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Die Karawane vom Pfynwald - daniela schwegler

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ReisenDer Hof von Tildi Zinsstag Jossen in Leuk-Susten: Hier startet die viertägige Tour.Pferd Shanima, dahinter folgt die Kameldame Taifun.Guckt, Kamele!», ruft ein Wandererseiner Familie zu, die sofort neugierigauf uns zustürmt. Unserungewöhnlicher Tross von Tierund Mensch, der durch den <strong>Pfynwald</strong> imHerzen des Wallis zieht, sorgt für Aufsehen.Leute, die uns Trekkenden begegnen,trauen ihren Augen erst nicht. Kamele imWallis? In der Tat. Alisha und Taifun sindzwei mongolische Kameldamen, die 2002in Deutschland zur Welt kamen. TildiZinsstag Jossen hat die Tiere mit acht Monatenaus Deutschland in die Schweiz gebracht.Sie reitet der Trekkinggruppe aufihrem Pferd Shamoun voran und führt diezwei Kamele straff am Seil hinter sich her.Ihr nach trottet ein bunt gemischtesGrüppchen von Kindern und Erwachsenenmit Pferden, Ponys und drei Hunden.Vier Tage werden wir unterwegs sein. Ausgangspunktist der Hof von Tildi ZinsstagJossen, der Kamel- und Pferdezüchterin,Mutter, Biobäuerin und Ärztin, oberhalbvon Leuk-Susten. Von dort brechen wirauf nach Mollens am Sonnenhang unter-«Für mich gibt es nichs Schöneres, als mit den Tierenin den Tag zu ziehen. Man wächst zusammen,hat den gleichen Weg, das gleiche Ziel.» Tildi Zinsstag Jossenhalb Crans-Montanas, wo wir drei Nächteauf dem Hof von Tildi Zinsstag JossensMutter unterkommen. Von dort aus wollenwir zu Tagesritten ausschwärmen.Wir steigen <strong>vom</strong> hohen RossEs ist ein strahlend blauer Frühlingstag,als wir losreiten: Wir tauchen ein in den<strong>Pfynwald</strong>, einen der grössten Föhrenwälderder Alpen, ein Paradies für Pflanzen,Tiere und Menschen. Über hundert zumTeil sehr seltene Vogelarten finden hierNischen zum Brüten. Wohl auch, weil derWald so viele Insekten beherbergt. Davonprofitieren auch die Grünfrösche in denkleinen, mit Schilf umrandeten Seerosenteichen,an denen wir vorbeireiten. Einlautes Quakorchester begrüsst uns, als wirden ersten Teich passieren. In einer lieblichenLichtung laden die nächsten zweikleinen Seen zum Bad. Tildi Zinsstag JossensLeitpferd Shamoun, ein stolzer Araberhengst,springt übermütig ins Wasser,um sich abzukühlen. <strong>Die</strong> Kameldamenfolgen ihm. «Wenn ich hier nur nicht runterfalle!»,denke ich, weich eingebettetzwischen den zwei weissen KamelhöckernAlishas. Und was, wenn meine Kameldameauf die Idee kommt, ganz in denTeich einzutauchen? Zum Glück begnügensich die Tiere damit, voller Freude mitden Vorderbeinen im Wasser zu scharren.Mit ein paar Spritzern am Hosenstossist dieses Abenteuer überstanden. Weitergehts auf dem Land, den Wanderweg entlang.Vor Siders spuckt uns der <strong>Pfynwald</strong>aus, und wir folgen der Landstrasse. Hiersteigen wir <strong>vom</strong> hohen Ross und von denKamel Alisha, geboren 2002 inDeutschland, trägt gerne Kinder.Kamelen runter und führen die Tiere amZaum den Strassenrand entlang ins Städtchen.Dort sind uns die Blicke der Menschenwieder gewiss. Familien stürmenaus den Häusern in die Gärten, kommenfast nicht aus dem Staunen heraus. Kamelevor der Haustür! Autofahrer halten an, umunseren fremdländisch anmutenden Trosszu fotografieren. Fast bricht der Verkehrzusammen. <strong>Die</strong> Tiere lassen sich davonnicht beirren. Sie sind es gewohnt, die Blickeauf sich zu ziehen, und trotten unbekümmertweiter. Durch steile Rebhängegehts nach Siders ins 1000 Meter hoch gelegeneMollens. Dort erwartet uns die 81-jährige Rosi Zinsstag, die Mutter von TildiZinsstag Jossen. Sie wird uns die nächstenTage mit Kost und Logis und ihrer Herzlichkeitverwöhnen. Am zweiten Tag istder Himmel grau in grau. Dunkle Wolkenbilden einen Deckel über dem Rhonetal.Wir lassen uns Zeit mit dem Auf­brechen.Nach einem gemütlichen Frühstück holenwir die Tiere von der Weide, striegeln undsatteln sie. Gegen elf Uhr marschieren wirlos in Richtung Crans-Montana. 600 MeterHöhendifferenz liegen vor uns. Währenddie Pferde und Ponys stramm vorausreiten,kommen die zwei Kameldamenmit ihren gut 800 Kilo noch nicht so rechtauf Touren. Vor allem Alisha, die Gemütlichereder beiden, steht alle paar Meterstill, um zu verschnaufen.Mit Geduld und gutem ZuredenAuch Kamele müssen ihre Muskeln undAusdauer nach einer Winterpause trainieren.<strong>Die</strong> Tiere werden jedoch von Tag zuTag fitter. Das Training schlägt rasch an.Mit Geduld, gutem Zureden und gelegentlichentschlossenem Ziehen am Seilschaffen wir den Aufstieg. Oben angekommen,verlässt uns das Wetterglück,und die Himmelsschleusen öffnen sich.Schneeregen durchnässt uns bis auf denLeib und treibt uns die Kälte in die Knochen.Wie schön ist da am Abend dasHeimkommen auf dem Hof in Mollens,wo uns in der heimeligen Stube einwarmer Steinofen empfängt. Nach dem 66 Schweizer Familie 20/2009 Schweizer Familie 20/2009 67

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