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Lauffer PS Wortbildung SS 2009KopfKategorie des Kopfs und der KonstruktionSubstantiv Adjektiv VerbStamm: Komposition Geh-weg geh-faul weg-gehenDerivativ: SuffigierungTröpf-chenForm-ungtropf-ig (!)form-bartröpf-el(n)form-ier(en)Der semantische Kern (also der Nukleus) einer Derivation ist die Basis, Kopf und Kern sind also nicht identischwie beim Determinativkompositum:• Derivation: Kern (lehr-) +Kopf (-er)• Determinativkompositum: Modifikator(lehr-)+Kern=Kopf.(-personal)8.3. Suffix oder Stamm: Zur Bestimmung von Affixen(a) Distributionelle Basiskriterien:• Nur in Verbindung mit einem Stamm• In fester Position relativ zu einem Stamm und zu anderen Suffixen.Das Affix ist damit hinreichend von den gebundenen Stämmen, speziell den Verbstämmen abgegrenzt.Kommt die Einheit auch frei vor, entscheidet die Semantik (zig Leute, Urwald). Ein besonderes Problem indiesem Zusammenhang sind die trennbaren Verben und die Bildungen mit „Konfix“.(b) Restriktionen bezüglich der Stammkategorie: begehbar -?gehbar - *bergbar. Dazu unten 8.4 (c).(c) Beschränkte Kombinierbarkeit, keine Rekursivität: *freiheitlichkeithaft, *Tischchenchen, aber:Tütentütentüte(d) Verhalten an der Silbengrenze: Lei-t#ung, Flei-sch#e-r#ei vs. Hühner#-ei.(e) Abstrakte Semantik: „Entkonkretisierung, Verallgemeinerung” (Fleischer). Im Falle von Affixoiden:entsprechende semantische Veränderung des Affixes gegenüber dem Stamm (steuerfrei vs. rückenfrei,Haupt der Bande vs. Hauptbandit).(f) „Reihenbildung”. Typische Eigenschaft von Affixen, manchmal als wichtigste angesehen. Gilt allerdingsnur im Rahmen der jeweiligen Restriktionen: -ette in Sandalette, -ice in Directrice,-chen bei Substantiven usw. Andererseits gibt es häufig benutzte Kompositionsmuster, deren Frequenzmanches Derivationsmuster übertrifft. Also: Reihenbildung ist eine zusätzliches, allerdings prototypischesKriterium.8.4. RestriktionenWährend die Komposition keinen systematischen Beschränkungen unterliegt, ist die Suffigierung durchRestriktionen unterschiedlicher Art und Reichweite gekennzeichnet:(a) sachliche: kein Bezeichnungsbedarf ("Informativität"): ?Flöhin, ?Rieslein, ?unschwanger, ?Tuer,?beginnbar,(b) lexikalische: lexikalisiertes Synonym (”blocking”): ?Stechung/Stich, ?Fahrung/Fahrt, ?besen/kehren,?Reiser/Reisender, ?Armheit/Armut,(c) syntaktische: Kategorie der Basis:-chen bei Substantiven, -ung bei Verben ("deverbal"), -bar beitransitiven Verben (aber: unsinkbar, unkaputtbar); Zielkategorie: be- nur zur Weiterbildung von Verben(d) semantische: ?Sterbung, ?Tuer vs. Nichtstuer, ?Gähnung, !?Rieslein, !?Speiserei vs.Esserei (Erben S.45"stilistische" Beschränkung), ?Erzfreund vs. Erzfeind(e) phonologische: ?Stühllein, ?Bächchen, ?Geanbrülle(f) morphologische: im Unterschied zur Komposition (die laut Duden 1998 S. 409 „rund zwei Drittel desWortschatzes” umfasst) sind die Derivationsregeln nur beschränkt rekursiv bzw. kombinierbar:*Rudererin, Zaubererin, *honigig, *rötlichig, *beverstecken, Gottkeit, Störrischheit,*Geverstecke: nicht bei präfigierter Basis, aber bei trennbarer Partikel: Herumgestehe. Möglich:Versteckerei. Aber: Fremdlingin.(g) historische: Herkunft der Konstituenten (Fremdwort + Fremdaffix).Problem: Welche Restriktionen gehören (wie gewöhnlich im Falle der Syntax) zum Sprachsystem, also zurGrammatik, welche sind als Normbeschränkungen zu beschreiben?Seite | 14

Lauffer PS Wortbildung SS 20099 Präfixbildung1. Präfixe unterscheiden sich von Suffixen grundlegend dadurch, daß sie nicht Kopf der Konstruktion sind,also nicht die Wortart bzw. die kategoriale Bedeutung bestimmen. In dieser Hinsicht ist dieZusammenfassung von Präfigierung und Suffigierung unter dem Begriff Derivation (z.B. im DUDEN)problematisch.2. Präfixe ändern grundsätzlich nicht die Wortart der Basis: schön-unschön, Mut-Mißmut, zahlen-bezahlen.Auch in Fällen wie befeuchten, entgiften ändert die Präfigierung nicht die Wortart, es liegt zusätzlich eineTransposition der Basis vor, also eine kombinatorische Wortbildung (vgl. dazu unten Kap. 14). Anders Barz2005:673.3. Präfixe sind teilweise akzentfähig (Missgunst, Unmensch), Suffixe in der Regel nicht (Ausnahme:Fremdsuffixe wie in Lauferei, universal, Philosophie). Die „echten“ Verbalpräfixe wie be- sind jedoch nichtakzentuierbar. Es stellt sich daher die Frage, ob der Typus „Präfigierung“ als homogener Wortbildungstypgelten kann.Kein grundsätzlicher Unterschied zur Suffigierung besteht hinsichtlich der Kategorie der Basis (anders:Fleischer). Auch Suffixe verbinden sich mit verschiedenen Basiskategorien: traumhaft, naschhaft, krankhaft.Allerdings ist verbale Basis für die Präfixe be-, ent-, er-, ver-, zer- typisch.10 Wortbildung durch Transposition I: KonversionVerwandte bzw. konkurrierende Termini: implizite Derivation, implizite Ableitung, NullableitungWie die konkurrierenden Termini zeigen, kann man die Konversion auch als Sonderfall der Derivation(=Ableitung) auffassen. Die Ableitungsbeziehung bleibt implizit, die Kategorie des Konversionsprodukts ist nuran der Flexionsform bzw. an der syntaktischen Verwendung kenntlich.10.1. Stamm als Basis ("lexikalische Konversion")• VerbstammV > N der Ruf, das Lob, die Schau. Problem: Ableitungsrichtung in Fällen wie Arbeit, Lob, Rast.V > Interjektion ächz, stöhn, seufz, zitter• AdjektivstammAdj > N das Grün, ein Hoch (auf jmdn.), Barock, DeutschAdj > V grün(en), welk-, faul-. Mit Mutierung (Umlaut): röt-, schwärz-, kürz-• NomenN > V film-, salz-, fisch-, frühstück-, hamster-, email-N > Präp dank, trotz, kraftN > Adj ernst, klasse, schuld, orange• SonstigesEin zues Wirtshaus, ein Muß, das Heute, kein Zurück, das Es, eine Sechs.10.2. Flektierte Wortform als Basis ("syntaktische Konversion")• Infinitiv ("Infinitivkonversion"): V > Ndas Lernen, Studieren, Schwimmen• Flektiertes Adjektiv, Partizip I, Partizip II: Adj/Part > Ndie Grünen (ein Grüner, der Grüne), das Schöne, dein Alter, mein GläubigerStudierende, die Reisendenein Abgeordneter, die Angestellten, der Beamte, die Verstorbene10.3. Syntaktische Wortgruppe als Basis.Als syntaktische Konversionen können auch die verschiedenen Fälle der Zusammenrückung bestimmt werden.Durch Univerbierung ergibt sich eine Transposition von einer Wortgruppe zu einem Wort, z.B. auf Grund(=Präpositionalphrase) > aufgrund (=Präposition). Weitere Formveränderungen liegen nicht vor, dasdefinierende Kriterium einer Konversion ist also erfüllt. Vgl. unten Abschn.13 Wortbildung mit Wortgruppen-Konstituenten.Seite | 15

Lauffer PS <strong>Wortbildung</strong> SS 20099 Präfixbildung1. Präfixe unterscheiden sich von Suffixen grundlegend dadurch, daß sie nicht Kopf der Konstruktion sind,also nicht die Wortart bzw. die kategoriale Bedeutung bestimmen. In dieser Hinsicht ist dieZusammenfassung von Präfigierung und Suffigierung unter dem Begriff Derivation (z.B. im DUDEN)problematisch.2. Präfixe ändern grundsätzlich nicht die Wortart der Basis: schön-unschön, Mut-Mißmut, zahlen-bezahlen.Auch in Fällen wie befeuchten, entgiften ändert die Präfigierung nicht die Wortart, es liegt zusätzlich eineTransposition der Basis vor, also eine kombinatorische <strong>Wortbildung</strong> (vgl. dazu unten Kap. 14). Anders Barz2005:673.3. Präfixe sind teilweise akzentfähig (Missgunst, Unmensch), Suffixe in der Regel nicht (Ausnahme:Fremdsuffixe wie in Lauferei, universal, Philosophie). Die „echten“ Verbalpräfixe wie be- sind jedoch nichtakzentuierbar. Es stellt sich daher die Frage, ob der Typus „Präfigierung“ als homogener <strong>Wortbildung</strong>stypgelten kann.Kein grundsätzlicher Unterschied zur Suffigierung besteht hinsichtlich der Kategorie der Basis (anders:Fleischer). Auch Suffixe verbinden sich mit verschiedenen Basiskategorien: traumhaft, naschhaft, krankhaft.Allerdings ist verbale Basis für die Präfixe be-, ent-, er-, ver-, zer- typisch.10 <strong>Wortbildung</strong> durch Transposition I: KonversionVerwandte bzw. konkurrierende Termini: implizite Derivation, implizite Ableitung, NullableitungWie die konkurrierenden Termini zeigen, kann man die Konversion auch als Sonderfall der Derivation(=Ableitung) auffassen. Die Ableitungsbeziehung bleibt implizit, die Kategorie des Konversionsprodukts ist nuran der Flexionsform bzw. an der syntaktischen Verwendung kenntlich.10.1. Stamm als Basis ("lexikalische Konversion")• VerbstammV > N der Ruf, das Lob, die Schau. Problem: Ableitungsrichtung in Fällen wie Arbeit, Lob, Rast.V > Interjektion ächz, stöhn, seufz, zitter• AdjektivstammAdj > N das Grün, ein Hoch (auf jmdn.), Barock, DeutschAdj > V grün(en), welk-, faul-. Mit Mutierung (Umlaut): röt-, schwärz-, kürz-• NomenN > V film-, salz-, fisch-, frühstück-, hamster-, email-N > Präp dank, trotz, kraftN > Adj ernst, klasse, schuld, orange• SonstigesEin zues Wirtshaus, ein Muß, das Heute, kein Zurück, das Es, eine Sechs.10.2. Flektierte Wortform als Basis ("syntaktische Konversion")• Infinitiv ("Infinitivkonversion"): V > Ndas Lernen, Studieren, Schwimmen• Flektiertes Adjektiv, Partizip I, Partizip II: Adj/Part > Ndie Grünen (ein Grüner, der Grüne), das Schöne, dein Alter, mein GläubigerStudierende, die Reisendenein Abgeordneter, die Angestellten, der Beamte, die Verstorbene10.3. Syntaktische Wortgruppe als Basis.Als syntaktische Konversionen können auch die verschiedenen Fälle der Zusammenrückung bestimmt werden.Durch Univerbierung ergibt sich eine Transposition von einer Wortgruppe zu einem Wort, z.B. auf Grund(=Präpositionalphrase) > aufgrund (=Präposition). Weitere Formveränderungen liegen nicht vor, dasdefinierende Kriterium einer Konversion ist also erfüllt. Vgl. unten Abschn.13 <strong>Wortbildung</strong> mit Wortgruppen-Konstituenten.Seite | 15

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