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Wortbildung

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Lauffer PS <strong>Wortbildung</strong> SS 20092.5. StammIn der traditionellen historischen Sprachwissenschaft bezeichnet man mit Stamm eine Wortform, die von dengrammatischen Kategorien Person und Numerus abstrahiert, also z.B. Präsensstamm, Präteritumstamm,Konjunktivstamm, Partizipialstamm, Pluralstamm (verbind, verband, verbänd, verbund, wald, wäld).Für eine synchrone Beschreibung der deutschen Gegenwartssprache genügt eine weitere Definition: Stamm alsAbstraktion von allen grammatischen Kategorien, als nicht flektierte Form eines Wortes (kurz: Stamm = Wortminus Flexion). Sinngemäß sind auch nicht flektierbare Wörter Stämme. Die Lautgestalt von Stämmen kanndurch Mutierung verändert sein, man spricht von Stammformen: Mann-Männ(er), find(en)-(ge)fund(en).Stämme verhalten sich in dieser Hinsicht wie Morpheme: Stamm-Stammform / Morphem-Allomorph. Für dasDeutsche ist zu unterscheiden zwischen der unmarkierten Stamm-Grundform und (durch Umlaut oder Ablaut)markierten Formen.Hinweis: Der Stamm eines Wortes sollte, zumindest theoretisch, nicht mit dem Lexem identifiziertwerden. Stämme liegen zwar den entsprechenden Lexemen zugrunde, enthalten aber nicht derenBedeutungsumfang, und sie sind nicht wortartspezifisch. Bei der <strong>Wortbildung</strong> bringt der Stamm nursolche kategorialen Merkmale und Bedeutungsaspekte der entsprechenden Lexeme zur Geltung, die mitdem jeweils anderen Stamm oder Derivativ verträglich sind. Bei einer <strong>Wortbildung</strong> wieScheibenwischer werden von Anfang an nur diejenigen Bedeutungsanteile der Stämme realisiert, diedem intendierten Gebrauch des Wortes entsprechen (vgl. Rickheit 1993 : 48). Dieser Aspekt ist wichtigbei der Beurteilung der Idiomatisierung eines Wortes: Die Bedeutung von Scheibenwischer ergab sichnicht erst durch Idiomatisierung aus einer allgemeinen Bedeutung „ein Apparat um irgendwelcheScheiben irgendwie zu wischen“.Wenn es auf die Unterscheidung zwischen einfachem und komplexem Stamm ankommt, kann maneinen erweiterten Stamm mit Eisenberg (1998/1 : 210) auch Stammgruppe nennen (analog zumTerminus Wortgruppe in der Syntax): einfacher Stamm schlag, komplexer Stamm=Stammgruppevorschlag.Wurzel nennt man in der historischen Sprachwissenschaft eine nicht weiter analysierbare lexikalischeBasiseinheit, z.B. bind, geb, also die Abstraktion von allen formalen Veränderungen einer lexikalischen Einheit(besonders: von Flexiven und Derivativen)- also ungefähr das, was die strukturalistische Morphologielexikalisches Morphem nennt. In neueren synchron orientierten Darstellungen der <strong>Wortbildung</strong> wird auf denWurzelbegriff meist verzichtet.2.6. BasisTerminus der <strong>Wortbildung</strong>. Die Grundlage einer Derivation oder Konversion heißt Basis. So ist z.B. grün dieBasis von Grün, grünen, begrünen und grünlich. Als Basis fungieren gewöhnlich Stämme, doch gibt es auchflektierte Basisformen (ein Grüner, die Kinderchen). Die Begriffe Stamm und Basis sind deshalb nichtsynonym. Die Basis kann ein Morphem sein (‘Basismorphem’: Lehr-er), kann aber auch morphologischkomplex sein (Berücksichtig-ung). An die Basis treten bei der Derivation die Derivationsaffixe (”Derivative”).2.7. Affix (Präfix, Suffix, Zirkumfix).Ausschließlich gebunden vorkommendes Morphem zur Bildung von Wortformen (Flexiv) oder vonWortstämmen (Derivativ). Affixe haben eine allgemeinere, abstraktere Bedeutung als Stämme undkönnen im Unterschied zu den Stämmen typischerweise nicht kombiniert werden, um neue Affixe oderWörter zu bilden. Das Affix ist keine rekursive Kategorie.Da es zwischen Stämmen und Affixen diachronische Übergänge gibt (vgl. Saustall : Sauwetter : sauteuer :saubillig), wurde zur Kennzeichnung der Übergangszone der Terminus Affixoid (Präfixoid, Suffixoid)vorgeschlagen. Zur Diskussion über diesen Begriff vgl. Donalies 2005).2.8. KonfixFür gebundene Stämme wie in Vino-thek, Bio-top, biblio-phil u.dgl. wird seit G.D.Schmidt 1987 häufig derTerminus Konfix verwendet (von R.Kocourek für das Frz. geprägt, von Fleischer/Barz u.a.verbreitet, vgl.z.B. Donalies 2005:21-23). Der Terminus ist problematisch, da er eine Gleichartigkeit solcher Morpheme mitAffixen (Präfixen, Suffixen) suggeriert. Es handelt sich um lexikalische Morpheme, die aus historischenGründen (in der Regel handelt es sich um Bestandteile von Lehnwörtern) nur gebunden vorkommen. GleicheFälle gibt es auch bei nativen Wörtern: Him-, scheuß-, Stief-, Schwieger-, zimper-. Auch Verben alsSeite | 4

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