2.2.1. H<strong>und</strong>ebissverletzungen bei KindernKleine Kinder erleiden häufiger schwere Verletzungen als andere Alterskategorien <strong>und</strong> siewerden am häufigsten am Kopf verletzt.Verschiedene Studien aus den Vereinigten Staaten wie z.B. diejenigen von Weiss et al.(1998) oder Wright et al. (1991) zeigten, dass mehr als die Hälfte der Beissunfälle Kinderbetrafen. Gemäss einer australischen Untersuchung (MacBean et al. 2007) war ein <strong>Dr</strong>ittelder Opfer von Beissunfällen Kinder unter 14 Jahren. Und in einer Studie von Thompson(1997) im Queen Elizabeth Hospital in Adelaide wurden zwischen Januar 1990 <strong>und</strong> Juli 1993Kinder unter 12 Jahren sieben Mal häufiger wegen eines H<strong>und</strong>ebisses ins Spital eingeliefertals Personen zwischen 13 <strong>und</strong> 59 Jahren. Eine retrospektive Studie überH<strong>und</strong>ebissverletzungen bei Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen zwischen 0 <strong>und</strong> 17 Jahren imZeitraum zwischen 1994 <strong>und</strong> 2003 stellte bei Kindern im Alter zwischen 8 Tagen <strong>und</strong> 16Jahren an der <strong>Abteilung</strong> für Kinderchirurgie der Medizinischen Universität von Graz fest,dass Kinder unter einem Jahr am häufigsten betroffen waren (Schalamon et al. 2006).73% der betroffenen Kinder waren zudem jünger als 10 Jahre alt. Horisberger et al. (2004)zeigten, dass Kinder in der Schweiz ungefähr doppelt so häufig wegen H<strong>und</strong>ebissverletzungenim Spital versorgt werden mussten wie erwachsene Personen. Unter den 667untersuchten Fällen war übrigens nur ein Kind jünger als 1-jährig. Lang <strong>und</strong> Klassen (2005)sagten in ihrer Studie aus, dass zwischen 1991 <strong>und</strong> 1994 Kinder unter 10 Jahren vier Malhäufiger wegen einer Bissverletzung hospitalisiert werden mussten als Personen ausanderen Alterskategorien. Des Weiteren fanden sie heraus, dass das durchschnittliche Altervon Kindern mit schlimmen Bissverletzungen deutlich tiefer war als das derjenigen mitleichten Verletzungen. Im Queen Elizabeth Hospital wurden laut Thompson (1997) zwischenJanuar 1990 <strong>und</strong> Juli 1993 90% der bis 12-jährigen Kinder wegen Verletzungen am Kopfeingeliefert. Auch Gandhi et al. (1999) fanden in ihrer Studie, dass Patienten unter fünfJahren die schlimmsten Verletzungen erlitten. Es handelte sich bei allen Verletzungen umKopf- <strong>und</strong> Halsverletzungen. Mitchell et al. (2003) fanden heraus, dass das Durchschnittsalterder 44 Kinder mit Bissverletzungen an Kopf <strong>und</strong> Hals 5,2 Jahre betrug. Auch dieStatistik des BVET über die Lokalisation der H<strong>und</strong>ebisse im Jahre 2007 in der Schweiz(2008) zeigt deutlich, dass 40% der Bissverletzungen bei Kindern unter 10 Jahren Kopf <strong>und</strong>Hals betrafen (Abb. 1).Abbildung 1: BVET Lokalisation der Bissverletzungen durch H<strong>und</strong>e 2007 in der Schweizstratifiziert nach Alterskategorie der Opfer (Statistik des BVET 2008)- 4 -
Es liegen auch Zahlen zu tödlichen Unfällen aus den USA vor. Aus diesen Studien gehthervor, dass Beissunfälle mit H<strong>und</strong>en bei Kindern häufiger tödlich enden als beiErwachsenen. In einer Studie von Sacks et al. (1995) zeigte sich, dass bei den 109 tödlichenBeissunfällen mit H<strong>und</strong>en, die sich zwischen 1989 <strong>und</strong> 1994 ereigneten, 57% der OpferKinder unter zehn Jahren waren. In einer weiteren Studie, bei der Sacks et al. (2000) dietödlichen Zwischenfälle von 1979 bis 1998 untersuchten, kamen die Autoren zum Ergebnis,dass von den 27 untersuchten Fällen 19 Fälle Kinder betrafen. 70% der Opfer waren alsoKinder. Ein Kind war jünger als 1 Monat, drei zwischen 7 <strong>und</strong> 11 Monate alt, 9 Kinder 1 bis 4Jahre alt <strong>und</strong> 6 Kinder 5 bis 11 Jahre alt.Es ist wenig erstaunlich, dass Beissunfälle bei Kindern <strong>und</strong> Kleinkindern häufiger tödlichverlaufen als bei Erwachsenen, denn aufgr<strong>und</strong> der Körpergrösse <strong>und</strong> dem geringerenKörpergewicht werden Kinder leichter an verletzlichen Körperstellen wie Kopf <strong>und</strong> Halsgebissen <strong>und</strong> lebensbedrohlich verletzt.Karen et al. (2001) gehen davon aus, dass nur 10 - 50% aller H<strong>und</strong>ebisse erfasst werden. Esbleibt also eine grosse Dunkelziffer. Ein Teil der Verletzungen kommt gar nicht in ärztlicheBehandlung, ein weiterer Teil wird zwar medizinisch versorgt, aber möglicherweise nichterfasst. So besteht beispielsweise die Gefahr, dass Beissunfälle, die vom eigenen H<strong>und</strong>verursacht werden, aus Angst vor den Konsequenzen nicht gemeldet werden oder falscheAngaben zum H<strong>und</strong> gemacht werden. Problematisch wird es, wenn Eltern auf eine ärztlicheBehandlung ihrer Kinder verzichten, um eine Meldung zu umgehen.2.2.2. Beziehung zwischen Kind <strong>und</strong> beissendem H<strong>und</strong>Verschiedene Studien weisen nach, dass Kinder öfter vom eigenen oder von einem ihnenbekannten als von einem fremden H<strong>und</strong> gebissen werden. So zeigten Horisberger et al.(2004), dass Kinder in 19% der Fälle vom eigenen <strong>und</strong> in 42% der Fälle von einembekannten H<strong>und</strong> gebissen wurden. Kahn et al. (2003) zeigten ebenfalls, dass die meistenKinder zu Hause <strong>und</strong> vom eigenen H<strong>und</strong> gebissen wurden. Im Zusammenhang mitHospitalisationen aufgr<strong>und</strong> von H<strong>und</strong>ebissverletzungen stellten Brogan et al. (1995) fest,dass 49% der Kinder von einem H<strong>und</strong> aus der Nachbarschaft <strong>und</strong> 30% vom eigenen H<strong>und</strong>gebissen worden waren. Schalamon et al. (2006) fanden, dass die Kinder in 73% der Fälleden H<strong>und</strong> kannten. In 33% dieser Fälle davon handelte es sich um den eigenen H<strong>und</strong>.Bezüglich des Verhältnisses vom Opfer zum H<strong>und</strong> zeigt die Studie von R. Mikus (2006) eineandere Situation. Er stellte fest, dass sich Opfer <strong>und</strong> H<strong>und</strong> in 92% der Fälle nicht kannten.Der Gr<strong>und</strong> für diese Differenz zu den anderen zitierten Studien dürfte darin liegen, dass essich bei Mikus um eine Auswertung von Sachverständigengutachten über H<strong>und</strong>e, diegebissen hatten, handelt. Bayern, der geografische Untersuchungsraum von Mikus, kenntzudem keine Meldepflicht für Ärzte <strong>und</strong> Tierärzte. Es handelt sich in seiner Untersuchungdemnach um eine spezielle Auswahl von Fällen, die auf Anordnung des Kreisverwaltungsreferatsoder der Polizei beurteilt wurden - <strong>und</strong> zwar aufgr<strong>und</strong> vorhergegangener Unfälle.Vorfälle, die sich in der Familie oder im Bekanntenkreis abspielten <strong>und</strong> nicht gemeldetwurden, sind damit in seiner Studie nicht erfasst.2.2.3. Situationen, in denen es zu Beissunfällen kommtFast immer wird ein Beissunfall durch eine Interaktion mit dem H<strong>und</strong> ausgelöst. Ausserdemwerden die Situationen, in denen H<strong>und</strong>e Kinder beissen, nicht oder nur ungenügendüberwacht. Bei Schalamon et al. (2006) werden in 75% der untersuchten Unfälle eineInteraktion zwischen Kind <strong>und</strong> H<strong>und</strong> angegeben. Auch Horisberger et al. (2004) stellten fest,dass sich 58 % der Beissunfälle mit Kindern während einer Interaktion mit dem H<strong>und</strong>ereigneten, wobei dies bei den 0 - 4-jährigen Kinder signifikant häufiger - nämlich in 82% derSituationen - der Fall war, gegenüber 55% der Fälle bei den 5 - 9-Jährigen bzw. 42% bei10 -15-Jährigen. In 32% der Fälle fand die Interaktion von Kindern zwischen 0 <strong>und</strong> 4 Jahren- 5 -