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Die Lebenszeugnisse Oswalds von Wolkenstein. Edition und ...

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das Brixner Domkapitel wegen einer Pfründe für seinen Sohn bedrängt hatte. 2Das Versprechen des Bischofs, sich der Sache bald anzunehmen, scheint eingelöstworden zu sein, jedenfalls wird Michael 1440 Domherr genannt. 3Von Adel zu sein, war eine wichtige Voraussetzung für jemanden, der höherekirchliche Würden anstrebte. Im Spätmittelalter gehörte als zweites Standbeinauch Bildung dazu. So überrascht es nicht, wenn im Sommersemester 1440 ein“dom. Michael de Wolkenstain, canonicus Brixinensis” als Studierender in dieMatrikel der Wiener Universität eingetragen wurde. 4 Bis zum September 1442,als der vorliegende Brief geschrieben wurde, waren demnach zwei Jahre vergangen,in denen der Chorherr Michael <strong>von</strong> <strong>Wolkenstein</strong> <strong>von</strong> Brixen abwesendgewesen ist, um in Wien zu studieren. Genau für diese beiden Jahre wolltendie Brixner Chorherren nur die Hälfte der Präbende zahlen, was dem Vater desAbwesenden <strong>und</strong> deshalb nicht am Chorgesang Teilnehmenden mitgeteilt wurde.Oswald reagiert wütend: Er empfinde es als Schande so behandelt zu werden,nachdem er <strong>und</strong> seine Vorfahren sich wahrhaft um das Domkapitel verdientgemacht hätten. Damit verweist er indirekt auf seine Kapellen- <strong>und</strong> Messpriesterstiftung<strong>von</strong> 1407, derzufolge zwei <strong>von</strong> ihm bezahlte Kapläne abwechselnd beimGottesdienst im Dom zum Singen auf dem Chor verpflichtet sind. 5 Unter diesenUmständen muss Oswald annehmen, dass die halbe Pfründe nicht wegen derfehlenden Chorstimme einbehalten werden soll, sondern dass hier eine Intrigegegen ihn persönlich gesponnen wird. Er beruft sich darauf, dass ein derartighoher Abzug <strong>von</strong> den Einnahmen eines studierenden Kanonikers bisher noch nievorgekommen ist, schon gar nicht bei einem Adeligen, <strong>und</strong> damit hat er Recht.Mitglieder des Brixner Domkapitels haben im 14. <strong>und</strong> erst recht im 15. Jahrh<strong>und</strong>ertin relativ großer Zahl an verschiedenen Universitäten, vor allem inWien <strong>und</strong> Bologna, studiert. Bei weiteren kann auf Gr<strong>und</strong> ihres akademischenTitels ein Universitätsbesuch angenommen werden. 6 <strong>Die</strong> Kapitelstatuten <strong>von</strong>1422 <strong>und</strong> 1485 legten die Regeln dafür fest: <strong>Die</strong>sen zufolge sollte das Kapiteldie Eignung des jeweiligen Kandidaten feststellen <strong>und</strong> ihm eine Lizenz geben.Ferner musste er beschwören, sich wirklich zu Studienzwecken <strong>und</strong> nicht wegenprivater Geschäfte vom Kapitel zu entfernen <strong>und</strong> schließlich sollte er auf einViertel seiner Einnahmen verzichten: “una quarta” heißt es in beiden Statuten,nicht die Hälfte. Kapitelprotokolle bezeugen, dass manchen Studierenden auchdieses Viertel erlassen wurde, andere sogar Stipendien erhielten. 7 <strong>Die</strong> Zumutung,auf die Hälfte der Pfründe verzichten zu müssen, um weiter studieren zu dürfen,war daher tatsächlich regelwidrig <strong>und</strong> wohl auch einmalig.2 Vgl. Nr. 295 <strong>von</strong> 1439 Juni 9.3 L. Santifaller, Brixner Domkapitel, S. 520–521.4 L. Santifaller, Brixner Domkapitel, S. 521.5 Vgl. <strong>Lebenszeugnisse</strong>, Bd. 1, Nr. 37 <strong>und</strong> 38 <strong>von</strong> 1407 Mai 29.6 Siehe die Listen bei L. Santifaller, Brixner Domkapitel, S. 123–132.7 L. Santifaller, Brixner Domkapitel, S. 115–116.266

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