originalarbeitAbb. 1 Nomogramm zur Vorhersage eines Visusverlustesauf unter 0,1. Points : Die Punktezahl für die Einzelparameter.Diese wird am Kreuzungspunkt mit einer vertikalen Linie durchden Wert <strong>der</strong> Einzelparameter abgelesen. Tumorhöhe : gemessenim Millimetern. Abstand zu Papille/Foveola: Kleinster gemessenerAbstand zu Papille o<strong>der</strong> Foveola ≤ 1,5 mm (close),> 1,5 mm (far). Ausgangsvisus : Visus vor <strong>der</strong> Behandlung(entsprechend: 1,0 = 16; 0,8 = 15; 0,63 = 14; 0,5 = 13; 0,4 = 12;0,32 = 11; 0,25 = 10; 0,2 = 9; 0,16 = 8; 0,12 = 7; 0,1 = 6). Begleitamotio: vorhanden = „yes“; nicht vorhanden = „no“. TotalPoints : Die Gesamtpunktezahl errechnet sich aus <strong>der</strong> SummePunkte <strong>der</strong> Einzelparameter. Eine vertikale Linie nach unten,ausgehend von <strong>der</strong> Gesamtpunktezahl, zeigt an den beidendarunterliegenden Skalen die Wahrscheinlichkeit des Visuserhaltesan (Multiplikation mit 100 ergibt die prozentualen Werte)nie, koronare Herzkrankheit, Diabetes mellitus) sowieBehandlungsparametern (Dosis, Isodose) und demEndvisus bestand im multivariaten Cox-Modell kein statistischsignifikanter Zusammenhang. Der c-Index (Harrell’sc) des Cox Modells betrug 0,7.Anhand des berechneten multivariaten Cox Modellsfür den Visuserhalt wurde ein Nomogramm zur Risikoabschätzungeines Visusverlustes auf unter 0,1 erstellt(Abb. 1 ). Im Nomogramm werden für die jeweiligen Parametergewichtet Punkte vergeben und zu einer Gesamtpunktezahladdiert. Anhand dieser Gesamtpunktezahlkann auf einer Skala die Wahrscheinlichkeit des Visusverlustesnach 1 und 3 <strong>Jahre</strong>n abgelesen werden.DiskussionDie wichtigsten klinischen Risikofaktoren für einenVisusverlust auf unter 0,1 nach Gamma Knife Radiochirurgiewaren die Tumorhöhe, ein geringer Abstandzu Papille/Fovea, sowie ein schlechter Ausgangsvisusund eine begleitende Netzhautablösung. Diese Risiko-faktoren wurden bereits von an<strong>der</strong>en Autoren für an<strong>der</strong>eBehandlungsmodalitäten als entscheidend beschrieben[ 25 – 28 ]. An<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> Literatur beschriebene für dasVisusergebnis relevante Variablen wie z. B. Behandlungsdosisund begleitende systemische Erkrankungen(z. B. Diabetes mellitus) waren in unserer Datenauswertungnicht signifikant. Die Indikationen zur GammaKnife Radiochirurgie unterscheiden sich grundlegendvon den Indikationen zu an<strong>der</strong>en Therapieformen, wiez. B. <strong>der</strong> Brachytherapie. Das Indikations<strong>spektrum</strong>, dieStruktur <strong>der</strong> PatientInnen-Kohorte und die Tumorparameterunserer PatientInnen sind in erster Linie denenbei stereotaktischer Radiotherapie mit dem Linearbeschleuniger(LINAC) vergleichbar [ 29 , 30 ]. Die GammaKnife Radiochirurgie wurde von uns als Alternative zurEnukleation bei nicht für die Brachytherapie geeignetenTumoren angewendet. So kommt es in unserer Kohortedurch den überproportional hohen Anteil an Patient-Innen mit ungünstiger klinischer Ausgangssituation zueiner Verzerrung <strong>der</strong> Ergebnisse (selection bias). In 70 %<strong>der</strong> Fälle (124 PatientInnen) war <strong>der</strong> hintere Tumorrandin unmittelbarer Nähe zu Papille/ Fovea ( ≤ 1,5 mm), in296 Visusprognose nach Gamma Knife Radiochirurgie von A<strong>der</strong>hautmelanomen 1 3
originalarbeit57 % (101 PatientInnen) war die Tumorhöhe zu groß füreine Ruthenium-106 Brachytherapie, und 108 PatientInnen(61 %) hatten eine begleitende Netzhautablösung.Diese PatientInnen hatten ein um das Mehrfache erhöhtesRisiko eines Visusverlustes. Eine Vergleichbarkeit <strong>der</strong>Visusergebnisse nach Gamma Knife Radiochirurgie mitan<strong>der</strong>en Therapieformen ist daher nur bei ähnlichemIndikations<strong>spektrum</strong> gegeben. In einer 1996 publiziertenArbeit zu den Ergebnissen nach Protonen-Therapieberichten Foss et al. [ 31 ] in Bestätigung <strong>der</strong> Ergebnissevon Char et al. [ 32 ], dass von <strong>der</strong> Größe für die Brachytherapie(i.e.L. Jod-125) geeignete A<strong>der</strong>hautmelanome sichauch mit <strong>der</strong> Protonentherapie gut behandeln lassen, dieMorbidität jedoch insbeson<strong>der</strong>e bei großen A<strong>der</strong>hautmelanomenmit begleiten<strong>der</strong> Netzhautablösung hochsei. Die Situation stellt sich in unserer Kohorte ähnlichdar, mit je nach klinischer Ausgangssituation sehr unterschiedlichenErgebnissen. Das erstellte Prognose-Modellermöglich durch Berücksichtigung <strong>der</strong> individuellenRisikofaktoren im Einzelfall eine genauere Abschätzungdes Risikos für einen Visusverlust als die Kaplan–MeierSchätzung aus <strong>der</strong> gesamten Kohorte, und bei geeigneterWahl <strong>der</strong> prädiktiven Variablen auch einen (eingeschränkten)Vergleich <strong>der</strong> Therapien.Die Gamma Knife Radiochirurgie stellt sich als einein vieler Hinsicht attraktive Behandlungsmöglichkeitbei A<strong>der</strong>hautmelanomen und PatientInnen dar, beidenen an<strong>der</strong>e Behandlungsformen nicht möglich sind.Die Durchführung erfor<strong>der</strong>t einen nur kurzen stationärenAufenthalt und kann in Einzelfällen auch ambulantdurchgeführt werden. Die Methode ist, insbeson<strong>der</strong>eim Vergleich zur Brachytherapie o<strong>der</strong> Protonentherapie,nur gering invasiv, und die gesamte Behandlung dauertnur wenige Stunden.Das erstellte Nomogramm kann sowohl bei <strong>der</strong> Aufklärung<strong>der</strong> PatientInnen als auch bei <strong>der</strong> präoperativenBeratung eine wichtige Hilfestellung bieten und diebehandelnden ÄrztInnen wie auch die PatientInnenbei <strong>der</strong> therapeutischen Entscheidungsfindung unterstützen.Für unser Nomogramm ergaben sich aus demmultivariaten Cox-Modell ausschließlich Variablen, dieschon bei <strong>der</strong> klinischen Erstuntersuchung, vor <strong>der</strong> Therapieentscheidungerhebbar sind. Dies unterscheidetunser Modell von an<strong>der</strong>en publizierten Visusvorhersagemodellen,die auch Parameter verwenden, welche erstnach einer durchgeführten (bzw. simulierten) Behandlungbestimmt werden können (z. B. Dosisverteilung),und damit in erster Line zur Visusvorhersage nach einerdurchgeführten Behandlung verwendet werden können[ 15 ]. Durch die Anwendung unseres Nomogramms kannjenen PatientInnen die Gamma Knife Behandlung empfohlenwerden, welche eine günstige Visusprognose aufweisen.Die an<strong>der</strong>en PatientInnen können schon vor <strong>der</strong>Behandlung dahingehend aufgeklärt werden, dass dasBehandlungziel in erster Linie die Erhaltung des Auge ist,und eine Reduktion des Sehvermögens zu erwarten ist.Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Enukleation alseine Behandlungsalternative besprochen werden.Mit <strong>der</strong> Weiterentwicklung und breiteren Verfügbarkeitvon Methoden zur externen Strahlentherapieund zur Behandlung von Nebenwirkungen sind für dieZukunft verbesserte Möglichkeiten zur augenerhaltendenTherapie auch bei ungünstiger Ausgangssituation zuerwarten [ 33 ]. Mit vergleichenden Studien könnten dieVorteile <strong>der</strong> einzelnen Therapieformen in den spezifischenklinischen Ausgangssituationen identifiziert, undzum Nutzen <strong>der</strong> PatientInnen eingesetzt werden.InteressenskonflikteW. Wackernagel, L. Tarmann, C. Mayer, E. Holl, A. Avian,M. Schnei<strong>der</strong>, M. Sommer, K. Kapp, G. Langmann erklären,dass keine Interessenskonflikte betreffend denInhalt dieser Arbeit o<strong>der</strong> in dieser Arbeit genannten Produktebestehen.Literatur1. Singh AD, Turell ME, Topham AK. Uveal melanoma.Trends in incidence, treatment, and survival. Ophthalmology.2011;118:1881–5.2. Chang MY, McCannel TA. Local treatment failure after globe-conservingtherapy for choroidal melanoma. Br J Ophthalmol.2013;97:804–11.3. Mayer CF, Langmann G, Wackernagel W, et al. Globe preservationand visual function after endoresection andGamma-Knife radiosurgery for uveal melanomas. SpektrumDer Augenheilkunde. 2009;23:347–52.4. 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