bis 300 m gelangten. Eine Einwirkungauf die Hagelbildung und -entladung mußte also so gut wie unmöglichsein.<strong>Die</strong> Kondensationskerne. Es ist seit Coulier 149 ) bekannt,daß die Kondensation in wasserdampf haltiger Luft nur dann eintritt,wenn die Luft außerdem gewisse Beimengungen enthält. Ganz reineLuft ist außerstande, Nebel zu bilden. <strong>Die</strong> Kondensation erfolgt angewissen „Kernen", die nach den Untersuchungen von Richarzund seiner Schüler im wesentlichen aus Spuren wässeriger nitroser Gasebestehen. <strong>Die</strong>se festen o<strong>der</strong> flüssigen Kerne dienen als Ansatzstellenfür den sich nie<strong>der</strong>schlagenden Wasser dampf. Sie gelangen durch dieVerbrennungsprozesse stets in Unmengen in die Atmosphäre. Vielleichtspielen außerdem, worauf kürzlich H. Köhler 14a ) wie<strong>der</strong> nachdrücklichhingewiesen hat, auch die aus den großen Wasserflächen <strong>der</strong> Erdeverdunstenden Salzteilchen bei <strong>der</strong> Kernbildung eine Rolle. Aitkenhat im Jahre 1888 die Eigenschaft <strong>der</strong> Kerne, als Kondensationskernezu dienen, in sehr sinnreicher Weise dazu benutzt, um ihre Anzahlzu messen. In seinem ,,Staubzähler" — nach Wigand 44 ), besser,,Kernzähler" genannt, weil <strong>der</strong> grobe Staub dabei überhaupt keineRolle spielt — wird ein bekanntes Luftvolumen mittels einer kleinenPumpe plötzlich ausgedehnt, so daß es sich abkühlt und Kondensationin ihm eintritt. <strong>Die</strong> entstehenden kleinen Tröpfchen fallen zu Bodenund können dort auf einem Meßfeld mittels einer Lupe gezählt werden.Mit diesem Meßinstrument stellte Aitken an Industrieorten Kernzahlenfest, die sich auf viele hun<strong>der</strong>ttausend im Kubikzentimeter Lufti49 ) Sietie Seite 112.44a ) Hilding Köhler, Zur Kondensation des Wasserdampfs in <strong>der</strong> Atmosphäre,1. und 2. Mitteilung. Geofyske Publikationer II, No. 1 und 6. Christiania 1921 und1922. Eine quantische Verteilung von Materie in <strong>der</strong> Atmosphäre. Meteorol. Zeitschrift39, 263 (1922).44 ) A. Wigand, Über die Natur <strong>der</strong> Kondensationskerne. Meteorol. Zeitschr.30, 14 (1913).
<strong>Die</strong> meteorologischen Ursachen <strong>der</strong> <strong>Gewitter</strong> 49belaufen können, während in reiner Luft nur wenige Tausend, unterUmständen, so auf Bergen und dem Meere, nur wenige Hun<strong>der</strong>t imKubikzentimeter gemessen werden. Nach Wigand 154 ) gibt <strong>der</strong> Kernzählereine Expansion von 1,20, d. h. das Endvolumen beim Pumpenverhält sich zum Anfangsvolumen wie diese Zahl. Bei stärkerer Expansiontreten neue Erscheinungen dadurch auf, daß jetzt auch dieKondensation an elektrischen Ladungen <strong>der</strong> Luft vor sich gehen kann.(Vgl. S. 112.)Lenard 45 ) hält die Kerne für Molekülkomplexe. Sie sind in allenGasen und Dämpfen vorhanden, auch wenn diese staubfrei gemachtFigur 6Aitkenscher KernzählerR = MeßraumSp = Spiegel zur Einstellung <strong>der</strong> richtigen Beleuchtungim Meßfeldo = Öffnung, welche mittels des Hahnes H die Verbindung<strong>der</strong> Außenluft im Meßraum R herstellth = zweiter, nebensächlicher Hahn zum ReinigenL= Luftpumpe-KolbenS = Schieber dieses Kolbens zum HerunterziehenM = Lupe zum Ablesensind, und werden durch beson<strong>der</strong>e Molekelkräfte so zusammengehalten,daß sie bei <strong>der</strong> betreffenden Temperatur unverdampfbar sind, sich alsowie feste Partikelchen verhalten. <strong>Die</strong> Kerne haben, wenn sie unelektrischsind, die Größe von nur wenigen Molekülen. Bei elektrischerLadung werden sie durch Zusammenlagerung größer und erreichendann einen Durchmesser von 14 bis 22 x 10-" 8 cm, sind also immernoch so klein, daß es hoffnungslos ist, sie mit einem Mikroskop im verdunstendenTröpfchen erkennen zu wollen. Nach Lenard sprichtvieles dafür, daß die Kerne Wassermoleküle sind. Ihre Bildungsweise154 ) Siehe Seite 115.45 ) P. Lenard, Probleme komplexer Moleküle III. Sitzungsberichte <strong>der</strong> HeidelbergerAkademie <strong>der</strong> Wissenschaften. Heidelberg (C. Winter) 1914.