ausserdem mit einem ruhenden H<strong>und</strong> statt. Reisner et al. (2007) stellten bei der Auswertungvon 111 H<strong>und</strong>ebeissunfällen mit Kindern fest, dass in Fällen, in denen das Kind den H<strong>und</strong>kannte, 26% der Kinder im Zusammenhang mit Bewachen von Ressourcen <strong>und</strong> 18% beifre<strong>und</strong>lichen Interaktionen wie Streicheln <strong>und</strong> Schmusen gebissen wurden. Mitchell et al.(2003) stellten fest, dass 12 von 44 Kindern, die zwischen dem 1.1.1995 <strong>und</strong> 31.12.2000nach einem Beissunfall mit Verletzungen an Kopf <strong>und</strong>/oder Hals eingeliefert worden waren,in den medizinischen Unterlagen ein Aufmerksamkeitsdefizit attestiert wurde.In der Studie von Gandhi et al. (1999) steht hingegen, dass in mehr als der Hälfte der Fälleder Angriff durch das Kind nicht provoziert wurde. Die Frage bleibt offen, was in dieserStudie unter "nicht provoziert" genau verstanden wird. Es ist auch nicht klar, ob das Opfer<strong>und</strong>/oder dessen Umfeld überhaupt in der Lage waren abzuschätzen, ob ein H<strong>und</strong> provoziertwurde. May (2006) bestätigt, dass viele H<strong>und</strong>ehalter gefährliche Situationen nicht erkennenkönnen.Sacks et al. (2000) stellten in den USA im Zusammenhang mit tödlichen Beissunfällenzwischen 1989 <strong>und</strong> 1994 fest, dass 10% der Kinder schliefen. Kahn et al. (2003) wiederumbewiesen, dass fast alle Unfälle passierten, wenn keine erwachsene Person anwesend war.Einer Statistik von Lang et al. (2005) ist zu entnehmen, dass Beissunfälle am häufigsten imJuni <strong>und</strong> um 17.30 Uhr auftraten. Sie vermuteten, dass dies deshalb zutraf, weil die Kinderum diese Zeit nicht mehr in der Schule <strong>und</strong> eventuell alleine mit dem H<strong>und</strong> draussen waren.H<strong>und</strong> <strong>und</strong> Kind wären also während dieser Zeit nicht überwacht worden.Mikus (2006) hält überdies fest, dass der H<strong>und</strong> in 31% der Fälle, in denen es zu einerH<strong>und</strong>ebissverletzung bei Menschen kam, nicht vom Besitzer, sondern von einer anderenPerson geführt wurde. Dies traf auch für 26,9% der Fälle bei Bissverletzungen bei H<strong>und</strong>enzu. Es fehlt hier allerdings die Angabe, wie häufig diese H<strong>und</strong>e von fremden Personengeführt werden. Es ist deshalb nicht ersichtlich, ob es häufiger zu Unfällen kommt, wennH<strong>und</strong>e von fremden Personen geführt werden.Love et al. (2001) kommen zum Schluss, dass eine bessere Schulung von Eltern <strong>und</strong>Kindern zur Verminderung von Beissunfällen beitragen könnte.2.3. Welche H<strong>und</strong>e beissen?2.3.1. Geschlecht der H<strong>und</strong>eIm Zusammenhang mit Aggressionsproblemen im Allgemeinen sind männliche H<strong>und</strong>e lautStudien von Blackshaw (1991) <strong>und</strong> Mikkelsen <strong>und</strong> L<strong>und</strong> (2000) überrepräsentiert. ImZusammenhang mit Bissverletzungen stellten verschiedene Autoren wie z.B. Mitchell et al.(2003) oder Patrick <strong>und</strong> O’Rourke (1998) fest, dass Rüden häufiger als HündinnenBeissunfälle verursachen. Horisberger et al. (2004) zeigten, dass männliche H<strong>und</strong>e 2,9-malso häufig bissen wie weibliche H<strong>und</strong>e. Studien von Gershman et al. (1994), Sacks et al.(2000), Mitchell et al. (2003) <strong>und</strong> Lang et al. (2005) zeigten, dass unkastrierte Rüdenübervertreten waren. In seiner Dissertation bestätigte Mikus (2006), dass Rüden ansignifikant (p≤0,05) mehr Beissvorfällen beteiligt waren als Hündinnen. Von 75 deruntersuchten Beissunfälle bei Menschen wurden 48 durch unkastrierte Rüden verursacht. ImGegensatz dazu fanden Guy et al. (2001) bei ihrer Umfrage unter H<strong>und</strong>ebesitzern, dass dieWahrscheinlichkeit, dass eine Hündin zubeisst, fast dreimal höher ist, als dass dies ein Rüdetut. Diese Diskrepanz bezüglich Beissunfällen, erklärt sich möglicherweise daraus, dass Guysich auf eine telefonische Umfrage bei durchschnittlichen H<strong>und</strong>ehaltern stützte, während dieAndern gemeldete oder im Spital behandelte Fälle von Bissverletzungen untersuchten.- 6 -
2.3.2. Anzahl H<strong>und</strong>eSacks et al. (2000) stellten fest, dass bei 67% der tödlichen Bissverletzungen ein H<strong>und</strong>, bei19% zwei H<strong>und</strong>e <strong>und</strong> bei 15% drei H<strong>und</strong>e beteiligt waren. Bei 60% der tödlichenZwischenfälle, die durch H<strong>und</strong>e verursacht worden waren, die frei ausserhalb desGr<strong>und</strong>stückes des Besitzers unterwegs waren, waren mehr als ein H<strong>und</strong> beteiligt. DerVergleich, in wie vielen Haushalten ein bzw. zwei, drei oder mehr H<strong>und</strong>e gehalten werden,fehlt. Diese Angaben dürften die Bedeutung der Problematik noch wesentlich verdeutlichen.Besitzer unterschätzen sehr oft die Gefahr, die von einem H<strong>und</strong>erudel ausgeht. MehrereH<strong>und</strong>e bilden zusammen ein Rudel <strong>und</strong> werden dadurch für ihre Umgebung gefährlicher. DieGefahr, dass eine Beute nicht nur gehetzt, sondern auch getötet wird, ist im Rudelwesentlich grösser. Dies gilt nicht nur, wenn jemand mehrere H<strong>und</strong>e besitzt, sondern sicherauch, wenn jemand mehrere fremde H<strong>und</strong>e ausführt, letztlich aber auch wenn mehrerePersonen ihre H<strong>und</strong>e gemeinsam ausführen.2.3.3. Gefährliche H<strong>und</strong>erassen oder H<strong>und</strong>etypenStatistiken über Rasseverteilungen sind mit grosser Vorsicht zu betrachten. Ist der H<strong>und</strong>, dereinen Beissunfall verursacht hat, bekannt <strong>und</strong> hat er einen Stammbaum, ist eine Rassenzuteilungproblemlos. Ist kein Stammbaum vorhanden oder handelt es sich um einenMischling wird die Zuteilung schwierig bis unmöglich. Aufgr<strong>und</strong> des Phänotyps ist eineZuordnung nicht möglich, denn aufgr<strong>und</strong> des äusseren Erscheinungsbildes kann keineabschliessende Aussage über die genetische Veranlagung des H<strong>und</strong>es gemacht werden.Des Weiteren kann der Besitzer die Zuteilung aus persönlichen Gründen (zum BeispielUmgehen einer Rassen - oder Typenliste) verfälschen. Ist der H<strong>und</strong>, der einen Beissunfallverursacht hat, unbekannt, muss er von Opfern <strong>und</strong>/oder Zeugen zugeordnet bzw. vondiesen beschrieben <strong>und</strong> dann von einer <strong>Dr</strong>ittperson zugeordnet werden. DieseBeschreibungen sind zum Teil sehr ungenau <strong>und</strong> es können deshalb oft nur fraglicheAussagen über den H<strong>und</strong> gemacht werden. Hinzu kommt, dass die <strong>Dr</strong>ittperson, die dieZuordnung vornehmen muss, häufig selber kein H<strong>und</strong>espezialist ist. So müssen Ärzte <strong>und</strong>Polizisten, die zum Teil über geringe Kenntnisse bezüglich H<strong>und</strong>etypen verfügen, Berichteausfüllen. Es besteht die Gefahr, dass gewisse H<strong>und</strong>erassen oder H<strong>und</strong>etypen, die inunserer Gesellschaft als gefährlich gelten, häufiger als Täter verdächtigt werden.Dennoch wurde im Zusammenhang mit Untersuchungen von Beissunfällen meist versucht,die Rasse oder den Rassentyp des H<strong>und</strong>es zu erfassen. In einer Studie von Sacks et al.(2000) steht, dass die 238 tödlichen H<strong>und</strong>ebissunfälle, die sich in den USA zwischen 1979<strong>und</strong> 1998 ereigneten, durch mindestens 25 verschiedene H<strong>und</strong>erassen verursacht wurden.Einzelne Rassen <strong>und</strong> Typen kamen auf der Liste allerdings häufiger vor als andere. Lautderselben Studie wurden die tödlichen Zwischenfälle zwischen 1979 <strong>und</strong> 1980 meistens vonDeutschen Doggen <strong>und</strong> zwischen 1997 <strong>und</strong> 1998 zu ca. 67% von H<strong>und</strong>en vom Typ Pit Bulloder von Rottweilern verursacht. Die Tatsache, dass neben den Zahlen zu den Beissunfällenin den meisten Ländern zuverlässige Erhebungen zur Häufigkeit der verschiedenen Rassenfehlen, stellt ein grosses Problem für die Auswertung der Daten dar. Um verlässlicheAussagen machen zu können muss man nicht nur wissen, wie viele Prozente der Unfälledurch die Vertreter einer bestimmten Rasse verursacht wurden, sondern auch wie vieleProzente diese Rasse innerhalb der gesamten H<strong>und</strong>epopulation einnimmt. Nur so kannfestgestellt werden, ob eine Rasse bei den „beissenden“ H<strong>und</strong>en überproportional vertretenist. Horisberger (2002) berücksichtigte in ihrer Dissertation die Häufigkeit der verschiedenenH<strong>und</strong>erassen in der Population. Sie erfasste Beissunfälle, die medizinisch versorgt werdenmussten <strong>und</strong> stellte fest, dass Schäferh<strong>und</strong>e (Deutsche Schäfer / Belgische Schäfer /Schäfer) <strong>und</strong> Rottweiler signifikant häufiger Beissunfälle verursachten als dies derRepräsentation ihrer Rasse in der H<strong>und</strong>epopulation entsprach. Dies traf auch fürBernhardiner, Tibet Terrier, Berger des Pyrénées, Montagne Pyrénées <strong>und</strong> Pit Bulls zu.Sennenh<strong>und</strong>e waren nur in der Statistik überrepräsentiert, die die Unfälle mit fremdenH<strong>und</strong>en erfasst. Retriever waren insgesamt unterrepräsentiert, nicht aber bei den Bissen- 7 -