146 IL Teil. <strong>Die</strong> Erklärung <strong>der</strong> <strong>Gewitter</strong>elektrizitätdarstellt. Auch fallende Kristallplättchen nehmen bald eine horizontaleLage an. Wegen <strong>der</strong> horizontalen Strömungen werden sie aber stetsetwas geneigt sein müssen. Ein Abprallen an <strong>der</strong> Unterseite <strong>der</strong> Kristalleo<strong>der</strong> am unteren Ende <strong>der</strong> Plättchen ergibt die umgekehrten Vorzeichenwie beim Zerfahren <strong>der</strong> Tropfen und beim Herumgleiten; die Schneeflockenwerden vorzugsweise negativ, die Nebeltröpfchen positiv, inÜbereinstimmung mit <strong>der</strong> Erfahrung. Es ist also nicht nötig, wie dasSchindelhauer tat, für die Erklärung <strong>der</strong> Schnee-<strong>Elektrizität</strong> einumgekehrtes Feld in <strong>der</strong> Wolke anzunehmen, eine Annahme, die vonSimpson auch gegenüber Elster und Geitel bekämpft worden ist.Das Potentialgefälle bei Schnee wird sich auch am Erdboden nichtumkehren können wie bei Landregen, son<strong>der</strong>n durch die leichterenin <strong>der</strong> Luft verbleibenden positiven Nebeltröpfehen eher noch verstärktwerden, wie<strong>der</strong> in Übereinstimmung mit <strong>der</strong> Erfahrung, vor allemmit den Raumladungsmessungen von Kahler.Nun kann aber bekanntlich <strong>der</strong> Schnee auch häufig positive Eigenladungentragen. Meistens ist dann das Potentialgefälle am Erdboden,sowie die Raumladung negativ. Wir haben also genau dieselben Verhältnissewie bei Landregen, demnach auch dieselben Influenz Vorgängeanzunehmen, d. h. entwe<strong>der</strong> ein Abprallen <strong>der</strong> Nebelteilchen an <strong>der</strong>Oberseite <strong>der</strong> Schneeflocken, was vor allem bei einzelnen Plättchenleicht eintreten kann, o<strong>der</strong> ein Abreißen einzelner Stücke <strong>der</strong> Schneekristallean dieser Oberseite. Das ist auch gar nicht so unwahrscheinlich.Es ist lange bekannt, daß die Flocken häufig deformiert undverletzt am Boden ankommen. Hellmann 192 ), <strong>der</strong> eine Reihe schönerPhotographien von Schneekristallen nach mikroskopischen Aufnahmenvon Neuhaus in Berlin bringt, schiebt diese Verletzungen auf dasAneinan<strong>der</strong>prallen <strong>der</strong> Kristalle in stark bewegter Luft. <strong>Die</strong> Beschädigungensind am kleinsten, wenn die Schneeflocken nur einen kurzenWeg durch die Luft zurückgelegt haben. ,,Gerade dann, wenn sichaus tiefliegendem Dunst o<strong>der</strong> Nebel, <strong>der</strong> blauen Himmel durchscheinenläßt, vereinzelte Schneekristalle ausscheiden, sind diese beson<strong>der</strong>s regelmäßiggeformt." Man könnte nach den Erfahrungen <strong>der</strong> elektrischenMessungen in Potsdam hinzufügen: Ferner sind sie dann fast gar nichtelektrisch. <strong>Die</strong> Bil<strong>der</strong> von Neuhaus zeigen z.B. sechsstrahlige Sterne,bei denen mehrere direkt an <strong>der</strong> Wurzel abgebrochen sind. <strong>Die</strong> Elektrisierungdes Kristalls, sowie des abgetrennten Stücks wird ganz davon192 ) G. Hellmann, Schneekristalle. Berlin (R. Mückenberger) 1893.
Influenzvorgänge an den Nie<strong>der</strong>schlägen 147abhängen, ob die Abtrennung unten, seitlich o<strong>der</strong> oben erfolgt. Imallgemeinen wird ein Abreißen an <strong>der</strong> Oberseite eher erfolgen als an<strong>der</strong> Unterseite. Man wird auch hier wie bei den Tropfen unterscheidenmüssen zwischen einem Zerfahren und Zerblasen. Beim Zerfahrenhaben wir einen reinen Influenzvorgang, beim Zerblasen des Kristallsin feinen Staub dagegen überwiegt die Lenardwirkung, d. h. <strong>der</strong> Schneestaubwird negativ, die großen Reststücke positiv elektrisch. DerInfluenzvorgang ist unter sonst gleichen atmosphärischen Bedingungenunabhängig von <strong>der</strong> Größe des Schneekristalls. Der kleine Kristall,<strong>der</strong> sich vor allem bei tiefen Temperaturen und geringem Wasserdampfgehaltbilden muß, erhält also eine viel größere Volumenladung als <strong>der</strong>große. Da die Schneeflocken stets leichter als Tropfen sind, ist ausdemselben Grunde die Volumenladung bei Schnee stets größer als beiRegen, was alle Messungen von Schneeladungen bestätigen. Da <strong>der</strong>Schnee leichter als Regen herumgewirbelt wird, werden die Influenzvorgängebei Schnee häufiger, aber zugleich auch wechseln<strong>der</strong> seinals bei ruhig fallendem Regen, was wie<strong>der</strong> durch die Erfahrung bestätigtwird.Daß bei einem Gemenge von Schnee und Regen, wo schon vielenBeobachtern <strong>der</strong> große Wechsel in den Ladungen aufgefallen ist, dieInfluenzvorgänge ganz verschieden sein können, ergibt sich ohneweiteres aus dem oben Ausgeführten. Gerade bei diesen Temperaturenist zudem <strong>der</strong> Schnee ein ganz guter Leiter. Bei sehr tiefen Temperaturen,wo Schnee schlecht leitet, wird das Abreißen einzelner Teilchen,das Zerfahren, eine größere Rolle spielen. Der Influenzvorgang wirdalso einheitlicher, <strong>der</strong> Zeichenwechsel infolgedessen nicht so häufigsein. Auch das wird durch die Erfahrung bestätigt.Bei einem ruhig fallenden runden Graupelkorn erscheint ebenfallsein Herumgleiten des Nebeltröpfchens denkbar, so daß dann dasGraupelkorn positiv, das Nebelteilchen negativ elektrisch wird. Einrasch fallendes Hagelkorn trifft nicht nur auf Nebelteilchen, son<strong>der</strong>nauch auf größere Wassertropfen, die sich bekanntlich, indem sie sofortgefrieren, an das Korn anlagern. Bei schnellem Durchschlagen desHagels wird nicht nur ein Zerfahren; son<strong>der</strong>n unter Umständen sogarein Zerblasen <strong>der</strong> großen Tropfen möglich sein. Es ist also verständlich,wenn <strong>der</strong> Hagel sich häufiger positiv als negativ geladen erweist.Man sieht, eine wie erstaunliche Mannigfaltigkeit in den Ladungen<strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schläge durch den Influenzvorgang eintreten kann. <strong>Die</strong> von