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Hohe und niedere Literatur. Tendenzen zu Ausgrenzung ...

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verfolgt? Welche Strategien kommen <strong>zu</strong>r Anwendung? Welche Bedürfnisse werden angesprochen?Der vorliegende Beitrag will diesen <strong>und</strong> anderen Fragen nachgehen <strong>und</strong> daraus neue Erkenntnisseüber die historische Interdependenz von hoher <strong>und</strong> <strong>niedere</strong>r <strong>Literatur</strong> gewinnen.Dr. Patricia Viallet, Université Jean Monnet, Saint-Etienne (Frankreich)Volksdichtung im Spannungsfeld zwischen „<strong>niedere</strong>r“ <strong>und</strong> „hoher“ <strong>Literatur</strong>: der exemplarische„Grenzfall“ des Grimmschen BuchmärchensAnhand der für die aufklärerische Einstellung <strong>zu</strong>m Volksmärchen charakteristischen BehauptungWielands, „Ammenmärchen, im Ammenton erzählt, mögen sich durch mündliche Überlieferungfortpflanzen, aber gedruckt müssen sie nicht werden” 1 , soll eine Überlegung über den Platz desMärchens als einer Gr<strong>und</strong>form der Volksdichtung in der <strong>Literatur</strong> der 1. Hälfte des 19. Jahrh<strong>und</strong>ertsdurchgeführt werden. Bekannt ist die auf Herder fußende Aufwertung der Volksdichtung, in der der„Geist”, bzw. die „Seele” des Volkes <strong>zu</strong>m Ausdruck kommen solle. Am Beispiel des Märchens läßtsich aber konkreter zeigen, wie die Romantiker – auch von Herder ausgehend – zweiunterschiedliche (<strong>und</strong> sogar gegensätzliche) Auffassungen <strong>zu</strong>r Volksüberlieferung entwickelt haben:eine ästhetisch-literarische, <strong>zu</strong>r freien Bearbeitung des Überlieferten führend (bei Arnim <strong>und</strong>Brentano <strong>und</strong> deren Volksliedersammlung Des Knaben W<strong>und</strong>erhorn z. B.), <strong>und</strong> eine metaphysische,mythisch-volksgeb<strong>und</strong>ene, auf treue Wiedergabe des mündlich Erzählten zielend (v. a. bei denBrüdern Grimm, den fleißigen ‚Sammlern’ <strong>und</strong> Herausgebern der Kinder- <strong>und</strong> Hausmärchen).Diese gr<strong>und</strong>sätzliche – auch durch den historischen Zusammenhang bedingte – Unterscheidungerlaubt nicht nur, der berühmten romantischen Kontroverse um das Verhältnis von Natur- <strong>und</strong>Kunstpoesie gerecht <strong>zu</strong> werden, sondern auch den Standort einer „hohen” <strong>und</strong> einer „<strong>niedere</strong>n”<strong>Literatur</strong> in (früh- <strong>und</strong> hoch-)romantischer Perspektive näher <strong>zu</strong> bestimmen. Nur so versteht man,wie Friedrich Schlegel aller Wesensbestimmung der romantischen Poesie als „Universalpoesie”<strong>zu</strong>m Trotz 2 darauf beharrt, die Volksdichtung in eine „Volkspoesie für das Volk” <strong>und</strong> in eine1C. M. Wieland, Vorrede <strong>zu</strong> Dschinnistan, oder auserlesene Feen- <strong>und</strong> Geister-Mährchen, Winterthur 1810.2s. das berühmte 116. Athenäum-Fragment: „Die romantische Poesie ist eine progressive Universalpoesie. IhreBestimmung ist nicht bloß, alle getrennten Gattungen der Poesie <strong>zu</strong> vereinigen […]. Sie will <strong>und</strong> soll auch Poesie <strong>und</strong>Prosa, Genialität <strong>und</strong> Kritik, Kunstpoesie <strong>und</strong> Naturpoesie bald mischen, bald verschmelzen […]” (F. Schlegel,Kritische Ausgabe seiner Werke, hrsg. von E. Behler, 35 Bände, Paderborn/München/Wien/Zürich 1958ff., II, S. 182).

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