originalarbeitAbb. 2 Untersuchungszimmer <strong>der</strong> Augenabteilung im Herberstein´schenHaus (Foto vermutlich 1910). (Landeskrankenhaus-Universitätsklinikum<strong>Graz</strong>, Universitätsaugenklinik)Ein nächster Erweiterungsschritt ergab sich im Jänner1871 mit dem Bezug des neu errichteten Kliniktraktesbeim Hauptgebäude (Paulustorgasse 8). Die <strong>Augenklinik</strong>erhielt hier Räumlichkeiten im zweiten Stock undwurde damit von <strong>der</strong> Augenabteilung (Abb. 2 ) räumlichgetrennt. Zur Klinik zählten zwei Krankenzimmer mitjeweils zwölf Betten, ein Hör- und Operationssaal, mehrereArbeitszimmer und die Assistentenwohnung. InProfessor Blodigs Arbeitszimmer brach Anfang Dezember1878 aus ungeklärter Ursache ein nächtlicher Brandaus, <strong>der</strong> insbeson<strong>der</strong>e den Schreibtisch des Professors inMitleidenschaft zog. Dabei sollten angeblich auch Krankengeschichtenund Monatsberichte vernichtet wordensein, <strong>der</strong>en vormalige Existenz jedoch nicht unzweifelhaftfeststeht. Professor Blodig wurden nämlich vorwiegendin administrativen, doch auch in fachlichenBelangen grobe Versäumnisse zur Last gelegt [ 97 – 100 ].Nachdem Professor Blodig die Altersgrenze erreichthatte, fiel Anfang 1887 die allerhöchste Entschließungzur Berufung von Professor Dr. Isidor Schnabel zu seinemNachfolger. Isidor Schnabel (1842–1908) war nachStudien in Prag und Wien 1865 in Wien promoviert worden.Anschließend hatte er an <strong>der</strong> Augenabteilung unterProfessor Eduard Jaeger von Jaxtthal, dem Sohn vonFriedrich Jaeger, gearbeitet und sich 1871 habilitiert.1877 folgte er einer Berufung nach Innsbruck, wo er zehn<strong>Jahre</strong> lang die <strong>Augenklinik</strong> leitete, bevor er nach <strong>Graz</strong>kam, um mit Anfang April 1887 die Nachfolge von ProfessorBlodig anzutreten. Mit Professor Schnabel solltedie Augenheilkunde in <strong>Graz</strong> „ihre ganz große Tradition“beginnen, geprägt von einer beachtlichen Publikationstätigkeit,wenngleich die <strong>Graz</strong>er Ära Schnabel nur vier<strong>Jahre</strong> währte. Infolge seiner Berufung nach Prag kam es1891 zur abermaligen Neubesetzung <strong>der</strong> <strong>Graz</strong>er <strong>Augenklinik</strong>und -abteilung [ 101 – 106 ].Professor Dr. Michael Borysiekiewicz (1848–1899) hattenach seinem Wiener Studium bei Professor FerdinandRitter von Arlt gearbeitet und sich unter dessen Nachfolger,Carl Stellwag von Carion, 1880 habilitiert. 1887 wurdeer als Nachfolger von Professor Schnabel nach Innsbruckund 1891 auf dessen Empfehlung nach <strong>Graz</strong> berufen.Seine Ernennung zum Ordinarius erfolgte mit AnfangApril 1892. Wegen Platzmangels wurden die <strong>Augenklinik</strong>und ihre Abteilung weiter ausgebaut. Im Kliniktrakt gabes nun vier klinische Krankenzimmer mit insgesamt 24Betten, einen Hörsaal und einen separaten Operationssaal,zwei Ambulanzräume, zwei Augenspiegelzimmerund drei Arbeitszimmer. Ein Umbau <strong>der</strong> ehemaligen Stallungendes Herberstein’schen Hauses in Krankenzimmerermöglichte zudem eine Belagssteigerung auf <strong>der</strong>Augenabteilung. 1893 zählte die Abteilung 98 Betten (injeweils sechs Krankenzimmern für Männer und Frauen)und 1894 bereits 112 Betten. Als unlösbares Problemerwies sich die räumliche Distanz zwischen Klinik undAbteilung, getrennt durch einen „Irrweg über Stiegen,verwinkelte Korridore und abermals Stiegen durch dieverschachtelten Häuser <strong>der</strong> Paulustorgasse“ [ 107 – 113 ].Eine Besserung versprach allein <strong>der</strong> Krankenhausneubauzwischen Leechwald und Leonhardkirche. EinLageplan des <strong>Jahre</strong>s 1895 erweist, dass damals bereits dieVerbauung des vor<strong>der</strong>en Bauplatzes rechts <strong>der</strong> Hauptalleemit zwei parallelen Pavillons samt Verbindungsgangfür die <strong>Augenklinik</strong> und -abteilung vorgesehen war. Aufgrunddes frühen Todes von Professor Borysiekiewiczfielen die Detailplanung und Ausführung dieser engagiertenBauvorhaben jedoch bereits in die Hände seinesNachfolgers Professor Dimmer [114 –116 ].Friedrich Dimmer (1855–1926) war nach Studien inPrag und Wien 1878 in Wien promoviert worden, arbeitetedanach als Assistent bei Professor Ferdinand Rittervon Arlt an <strong>der</strong> <strong>Augenklinik</strong> und schließlich bei den ProfessorenEduard Jaeger von Jaxtthal und Ernst Fuchs an<strong>der</strong> II. <strong>Augenklinik</strong>. Beim Supplenten August Ritter vonReuss lernte er die damals neu entdeckte Lokalanästhesieam Auge mit Kokain kennen. Dimmer habilitierte sich1885 bei Fuchs und folgte 1895 – ebenso wie seine beiden<strong>Graz</strong>er Vorgänger – zunächst einer Berufung nach Innsbruck.Sein <strong>Graz</strong>er Ordinariat übernahm er mit AnfangApril 1900 [ 117 – 125 ].Gemeinsam mit Physikern hatte Professor Dimmer1897 Versuche zur Fotografie des Augenhintergrundesbegonnen, über <strong>der</strong>en Fortgang er um die Jahrhun<strong>der</strong>twendeauf internationalen Ophthalmologenkongressenberichtete. In Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Firma Zeiss inJena gelang ihm 1902 die Herstellung eines Apparates,mit dem sich erstmalig gut brauchbare Fotografien desmenschlichen Augenhintergrundes herstellen ließenund den er in den <strong>Jahre</strong>n bis 1906 noch perfektionierte(Abb. 3 ) [ 126 – 134 ].Die <strong>Graz</strong>er Augenabteilung erfuhr zu Beginn des 20.Jahrhun<strong>der</strong>ts ihre letzte Vergrößerung am Standort in<strong>der</strong> Paulustorgasse. Ein Umbau des Herberstein’schenHauses ermöglichte die Schaffung einer Station für Trachompatienten.Insgesamt gab es nun auf <strong>der</strong> Augenabteilung107 und auf <strong>der</strong> <strong>Augenklinik</strong> 24 Betten. Mit diesen131 Betten hatte die <strong>Augenklinik</strong> und -abteilung in <strong>der</strong>Paulustorgasse ihren endgültigen Höchstbelag erreicht[ 135 – 143 ].262 Augenheilkunde in <strong>Graz</strong> 1 3
originalarbeitAbb. 3 Apparat zur Fotografie des Augenhintergrundes (Fotoum 1905). (Aus: Dimmer F. Die Photographie des Augenhintergrundes,1906, S. 141)Abb. 4 Arbeitszimmer von Professor Dimmer mit Augenhintergrund-Fotosan den Wänden (Foto vermutlich1910). (Landeskrankenhaus-Universitätsklinikum <strong>Graz</strong>,Universitätsaugenklinik)Als 1904 die Sitzungen des Baukomitees für den Krankenhausneubaubegannen, wurde Professor Dimmer alsVertreter <strong>der</strong> Klinikvorstände in das Komitee entsendet(Abb. 4 ). Das mag damit zusammenhängen, dass dieProfessoren <strong>der</strong> übrigen Kliniken <strong>der</strong> ersten beiden Bauloseihre Funktionen erst seit 1903 bekleideten. Der Bau<strong>der</strong> Augenpavillons begann im Sommer 1905. Ihr Verbindungsgangwurde aufgrund einer Planän<strong>der</strong>ung erstzwei <strong>Jahre</strong> später in Angriff genommen. 1907 fiel auch dieEntscheidung, das zentrale Röntgen-, licht- und elektrotherapeutischeInstitut statt im Zentralbad (Auenbruggerplatz3) im zweiten Stock des <strong>Augenklinik</strong>pavillons(Auenbruggerplatz 4) einzurichten. Die Augenpavillonswaren 1908 bereits nahezu fertiggestellt (Abb. 5 ), solltenaber erst im Eröffnungsjahr 1912 in Betrieb genommenwerden. Inzwischen verließ Professor Dimmer <strong>Graz</strong>infolge seiner Berufung zum Vorstand <strong>der</strong> I. Wiener<strong>Augenklinik</strong> (1910) [ 144 – 154 ].Abb. 5 Baustelle für den Krankenhausneubau, in <strong>der</strong> Mitte<strong>der</strong> Rohbau <strong>der</strong> Hautklinik, rechts davon jener <strong>der</strong> <strong>Augenklinik</strong>(Foto 1906). (Sammlung Dr. Eva Mittelbach, <strong>Graz</strong>)Im neuen LandeskrankenhausMaximilian Salzmann (1862–1954) hatte ebenso wie seinVorgänger Professor Dimmer in Wien studiert, bei ProfessorErnst Fuchs assistiert und sich bei diesem 1895habilitiert. In <strong>Graz</strong> wurde er Ende November 1911 zumVorstand <strong>der</strong> <strong>Augenklinik</strong> und mit <strong>Jahre</strong>sbeginn 1912zum Primarius <strong>der</strong> Augenabteilung ernannt. Kurz daraufübersiedelten die Augenabteilung (29. Mai 1912) und die<strong>Augenklinik</strong> (11. Juni 1912) in den Krankenhausneubau.Die Bettenzahl <strong>der</strong> <strong>Augenklinik</strong> blieb gleich (24 Betten),während sich <strong>der</strong> Belag <strong>der</strong> Augenabteilung auf 126 bis130 Betten erhöhte. Der Gesamtbelag von somit <strong>150</strong> bis154 Betten blieb bis zur Jahrhun<strong>der</strong>tmitte im Wesentlichenunverän<strong>der</strong>t. Eine Ausnahme ergab sich nurwährend des Ersten Weltkriegs, als man die Bettenzahlkurzfristig auf 169 Betten steigern musste [ 155 – 168 ].1913 berichtete Professor Salzmann im steirischenÄrzteverein von seiner Methode, unter Zuhilfenahmeeines Augenspiegels die vor<strong>der</strong>e Kammerbucht (Kammerwinkel)des lebenden menschlichen Auges zubetrachten. Diese Methode hatte Salzmann seit dem Jahr1900 entwickelt, als <strong>der</strong> griechische Augenarzt AlexiosTrantas erstmalig darüber berichtete, wie er den Kammerwinkelseit Kurzem zu untersuchen verstand, indemer mit Fingerdruck die Bulbuswand etwas eindellte. DassTrantas danach 1907 auch über eine Augenspiegeluntersuchungdes Kammerwinkels ohne Fingerdruck publizierte,wurde Salzmann erst 1915 bekannt. Trantas undSalzmann entwickelten somit unabhängig voneinan<strong>der</strong>die Kammerwinkel-Untersuchungsmethode, <strong>der</strong> Trantasum 1915 den Namen Gonioskopie gab [ 169 – 174 ].Zu den Innovationen <strong>der</strong> Klinik Salzmann zählte auchdie Weiterentwicklung <strong>der</strong> Iridektomie. Um Linsenverletzungenbesser zu vermeiden, än<strong>der</strong>te ProfessorSalzmann Anfang 1929 die bisherige Schnittführung.Seiner neuen Methode gab er den Namen iridectomia abexterno [ 175 – 176 ].Professor Salzmann leitete die <strong>Augenklinik</strong> dank <strong>der</strong>Bewilligung eines Ehrenjahres noch über sein siebzigstesLebensjahr hinaus und wurde erst im Herbst 1934als Vorstand <strong>der</strong> <strong>Augenklinik</strong> und <strong>der</strong> Augenabteilung1 3Augenheilkunde in <strong>Graz</strong> 263