"Jugend und Arbeit: Relevante Aspekte vor dem ... - AFI-IPL
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36 Komplexität und Durchlässigkeit des Bildungssystemsstaatlichen Oberschule in eine berufspraktische Ausbildung gewechseltwird, besteht die Gefahr, dass dieses Jahr „verloren“,weil nicht anrechenbar ist. Wer sich dagegen für Grundlehrgangoder berufsbildendes Biennium entschieden hat, kann zwar nachBeendigung der Schulpflicht grundsätzlich in eine staatliche Oberschulewechseln, doch dürfte der Übertritt in der Praxis wegen desunterschiedlichen Fächerkanons und der verschiedenen Anforderungenoft nicht leicht fallen. Der angestrebte Schulwechsel kannso leicht zum Abbruch der schulischen Karriere oder zumindestzur Wiederholung des Schuljahres führen.Vor dem Hintergrund des vielfältigen Bildungsangebotes stellendie Themen „berufliche Orientierung“ und „Durchlässigkeit“ alsowichtige Aspekte dar, die im empirischen Teil der Arbeit zu behandelnsind.6.3 Was hat sich in Südtirol bewährt?Wenn Südtirol europaweit bisher eine der geringsten Jugendarbeitslosenratenvorweisen konnte, ist dies sicher zum einen auf„Gunstlagen“ und strukturelle Faktoren in der wirtschaftlichen undsozialen Entwicklung zurückzuführen, zum anderen auf institutionelleRegelungen, die sich bewährt haben. Diese gilt es zu erkennen,um sie positiv weiter zu entwickeln und neuen Anforderungenanzupassen.Die relativ geringe Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen kann alsHauptindiz für ein gut funktionierendes Berufsbildungssystem gelten,das den wichtigsten Nachfragekomponenten auf dem SüdtirolerArbeitsmarkt entspricht. Eine Berufsausbildung im dualen oderim Vollzeitkurssystem wählen in Südtirol ein geringerer Teil derAltersjahrgänge als etwa im deutschsprachigen Ausland, doch istdies auch auf einen geringeren Berufsschüleranteil bei der italienischenSprachgruppe zurückzuführen. In der dualen Lehrlingsausbildunggibt es eine enge Abstimmung zwischen den betrieblichenAnforderungen und dem Lehrstellenangebot (=Nachfrage nachLehrlingen) und dem Angebot an jugendlichen Interessierten unddem Berufsschulsystem. Die Abteilungen für Berufsbildung desLandes versuchen über Bedarfserhebungen und längerfristige Planungdie Berufsschule marktgerecht zu steuern und arbeiten zudiesem Zweck mit Unternehmen und Unternehmerverbänden, vorallem im Handwerk zusammen. Bewährt hat sich in dieser Hinsichtauch die Rahmengesetzgebung des Landes, die Lehrgänge, Prüfungsordnungenund Abschlüsse, Dauer und Art der Lehrgängeregelt. Unter dem Aspekt der Ausbildungsqualität und der Arbeitsmarktperspektivenhat sich das Berufsschulwesen in Südtirol,kombiniert mit einer gut ausgebauten beruflichen Weiterbildung,
apollis Jugend und Arbeit in Südtirol: ein Überblick 37insgesamt gut bewährt (Abt. deutsche und ladinische Berufsbildung2012).Der Rückgang der Zahl der Lehrlinge um ein Viertel im vergangenenJahrzehnt kann auf verschiedene Faktoren zurückgeführt werden:die demographische Entwicklung (geringere Jahrgangsstärkeder Alterskohorten), die wirtschaftlich unbefriedigende Behandlungder Lehrlinge, der Ausbau von höher qualifizierenden Bildungsangebotennach der Matura (z.B. die Claudiana für medizinischeund pflegerische Berufe) sowie die gestiegene Übertrittsquotevon der Ober- zur Hochschule.In Südtirol wird auch unter Oberschulabgängern eine im italienischenVergleich geringe Arbeitslosigkeit verzeichnet (Arbeitsmarkt-NewsNr. 5/2011). Bei der Übertrittsquote zur Hochschulegab es bisher einen deutlichen Unterschied zwischen den italienischsprachigenund den deutsch- und ladinischsprachigen Maturanten.Dies hat auch mit der räumlichen Verteilung der Oberschulenin Südtirol, aber auch mit Aspekten der „Lebenswelt der Jugendlichen“zu tun (Abt. Arbeit, Arbeitsmarktbeobachtung 2011,154). Obwohl in Südtirol die Schülerheime, der öffentliche Schülertransportund das Studienbeihilfesystem gut ausgebaut sind,stellt sich die Frage des Oberschulbesuchs für italienische Jugendlichein Bozen anders als für die Familien in einem Seitental. Diebisher verfolgte Strategie eines dezentralen Schulangebots mit einemGrundangebot an Oberschultypen in allen Schwerpunktortenscheint sich diesbezüglich bewährt zu haben. Dennoch ist es imZuge der Oberschulreform 2010-11 nach breiter Diskussion zu einerneuen Schwerpunktsetzung in räumlicher und fachlicher Hinsichtgekommen.Bei den Hochschulabsolventen gab es bisher in Südtirol einekaum nennenswerte Zahl von Arbeitslosen (ASTAT 2009b). Bis indie 1990er Jahre wiesen die Unternehmen und die öffentlicheHand in diesem Segment einen Nachholbedarf auf. Das relativenge Spektrum an Arbeitsplätzen für Hochqualifizierte im Landführte zudem dazu, dass ein beträchtlicher Anteil der jungen Akademikervom Studienort nicht mehr zwecks Arbeitsaufnahme nachSüdtirol zurückkehrte (ASTAT 2009b). Verstärkte Anstrengungenund Investitionen im Bereich Forschung und Entwicklung mit demAufbau einer Reihe öffentlich finanzierter Institutionen sowie dieSättigung des Bedarfs an Akademikern anderswo haben zumRückgang des „brain drains“ geführt. Im empirischen Teil dieserStudie ist im Gespräch mit Akteuren und Expertinnen auf Stärkenund Schwächen des Südtiroler Bildungssystems eingegangenworden.
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apollis <strong>Jugend</strong> <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong> in Südtirol: ein Überblick 37insgesamt gut bewährt (Abt. deutsche <strong>und</strong> ladinische Berufsbildung2012).Der Rückgang der Zahl der Lehrlinge um ein Viertel im vergangenenJahrzehnt kann auf verschiedene Faktoren zurückgeführt werden:die <strong>dem</strong>ographische Entwicklung (geringere Jahrgangsstärkeder Alterskohorten), die wirtschaftlich unbefriedigende Behandlungder Lehrlinge, der Ausbau von höher qualifizierenden Bildungsangebotennach der Matura (z.B. die Claudiana für medizinische<strong>und</strong> pflegerische Berufe) sowie die gestiegene Übertrittsquotevon der Ober- zur Hochschule.In Südtirol wird auch unter Oberschulabgängern eine im italienischenVergleich geringe <strong>Arbeit</strong>slosigkeit verzeichnet (<strong>Arbeit</strong>smarkt-NewsNr. 5/2011). Bei der Übertrittsquote zur Hochschulegab es bisher einen deutlichen Unterschied zwischen den italienischsprachigen<strong>und</strong> den deutsch- <strong>und</strong> ladinischsprachigen Maturanten.Dies hat auch mit der räumlichen Verteilung der Oberschulenin Südtirol, aber auch mit <strong>Aspekte</strong>n der „Lebenswelt der <strong>Jugend</strong>lichen“zu tun (Abt. <strong>Arbeit</strong>, <strong>Arbeit</strong>smarktbeobachtung 2011,154). Obwohl in Südtirol die Schülerheime, der öffentliche Schülertransport<strong>und</strong> das Studienbeihilfesystem gut ausgebaut sind,stellt sich die Frage des Oberschulbesuchs für italienische <strong>Jugend</strong>lichein Bozen anders als für die Familien in einem Seitental. Diebisher verfolgte Strategie eines dezentralen Schulangebots mit einemGr<strong>und</strong>angebot an Oberschultypen in allen Schwerpunktortenscheint sich diesbezüglich bewährt zu haben. Dennoch ist es imZuge der Oberschulreform 2010-11 nach breiter Diskussion zu einerneuen Schwerpunktsetzung in räumlicher <strong>und</strong> fachlicher Hinsichtgekommen.Bei den Hochschulabsolventen gab es bisher in Südtirol einekaum nennenswerte Zahl von <strong>Arbeit</strong>slosen (ASTAT 2009b). Bis indie 1990er Jahre wiesen die Unternehmen <strong>und</strong> die öffentlicheHand in diesem Segment einen Nachholbedarf auf. Das relativenge Spektrum an <strong>Arbeit</strong>splätzen für Hochqualifizierte im Landführte zu<strong>dem</strong> dazu, dass ein beträchtlicher Anteil der jungen Aka<strong>dem</strong>ikervom Studienort nicht mehr zwecks <strong>Arbeit</strong>saufnahme nachSüdtirol zurückkehrte (ASTAT 2009b). Verstärkte Anstrengungen<strong>und</strong> Investitionen im Bereich Forschung <strong>und</strong> Entwicklung mit <strong>dem</strong>Aufbau einer Reihe öffentlich finanzierter Institutionen sowie dieSättigung des Bedarfs an Aka<strong>dem</strong>ikern anderswo haben zumRückgang des „brain drains“ geführt. Im empirischen Teil dieserStudie ist im Gespräch mit Akteuren <strong>und</strong> Expertinnen auf Stärken<strong>und</strong> Schwächen des Südtiroler Bildungssystems eingegangenworden.