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Aquilegia vestinae Pfenninger - Ville de Genève

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322 CANDOLLEA 57, 2002Nicht interpretierbare Resultate wur<strong>de</strong>n für die Enzyme AKP (EC 3.1.3.1.), ADH (EC1.1.1.1.), GOT (EC 2.6.1.1.), EST (EC 3.1.1.1.), PGI (EC5.3.1.9.), ICD (EC 1.1.1.42.), ME (EC1.1.1.40.), GLD (EC 1.1.1.2.), GLC (EC 1.1.1.47.), LAP (EC 3.4.11.1.), PGM (EC 1.1.1.1.),SDH (EC 1.1.1.14.), G6PD (EC 1.1.1.49.), CAT (EC 1.11.1.6.) erzielt.Die statistische Auswertung <strong>de</strong>r populationsgenetischen Daten erfolgte mittels <strong>de</strong>n ProgrammenBIOSYS-1 (SWAFFORD & SELANDER, 1989), PHYLIP (FELSENSTEIN, 1995)und GENEPOP (RAYMOND & ROUSSET, 1995). Da mit diesen Programmen Fälle von dupliziertenGenen, wie sie für die Enzyme PX, AKP, MDH festgestellt wur<strong>de</strong>n, nicht verrechnet wer<strong>de</strong>nkönnen, konnten die Berechnungen zum Vergleich <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Taxa nur mit <strong>de</strong>nResultaten <strong>de</strong>s Enzyms TZO durchgeführt wer<strong>de</strong>n.1.3. Untersuchung <strong>de</strong>r autökologischen FaktorenZur Untersuchung <strong>de</strong>s autökologischen Verhaltens wur<strong>de</strong>n im Botanischen Garten BernKultivierungsversuche durchgeführt. Insgesamt wur<strong>de</strong>n neunundzwanzig Individuen von A. <strong>vestinae</strong>,sechzehn Individuen von A. thalictrifolia und dreiundsiebzig Individuen von A. einseleanavon Naturstandorten in Kultur genommen. Die Pflanzen wur<strong>de</strong>n in Rosentöpfen in gleichemSubstrat kultiviert, die Töpfe im Sandkasten eingesenkt und zwecks Kontrolle <strong>de</strong>r Wasserversorgungmit Glas über<strong>de</strong>ckt.2. Resultate2.1. Biometrie2.1.1. Wesentliche Unterscheidungskriterien zwischen <strong>de</strong>n drei untersuchten TaxaUnterschie<strong>de</strong> zwischen A. <strong>vestinae</strong> und A. einseleana. – Wie aus Tab. 1 hervorgeht, unterschei<strong>de</strong>nsich die bei<strong>de</strong>n genannten Arten vorwiegend in <strong>de</strong>r Kelchblattlänge (KBLLAE), <strong>de</strong>rKelchblattbreite (KBLBRE), <strong>de</strong>m Abstand <strong>de</strong>r maximalen Kelchblattbreite vom Blütenzentrum(KBLBREMA), <strong>de</strong>r Wuchshöhe (HOEHE) und <strong>de</strong>r Anzahl Seitentriebe am Haupttrieb (ANZS-TRIE). Bezüglich aller dieser Merkmale ist A. <strong>vestinae</strong> grösser.Unterschie<strong>de</strong> zwischen A. <strong>vestinae</strong> und A. thalictrifolia. –Diese bei<strong>de</strong>n Arten unterschei<strong>de</strong>nsich bezüglich <strong>de</strong>r Wuchshöhe (HOEHE), wobei A. <strong>vestinae</strong> auch hier be<strong>de</strong>utend grösserist, sowie <strong>de</strong>n Blattdrüsen (BLADRUE), die im Gegensatz zu A. <strong>vestinae</strong> bei A. thalictrifoliavorhan<strong>de</strong>n sind.2.1.2. Hauptkomponentenanalyse (PCA)Faktor 1 erklärt bereits 54 % <strong>de</strong>r totalen Varianz und wird vor allem durch die zehn MerkmaleKelchblattlänge, Kelchblattbreite, Wuchshöhe, Spornlänge, Anzahl Seitentriebe von Haupttrieb,Kronblattlänge, Anzahl Verzweigungen, Abstand <strong>de</strong>r maximalen Kelchblattbreite vom Blütenzentrum,Fie<strong>de</strong>rungsgrad <strong>de</strong>r Blätter, und das Verhältnis <strong>de</strong>r Staminodienlänge zur Breitegeprägt, Faktor 2 erklärt 12 %, wobei hier kein Merkmal signifikant zur Trennung beiträgt (Abb.3). Faktor 3 erklärt schließlich noch 8 % <strong>de</strong>r totalen Varianz. Hier führt das Vorhan<strong>de</strong>nsein o<strong>de</strong>rFehlen von Blattdrüsen zu einer signifikanten Trennung (Abb. 4).Mit <strong>de</strong>m KRUSKAL-WALLIS-TEST über alle Gruppen für alle elf morphologischen Merkmalewur<strong>de</strong> die Trennung auf die Signifikanz getestet. Der Test wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>n Einzelwerten (siebenundachtzigIndividuen aus sechs Populationen) gerechnet. Alle Merkmale sind signifikant(p


A. PFENNINGER & D. M. MOSER – NEUE AQUILEGIA-ART AUS DEN JUDIKARISCHEN ALPEN 323Abb. 3. – Faktor 1 zu Faktor 2 (die Umrandung<strong>de</strong>r Gruppen ist willkürlich gewählt und dienteinzig einer Verbesserung <strong>de</strong>r Übersichtlichkeit).A. einseleanaA. thalictrifoliaA. <strong>vestinae</strong>Faktor 1 bewirkt eine Trennung aller Individuen in zwei Grossgruppen. Gruppe 1 wird ausIndividuen von A. einseleana gebil<strong>de</strong>t, während Gruppe 2 aus Individuen <strong>de</strong>r Taxa A. <strong>vestinae</strong>und solchen von A. thalictrifolia gebil<strong>de</strong>t wird.Abb. 4.- Faktor 1 zu Faktor 3 (dieUmrandung <strong>de</strong>r Gruppen ist willkürlichgewählt und dient einzig einerVerbesserung <strong>de</strong>r Übersichtlichkeit).A. einseleanaA. thalictrifoliaA. <strong>vestinae</strong>


324 CANDOLLEA 57, 2002Die Gesamtheit <strong>de</strong>r Individuen zerfällt hier in drei Hauptgruppen: Im vierten Quadrantenist Gruppe 2 zu fin<strong>de</strong>n, welche fast ausschließlich aus Individuen <strong>de</strong>s Taxons A. <strong>vestinae</strong> gebil<strong>de</strong>twird, während A. thalictrifolia auf <strong>de</strong>n ersten Quadranten beschränkt bleibt. Die Gruppe <strong>de</strong>rIndividuen von A. einseleana liegt je etwa zur Hälfte in <strong>de</strong>n Quadranten 2 und 3.2.2. Isoenzymatischer Vergleich <strong>de</strong>r drei Taxa A. einseleana, A. thalictrifolia und A. <strong>vestinae</strong>2.2.1. AllelfrequenzenDie Allelfrequenzen aller untersuchter Populationen <strong>de</strong>r Taxa A. einseleana, A. thalictrifoliaund A. <strong>vestinae</strong> für das Enzym TZO (Tab. 2).Tab. 2. – Allelfrequenzen aller untersuchter Populationen für das Enzym TZOA. einseleana A. einseleana A. <strong>vestinae</strong> A. thalictrifolia(Val Colla) (Grigna) (Valvestino) (Valvestino)TZO-2 (N) 38 27 25 71 0.605 0.556 0.06 0.2142 0.395 0.444 0.94 0.786TZO-1 (N) 38 27 25 71 0.079 0.037 0.5 0.2862 0.921 0.963 0.5 0.714A. einseleana (Val Colla)A. einseleana (Grigna)A. <strong>vestinae</strong> (Valvestino)0.15 0.10 0.05 0.00(Nei’s genetic distance)A. thalictrifolia (Valvestino)Abb. 5. – Phänogramm für die untersuchten Populationen basierend auf <strong>de</strong>n Allelfrequenzen für <strong>de</strong>s Enzym TZO.


A. PFENNINGER & D. M. MOSER – NEUE AQUILEGIA-ART AUS DEN JUDIKARISCHEN ALPEN 3252.2.2. Berechnung <strong>de</strong>r genetischen DistanzMittels Average Linkage Cluster Analysis (UPGMA) wur<strong>de</strong> ein Phänogramm basierend auf<strong>de</strong>n berechneten genetischen Distanzen nach NEI (1972) erstellt (Abb. 5).Die 4 untersuchten Populationen zerfallen in zwei Hauptgruppen, wobei die eine durch diebei<strong>de</strong>n Populationen von A. einseleana, die an<strong>de</strong>re durch die bei<strong>de</strong>n Populationen von A. thalictrifoliaund A. <strong>vestinae</strong> gebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n.Abb. 6. – Festgestellte Ban<strong>de</strong>nmuster <strong>de</strong>s Enzyms ACP <strong>de</strong>r drei untersuchten Taxa2.2.3. ACP als MarkerenzymDas Enzym ACP stellt ein Markerenzym für A. <strong>vestinae</strong> dar (Abb. 6). Es eignet sich zurUnterscheidung von A. <strong>vestinae</strong> von <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Taxa A. einseleana und A. thalictrifolia. Es wur<strong>de</strong>nfolgen<strong>de</strong> Ban<strong>de</strong>nmuster festgestellt.Da we<strong>de</strong>r die Quartärstruktur noch die Anzahl Loci bekannt ist, kann das vorliegen<strong>de</strong> Ban<strong>de</strong>nmusternicht interpretiert wer<strong>de</strong>n.2.3. Aut- und Synökologie2.3.1. Synökologie<strong>Aquilegia</strong> <strong>vestinae</strong> ge<strong>de</strong>iht im Valvestino auf einer Höhe über Meer von 500-600 Metern.Sie bevorzugt ständig durchsickerte Hänge, aber auch wechselfeuchte Stellen, welche von Grasartigendominiert sind, an stark besonnten wie auch an sehr schattigen Standorten zu fin<strong>de</strong>n.Typische Begleitarten sind Molinia arundinacea Schrank, Sesleria varia (L.) Ard. und Schoenusnigricans L. Aufgrund <strong>de</strong>r breiten ökologischen Toleranz ist es schwierig, die Standorte einerpflanzensoziologischen Kategorie zuzuordnen.2.3.2. <strong>Aquilegia</strong> einseleana, A. thalictrifolia und A. <strong>vestinae</strong> in KulturVon ursprünglich neunundzwanzig Pflanzen von A. <strong>vestinae</strong> lebten nach einem Jahr nochsiebenundzwanzig (93%), von sechzehn Pflanzen von A. thalictrifolia noch sieben (44%) undvon ursprünglich dreiundsiebzig A. einseleana -Pflanzen dreiundvierzig (59%) (Abb. 7). DerHauptfaktor für die unterschiedlichen Überlebensraten dürfte das Wasser sein. Während A. <strong>vestinae</strong>diesbezüglich keine sehr speziellen Anfor<strong>de</strong>rungen stellt, reagieren A. thalictrifolia undA. einseleana sehr empfindlich, insbeson<strong>de</strong>re auf zu feuchte Verhältnisse.


326 CANDOLLEA 57, 2002A. einseleanaN = 73A. thalictrifoliaN = 16A. <strong>vestinae</strong>N = 29Abb. 7. – Überlebensraten <strong>de</strong>r drei untersuchten Taxa nach 1 Jahr unter gleichen Kulturbedingungen.3. Diskussion3.1. BiometrieMorphologisch lassen sich A. einseleana, A. thalictrifolia und A. <strong>vestinae</strong> mittels <strong>de</strong>r Hauptkomponentenanalysegut auftrennen, dies obschon aufgrund <strong>de</strong>s geringen Stichprobenumfangesnicht mit Mittelwerten pro Population son<strong>de</strong>rn mit <strong>de</strong>n Werten für die Einzelindividuen gerechnetwur<strong>de</strong>.Bei <strong>de</strong>r Interpretation <strong>de</strong>r Auswertung <strong>de</strong>r biometrischen Daten sollte allerdings <strong>de</strong>r Faktor<strong>de</strong>r Modifikation nicht vergessen wer<strong>de</strong>n, wur<strong>de</strong>n doch beispielsweise nicht alle Individuen vonStandorten gleicher Meereshöhe und Exposition gesammelt. Bei Kulturversuchen im BotanischenGarten Bern ist aber aufgefallen, daß sich die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale auchunter vergleichbaren Kulturbedingungen erhalten, was hier aber allerdings nicht mit Zahlenmaterialbelegt wer<strong>de</strong>n kann, da hierzu keine Untersuchung durchgeführt wur<strong>de</strong>. Es wäre bestimmtsehr aufschlußreich, diesbezüglich biometrische Untersuchungen an kultivierten Individuen <strong>de</strong>rdrei Taxa durchzuführen, was allerdings angesichts <strong>de</strong>r schwierigen Kultivierbarkeit von A. einseleanaund insbeson<strong>de</strong>re von A. thalictrifolia nicht einfach sein dürfte, müßte sich doch dieUntersuchung, um aussagekräftige Resultate zu erhalten, über mehrere Jahre erstrecken.3.2. Isoenzymatischer Vergleich <strong>de</strong>r drei TaxaDie I<strong>de</strong>ntifizierung eines spezifischen Allels für A. <strong>vestinae</strong> ist bemerkenswert. Das Resultatist allerdings mit einem gewissen Unsicherheitsfaktor behaftet, da die Stichprobenumfängerelativ klein waren.Wie das Ban<strong>de</strong>nmuster <strong>de</strong>s Enzyms ACP zeigt, ist A. <strong>vestinae</strong> nicht durch Hybridisierungaus A. einseleana und A. thalictrifolia entstan<strong>de</strong>n, was aufgrund <strong>de</strong>s Vorkommens <strong>de</strong>r drei Artenim gleichen Gebiet <strong>de</strong>nkbar gewesen wäre, können doch verschie<strong>de</strong>nste <strong>Aquilegia</strong>-Arten leichtmiteinan<strong>de</strong>r gekreuzt wer<strong>de</strong>n (BERKELEY, 1850: 167), und sogar Artbastar<strong>de</strong> völlig unverwandterArten sind wenigstens teilweise fertil (ANDERSON & SCHAFER, 1931). Die Fertilitätvon Artbastar<strong>de</strong>n ist genauso hoch zwischen Arten, <strong>de</strong>ren Areale einen halben Erdumfang voneinan<strong>de</strong>rentfernt liegen, und geographisch verwandten Arten (GREGORY, 1941: 457-458).


A. PFENNINGER & D. M. MOSER – NEUE AQUILEGIA-ART AUS DEN JUDIKARISCHEN ALPEN 327Die Berechnung <strong>de</strong>r genetischen Distanz läßt die drei Taxa in zwei Hauptgruppen zerfallen,wobei die Populationen von A. einseleana eine Gruppe bil<strong>de</strong>n, während die an<strong>de</strong>re Hauptgruppedurch die Populationen <strong>de</strong>r Taxa A. thalictrifolia und A. <strong>vestinae</strong> gebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n.Es stellt sich allerdings auch hier die Frage, welchen Einfluß <strong>de</strong>r Einbezug weiterer Enzymsystemeund einer größeren Stichprobe auf die Gruppierung hätte, beruht diese hier doch auf nureinem Enzymsystem mit zwei Loci und je zwei Allelen, stimmt allerdings gut mit <strong>de</strong>n Erwartungenüberein.4. KonklusionenAufgrund morphologischer, molekulargenetischer und ökologischer Kriterien kann A. <strong>vestinae</strong>von A. einseleana und A. thalictrifolia systematisch abgetrennt und als neue Art aufgefaßtwer<strong>de</strong>n.BIBLIOGRAPHIEANDERSON, E. & B. SCHAFER (1931). Species hybrids in <strong>Aquilegia</strong>. Ann. Bot. ( London) 45: 639-646.BERKELEY, M. J. (1850). Gärtner’s observations upon muling among plants. J. Roy. Hort. Soc. 5: 156-172.FELSENSTEIN, J. (1995). PHYLIP (Phylogeny Inference Package), Version 3.57c. University of Washington, Seattle.GREGORY, W. C. (1941). Phylogenetic and cytological studies in the Ranunculaceae. Trans. Amer. Philos. Soc. ser. 2, 31:443-521.HAMES, B. D. & D. RICKWOOD (1990). Gel Electrophoresis of Proteins: A Practical Approach. 2nd ed. IRL Press,Oxford, New York and Tokyo.NEI, M. (1972). Genetic distance between populations. Amer. Naturalist 106: 283-292.RAYMOND, M. & F. ROUSSET (1995). Genepop (version 1.2): Population genetics software for exact tests and ecumenicism.J. Heredity 86: 248-249.SWAFFORD, D. L. & R. B. SELANDER (1989). BIOSYS-1: A computer programm for the analysis of allelic variation inpopulation genetics and biochemical systematics. Release 1.7. Urbana, University of Illinois.WENDEL, J. F. & N. F. WEEDEN (1989). Visualization and interpretation of plant isozymes. In: SOLTIS, D. E. & P. S.SOLTIS (eds.), Isozymes in Plant Biology. Dioscori<strong>de</strong>s, Portland, Oregon.Anschrift <strong>de</strong>r Verfasser: AP: Neubrückstr. 93, CH-3012 Bern.DM: Botanische Institute <strong>de</strong>r Universität Bern, Altenbergrain 21, CH-3013 Bern.

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