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Verband der Luftfahrtsachverständigen

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Wie (un-)sicher war <strong>der</strong> Starfighter?Harald MeyerDas Image„Witwenmacher“ und „Fliegen<strong>der</strong> Sarg“– so lauteten einige Synonyme für einKampffl ugzeug <strong>der</strong> Bundeswehr, das in<strong>der</strong> zweiten Hälfte des letzten Jahrhun<strong>der</strong>tszum Einsatz kam. Gemeint war dieF-104 Starfi ghter des amerikanischen HerstellersLockheed. Die Medien verfolgtenmit großem Interesse die Unfallserie des„Starfi ghters“ und berichteten ausführlichüber Einzelheiten des Geschehens. Dererste Flugunfall ereignete sich am 29. März1961. Nach einem Triebwerksausfall stürzteeine doppelsitzige F-104 F ab – die beidenPiloten konnten sich mit den Schleu<strong>der</strong>sitzenretten. Genau so glimpfl ich verlief esfür die Militärluftfahrzeugführer des letztenUnfalls am 26. April 1989. Bei Durchstartübungenauf dem Flugplatz Manchingkam es zu Fahrwerksproblemen, so dasssie das defekte Flugzeug mit den Schleu<strong>der</strong>sitzenverlassen mussten. Die Bundeswehrbeschaffte insgesamt 916 Starfi ghter:30 F-104 F, 137 TF-104 G (Doppelsitzer),163 RF-104 G (Aufklärerversion) und 586F-104 G (für die Jabo- und Jagdrolle). Inden beiden Teilstreitkräften Luftwaffe undMarine, bei <strong>der</strong> Wehrtechnischen Dienststelle(WTD) 61 in Manching sowie zuAusbildungszwecken bei <strong>der</strong> 2. DeutschenLuftwaffenausbildungsstaffel in Luke AFB/USA wurde das Luftfahrzeugmuster F-104insgesamt knapp 31 Jahren betrieben.Bei 292 Flugunfällen und sechs sog. Bodenunfällensind 298 Totalverluste zu beklagen.Dabei kamen 115 Piloten und am7. Mai 1982 bei Wasserberührung auch einFluggast ums Leben. 170 Piloten und am3. März 1986 auch ein mitfl iegen<strong>der</strong> Angehörigerdes technischen Personals konntensich mit den Schleu<strong>der</strong>sitzen retten. AchtPiloten haben dies zweimal erlebt.Die StatistikDie Internationale Zivilluftfahrt-Organisation(ICAO) defi niert in ihrem Annex 13 mitdem Titel „Aircraft Accident and Incident Investigation“einen Unfall als ein Ereignis beidem Betrieb eines Luftfahrzeugs vom Beginndes Anbordgehens von Personen mitFlugabsicht bis zu dem Zeitpunkt, zu demUnfallraten deutscher Verbände und Einheiten,die den Starfighter eingesetzt haben. Das Luftwaffenübungsplatzkommandoin Decimomannuhatte keine eigenen Flugzeuge, die F-104 wurdenjeweils von den Verbänden für unterschiedlicheZeiträume auf die italienische Mittelmeerinsel abkommandiert,Tabelle: Harald Meyer.diese Personen das Luftfahrzeug wie<strong>der</strong>verlassen haben, wenn hierbei eine Persontödlich o<strong>der</strong> schwer verletzt worden isto<strong>der</strong> das Luftfahrzeug o<strong>der</strong> die Luftfahrzeugzelleeinen Schaden erlitten hat o<strong>der</strong>das Luftfahrzeug vermisst wird o<strong>der</strong> nichtzugänglich ist. Diese Defi nition ist sowohlin die EU-Verordnung Nr. 996/2010 überdie Untersuchung und Verhütung von Unfällenund Störungen in <strong>der</strong> Zivilluftfahrt alsauch in das deutsche Gesetz über die Untersuchungvon Unfällen und Störungenbei dem Betrieb ziviler Luftfahrzeuge, kurzFlugunfall-Untersuchungs-Gesetz (FlUUG),wörtlich übernommen worden. Die Bundeswehrhat den Begriff Unfall für ihre Luftfahrzeugein <strong>der</strong> Zentralen Dienstvorschrift(ZDv) 19/6 um zwei Aspekte erweitert:1. Bodenunfall bei einem Schaden ohneFlugabsicht und 2. Überschreiten einer fi -nanziellen Schadenshöhe o<strong>der</strong> Anzahl vonArbeitsstunden für die Reparaturmaßnahmen.Die beiden letzteren Aspekte sind in<strong>der</strong> Vorschrift unterschiedlich nach Luftfahrzeugmusterfestgelegt. Lag beispielsweisefür das Propellerschulungsfl ugzeugPiaggio P.149 D <strong>der</strong> Reparaturaufwand beimehr als 150 Arbeitsstunden und/o<strong>der</strong> dieSchadenshöhe über DM 50.000 so warendie Kriterien eines Unfalls erfüllt. Für denStarfi ghter waren dafür mehr als 800 Arbeitsstundenund/o<strong>der</strong> eine Schadenshöheüber DM 250.000 festgelegt. Bliebendie Instandsetzungsmaßnahmen unterden festgelegten werten, so stufte <strong>der</strong> GeneralFlugsicherheit in <strong>der</strong> Bundeswehr dasSchadensereignis als Zwischenfall ein. ImFlUUG ist dieser Zustand als Störung definiert. Als Grundlage für einen Vergleichüber den Grad <strong>der</strong> Sicherheit beim Betriebvon Luftfahrzeugen mit militärischerZulassung hat die Bundeswehr eine Ratefestgelegt, die auf <strong>der</strong> Grundlage von Unfällenpro 10.000 Flugstunden berechnetwird. Mit <strong>der</strong> F-104 erreichten die Verbände<strong>der</strong> Bundeswehr in <strong>der</strong> fast 31jährigenBetriebszeit nahezu 2 Millionen Flugstunden,genau waren es 1.975.646 Stunden.Die Anzahl <strong>der</strong> Totalverluste beläuft sichauf 298. Gemäß <strong>der</strong> VerhältnisgleichungX : 10.000 = 298 : 1.975.646 ergibt dieseine Flugunfallrate von 1,51. Bei Ausschluss<strong>der</strong> Bodenunfälle ergibt dies für die 292Flugunfälle eine Rate von 1,48 o<strong>der</strong> statistischbetrachtet einen Flugunfall pro 6.766Flugstunden.Der Flugunfall Arndt und die FolgenAm 18. Juni 1966 stürzte ein einsitzigerStarfi ghter des Jagdgeschwa<strong>der</strong>s 71„Richthofen“ ca. 10 Seemeilen nördlichvon Helgoland ab. Der Pilot OberleutnantSiegfried Arndt konnte seinen Schleu<strong>der</strong>sitzbetätigen und am Rettungsschirmhängend schwebte er <strong>der</strong> Wasseroberfl ä-che entgegen. Bei <strong>der</strong> Landung im Wasserkonnte er sich jedoch nicht mehr vomAbsturz einer TF-104 G am 3. März 1986 im Anflugauf Decimomannu/Italien wegen Feuer imTriebwerkbereich. Der Pilot und <strong>der</strong> mitfliegendeFlugzeugwart konnten sich mit den Schleu<strong>der</strong>sitzenretten, Foto: GenFlSichhBw.24 aviation news Militärhistorie

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