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ganze Ausgabe im pdf-Format - Lehrerinnen

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18in der Bibel konkret steht, brauchenSchüler nicht mehr zu wissen, dennauch das lässt sich mittlerweile <strong>im</strong> Internetnachschauen. Gemäss Lehrplan21 können die Schüler hingegen neu«in alltäglicher Umgebung, in kulturellenLebensweisen oder Lebensstilenreligiöse Symbole identifizieren und<strong>im</strong> Kontext ihrer Verwendung deuten».Oder sie «können in der WerbungMotive religiöser Traditionenerkennen sowie ihre religiöse Herkunftund ihre Verfremdung erschliessen».Das ist alles schön und gut, dochsolche Kompetenzen ohne Wissen sindsinnlos. Ohne die Bibel und damit dieeigene Religion zu kennen, verkommendie <strong>im</strong> Teilbereich ‹Ethik, Religionen,Gemeinschaft› formuliertenKompetenzen zu hohlen Phrasen. Erstwenn man die Geschichten der Bibelkennt, kann man in der Schule auch«Verfremdungen religiöser Traditionenerschliessen». Hier haben wir einkonkretes Beispiel für Entinhaltisierungdes Unterrichts. Schüler [...] werdendazu erzogen, pseudokompetentüber Dinge zu reflektieren und zu diskutieren,die sie in Wirklichkeit nichtkennen und nicht verstehen. Das entsprichtexakt auch unserer gesellschaftlichenTendenz, wonach <strong>im</strong>mermehr Menschen und insbesondereauch Politiker «kompetent» über Dingesprechen, von denen sie in Wirklichkeitkeine Ahnung haben. […] Einesolche inhaltsleere Geschwätzkultursollte aber nicht auch noch zur Basisunserer Lehrpläne werden.»Beat W. Zemp betont in diesem Zusammenhang:«Der neue Lehrplan sagtsehr klar, was Schülerinnen und Schülerzu einem konkreten Zeitpunkt mindestenskönnen müssen. […] Der Lehrplanenthält <strong>im</strong>mer noch viele Stoffziele: Soetwa, wenn in Deutsch steht, Schülermüssten Haupt- und Nebensätze unterscheidenkönnen.» 6 Im Interviewmit der «NZZ» präzisiert er ausserdem:«Der Lehrplan 21 verdichtet das Faktenwissenmit Fähigkeiten und Fertigkeiten,eben den Kompetenzen. DerLehrplan 21 ist für mich ein Kompassfür die Unterrichtssteuerung, weil dieAuftragsklärung bereits in der Formulierungder Kompetenzen enthaltenist. […] Dieser an Kompetenzen orientierteUnterricht ist sowohl für Lehrpersonenwie für Schülerinnen undSchüler klar anspruchsvoller. Es ist dochviel einfacher, Faktenwissen auswendigzu lernen, als tatsächlich zu verstehen– zum Beispiel –, was Subsidiaritätbedeutet.»Die Schlussfolgerung, dass die Positionenvon Zemp und Binswanger wohlgar nicht so weit auseinander liegen,wie es auf den ersten Blick erscheinenmag, liegt nahe, insbesondere dann,wenn Zemp eben betont, dass dieKompetenzen eine Verdichtung vonFaktenwissen mit Fähigkeiten und Fertigkeitendarstellten, dass Kompetenzensich in diesem Sinne also auf Faktenwissenabstützen.Prof. Georg Lind, Psychologe an derUniversität Konstanz, schreibt dazu:«Es ist richtig, dass die Schule sichnicht auf die Vermittlung von Faktenwissenbeschränken soll, aber sie sollnicht das Faktenwissen abschaffen![…] Wie weit dieser Dilettantismussich bereits in unserem Schulsystemausgebreitet hat und dabei ist, es zuuntergraben, wissen wir wenig. Dasmüsste dringend untersucht werden.Es ist richtig, dass die Prüfung von Wissenauch das Verstehen, die Anwendungund das Verantworten von Wisseneinschliessen muss. Aber damit istnicht gemeint, dass man das alles nurtheoretisch beherrschen soll, sonderndass man es anhand passender Aufgabenund in sorgfältig eingerichtetenPrüfungen nachweisen können muss.Solche Aufgaben und Prüfungen gibtes in einigen Bereichen der beruflichenAusbildung, aber kaum <strong>im</strong> Bereichder allgemeinen Schulbildung.Nach allem, was wir wissen, ist dieEntwicklung solcher Aufgaben nichtleicht und nicht billig. Sie muss vonTop-Fachkräften gemacht werdenund sollte keinesfalls der einzelnenLehrkraft aufgebürdet werden.» 7Offene Türen einrennen?Wenn dem nun aber tatsächlich sosein sollte, dass Einigkeit darüber besteht,wonach Kompetenzerwerb anden Schulen nicht ohne Anbindungan konkretes Wissen möglich ist, verdientein weiterer Einwurf MathiasBinswangers Aufmerksamkeit: «Wissensorientierungdarf […] nicht mitsinnloser Paukerei gleichgesetzt werden.Doch wo wird das heute nochpraktiziert? Der Lehrplan 21 rennthier offene Türen ein, die man nichteinzurennen braucht. […] Natürlichdarf die Schule neben dem reinenWissen […] auch Kompetenzen vermitteln,aber diese entstehen nichtdadurch, dass sie detailliert und möglichstrealitätsfern in einem Lehrplanaufgelistet werden. Sie ergeben sichautomatisch <strong>im</strong> konkreten Schulalltag,da ein guter Lehrer Wissen garnicht ohne die dazugehörenden Kompetenzenvermitteln kann.»Georg Lind merkt dazu an: «Gute Lehrerbegrenzen ihren Unterricht nichtauf abfragbares Faktenwissen; sie versuchenauch in Klassenarbeiten undTests mehr zu fordern als verbale Informationen.Sie wollen auch, dassihre Schüler verstehen, was die Faktenbedeuten und wie man Faktenwissen<strong>im</strong> Alltag anwendet […].»Messen Sie diesen Gedanken an Ihremeigenen Berufsalltag: Kennen Sie einevon Ihnen geschätzte Lehrperson, diees bei zusammenhanglosem Auswendiglernenbewenden lässt und glaubt,ihr Auftrag wäre damit erfüllt? Gibt eseinen tauglichen Englisch-Lehrer, demdas Nachplappern von ein paar Konjugationeneiner best<strong>im</strong>mten Zeitform

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