32Auch wenn es Überwindung kostet:Die Anwendung des Berufsauftrags ist unverzichtbar!Von Christoph StraumannNeben der Umsetzung dereigentlichen Schulreformensteht den BaselbieterSchulen in diesem Kontextnoch eine ganz andereHerausforderung bevor:Das Einhalten derbezahlten Jahresarbeitszeit!Ziel muss es sein, allein den nächsten Jahrenzusätzlich zum Unterrichthinzukommenden Arbeiteninnerhalb der zurVerfügung stehendenZeitgefässe bewältigen zukönnen. Was ist zu tun?Arbeitszeit steht <strong>im</strong> FokusDie Diskussionen rund um die Arbeitszeitvon Lehrpersonen sind derzeitwohl so aktuell wie selten zuvor:• Die nach aussen spürbare Umsetzungder vom Landrat als Sparmassnahmebeschlossenen temporärenPflichtlektionenerhöhung für Fachlehrpersonender Sek I und der Sek IIzieht die Frage nach sich, wo und wieder nötige Abbau schulischer Dienstleistungenstattfinden soll. Diesführte zu langen und nicht seltenbemühenden Diskussionen zwischenSchulleitungen und Kollegien – bishernur mit spärlichen Ergebnissen.• Der Bildungsdirektor meldet sich ineiner knappen Mitteilung an dieBelegschaft, deren Inhalt es aber insich hat: Gemäss einer Praxisänderungbezüglich dem Umgang mitder unterrichtsfreien Arbeitszeitwährend den Schulferien soll plötzlichder 3. Januar, der nur alle paarJahre einmal in die Schulferien fällt,nicht mehr gleich behandelt werdenwie alle anderen Schulferientage,sondern neu für die Lehrpersonenals spezieller Arbeitstag deklariertwerden.• Der breiten Lehrerschaft wird <strong>im</strong>mermehr bewusst, dass – mit Ausnahmeder Frühfremdsprachen-Ausbildungauf der Pr<strong>im</strong>arstufe – für keine derin der Regel obligatorischen Weiterbildungsveranstaltungender kommendenReformjahre zusätzlicheEntschädigungen für aufgewendeteArbeitszeit zur Verfügung steht.Abrechnung der Arbeitszeitist zwingend!Wie soll auf diese Entwicklungen, diepr<strong>im</strong>är unter dem Diktat der gegenwärtigenSparhysterie in unseremKanton stehen, kühl, aber klar undwirkungsvoll reagiert werden? AusSicht des LVB gibt es darauf nur eineplausible Antwort: Die etablierteund auch vom Arbeitgeber als Argumentationsbasisakzeptierte Abrechnungder geleisteten Arbeitszeitüber den Berufsauftrag ist zwingendanzuwenden. Als verlässliche Basisfür den künftigen Arbeitsfrieden anunseren Schulen muss die Arbeitszeiterfassungvon allen Schulbeteiligtenals einzige vernünftige Möglichkeit,glaubhaft Rechenschaft überdie geleistete Arbeit ablegen zu können,anerkannt und – in Zukunft besserals bisher – auch gelebt werden.Es ist der LVB-Führung absolut bewusst,dass die obligatorische Agendaführungfür all jene Arbeiten, dieneben dem eigentlichen Unterrichtsowie dessen Vor- und Nachbereitunggeleistet werden, nicht bei allen Kolleginnenund Kollegen beliebt ist,obwohl sie in <strong>im</strong>mer mehr Kantonenzum Standard gehört. Der LVB ist aberdavon überzeugt, dass dieses Arbeitszeiterfassungsinstrumentunsere einzigeChance ist, der Politik sowie derbreiten Bevölkerung plausibel aufzeigenzu können, dass es auch an denSchulen nicht möglich ist, mit <strong>im</strong>merweniger Zeitressourcen <strong>im</strong>mer mehrzusätzliche Projekte in ansprechenderQualität bewältigen zu können.Vergleich mit der übrigenBerufsweltEine konsequente Arbeitszeiterfassungist in der übrigen Berufsweltweit verbreitet und eine absoluteSelbstverständlichkeit: Würden Sievon Ihrem Handwerker eine Rechnungohne beigefügten Arbeitsrapportakzeptieren? Was würden Sievon einem Anwalt halten, der Ihneneine Pauschale ohne Benennung seineszeitlichen Aufwands in Rechnungstellt? Welcher Arzt kann es sich erlauben,die aufgewendete Arbeitszeitjeder einzelnen Leistung nicht feinsäuberlich zu deklarieren?Wollen wir von unserem Umfeld verstandenwerden, ist es aus Sicht des LVBabsolut notwendig, dass auch für unsLehrpersonen, mindestens <strong>im</strong> aktuellbestehenden, beschränkten Umfangvon max<strong>im</strong>al 15% der Jahresarbeitszeit,eine entsprechende Zeiterfassung zurSelbstverständlichkeit wird.Was als Konzept für die faire Organisationder Arbeitszeit bei unseren sozialpartnerschaftlichenAuseinandersetzungenauf der Verhandlungsebenerecht gut funktioniert, muss nunauch noch in der Praxis jeder einzelnenSchule korrekt und konsequent zurAnwendung kommen. Ein nicht mit
2013/14-0133konkreten Zahlen untermauertes Jammernüber die zunehmende Arbeitsbelastungstösst nirgendwo auf positiveResonanz. Dies müsste spätestens nachder medialen Sommerloch-Debatteüber unsere Löhne allen <strong>Lehrerinnen</strong>und Lehrern klar geworden sein.Was nun getan werden mussJetzt muss gehandelt werden! AlleLehrpersonen sind dazu aufgerufen,sich einen aktiven, professionellenUmgang mit dem Berufsauftrag anzugewöhnen,auch wenn das Überwindungkosten sollte. Nur mithilfe einerpersönlichen Buchführung kann dieArbeitszeit in einem vernünftigenRahmen gehalten werden, und das istangesichts der gegenwärtigen Kombinationaus Reform- und Sparwahnnötiger denn je.Da der augenscheinlich nötige Abbauvon Arbeitsfeldern an den Schulen aufden Ebenen «Kanton» und «Einzelschule»offenbar nicht <strong>im</strong> allgemeinen Konsensumzusetzen ist, muss dieser Schrittnun auf der individuellen Ebene in Angriffgenommen werden. Es geht jetztalso für jede Lehrerin und jeden Lehrerdarum, die Einhaltung der zulässigenJahresarbeitszeit für sich persönlich anzustrebenund durchzusetzen. Dafürbraucht es Belege, ohne welche <strong>im</strong> Rahmender nachfolgenden Evaluation keineForderung durchzusetzen wäre. Dasgilt sowohl für die individuelle, alsauch, <strong>im</strong> Sinne einer späteren Gesamtschau,für die kantonale Ebene.In den ersten Wochen des neuen Schuljahressind demnach folgende Schritteindividuell in die Wege zu leiten:• Überlegen Sie sich, welche AufgabenSie auf der Basis der Ihnen zurVerfügung stehenden Zeitressourcenerledigen können. Für Fachlehrpersonenwurden diese Ressourcendurch die Pflichtlektionenerhöhunggekürzt. Eine Neuorganisation isthier auf jeden Fall nötig.• Besprechen Sie Ihre Bedürfnisse – unddies spätestens bis zu den Herbstferien!– mit Ihrer Schulleitung. Hören Siesich auch die Vorschläge Ihrer oderIhres Vorgesetzten an. Die Schulleitungensind gemäss den geltendenReglementen dazu verpflichtet, mitIhnen ein Zeitbudget zu vereinbaren(und nicht nur zu verordnen!), in welchemAufgaben und Ressourcen ineinem ausgewogenen Verhältnis zueinanderstehen. Ein pedantisches«Erbsenzählen» ist dabei <strong>im</strong> beidseitigenInteresse zu vermeiden. Die Einigungauf Pauschalen kann in dieserHinsicht durchaus eine Lösung sein.Diese müssen aber unbedingt mit denrealen Gegebenheiten übereinst<strong>im</strong>men.Wenn Sie nicht sicher sind, obdie in der Pauschale umrissene Zeitfür die Erfüllung der entsprechendenAufgabe ausreicht, haben Sie das Anrechtauf individuelle Buchführung.Persönlich aktiv werden!Wichtig ist auf jeden Fall, dass Sie Meinungsverschiedenheitenfrüh und offenansprechen. Aus unseren Gesprächenund Auseinandersetzungen mitVertretungen der Schulleitungen allerStufen wissen wir, dass viele Schulleiterinnenund Schulleiter von ihrenMitarbeitenden geradezu erwarten,dass diese das Gespräch suchen undsich melden, wenn bezüglich der Organisationder Arbeitszeit Handlungsbedarfbesteht. Beachten Sie dabeiauch den uns <strong>im</strong>mer wieder vorgehaltenenGrundsatz, gemäss welchemviele Schulleitungen agieren: «Wersich nicht persönlich bei uns meldet,ist grundsätzlich zufrieden mit der Arbeitsplatzsituation.»FunktionstüchtigenRegelungsrahmen anwenden!Der LVB ist davon überzeugt, dass dieLehrpersonen mit den gültigen Regelungenbezüglich der Organisation derArbeitszeit, gerade auch für die eingangserwähnten Beispiele, an sich gutgewappnet sind: Steht belegbar keineArbeitszeit mehr zur Verfügung, könnenneue Aufgaben schlicht und einfachnicht mehr verordnet werden!Haben Sie also den Mut, bei Ihrer Schulleitungvorstellig zu werden! Es gibt indieser Frage keinen Grund, zurückhaltendzu sein. Im Gegenteil: Wenn sichdie allermeisten Lehrpersonen stillschweigendmit auf sie ausgeübtemDruck zufriedengeben (oder nur dieFaust <strong>im</strong> Sack machen), wird der Arbeitgebersich in Zukunft definitiv nichtveranlasst sehen, seine aktuelle Praxisbezüglich Projektrealisierung und Personalplanunganzupassen. Auch dieRücknahme der zusätzlichen Pflichtstundeist dann gefährdet.Der LVB ist für Sie da!Sollte sich abzeichnen, dass Ihre berechtigtenund sauber belegten Forderungenzu einem Konflikt mit IhrerSchulleitung führen, können Sie sichals LVB-Mitglied auch an unseren Beratungsdienstwenden und um Unterstützungnachsuchen. Dazu gehörtauch eine allfällige Begleitung zu heiklenGesprächen.Ihr Berufsverband ist daran interessiertund wird sich dafür einsetzen, dassauch durch die aktive Rolle jeder einzelnenLehrperson spätestens <strong>im</strong> neu beginnendenSchuljahr an allen BaselbieterSchulen der Berufsauftrag korrektund regelkonform umgesetzt wird. Ummehr konkrete Informationen über denUmgang mit dem Berufsauftrag an deneinzelnen Schulen zu erhalten, wird derLVB <strong>im</strong> Herbst eine Online-Mitgliederbefragungdurchführen, die diesemThema gewidmet ist.Auch wenn es Überwindung kostenmag: Aus Arbeitnehmersicht gibt eskeine vernünftige Alternative zu einemkorrekt und konsequent umgesetztenBerufsauftrag.