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SGB II Die Grundsicherung für Arbeitsuchende - prosoziales.de

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<strong>SGB</strong> <strong>II</strong><strong>Die</strong> <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>Eine Einführung aus <strong>de</strong>r PraxisStand: Januar 2014Angela Prodan, Sozialarbeiterin in Berlin


3Kleines VorwortIn meiner beruflichen und zeitweise auch ehrenamtlichen Tätigkeit in <strong>de</strong>r Sozialberatungbegleite ich seit Anfang 2005 meine Klientinnen und Klienten in ihren Belangen zurSicherung ihrer Existenz durch das Arbeitslosengeld <strong>II</strong> / Sozialgeld. Oftmals war ich selbst mitihnen bei <strong>de</strong>n Jobcentern, habe mich durch die Beschei<strong>de</strong> durchgekämpft und - nicht immererfolgreich - versucht, sie nachzuvollziehen.<strong>Die</strong> Gesetzgebung in diesem Bereich ist bis heute ständigen Än<strong>de</strong>rungen unterworfen, auchgibt es immer noch genug strittige Fragen. <strong>Die</strong>s erschwert die tägliche Arbeit zusätzlich.Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich auch, dass immer mehr Helfer „Einzelkämpfer" sind,in <strong>de</strong>n Beratungsstellen mangelt es an Austauschmöglichkeiten, Mittel <strong>für</strong> Fachliteraturstehen häufig gar nicht zur Verfügung. Abgesehen von <strong>de</strong>m Problem, dass gera<strong>de</strong> Büchermeist bei Erscheinen schon nicht mehr <strong>de</strong>n aktuellen Rechtsstand wie<strong>de</strong>rgeben.<strong>Die</strong> vorliegen<strong>de</strong> „Einführung aus <strong>de</strong>r Praxis“ ist ein Ergebnis meiner ständigenAuseinan<strong>de</strong>rsetzung mit dieser Rechtsproblematik, die ich allen kostenlos zur Verfügungstellen möchte. Es geht mir nicht um eine polemische Darstellung, auch wenn ich vielerleiKritikpunkte an <strong>de</strong>r gesamten Arbeitsmarktreform habe, die an einigen Stellen, extragekennzeichnet, auch zum Ausdruck kommt. <strong>Die</strong> Arbeit soll aber vor allem eine fachlicheEinführung in das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> – die <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> - bieten. Sie richtet sich anBeraten<strong>de</strong> und Studieren<strong>de</strong>, die sich in diese Problematik einarbeiten wollen und mehr alseinen ersten Überblick bekommen möchten.Der „Systematischen Einführung" liegt <strong>de</strong>r 2005 erschienene Rea<strong>de</strong>r „Paradigmenwechselbei <strong>de</strong>n Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts und zur Wie<strong>de</strong>reinglie<strong>de</strong>rung inArbeit" (Grüne Reihe <strong>de</strong>r Katholischen Hochschule <strong>für</strong> Sozialwesen Berlin zur Sozialen Arbeit- ISSN 1436) zu Grun<strong>de</strong> (2. aktualisierte Auflage zum WS 2006). Er wur<strong>de</strong> erarbeitet vonWinfried Kievel, em. Professor <strong>für</strong> Sozialrecht an <strong>de</strong>r Katholischen Hochschule <strong>für</strong>Sozialwesen Berlin, und Nils Lehmann-Franßen, Professor <strong>für</strong> Sozialrecht an <strong>de</strong>r AliceSalomon Hochschule Berlin. Der Teil zum <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> stammt von Herrn Kievel, wur<strong>de</strong> zuletzt vonihm im Frühjahr 2007 <strong>für</strong> sein damaliges Seminar - als Papierfassung - überarbeitet. Daranhatte ich einen kleinen Anteil.Seit<strong>de</strong>m hat sich sehr Vieles verän<strong>de</strong>rt, <strong>für</strong> die vorliegen<strong>de</strong> grundlegen<strong>de</strong> Überarbeitung –bei mir nun auch schon wohl die fünfte - trage ich allein die Verantwortung. AlsSozialarbeiterin und Nichtjuristin und aus <strong>de</strong>r Praxis heraus habe ich einige an<strong>de</strong>reSchwerpunkte gesetzt (und auch ein bisschen mehr Farbe verwen<strong>de</strong>t, das ist ja alles trockengenug...). Beibehalten habe ich im Großen und Ganzen die Glie<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Ursprungswerkes,die sich meiner Meinung nach in <strong>de</strong>r Praxis sehr gut bewährt hat.<strong>Die</strong>se Arbeit fin<strong>de</strong>t sich auch auf meiner persönlichen Internetseite„htpp://www.<strong>prosoziales</strong>.<strong>de</strong>: - Durch Verstehen zur Rechtsdurchsetzung beitragen - <strong>Die</strong>Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts nach <strong>de</strong>m Sozialgesetzbuch <strong>II</strong> (,Hartz IV')“ ,die sich umfangreicher <strong>de</strong>m Thema, z.B. auch mit einem „ABC" <strong>für</strong> Betroffene, Aktuellemund ausgewählter BSG-Rechtsprechung, aber auch einem kulturellen Teil, widmet.


4Durch dieses Zeichen und helllila Hintergrund sind persönliche Anmerkungen aus <strong>de</strong>nPraxiserfahrungen <strong>de</strong>r täglichen Arbeit gekennzeichnet. <strong>Die</strong>se Erfahrungen stammen sowohlaus meiner eigenen Arbeit als auch zum Teil aus <strong>de</strong>r von Kollegen, mit <strong>de</strong>nen ich michaustausche. Da es uneinheitliche Vorgehensweisen zwischen <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen BerlinerJobcentern gibt und so manches Mal auch zwischen <strong>de</strong>n Teams eines Jobcenters, stellen sienatürlich nur einen bestimmten Ausschnitt dar. Ich <strong>de</strong>nke aber, dass auf diese WeiseProbleme bei <strong>de</strong>r Umsetzung <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>de</strong>utlicher wer<strong>de</strong>n.Lei<strong>de</strong>r: Trotz besten Wollens kann ich keine Garantie <strong>für</strong> die Richtigkeit übernehmen.Ich freue mich über Kritik und Anregungen. <strong>Die</strong>se bitte an aprodan@arcor.<strong>de</strong>Anmerkung zum Schluss:Aus Grün<strong>de</strong>n einer Vereinfachung und besseren Lesbarkeit wird meist auf eineDoppelnennung <strong>de</strong>r Geschlechtsformen verzichtet, das jeweils nicht genannte Geschlechtmöge dies nicht als Diskriminierung verstehen.Berlin, Januar 2013Angela ProdanErgänzung September 2013:Durch einen Lehrauftrag an <strong>de</strong>r Alice Salomon Hochschule im <strong>Grundsicherung</strong>srecht <strong>für</strong>Stu<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>s 3. Semesters im Studiengang Soziale Arbeit im Sommersemester 2013 konnteich Teile <strong>de</strong>s Skripts in <strong>de</strong>r Praxis erproben. <strong>Die</strong>s hat an einigen Stellen zu Än<strong>de</strong>rungengeführt. Außer<strong>de</strong>m ist nun die neue Berliner AV Wohnen eingearbeitet. Desweiteren fin<strong>de</strong>tsich im Anhang 1 neu ein Schema <strong>für</strong> die Anspruchs-/Bedarfsprüfung nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> alsVorschlag <strong>für</strong> Falllösungen.


5Mein Dank zunächst an Herrn Kievel• <strong>für</strong> die Erlaubnis, seine damaligen Ausarbeitungen als Grundlage <strong>für</strong> diese Darstellungzu benutzen,• <strong>für</strong> das Viele, was ich von ihm als Stu<strong>de</strong>ntin lernen konnte,• da<strong>für</strong>, dass er mir lange Zeit auch noch nach <strong>de</strong>m Studium als Ansprechpartner beiFragen zur Verfügung stand und• dass er mir als Erster Mut gemacht hat, mich an <strong>de</strong>r Darstellung <strong>de</strong>r Theorie zuversuchen.Mein Dank geht auch an Herrn Lehmann-Franßen• <strong>für</strong> die 2012 erfolgte Durchsicht und wertvolle Anregungen,• <strong>de</strong>m ich auch schon so manche Frage stellen konnte,• <strong>für</strong> die Möglichkeit, „seinen“ Stu<strong>de</strong>nten meine Erfahrungen zu präsentieren und durchihre Fragen / Bemerkungen gleichzeitig wie<strong>de</strong>r zu lernen und• dass er mir Mut macht, in diesem Bereich weiterzumachen.Und mein Dank geht natürlich auch an die meiner Kolleginnen und Kollegen, die immer <strong>für</strong>einen Fachaustausch zur Verfügung stehen, stellvertretend seien hier genannt Regina Thiele,Belinda Apicella, Thomas Rosumek-Mathes und Roger Brock.und an die vielen Klientinnen und Klienten, die mir ihr Vertrauen schenken.Meiner Freundin Ania Dzendzel Danke <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Entwurf <strong>de</strong>r Männlein, die immer mal wie<strong>de</strong>rim Text auftauchen.Ohne meinen Sohn Sebastian hätte ich manches Computerproblem nicht hinbekommen. Auchihm da<strong>für</strong> meinen Dank.


7InhaltsverzeichnisAnmerkung: An dieser Stelle wer<strong>de</strong>n nur die Kapitelüberschriften und <strong>de</strong>ssenHauptglie<strong>de</strong>rungspunkte angegeben, die weitere Unterglie<strong>de</strong>rung ist <strong>de</strong>m Inhaltsverzeichniszu <strong>de</strong>m jeweiligen Kapitel zu entnehmen.Kapitel 1: Entwicklung <strong>de</strong>r „Hartz IV“-Gesetzgebung und erster Einblick Seite 131.1 Zur Entwicklung <strong>de</strong>r „Hartz IV“-Gesetzgebung1.2 Einleiten<strong>de</strong> Anmerkungen1.3 <strong>Die</strong> Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts ab 01.01.2005 im Überblick1.4 Übersicht über die tragen<strong>de</strong>n Grundlagen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Kapitel 2: Aufgaben, Ziele und Leistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>sowie die allgemeinen Leistungsgrundsätze Seite 462.1 Aufgaben <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong>2.2 Ziele <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong>2.3 Allgemeines zu <strong>de</strong>n Leistungen2.4 Allgemeine LeistungsgrundsätzeKapitel 3: <strong>Die</strong> sachliche und örtliche Zuständigkeit <strong>für</strong> die <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungen sowiezu <strong>de</strong>n Trägern <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> Seite 523.1 <strong>Die</strong> sachliche und örtliche Zuständigkeit <strong>für</strong> die <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungen3.2 <strong>Die</strong> Gemeinsamen Einrichtungen3.3 Zur Option kommunaler TrägerschaftKapitel 4: Das Verhältnis <strong>de</strong>r Leistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>zu an<strong>de</strong>ren Leistungen Seite 574.1 Allgemein zum Verhältnis zu <strong>de</strong>n Leistungen An<strong>de</strong>rer4.2 Der allgemeine Nachranggrundsatz4.3 <strong>Die</strong> Zwangsverrentung ab 63. Geburtstag4.4 Das Verhältnis zu <strong>de</strong>n Leistungen <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>4.5 Das Verhältnis zum Wohngeldbezug


84.6 Das Verhältnis zum Kin<strong>de</strong>rzuschlag nach § 6a BKGGKapitel 5: Personenbezogene Ausschlussgrün<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Leistungen <strong>de</strong>r<strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> Seite 67Vorbemerkung zur Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft5.1 Ausschlussgrün<strong>de</strong> <strong>für</strong> Personen mit ausländischer StaatsangehörigkeitKleiner Exkurs: Zur rechtlichen Bindung von Gerichtsentscheidungen5.2 Leistungsausschluss bei Unterbringung in einer stationären Einrichtung5.3 Leistungsausschluss bei Bezug von Rente wegen Alters o<strong>de</strong>rKnappschaftsausgleichleistung o<strong>de</strong>r ähnlicher Leistungenöffentlich-rechtlicher Art5.4 Leistungsausschluss bei Ortsabwesenheit5.5 Leistungsausschluss bei Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n und Studieren<strong>de</strong>nKapitel 6: Anspruchsvoraussetzungen und Antragstellung Seite 82Wer erhält Leistungen?6.1 Zu <strong>de</strong>n Altersgrenzen6.2 Zur Erwerbsfähigkeit6.3 Zur HilfebedürftigkeitKleiner Exkurs: Zur Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s § 9 Abs. 2 Satz 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>(Einkommensverteilung innerhalb <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft)6.4 Zum gewöhnlichen Aufenthalt6.5 <strong>Die</strong> AntragstellungKapitel 7: <strong>Die</strong> Bedarfsgemeinschaft und die Haushaltsgemeinschaft mitVerwandten o<strong>de</strong>r Verschwägerten sowie ihre rechtlichen Folgen Seite 947.1 <strong>Die</strong> Bedarfsgemeinschaft <strong>de</strong>s § 7 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Kleiner Exkurs: Zur beson<strong>de</strong>ren Thematik Stiefelternunterhalt7.2 <strong>Die</strong> Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten o<strong>de</strong>r Verschwägerten<strong>de</strong>s § 9 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>7.3 <strong>Die</strong> Wohngemeinschaft


97.4 Kein Zusammenleben in einem Haushalt, aber Bestehen einerUnterhaltsverpflichtungKapitel 8: <strong>Die</strong> Zumutbarkeit von Arbeit Seite 1068.1 Welche Arbeit ist zumutbar?8.2 Eine Arbeit ist nicht allein <strong>de</strong>shalb unzumutbar, weil ...Kapitel 9: <strong>Die</strong> Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit und zur För<strong>de</strong>rungvon Arbeitsverhältnissen Seite 1099.1 <strong>Die</strong> Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung - § 15 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>9.2 Das Sofortangebot - § 15a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>9.3 <strong>Die</strong> Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit nach § 16 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>9.4 Leistungen, <strong>für</strong> die die kommunalen Träger zuständig sind - § 16a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>9.5 Das Einstiegsgeld - § 16b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>9.6 Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung von Selbständigen - § 16c <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>9.7 Arbeitsgelegenheiten - § 16d <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>9.8 För<strong>de</strong>rung von Arbeitsverhältnissen - § 16e <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>9.9 Freie För<strong>de</strong>rung - § 16f <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>9.10 För<strong>de</strong>rung bei Wegfall <strong>de</strong>r Hilfebedürftigkeit - § 16g <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Kapitel 10: <strong>Die</strong> Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts im Überblick Seite 123Kapitel 11: <strong>Die</strong> Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts –Teil I: Arbeitslosengeld <strong>II</strong> und Sozialgeld Seite 12411.1 Allgemeines zu <strong>de</strong>n Leistungen Arbeitslosengeld <strong>II</strong> und Sozialgeld11.2 Der Regelbedarf zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts11.3 Leistungen <strong>für</strong> Mehrbedarfe11.4 Bedarfe <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung und die Umsetzung in Berlin


Kapitel 12: <strong>Die</strong> Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts –Teil <strong>II</strong>: Abweichen<strong>de</strong> Leistungserbringung und weitere Leistungen Seite 15912.1 Darlehen <strong>für</strong> einen vom Regelbedarf umfassten, im Einzelfall nicht ge<strong>de</strong>cktenunabweisbaren Bedarf12.2 Leistungserbringung bei nicht zweckmäßigem Ausgabeverhalten12.3 Leistungen <strong>für</strong> einmalige Bedarfe12.4 Leistungen als Darlehen bei zu erwarten<strong>de</strong>m Einkommen12.5 Leistungen als Darlehen bei Vermögen12.6 Leistungen bei medizinischer Rehabilitation <strong>de</strong>r Rentenversicherungund bei Anspruch auf Verletztengeld aus <strong>de</strong>r Unfallversicherung12.7 Zuschuss zu <strong>de</strong>n Versicherungsbeiträgen12.8 Leistungen <strong>für</strong> Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>Kapitel 13: <strong>Die</strong> Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts –Teil <strong>II</strong>I: Leistungen <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe Seite 17713.1 Allgemeines13.2 Umfang <strong>de</strong>r Leistungen13.3 Antragsnotwendigkeit13.4 Feststellung <strong>de</strong>r allgemeinen Anspruchsberechtigung13.5 Zuständigkeit <strong>de</strong>r kommunalen Träger und zur Umsetzung in BerlinKapitel 14: <strong>Die</strong> Einkommensberücksichtigung Seite 19114.1 Allgemeines14.2 Nicht zu berücksichtigen<strong>de</strong>s Einkommen14.3 Zu berücksichtigen<strong>de</strong>s Einkommen14.4 <strong>Die</strong> Einkommensbereinigung14.5 Berücksichtigung <strong>de</strong>s Einkommens an<strong>de</strong>rer Personen14.6 Beson<strong>de</strong>rheiten bei <strong>de</strong>r Einkommensberücksichtigung von Kin<strong>de</strong>rn10


1114.7 Ein ausführliches Beispiel <strong>für</strong> die Berechnung von Ansprüchen aufArbeitslosengeld <strong>II</strong> und SozialgeldKapitel 15: <strong>Die</strong> Vermögensberücksichtigung Seite 22515.1 Allgemeines15.2 Absetzungsbeträge vom berücksichtigungsfähigen Vermögen15.3 Das Schonvermögen15.4 Bewertung <strong>de</strong>s Vermögens15.5 Berücksichtigung <strong>de</strong>s Vermögens an<strong>de</strong>rer Personen15.6 Darlehen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts bei nicht sofortverwertbarem VermögenKapitel 16: Sanktionen / Mitwirkungsobliegenheiten sowie Absenkung undWegfall <strong>de</strong>s Arbeitslosengel<strong>de</strong>s <strong>II</strong> bzw. <strong>de</strong>s Sozialgel<strong>de</strong>s Seite 23516.1 Allgemeines16.2 <strong>Die</strong> Sanktionstatbestän<strong>de</strong> nach § 31 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>16.3 <strong>Die</strong> Sanktionstatbestän<strong>de</strong> nach § 31 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>16.4 Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen nach § 31 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>16.5 <strong>Die</strong> Sanktionstatbestän<strong>de</strong> nach § 32 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> – Mel<strong>de</strong>versäumnisse - und <strong>de</strong>renRechtsfolgen16.6 Eintritt und Dauer <strong>de</strong>r einzelnen Sanktion16.7 <strong>Die</strong> wie<strong>de</strong>rholte Pflichtverletzung16.8 Ergänzen<strong>de</strong> Sachleistungen16.9 Sozialversicherungspflicht16.10 Verfahrensrechtliches16.11 BeispieleAnhang: <strong>Die</strong> maßgeben<strong>de</strong>n Vorschriften <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I im Wortlaut - §§ 159, 161 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>IKapitel 17: Allgemeine Mitwirkungsobliegenheiten und Sanktionen Seite 25417.1 Mitwirkungsobliegenheiten bestehen in Folgen<strong>de</strong>m


1217.2 Folgen bei Verletzung17.3 Grenzen <strong>de</strong>r MitwirkungKapitel 18: Einige verfahrensrechtliche Vorschriften Seite 25718.1 Sofortige Vollziehbarkeit von Verwaltungsakten nach § 39 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>18.2 Vom <strong>SGB</strong> X abweichen<strong>de</strong> Verfahrensvorschriften nach § 40 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>18.3 Berechnung und Auszahlung <strong>de</strong>r Leistungen nach § 41 f. <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>18.4 Darlehensgewährung nach § 42a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>18.5 Aufrechnung nach § 43 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>18.6 Verän<strong>de</strong>rungen (Erlass) von Ansprüchen nach § 44 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Kapitel 19: Verpflichtungen An<strong>de</strong>rer Seite 26619.1 Übergang von Ansprüchen nach § 33 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> und Ausnahmen / Einschränkungenvom Anspruchsübergang19.2 Ersatzansprüche bei sozialwidrigem Verhalten19.3 Ersatzansprüche <strong>für</strong> rechtswidrig erhaltene Leistungen19.4 ErbenhaftungAnhang 1: Schema <strong>für</strong> die Anspruchs-/Bedarfsprüfung nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> Seite 273Anhang 2: Der Kin<strong>de</strong>rzuschlag nach § 6a BKGG Seite 275Literaturverzeichnis Seite 293


13Kapitel 1:Entwicklung <strong>de</strong>r „Hartz IV“-Gesetzgebung und erster EinblickSeite1.1 Zur Entwicklung <strong>de</strong>r „Hartz IV“-Gesetzgebung 141.1.1 Historische Entwicklung 141.1.2 Ausgewählte Än<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> seit seiner Einführung – und an<strong>de</strong>rerGesetze, die in einem Zusammenhang mit <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> stehen bzw.Auswirkungen auf es haben 161.2 Einleiten<strong>de</strong> Anmerkungen 271.2.1 Allgemeines 271.2.2 Worin besteht <strong>de</strong>r grundlegen<strong>de</strong> Systemwan<strong>de</strong>l mit Einführung<strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> / <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> 2005? 281.2.3 Einige Zahlen 29Aus <strong>de</strong>n Jahrespressekonferenzen <strong>de</strong>s Berliner Sozialgerichtes 2011-2013 321.3 <strong>Die</strong> Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts ab 01.01.2005 imÜberblick 401.3.1 Vergleich <strong>de</strong>r Leistungssysteme vor und nach <strong>de</strong>m 01.01.2005 401.3.2 Beispiele <strong>für</strong> die Zuordnung zum gegenwärtigen System 421.4 Übersicht über die tragen<strong>de</strong>n Grundlagen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong><strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 44


141 ENTWICKLUNG DER „HARTZ IV“-GESETZGEBUNG UND ERSTER EINBLICK1.1 ZUR ENTWICKLUNG DER „HARTZ IV“-GESETZGEBUNG1.1.1 Historische Entwicklung<strong>Die</strong> Einführung <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> - <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> - und <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> - Sozialhilfe– (Hilfe zum Lebensunterhalt und <strong>Grundsicherung</strong> im Alter und bei Erwerbsmin<strong>de</strong>rung)stellen im Zusammenhang mit weiteren wichtigen Gesetzen die größte Sozialreform <strong>de</strong>rvergangenen Jahrzehnte dar. Im Folgen<strong>de</strong>n zunächst eine Darstellung dieser Entwicklung.Anschließend wer<strong>de</strong>n die wichtigsten Än<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> seit seiner Einführungaufgezeigt.Mai 2002<strong>Die</strong> Rot-Grüne Regierungskoalition unter Bun<strong>de</strong>skanzler Schrö<strong>de</strong>r setzt eineKommission ein, die Vorschläge <strong>für</strong> mo<strong>de</strong>rne <strong>Die</strong>nstleistungen amArbeitsmarkt erarbeiten soll. <strong>Die</strong>ser Kommission gehören 15 Mitglie<strong>de</strong>r an.Den Vorsitz hat Dr. Peter Hartz, zum damaligen Zeitpunkt VW-Vorstandsmitglied. Darum wer<strong>de</strong>n die in diesem Zusammenhang eingeführtenGesetze auch kurz „Hartz-Gesetze“ genannt.16.08.2002 <strong>Die</strong> Kommission stellt ihren Bericht im Berliner Dom vor.14.03.2003 Bun<strong>de</strong>skanzler Schrö<strong>de</strong>r gibt unter <strong>de</strong>r Überschrift „Agenda 2010“ eineRegierungserklärung zu <strong>de</strong>n geplanten Mo<strong>de</strong>rnisierungsschritten in <strong>de</strong>nBereichen Konjunktur und Haushalt, Arbeit und Wirtschaft sowie zum Umbau<strong>de</strong>s Sozialstaates vor <strong>de</strong>m Deutschen Bun<strong>de</strong>stag ab.23.12.2002 Verkündung <strong>de</strong>r ersten bei<strong>de</strong>n Gesetze <strong>für</strong> mo<strong>de</strong>rne <strong>Die</strong>nstleistungen amArbeitsmarkt, die überwiegend zum 01.01.2003 in Kraft treten:• Erstes Gesetz <strong>für</strong> mo<strong>de</strong>rne <strong>Die</strong>nstleistungen am Arbeitsmarkt (BGBl. IS. 4607 ff.), verbun<strong>de</strong>n z.B. mit <strong>de</strong>r Einführung <strong>de</strong>sBildungsgutscheines und <strong>de</strong>r Zeitarbeit mit Personal-Service-Agenturen,• Zweites Gesetz <strong>für</strong> mo<strong>de</strong>rne <strong>Die</strong>nstleistungen am Arbeitsmarkt (BGBl. IS. 4621 ff.), verbun<strong>de</strong>n z.B. mit <strong>de</strong>n Begriffen „Minijob“ und „Ich-AG“.23.12.2003 Drittes Gesetz <strong>für</strong> mo<strong>de</strong>rne <strong>Die</strong>nstleistungen am Arbeitsmarkt, das zum01.04.2004 in Kraft tritt (BGBl. I S. 2834 ff.); zu erwähnen sind:• die Umstrukturierung <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sanstalt <strong>für</strong> Arbeit in Bun<strong>de</strong>sagentur<strong>für</strong> Arbeit, die Klienten wer<strong>de</strong>n nun „Kun<strong>de</strong>n“ genannt,• die Verkürzung <strong>de</strong>r Rahmenfrist <strong>für</strong> die Anwartschaftszeit <strong>für</strong> <strong>de</strong>nArbeitslosengeldbezug,• die Verschärfung <strong>de</strong>r Sperrzeitregelungen,• die Ersetzung <strong>de</strong>s Unterhaltsgel<strong>de</strong>s durch Arbeitslosengeld beiMaßnahmen <strong>de</strong>r beruflichen För<strong>de</strong>rung.24.12.2003 Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt, es tritt ebenfalls zum 01.01.2004 inKraft (BGBl. I S. 3002 ff.); es erfolgte u.a.:


• die Än<strong>de</strong>rung arbeitsrechtlicher Vorschriften - künftige Anwendung<strong>de</strong>s Kündigungsschutzgesetzes nur noch bei Betrieben, die in <strong>de</strong>r Regelmehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigen und• die Lockerung <strong>de</strong>s Kündigungsschutzes bei betriebsbedingtenKündigungen sowie• die Verkürzung <strong>de</strong>s Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei längererBeschäftigung und höherem Alter durch Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s § 127 Abs. 2<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I.29.12.2003 Beschluss <strong>de</strong>s Haushaltsbegleitgesetzes 2004 (BGBl. I S. 3076 ff.) – nebenvielem An<strong>de</strong>ren:• Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Einkommensgrenzen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Bezug von Erziehungsgelddurch Art. 20 dieses Gesetzes - <strong>de</strong>utliche Absenkung <strong>de</strong>rEinkommensgrenzen in <strong>de</strong>n ersten sechs Monaten nach <strong>de</strong>r Geburt<strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s.30.07.2004 Gesetz zur optimalen Trägerschaft von Kommunen nach <strong>de</strong>m Zweiten BuchSozialgesetzbuch (Kommunales Optionsgesetz) (BGBl. I S. 2014 ff.)• Einführung <strong>de</strong>r Experimentierklauseln §§ 6a bis 6c, nach <strong>de</strong>r einigeLandkreise und kreisfreie Städte auf Antrag <strong>für</strong> alle Leistungen <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong><strong>II</strong> zuständig sind.24.12.2004 Viertes Gesetz <strong>für</strong> mo<strong>de</strong>rne <strong>Die</strong>nstleistungen am Arbeitsmarkt (BGBl. I S.2954 ff.) – „Hartz IV“ genannt. Durch Artikel 1 <strong>de</strong>s Gesetzes erfolgt zum01.01.2005 (mit einigen Ausnahmen, die Art. 61 Abs. 2 <strong>de</strong>s Gesetzes zuentnehmen sind)• die Einführung <strong>de</strong>s neuen Sozialgesetzbuchs <strong>II</strong> – <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong><strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> durch Arbeitslosengeld <strong>II</strong> und Sozialgeld;Artikel 25 <strong>de</strong>s Gesetzes än<strong>de</strong>rt das Wohngeldgesetz dahingehend, dassBezieher von Arbeitslosengeld <strong>II</strong> / Sozialgeld nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> und von Hilfezum Lebensunterhalt und Leistungen im Alter und bei Erwerbsmin<strong>de</strong>rungnach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>, bei <strong>de</strong>ren Berechnung Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft berücksichtigtwor<strong>de</strong>n sind, vom Wohngeldbezug ausgeschlossen sind.27.12.2004 Gesetz zur Einordnung <strong>de</strong>s Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch (BGBl. IS. 3022 ff.), das ebenfalls zum 01.01.2005 in Kraft tritt (auch hier mitAusnahmen, die sich aus Art. 70 Abs. 2 <strong>de</strong>s Gesetzes ergeben):• Überführung <strong>de</strong>s Sozialhilferechts <strong>de</strong>s bisherigenBun<strong>de</strong>ssozialhilfegesetzes (BSHG) in das Sozialgesetzbuch X<strong>II</strong> und• Integration <strong>de</strong>s bisherigen <strong>Grundsicherung</strong>sgesetzes (GsiG) –Bedarfsorientierte <strong>Grundsicherung</strong> im Alter und beiErwerbsmin<strong>de</strong>rung – in das neue <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.15


1.1.2 Ausgewählte Än<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> seit seiner Einführung – und an<strong>de</strong>rer Gesetze,die in einem Zusammenhang mit <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> stehen bzw. Auswirkungen auf eshaben16Das ist ja zum Haare raufen...<strong>Die</strong> folgen<strong>de</strong> Aufzeichnung wird bei <strong>de</strong>n einen zu Kopfschütteln führen, bei an<strong>de</strong>ren zuStirnrunzeln... Ich habe sie hier aufgenommen, damit man es sich einmal vor Augen führenkann, in welcher Geschwindigkeit <strong>de</strong>r Gesetzgeber Än<strong>de</strong>rungen vorgenommen hat. Alle, diemit <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> umgehen müssen, haben in <strong>de</strong>r Vergangenheit erfahren, wie schnell gera<strong>de</strong>Gelerntes schon wie<strong>de</strong>r überholt war. Der Versuch, selbst immer auf <strong>de</strong>m letzten Stand zusein, ist eine ständige Herausfor<strong>de</strong>rung.Seit Einführung <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> haben zahlreiche Än<strong>de</strong>rungen / Ergänzungen stattgefun<strong>de</strong>n. ImFolgen<strong>de</strong>n einige wesentliche mit (nicht vollständigen) inhaltlichen Anmerkungen, ansonstensei hier auf die speziellen weiteren Kapitel verwiesen. Es wer<strong>de</strong>n auch einige Än<strong>de</strong>rungenan<strong>de</strong>rer Gesetze aufgeführt, die Auswirkungen auf das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> haben.21.03.2005 Art. 2a und Art. 4 <strong>de</strong>s Gesetzes zur Vereinfachung <strong>de</strong>r Verwaltungsverfahrenim Sozialrecht (BGBl. I S. 822) – in Kraft getreten zum 01.01.2005• Fortzahlung von Arbeitslosengeld <strong>II</strong> auch bei Anspruch auf Krankengeld(Än<strong>de</strong>rung im <strong>SGB</strong> V) und Regelungen zum Übergangsgeld bzw.Verletztengeld (§§ 25, 26 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)14.08.2005 Gesetz zur Neufassung <strong>de</strong>r Freibetragsregelungen <strong>für</strong> erwerbsfähigeHilfebedürftige (BGBl. I S. 2407 f.) – in Kraft getreten zum 01.09. bzw.01.10.2005• Neue Freibetragsregelungen22.12.2005 Erstes Gesetz zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (BGBl. I S.3675) – in Kraft getreten zum 01.01.2006• Neue Festlegung <strong>de</strong>r Beteiligung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s an <strong>de</strong>n Kosten <strong>de</strong>rUnterkunft24.03.2006 Gesetz zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und an<strong>de</strong>rerGesetze (BGBl. I S. 558) – in Kraft getreten zum 01.04. bzw. 01.07.2006• Ausweitung <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft auf Kin<strong>de</strong>r bis zur Vollendung<strong>de</strong>s 25. Lebensjahres mit entsprechen<strong>de</strong>r Kürzung <strong>de</strong>s Regelsatzes von100 auf 80%• Auszugs-/ Umzugsverbot <strong>für</strong> unter 25-Jährige mit wenigen Ausnahmen• Möglichkeit <strong>de</strong>r Mietschul<strong>de</strong>nübernahme – i.d.R. als Darlehen – nach§ 22 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>20.07.2006 Art. 1 <strong>de</strong>s Gesetzes zur Fortentwicklung <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong><strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> (Bibl. I S. 1706 ff.) – in Kraft getreten zum 01.08.2006 bzw.01.01.2007


• Eine abweichen<strong>de</strong> Festlegung <strong>de</strong>r Bedarfe ist ausgeschlossen /weitergehen<strong>de</strong> Leistungen sind ausgeschlossen (§ 3 Abs. 3 / § 23 Abs.1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)• Einrichtung eines Außendienstes (§ 6 Abs. 1 S. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)• Ausweitung <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft auf nicht eingetragenegleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften (§ 7 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)• Vermutungsregelung <strong>für</strong> das Vorliegen einer eheähnlichenGemeinschaft (Beweislastumkehr) (§ 7 Abs. 3a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)• Grundsätzlicher Ausschluss <strong>für</strong> Personen in stationären Einrichtungen(§ 7 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)• Ausweitung <strong>de</strong>r Gültigkeit <strong>de</strong>r Erreichbarkeitsanordnung <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Iauf Alg <strong>II</strong>-Empfänger (§ 7 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)• Erweiterung <strong>de</strong>r Einkommensanrechnung auf nicht leibliche Kin<strong>de</strong>rauch bei nicht verheirateten Partnern <strong>de</strong>s Elternteils (§ 9 Abs. 2 S. 2<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)• Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Vermögensfreibeträge (§ 12 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)• Einführung <strong>de</strong>s Sofortangebotes <strong>für</strong> neue Leistungsbezieher (§ 15a <strong>SGB</strong><strong>II</strong>)• Neuer Zuschuss <strong>für</strong> bestimmte Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> <strong>für</strong> die Kosten <strong>de</strong>rUnterkunft und Heizung, die von an<strong>de</strong>ren <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungen gemäß § 7Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ausgeschlossen sind (§ 22 Abs. 7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)• Möglichkeit <strong>de</strong>s Zuschusses <strong>für</strong> angemessene Kranken- undPflegeversicherung, soweit Personen allein durch diese Aufwendungenhilfebedürftig wür<strong>de</strong>n (§ 26 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)• Neuer Mehrbedarfszuschlag <strong>für</strong> Sozialgeldbezieher, wenn sie Inhabereines Ausweises nach § 69 Abs. 5 <strong>SGB</strong> IX mit <strong>de</strong>m Merkzeichen G sind(§ 28 Abs. 1 Nr. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)• Ergänzungen / Verschärfungen bei <strong>de</strong>n Sanktionen (§ 31 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)05.12.2006 Art. 2 Abs. 16 <strong>de</strong>s Gesetzes zur Einführung <strong>de</strong>s Elterngel<strong>de</strong>s (BGBl. S. 2757) –in Kraft getreten zum 01.01.2007• Zur Anrechnung <strong>de</strong>s Elterngel<strong>de</strong>s (§ 11 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)26.03.2007 Art. 3 <strong>de</strong>s Gesetzes zur Stärkung <strong>de</strong>s Wettbewerbs in <strong>de</strong>r gesetzlichenKrankenversicherung (BGBl. I S. 442 f.) – in Kraft getreten zum 01.04.2007bzw. 01.01.2009• Än<strong>de</strong>rungen bei <strong>de</strong>n Zuschüssen zu Versicherungsbeiträgen ab01.01.200919.04.2007 Art. 2 <strong>de</strong>s Gesetzes zur Verbesserung <strong>de</strong>r Beschäftigungschancen ältererMenschen – in Kraft getreten zum 01.05.2007• Ergänzung zu § 16 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>20.04.2007 Art. 2 <strong>de</strong>s Gesetzes zur Anpassung <strong>de</strong>r Regelaltersgrenze an die<strong>de</strong>mographische Entwicklung und zur Stärkung <strong>de</strong>r Finanzierungsgrundlagen<strong>de</strong>r gesetzlichen Rentenversicherung (BGBl. I S. 565) in Kraft getreten zum01.05.2007 bzw. 01.01.200817


• Auswirkungen <strong>de</strong>r schrittweisen Erhöhung <strong>de</strong>r Regelaltersgrenze auf67 Jahre19.08.2007 Art. 6 Abs. 5 <strong>de</strong>s Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicherRichtlinien <strong>de</strong>r Europäischen Union (BGBl. I S. 2008) – in Kraft getreten zum28.08.2007• Än<strong>de</strong>rung § 7 Abs. 1 S. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, neu: § 70 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>10.10.2007 Zweites Gesetz zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Zweiten Buches Sozialgesetzbuch –Perspektiven <strong>für</strong> Langzeitarbeitslose mit beson<strong>de</strong>renVermittlungshemmnissen – JobPerspektive (BGBl. I S. 2326 ff.) – in Kraftgetreten zum 01.10.2007• Ergänzungen im § 16 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> und Einführung eines neuen § 16a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>:Leistungen zur Beschäftigungsför<strong>de</strong>rung10.10.2007 Art. 2 <strong>de</strong>s Vierten Gesetzes zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Dritten Buches Sozialgesetzbuch– Verbesserung <strong>de</strong>r Qualifizierung und Beschäftigungschancen von jüngerenMenschen mit Vermittlungshin<strong>de</strong>rnissen (BGBl. I S. 2331) – in Kraft getretenzum 01.10.2007• Folgeän<strong>de</strong>rungen im § 16 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>17.12.2007 Neue Fassung <strong>de</strong>r Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zurNichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Alg <strong>II</strong> / Sozialgeld(Alg <strong>II</strong>-V) (BGBl. I S. 2942 ff.)20.12.2007 Entscheidung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverfassungsgerichts zur Unzulässigkeit <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>nJobcentern praktizierten Zusammenarbeit von Arbeitsagenturen undKommunen, veröffentlicht im BGBl. I 2008 S. 2721.12.2007 Drittes Gesetz zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (BGBl. I S.3141) – in Kraft getreten zum 01.01.2008• Zur Beteiligung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s an <strong>de</strong>n Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft und Heizung(§ 46 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)23.12.2007 Art. 3 <strong>de</strong>s Zweiundzwanzigsten Gesetzes zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>sBun<strong>de</strong>sausbildungsför<strong>de</strong>rungsgesetzes (BGBl. I S. 3258) – in Kraft getretenzum 01.01.2008• Schüler einer Abendhauptschule, -realschule o<strong>de</strong>r eines –gymnasiumsdie allein wegen Überschreitung <strong>de</strong>r Altersgrenze nach § 10 Abs. 3BAföG keine För<strong>de</strong>rung erhalten, wer<strong>de</strong>n nicht mehr von <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungen ausgeschlossen (§ 7 Abs. 6 Nr. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>).08.04.2008 Art. 2 <strong>de</strong>s Siebten Gesetzes zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Dritten Buches Sozialgesetzbuchund an<strong>de</strong>rer Gesetze (BGBl. I S. 682 f.) – in Kraft getreten zum 01.01.2008• Än<strong>de</strong>rungen / Ergänzungen, die zusammenhängen mit <strong>de</strong>m Auslaufen<strong>de</strong>r sog. „58-er Regelung“ und <strong>de</strong>r Verlängerung <strong>de</strong>sArbeitslosengel<strong>de</strong>s I nach Vollendung <strong>de</strong>s 50. Lebensjahres, z.B.18


o Neuer § 3 Abs. 2a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>: Unverzügliche Vermittlung vonerwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die das 58. Lebensjahr vollen<strong>de</strong>thaben, in Arbeit o<strong>de</strong>r Arbeitsgelegenheito Verpflichtung zur „Rente mit Abschlägen“ ab Vollendung <strong>de</strong>s 63.Lebensjahres14.04.2008 Verordnung zur Vermeidung unbilliger Härten durch Inanspruchnahme einervorgezogenen Altersrente (Unbilligkeitsverordnung – UnbilligkeitsV) (BGBl. I S.734 f.)28.07.2008 Viertes Gesetz zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (BGBl. I S.1506) – in Kraft getreten zum 01.08.2008• Zur Beteiligung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s an <strong>de</strong>n Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft und Heizung(§ 46 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)24.09.2008 Gesetz zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>skin<strong>de</strong>rgeldgesetzes (BGBl. I S. 1854) – in Kraftgetreten zum 01.10.2008• Durch die Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s § 6a BKGG sind mehr Familienanspruchsberechtigt auf <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rzuschlag – ggf. in Verbindung mit<strong>de</strong>m Bezug von Wohngeld. <strong>Die</strong>se Familien fallen dann aus <strong>de</strong>mLeistungssystem <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> heraus.24.09.2008 Gesetz zur Neuregelung <strong>de</strong>s Wohngeldrechts und zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>sSozialgesetzbuches (BGBl. I S. 1856ff.) – in Kraft getreten zum 01.01.2009• Durch die Wohngeldnovelle wer<strong>de</strong>n mehr Haushalteanspruchsberechtigt:o Heizkosten wer<strong>de</strong>n über gestaffelte Beträge, die bestimmt wer<strong>de</strong>ndurch die Anzahl <strong>de</strong>r zu berücksichtigen<strong>de</strong>n Haushaltsmitglie<strong>de</strong>r, indie zu berücksichtigen<strong>de</strong> Miete einbezogen.o Es wer<strong>de</strong>n einheitliche Höchstbeträge <strong>für</strong> Mieten und Belastungunabhängig vom Baualter eingeführt und zusätzlich um 10% erhöht.o <strong>Die</strong> Tabellenwerte wer<strong>de</strong>n um 8% erhöht.Durch Art. 2a <strong>de</strong>s Gesetzes erfolgt eine Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s § 52a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, das betrifftaber nur eine Anpassung an die Neuformulierung / Umstrukturierung <strong>de</strong>sWohngeldgesetzes. § 52a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> betrifft <strong>de</strong>n Datenaustausch zwischen <strong>de</strong>rAgentur <strong>für</strong> Arbeit und <strong>de</strong>n Wohngeldstellen.18.12.2008 Erste Verordnung zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Arbeitslosengeld <strong>II</strong>/Sozialgeld-Verordnung(BGBl. I S. 2780 f.)• Keine Anrechnung mehr von Krankenhaus- und häuslicher Verpflegung• Keine Anrechnung von Geldgeschenken an Min<strong>de</strong>rjährige anlässlichreligiöser o<strong>de</strong>r ähnlicher Feste20.12.2008 Fünftes Gesetz zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (BGBl. I S.2859) - in Kraft getreten zum 01.01.2009• Zur Beteiligung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s an <strong>de</strong>n Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft und Heizung(§ 46 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)19


21.12.2008 Art. 2 <strong>de</strong>s Gesetzes zur Neuausrichtung <strong>de</strong>r arbeitsmarktpolitischenInstrumente (BGBl. I S. 2928 ff.) – in Kraft getreten zum 01.01.2009• <strong>Die</strong> neuen Leistungen im Bereich <strong>de</strong>r Vermittlung nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Iwer<strong>de</strong>n auch in die <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong><strong>II</strong> übernommen. <strong>Die</strong> Regelungen zu <strong>de</strong>n Leistungen <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rungin Arbeit wer<strong>de</strong>n neu geordnet, vor allem siehe §§ 16, 16a-g <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Einige Stichworte: Verpflichtung zum Integrationskurs <strong>für</strong> Personenmit Migrationshintergrund (§ 3 Abs. 2b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>), Rechtsanspruch aufÜbernahme <strong>de</strong>r Weiterbildungskosten zum nachträglichen Erwerb <strong>de</strong>sHauptschulabschlusses, das Vermittlungsbudget, keine För<strong>de</strong>rungmehr <strong>für</strong> ABM, Neuregelung <strong>de</strong>s Einstiegsgel<strong>de</strong>s.• Neufassung <strong>de</strong>s § 39 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zur sofortigen Vollziehbarkeit vonVerwaltungsakten, das heißt zur Beschreibung, in welchen FällenWi<strong>de</strong>rspruch und Klage keine aufschieben<strong>de</strong> Wirkung haben.22.12.2008 Art. 2 und 3 <strong>de</strong>s Gesetzes zur För<strong>de</strong>rung von Familien und haushaltsnahen<strong>Die</strong>nstleistungen (Familienleistungsgesetz – FamLeistG) (BGBl. I S. 2957)• Durch Art. 2: Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s § 6 BKGG: Erhöhung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rgel<strong>de</strong>s abJanuar 2009 <strong>für</strong> das erste und zweite Kind auf 164 Euro, <strong>für</strong> das dritteauf 170 Euro und <strong>für</strong> das vierte und je<strong>de</strong>s weitere auf jeweils 195 Euro• Durch Art. 3: Zahlung einer zusätzlichen Leistung <strong>für</strong> die Schule in Höhevon 100 Euro, § 24a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> – in Kraft getreten zum 01.08.200902.03.2009 Art. 8 <strong>de</strong>s Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität inDeutschland (BGBl. I S. 429)• Erhöhung <strong>de</strong>r Regelleistung <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r von 6 bis 13 Jahren in <strong>de</strong>r Zeitvom 01.07.2009 bis 31.12.2011 von bisher 60% auf 70% <strong>de</strong>r nach § 20Abs. 2 Satz 1 maßgeblichen Regelleistung – neuer § 74 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>16.07.2009 Art. 16 <strong>de</strong>s Gesetzes zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung vonVorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz – Krankenversicherung)(BGBl. I S. 1972)• Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s durch das Familienleistungsgesetz vom 22.12.2008eingeführten § 24a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> – die zusätzliche Leistung <strong>für</strong> die Schule inHöhe von 100 Euro erhalten nun auch Schüler einer berufsbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nSchule.17.07.2009 Art. 14b <strong>de</strong>s Gesetzes zur Än<strong>de</strong>rung arzneimittelrechtlicher und an<strong>de</strong>rerVorschriften (BGBl. I S. 2013) - in Kraft getreten zum 01.01.2009• Ausweitung <strong>de</strong>s Zuschusses zu Krankenversicherungs- undPflegeversicherungsbeiträgen <strong>für</strong> gesetzlich Versicherte, wenn sieallein durch diese Beiträge hilfebedürftig wür<strong>de</strong>n - § 26 Abs. 2, 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>23.07.2009 Zweite Verordnung zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Arbeitslosengeld <strong>II</strong>/Sozialgeld-Verordnung (BGBl. I S. 2340)• Neuregelung zur Versicherungspauschale bei Min<strong>de</strong>rjährigen20


29.07.2009 Verordnung zur Bemessung von Einstiegsgeld (Einstiegsgeld-Verordnung-ESGV) (BGBl. I S. 2342)• Betrifft das Einstiegsgeld nach § 16b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, im Abs. 3 dieErmächtigungsgrundlage zum Erlass <strong>de</strong>r Rechtsverordnung22.12.2009 Art. 8 <strong>de</strong>s Gesetzes zur Beschleunigung <strong>de</strong>s Wirtschaftwachstums –Wachstumsbeschleunigungsgesetz (BGBl. I S. 3954)• Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s § 6 BKGG: Erhöhung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rgel<strong>de</strong>s ab Januar 2010<strong>für</strong> das erste und zweite Kind auf 184 Euro, <strong>für</strong> das dritte auf 190 Euround <strong>für</strong> das vierte und je<strong>de</strong>s weitere auf jeweils 215 EuroAnm.: Zum 01.01.2010 hat sich auch <strong>de</strong>r Unterhaltsvorschuss erhöht:• <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r bis 5 Jahre von 117 auf 133 Euro• <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r von 6 bis 11 Jahren von 158 auf 180 Euro09.02.2010 Entscheidung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverfassungsgerichts zur Nichtverfassungsmäßigkeit<strong>de</strong>r Regelsätze, veröffentlicht im BGBl. I S. 19314.04.2010 Art. 2 <strong>de</strong>s Gesetzes zur Stabilisierung <strong>de</strong>r Finanzlage <strong>de</strong>rSozialversicherungssysteme und zur Einführung eines Son<strong>de</strong>rprogramms mitMaßnahmen <strong>für</strong> Milchviehhalter sowie zur Än<strong>de</strong>rung an<strong>de</strong>rer Gesetze(Sozialversicherungs-Stabilisierungsgesetz-SozVersStabG), (BGBl. I S. 416) – inKraft getreten zum 17.04.2010• Anhebung <strong>de</strong>r Freibeträge <strong>für</strong> das Altersvorsorgevermögen von 250Euro auf 750 Euro je vollen<strong>de</strong>tem Lebensjahr, § 12 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>04.05.2010 Dritte Verordnung zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Arbeitslosengeld <strong>II</strong>/Sozialgeld-Verordnung (BGBl. I S. 541) – in Kraft getreten zum 01.06.2010• Höhere Freigrenzen bei Zuverdienst <strong>für</strong> Schüler bei Erwerbstätigkeit in<strong>de</strong>n Ferien - § 1 Abs. 4 Alg <strong>II</strong>-V27.05.2010 Art. 3a <strong>de</strong>s Gesetzes zur Abschaffung <strong>de</strong>s Finanzplanungsrates und zurÜbertragung <strong>de</strong>r fortzuführen<strong>de</strong>n Aufgaben auf <strong>de</strong>n Stabilitätsrat sowie zurÄn<strong>de</strong>rung weiterer Gesetze (BGBl. I S. 672) – in Kraft getreten zum 03.06.2010• Härtefall-Regelung zur Deckung atypischer, laufen<strong>de</strong>r Bedarfe – neuerAbs. 6 <strong>de</strong>s § 21 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>21.07.2010 Gesetz zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Grundgesetzes (BGBl. I S. 944) – in Kraft getretenzum 27.07.2010• Einfügung <strong>de</strong>s Artikels 91e GG, nach <strong>de</strong>m bei <strong>de</strong>r Ausführung vonBun<strong>de</strong>sgesetzen auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong><strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> Bund und Län<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r die nach Lan<strong>de</strong>srechtzuständigen Gemein<strong>de</strong>n und Gemein<strong>de</strong>verbän<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Regel ingemeinsamen Einrichtungen zusammenwirken• Weitere Berechtigung <strong>für</strong> Optionskommunen, auch Möglichkeit <strong>für</strong>Neugründungen21


03.08.2010 Gesetz <strong>de</strong>r Weiterentwicklung <strong>de</strong>r Organisation <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong><strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> (BGBl. I S. 1112 ff.) – in Kraft getreten zum Teil zum11.08.2010, ansonsten zum 01.01.2011• Aus <strong>de</strong>n „Arbeitsgemeinschaften“ wer<strong>de</strong>n die „gemeinsamenEinrichtungen“, die die Bezeichnung „Jobcenter“ tragen.24.10.2010 Art. 1a <strong>de</strong>s Gesetzes <strong>für</strong> bessere Beschäftigungschancen am Arbeitsmarkt(Beschäftigungschancengesetz), (BGBl. I S. 1420 f.) – in Kraft getreten zum01.01.2011• § 31, 32 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> – eigentlich nur sprachliche Än<strong>de</strong>rungen, so wird dasWort „Absenkung“ durch „Min<strong>de</strong>rung“ ersetzt24.10.2010 Dreiundzwanzigstes Gesetz zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sausbildungsför<strong>de</strong>rungsgesetzes(23. BAföGÄndG), (BGBl. I S. 1422) – In Kraft getreten zum28.10.2010• § 22 Abs. 7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>09.12.2010 Haushaltsbegleitgesetz 2011 (HBeglG 2011), (BGBl. I S. 1885 ff.) – in Kraftgetreten zum 01.01.2011• Entfallen <strong>de</strong>r Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherungspflicht<strong>für</strong> <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungsempfänger, das heißt, eswer<strong>de</strong>n keine Beiträge mehr <strong>für</strong> die Rentenversicherung gezahlt, dieZeiten <strong>de</strong>s Bezugs von Alg <strong>II</strong> gelten aber als Anwartschaftszeiten.• Wegfall <strong>de</strong>s befristeten Zuschlags nach § 24 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (ohneÜbergangsregelung)• Än<strong>de</strong>rungen im BEEG:o <strong>Die</strong> Anrechnungsfreiheit <strong>de</strong>s Elterngel<strong>de</strong>s bei Bezug von <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungen wird grundsätzlich aufgehoben (auch bei <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> undKin<strong>de</strong>rzuschlag) – einzige Ausnahme <strong>für</strong> Elterngeldberechtigte, dievor <strong>de</strong>r Geburt <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s berufstätig waren und bei <strong>de</strong>nen dasElterngeld sich auf <strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>s vorherigen Einkommens errechnet:hier bleibt das Elterngeld bis zur Höhe von 300 Euroanrechnungsfrei.o Ab einem zu berücksichtigen<strong>de</strong>m Einkommen von 1.200 Euromonatlich wird die Ersatzquote von 67% auf 65% abgesenkt.o Ledige mit einem Jahresverdienst von mehr als 250.000 Euro bzw.Verheiratete mit mehr als 500.000 Jahreseinkommen erhalten keinElterngeld mehr.• Für Wohngeldbezieher: <strong>Die</strong> zum 01.01.2009 eingeführteHeizkostenkomponente wird wie<strong>de</strong>r gestrichen.09.12.2010 Sechstes Gesetz zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (BGBl. I S.1933) - in Kraft getreten zum 01.01.2010• Zur Beteiligung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s an <strong>de</strong>n Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft und Heizung(§ 46 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)21.12.2010 Vierte Verordnung zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Arbeitslosengeld <strong>II</strong>/Sozialgeld-Verordnung (BGBl. I S. 2321) – in Kraft getreten zum 01.01.201122


• Anfügen von § 1 Abs. 5 Alg <strong>II</strong>-V: <strong>Die</strong> Nachzahlung von Elterngeld inHöhe von 150 Euro pro Lebensmonat eines Kin<strong>de</strong>s, die auf Grund einesWi<strong>de</strong>rrufs <strong>de</strong>r Verlängerungsmöglichkeit nach § 6 Abs. 2 BEEG vor <strong>de</strong>m01.01.2011 erfolgt, ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen.22.12.2010 Art. 2a <strong>de</strong>s Gesetzes zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung<strong>de</strong>r gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzierungsgesetz-GKV - FinG)(BGBl. I S. 2316) – in Kraft getreten zum 01.01.2011• Übernahme <strong>de</strong>s Zusatzbeitrages nach § 242 <strong>SGB</strong> V <strong>für</strong> Personen, dieallein durch diese Aufwendungen hilfebedürftig wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>n, inerfor<strong>de</strong>rlicher Höhe (§ 26 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)24.03.2011 Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Zweiten undZwölften Buches Sozialgesetzbuch (BGBl. I S. 453 ff.) – in Kraft getretenüberwiegend rückwirkend zum 01.01.2011• Art. 1: Gesetz zur Ermittlung <strong>de</strong>r Regelbedarfe nach § 28 <strong>de</strong>s ZwölftenBuches Sozialgesetzbuch (Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz – RBEG)• Art. 2: Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Zweiten Buches Sozialgesetzbuch• Art. 3: Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Zwölften Buches Sozialgesetzbuch• Art. 5: Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>skin<strong>de</strong>rgeldgesetzes• Art. 7: Än<strong>de</strong>rung Arbeitslosengeld <strong>II</strong>/Sozialgeld-Verordnung• Art. 8: Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Einstiegsgeld-VerordnungEinige Stichpunkte:• Umfangreiche Neustrukturierung <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• Aus <strong>de</strong>n Regelleistungen wer<strong>de</strong>n Regelbedarfe, und es wer<strong>de</strong>nRegelbedarfsstufen mit festen Summen eingeführt statt bisherigerprozentualer Ableitung• Einführung <strong>de</strong>r Leistungen <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe in <strong>de</strong>n §§ 28, 29<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>29.03.2011 Siebtes Gesetz zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (BGBl. I S.452) - in Kraft getreten zum 01.01.2010• Zur Beteiligung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s an <strong>de</strong>n Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft und Heizung(§ 46 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)13.05.2011 Bekanntmachung <strong>de</strong>r Neufassung <strong>de</strong>s Zweiten Buches Sozialgesetzbuch(BGBl. I S. 850 ff.)20.06.2011 Art. 3a <strong>de</strong>s Gesetzes zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sversorgungsgesetzes undan<strong>de</strong>rer Vorschriften (BGBl. I S. 1121)• Ergänzung durch § 77 Abs. 8 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>: Verlängerung <strong>de</strong>r Antragsfrist biszum 30.06.2011 <strong>für</strong> Leistungen zur Bildung und Teilhabe rückwirkendzum 01.01.201121.06.2011 Fünfte Verordnung zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Arbeitslosengeld <strong>II</strong>/Sozialgeld-Verordnung (BGBl. I S. 1175) – in Kraft getreten zum 01.07.2011• Keine Anrechnung von NVA-Verletztenrenten (§ 1 Abs. 6 Alg <strong>II</strong>-V)23


• Betriebliche Darlehen bei Selbständigen sind we<strong>de</strong>r Einnahmen nochAusgaben, son<strong>de</strong>rn „durchlaufen<strong>de</strong> Posten“ - § 3 Abs. 3 Satz 4 Alg <strong>II</strong>-V• Aufnahme <strong>de</strong>s Freiwilligendienstes in § 4 Alg <strong>II</strong>-V• Festsetzen <strong>de</strong>r Werbungskostenpauschale auf 15,33 Euro - § 6 Abs. 1Nr. 3a Alg <strong>II</strong>-V (vorher monatlich 1/60 <strong>de</strong>r steuerrechtlichenWerbungskostenpauschale nach § 9a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a <strong>de</strong>sEinkommenssteuergesetzes, <strong>für</strong> 2012 wären das 16,67 Euro gewesen)17.10.2011 Verordnung zur Fortschreibung <strong>de</strong>r Regelbedarfsstufen nach § 138 Nummer 2<strong>de</strong>s Zwölften Buches Sozialgesetzbuch <strong>für</strong> das Jahr 2012 (Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2012 – RBSFV 2012) (BGBl. I S. 2090)• Höhe <strong>de</strong>r Regelbedarfe nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> ab 01.01.201220.10.2011 Bekanntmachung über die Höhe <strong>de</strong>r Regelbedarfe nach § 20 Abs. 5 <strong>de</strong>sZweiten Buches Sozialgesetzbuch <strong>für</strong> die Zeit ab 01. Januar 2012 (BGBl. I S.2093)• Höhe <strong>de</strong>r Regelbedarfe nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ab 01.01.201219.12.2011 Sechste Verordnung zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Arbeitslosengeld <strong>II</strong>/Sozialgeld-Verordnung (BGBl. I S. 2803) – in Kraft getreten zum 01.01.2012• Freibetrag <strong>für</strong> Teilnehmer am Bun<strong>de</strong>sfreiwilligendienst bzw.Jugendfreiwilligendienst jetzt 175 Euro – neuer § 1 Abs. 7 Alg <strong>II</strong>-V20.12.2011 Art. 5 <strong>de</strong>s Gesetzes zur Verbesserung <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rungschancen amArbeitsmarkt (BGBl. I S. 2917 ff.) – in Kraft getreten zum 01.04.2012• Durch die umfangreichen Än<strong>de</strong>rungen im <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I – vor allem durch dieNeuordnung <strong>de</strong>r Arbeitsmarktinstrumente – erfolgen auchÄn<strong>de</strong>rungen im <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, da in ihm auf viele För<strong>de</strong>rmöglichkeiten <strong>de</strong>s<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I verwiesen wird – daher beson<strong>de</strong>rs Än<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>n §§ 16,16c bis 16g <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>22.12.2011 Art. 1a <strong>de</strong>s Vierten Gesetzes zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Vierten BuchesSozialgesetzbuch und an<strong>de</strong>rer Gesetze (BGBl. I S. 3058) – in Kraft getretenzum 01.04.2012• Anfügung eines neuen Absatzes 4 in § 26 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>: Für privat Versichertewer<strong>de</strong>n die Zuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherungab April 2012 direkt vom Jobcenter an das privateVersicherungsunternehmen gezahlt.18.10.2012 Verordnung zur Bestimmung <strong>de</strong>s <strong>für</strong> die Fortschreibung <strong>de</strong>rRegelbedarfsstufen nach § 28a <strong>de</strong>s Zwölften Buches Sozialgesetzbuchmaßgeblichen Vomhun<strong>de</strong>rtsatzes sowie zur Ergänzung <strong>de</strong>r Anlage zu § 28 <strong>de</strong>sZwölften Buches Sozialgesetzbuch <strong>für</strong> das Jahr 2013 (Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2013 – RBSFV 2013) (BGBl. I S. 2173)• Höhe <strong>de</strong>r Regelbedarfe nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> ab 01.01.201324


Bekanntmachung über die Höhe <strong>de</strong>r Regelbedarfe nach § 20 Abs. 5 <strong>de</strong>sZweiten Buches Sozialgesetzbuch <strong>für</strong> die Zeit ab 01. Januar 2013 (BGBl. I S.2175)• Höhe <strong>de</strong>r Regelbedarfe nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ab 01.01.201325Auch wenn es hier nicht direkt um das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> geht, habe ich das Folgen<strong>de</strong>aufgenommen, <strong>de</strong>nn ich be<strong>für</strong>chte: noch mehr Minijobs und damit noch mehr„Aufstocker“:05.12.2012 Gesetz zur Än<strong>de</strong>rungen im Bereich <strong>de</strong>r geringfügigen Beschäftigung (BGBl. I S.2474 ff.)• <strong>Die</strong> Geringfügigkeitsgrenze steigt von 400 auf 450 Euro.• Personen, die vom 1. Januar 2013 an ein geringfügig entlohntesBeschäftigungsverhältnis aufnehmen, unterliegen grundsätzlich <strong>de</strong>rVersicherungspflicht in <strong>de</strong>r gesetzlichen Rentenversicherung.21.03.2013 Gesetz zur Stärkung <strong>de</strong>s Ehrenamtes (Ehrenamtsstärkungsgesetz –EhrAmtStG) (BGBl. I S. 556) – in Kraft getreten rückwirkend zum 01.01.2013• Es erhöhen sich <strong>de</strong>r so genannte „Übungsleiterfreibetrag“ nach § 3 Nr.26 Einkommenssteuergesetz (EStG) von bisher 2.100 auf 2.400 Euro imJahr und <strong>de</strong>r so genannte „Ehrenamtsfreibetrag“ nach § 3 Nr. 26a EStGvon 500 auf 720 Euro im Jahr. Entsprechend verän<strong>de</strong>rn sich dieAbsetzbeträge in § 11b Abs. 2 Satz 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> von 175 auf 200 Euro undin § 1 Abs. 7 <strong>de</strong>r Alg <strong>II</strong>-V in Satz 1 von 175 auf 200 Euro und in Satz 2von 115 auf 140 Euro.07.05.2013 Gesetz zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und an<strong>de</strong>rerGesetze (BGBl. I S. 1167) – in Kraft getreten zum 01.08.2013• Än<strong>de</strong>rungen in Bezug auf die Leistungen <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe, §§28 bis 30 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>..10.2014 Verordnung zur Bestimmung <strong>de</strong>s <strong>für</strong> die Fortschreibung <strong>de</strong>rRegelbedarfsstufen nach § 28a <strong>de</strong>s Zwölften Buches Sozialgesetzbuchmaßgeblichen Prozentsatzes sowie zur Ergänzung <strong>de</strong>r Anlage zu § 28 <strong>de</strong>sZwölften Buches Sozialgesetzbuch <strong>für</strong> das Jahr 2014 (Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2014 – RBSFV 2014) (BGBl. I S. )• Höhe <strong>de</strong>r Regelbedarfe nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> ab 01.01.2014Bekanntmachung über die Höhe <strong>de</strong>r Regelbedarfe nach § 20 Abs. 5 <strong>de</strong>sZweiten Buches Sozialgesetzbuch <strong>für</strong> die Zeit ab 01. Januar 2014 (BGBl. I S.• Höhe <strong>de</strong>r Regelbedarfe nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ab 01.01.2014


271.2 EINLEITENDE ANMERKUNGEN1.2.1 Allgemeines• <strong>Die</strong> <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist 2005 als ein neuerLeistungsbereich <strong>für</strong> sogenannte erwerbsfähige Hilfebedürftige und die mit ihnen ineiner Bedarfsgemeinschaft zusammenleben<strong>de</strong>n Angehörigen eingeführt wor<strong>de</strong>n.Soweit eigene Mittel und Kräfte zur Bestreitung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts nichtausreichen, besteht Anspruch auf Arbeitslosengeld <strong>II</strong> bzw. Sozialgeld. Hier haben wires also mit <strong>de</strong>m Bereich zu tun, in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Gesetzgeber auf <strong>de</strong>r Grundlage <strong>de</strong>rVorschläge <strong>de</strong>r sogenannten Hartz-Kommission Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe„zusammengeführt“ hat.• Da sich das Arbeitslosengeld <strong>II</strong> und das Sozialgeld - zur Unterscheidung <strong>de</strong>r BegriffeArbeitslosengeld <strong>II</strong> und Sozialgeld siehe im Kapitel 11.1 - auf <strong>de</strong>mselben Niveau wiedie Hilfe zum Lebensunterhalt nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> bewegen, han<strong>de</strong>lt es sich bei diesenLeistungen <strong>de</strong>r Sache nach um Hilfe zum Lebensunterhalt unter einer an<strong>de</strong>renBezeichnung.• Träger <strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vorgesehenen Leistungen sind nach Maßgabe von § 6 <strong>de</strong>sGesetzes die Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit bzw. die kommunalen Träger (Landkreise undkreisfreie Städte). So ist die Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit z.B. <strong>für</strong> Leistungen zurEinglie<strong>de</strong>rung in Arbeit und das Arbeitslosengeld <strong>II</strong> zuständig, die kommunalen Träger<strong>für</strong> die Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft. In <strong>de</strong>r Hand <strong>de</strong>r kommunalen Träger liegt auch dieUmsetzung <strong>de</strong>r zum 01.01.2011 eingeführten Leistungen <strong>für</strong> die Bedarfe <strong>für</strong> Bildungund Teilhabe (sog. Bildungspaket), vgl. Kapitel 13.Zur einheitlichen Wahrnehmung <strong>de</strong>r Träger dienen die nach § 44b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>eingerichteten „gemeinsamen Einrichtungen“. <strong>Die</strong> Bezeichnung „gemeinsameEinrichtungen“ gilt ab 01.01.2011 (durch das Gesetz zur Weiterentwicklung <strong>de</strong>r<strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> vom 03.08.2010 - BGBl. I S. 1112 ff.), bis zum31.12.2010 wur<strong>de</strong>n sie „Arbeitsgemeinschaften“ (Argen) genannt.Eine Ausnahme hiervon bil<strong>de</strong>n Landkreise und kreisfreie Städte, die nach § 6a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><strong>für</strong> alle Leistungen allein zuständig sind. Bis zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahres 2010 war die Anzahldieser Optionskommunen auf 69 begrenzt, durch das weiter oben genannte Gesetzzur Weiterentwicklung <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> können weitereKommunen auf Antrag zugelassen wer<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong> Anzahl ist auf 25% <strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>nGemeinsamen Einrichtungen nach § 44b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> begrenzt.Ab 01.01.2011 tragen die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> und diezugelassenen kommunalen Träger nach § 6a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> die Bezeichnung „Jobcenter“ - §6d <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• Das Bun<strong>de</strong>ssozialhilfegesetz (BSHG) und das Gesetz über eine bedarfsorientierte<strong>Grundsicherung</strong> im Alter und bei Erwerbsmin<strong>de</strong>rung (GSiG) sind mit Ablauf <strong>de</strong>s31.12.2004 außer Kraft getreten. Durch Artikel 1 <strong>de</strong>s Gesetzes zur Einordnung <strong>de</strong>sSozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 ist das Sozialgesetzbuch X<strong>II</strong>- <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> – Sozialhilfe - geschaffen wor<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt fin<strong>de</strong>t sich


im Kapitel 3. <strong>Die</strong> <strong>Grundsicherung</strong> im Alter und bei Erwerbsmin<strong>de</strong>rung wur<strong>de</strong> alsKapitel 4 in das <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> integriert.1.2.2 Worin besteht <strong>de</strong>r grundlegen<strong>de</strong> Systemwan<strong>de</strong>l mit Einführung <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> / <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>2005?War früher das Sozialhilferecht – Hilfe zum Lebensunterhalt nach <strong>de</strong>m BSHG(Bun<strong>de</strong>ssozialhilfegesetz) – die viel zitierte unterste Ebene im sogenannten Netz <strong>de</strong>r sozialenSicherung, gibt es nun auf <strong>de</strong>r untersten Ebene zwei Systeme – das System <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>:<strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> - und das System <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> (Kapitel 3 und 4): Hilfe zumLebensunterhalt sowie <strong>Grundsicherung</strong> im Alter und bei Erwerbsmin<strong>de</strong>rung. Sie sehen zurSicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts in erster Linie Geldleistungen vor. <strong>Die</strong> Beson<strong>de</strong>rheit bestehtdarin, dass bei<strong>de</strong> Systeme exklusiv sind, sich also gegenseitig ausschließen. <strong>Die</strong> Hilfe zumLebensunterhalt nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> hat also keine ergänzen<strong>de</strong> Funktion im Hinblick auf nichtbedarfs<strong>de</strong>cken<strong>de</strong> Leistungsprofile nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Weiterhin be<strong>de</strong>utet die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Hilfe zumLebensunterhalt durch das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>für</strong> die vom Gesetz erfassten Personen u.a. Folgen<strong>de</strong>s:• <strong>Die</strong> Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> orientieren sichnicht mehr, wie das bei <strong>de</strong>r bedürftigkeitsabhängigen Arbeitslosenhilfe <strong>de</strong>r Fall war,an <strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>s vor Eintritt <strong>de</strong>r Arbeitslosigkeit erzielten Verdienstes.• <strong>Die</strong> Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> –Arbeitslosengeld <strong>II</strong> <strong>für</strong> die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen / Leistungsberechtigtenund Sozialgeld <strong>für</strong> die mit diesen in einer Bedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong>n Personen –entsprechen in <strong>de</strong>n meisten Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Höhe nach <strong>de</strong>r Hilfe zumLebensunterhalt nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.Anm.: Das <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> bietet im Unterschied zum <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> die Möglichkeit, regionaleRegelsätze durch die Träger <strong>de</strong>r Sozialhilfe festzulegen, so betrug z.B. ab 01.07.2009die Regelleistung <strong>für</strong> Alleinstehen<strong>de</strong> nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> in München 384 Euro,hingegen im <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bun<strong>de</strong>seinheitlich 359 Euro und <strong>für</strong> August 2012 war die Höhe in<strong>de</strong>r Regelbedarfsstufe 1 nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> in München 393 Euro, hingegen im <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>bun<strong>de</strong>seinheitlich 374 Euro.• Das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> geht vor allem vom Grundsatz <strong>de</strong>s For<strong>de</strong>rns und <strong>de</strong>s För<strong>de</strong>rns aus.Nach<strong>de</strong>m sich im Gesetzestext bis zum 31.12.2010 – im Unterschied zu § 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> -keine ausdrückliche Orientierung auf die Möglichkeit eines Lebens, das <strong>de</strong>r Wür<strong>de</strong><strong>de</strong>s Menschen entspricht, fand, wur<strong>de</strong> diese allerdings zum 01.01.2011 in § 1 Abs. 1<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> wie<strong>de</strong>r verankert.• Der Grundsatz <strong>de</strong>s For<strong>de</strong>rns ist im Gesetz <strong>de</strong>tailliert ausgestaltet – das ist u.a. bei <strong>de</strong>nZumutbarkeitsanfor<strong>de</strong>rungen und <strong>de</strong>n Sanktionen unschwer zu erkennen. Ob <strong>de</strong>rGrundsatz <strong>de</strong>s För<strong>de</strong>rns genügend eingelöst wird, darüber gibt es sehr verschie<strong>de</strong>neAnsichten.28


291.2.3 Einige ZahlenEntwicklung <strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> betroffenenPersonenAusgangssituation En<strong>de</strong> 2004En<strong>de</strong> 2004 erhielten rund 3,93 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 bisunter 65 Jahren Sozial- o<strong>de</strong>r Arbeitslosenhilfe, darunter rund 1,87 Millionen Sozialhilfe und2,26 Millionen Arbeitslosenhilfe. Bei diesen Zahlen ist zu beachten, dass von <strong>de</strong>n 1,87Millionen Sozialhilfeempfängern ca. 210.000 sogenannte Aufstocker waren, d.h. Personen,die ergänzen<strong>de</strong> Sozialhilfe zur Arbeitslosenhilfe bzw. zu an<strong>de</strong>ren Einkommen bezogen, da siesonst nicht genügend Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts zur Verfügung hatten.Auf die Empfängerzahlen <strong>de</strong>r neuen <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> waren vor allemzwei Verän<strong>de</strong>rungen von Einfluss, die gegenläufig gewirkt haben. <strong>Die</strong> folgen<strong>de</strong>n Angabenentstammen <strong>de</strong>m Son<strong>de</strong>rbericht <strong>de</strong>r Statistik <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit: Der Übergangvon <strong>de</strong>r Arbeitslosen- und Sozialhilfe zur <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>, Nürnberg,August 2005, S. 7 ff.:• Da die Anspruchsvoraussetzungen <strong>für</strong> Arbeitslosengeld <strong>II</strong> enger gefasst sind als die<strong>de</strong>r ehemaligen Arbeitslosenhilfe, insbeson<strong>de</strong>re durch die stärkere Anrechnung vonEinkommen von Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft, hatten nicht alleArbeitslosenhilfeempfänger im Januar 2005 Anspruch auf Arbeitslosengeld <strong>II</strong>. <strong>Die</strong>Schätzung <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit geht hierbei von 7% aus bzw. 150.000Arbeitslosenhilfeempfängern. Für die neuen Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>r ist anzunehmen, dassdiese Zahl auf alle Fälle prozentual höher liegt, da es hier meist Doppelverdiener in<strong>de</strong>n Familien gab.• In <strong>de</strong>r Sozialhilfestatistik wur<strong>de</strong>n alle Personen einer Bedarfsgemeinschaft erfasst, in<strong>de</strong>r Arbeitslosenhilfestatistik jedoch nur die Bezieher von Arbeitslosenhilfe, nichtdagegen ihre Angehörigen, soweit sie keinen eigenen Anspruch hatten. Wie imVorhergehen<strong>de</strong>n aufgezeigt, haben aber auf die neue <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong><strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> alle Mitglie<strong>de</strong>r einer Bedarfsgemeinschaft einen Anspruch aufArbeitslosengeld <strong>II</strong>, wenn sie erwerbsfähig sind, o<strong>de</strong>r auf Sozialgeld, wenn sie nichterwerbsfähig sind. Letztere wer<strong>de</strong>n nun also auch als Leistungsempfänger statistischerfasst, was zu einem Zuwachs führte.Beginn Januar 2005Im Januar 2005 gab es 3.328.688 Bedarfsgemeinschaften mit 6.118.899Leistungsempfängern, wovon 4.502.279 Personen erwerbsfähig waren. Neben <strong>de</strong>m Einbezugvon Angehörigen ehemaliger Arbeitslosenhilfebezieher in die <strong>Grundsicherung</strong> scheintunbestritten zu sein, dass die neue <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> insgesamt vonHilfebedürftigen mit niedrigem Einkommen stärker in Anspruch genommen wird als die alteSozialhilfe. So auch die Auffassung <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit in: Son<strong>de</strong>rnummer <strong>de</strong>rAmtlichen Nachrichten <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit: Der Arbeitsmarkt im Jahr 2005,Nürnberg, 24.08.2006, S. 77.


30Steigen<strong>de</strong> Entwicklung von Januar 2005 bis Mai 2006, dann leicht rückläufigSeit Januar 2005 war ein ständiges Anwachsen <strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaften undPersonen zu verzeichnen, die im Mai 2006 ihren Höhepunkt erreichte. Zu diesem Zeitpunktgab es 4.129.161 Bedarfsgemeinschaften mit 7.439.116 Personen. Seit<strong>de</strong>m ist die Zahl leichtrückläufig. Zu dieser gegenwärtig zu beobachten<strong>de</strong>n Verringerung <strong>de</strong>r Anzahl vonanspruchsberechtigten Personen dürfte - neben einer leichten Entspannung amArbeitsmarkt - die Ausweitung <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft durch die weiter oben genanntenGesetzesän<strong>de</strong>rungen vom März und Juli 2006 beigetragen haben.Eine weitere Ursache <strong>für</strong> ein leichtes Absenken ab Oktober 2008 war die sich erhöhen<strong>de</strong>Zahl von Anspruchsberechtigten auf <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rzuschlag und die gleichzeitig wirksamwer<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Erhöhung <strong>de</strong>s Wohngel<strong>de</strong>s. An dieser Stelle sei allerdings die Frage gestellt, obdurch diese Leistungen tatsächlich Armut <strong>für</strong> die Betroffenen vermie<strong>de</strong>n wird o<strong>de</strong>r es nichteher nur ein Verschiebebahnhof ist.Übersicht über die JahresdurchschnittswerteQuelle: Jahresberichte <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit,zu fin<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r Internetseite <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>de</strong>r Arbeit – Veröffentlichungen –Statistikhttp://www.arbeitsagentur.<strong>de</strong>Anzahl <strong>de</strong>r BedarfsgemeinschaftenAnzahl <strong>de</strong>r Personen2005 3.717.108 6.756.0972006 3.978.753 7.347.1402007 3.725.405 7.240.5622008 3.576.005 6.906.9122009 3.558.562 6.725.1522010 3.583.624 6.712.9532011 3.422.691 6.353.4822012 3.325.078 6.142.6582013Spürbare Mehrbelastung <strong>de</strong>r Sozialgerichtsbarkeit<strong>Die</strong> Einführung <strong>de</strong>r neuen <strong>Grundsicherung</strong> hat zu einer spürbaren Mehrbelastung <strong>de</strong>rSozialgerichtsbarkeit geführt.Inhaltliche Schwerpunkte sind vor allem:• Fragen zur Feststellung <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft,• <strong>de</strong>r Umfang <strong>de</strong>r Anrechnung von Einkommen und Vermögen und• <strong>de</strong>r Umfang <strong>de</strong>r Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft.Einige Zahlen <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>ssozialgerichts in KasselQuelle: Tätigkeitsberichte <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>ssozialgerichts in <strong>de</strong>n Jahren 2007 bis 2013


31Anhängige Revisionen zu <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>• am 01.01.2006: 3• am 01.01.2007: 58• am 31.12.2007: 84• am 31.12.2008: 84• am 31.12.2009: 78• am 31.12.2010: 99• am 31.12.2011: 54• am 31.12.2012: 44• am 31.12.2013:Anhängige Nichtzulassungsbeschwer<strong>de</strong>n• am 01.01.2007: 20• am 31.12.2007: 95• am 31.12.2008: 44• am 31.12.2009: 66• am 31.12.2010: 84• am 31.12.2011: 62• am 31.12.2012 95• am 31.12.2013Gesamtübersicht2005 2006 2007 2008 2009 2010Eingänge von Revisionen 3 69 72 87 101 219Eingänge von Nichtzulassungsbeschwer<strong>de</strong>n 1 73 182 145 176 189Erledigungen von Revisionen 0 14 46 87 107 198Erledigungen von Nichtzulassungsbeschwer<strong>de</strong>n 0 53 107 196 153 1702011 2012 2013Eingänge von Revisionen 198 90Eingänge von Nichtzulassungsbeschwer<strong>de</strong>n 272 344Erledigungen von Revisionen 243 100Erledigungen von Nichtzulassungsbeschwer<strong>de</strong>n 294 311Beson<strong>de</strong>rs dramatisch stellt sich die Situation am Sozialgericht Berlin dar:Quelle: Übersichten auf <strong>de</strong>r Internetseite <strong>de</strong>s SG Berlinhttp://www.berlin.<strong>de</strong>/sen/justiz/gerichte/lsg.Neue Verfahren zu Hartz IV pro Jahr: Jahr Verfahren2005 4.8362006 10.000


322007 16.9352008 20.1972009 25.3582010 30.3692011 29.2752012 28.6662013Das ist ja zum Haare raufen...Im Folgen<strong>de</strong>n Auszüge aus <strong>de</strong>n Pressekonferenzen <strong>de</strong>s Berliner Sozialgerichtes <strong>für</strong> die Arbeitin <strong>de</strong>n Jahren 2010 bis 2012, die sich mit <strong>de</strong>r Hartz IV-Problematik in Berlin beschäftigen. Ichhabe mich entschlossen, diese hier in ihrer Ausführlichkeit aufzunehmen, weil sie sehreindringlich <strong>de</strong>utlich machen, in welch großem Ausmaß Schwierigkeiten <strong>für</strong> alle Beteiligtenbei <strong>de</strong>r Umsetzung auftreten und dass unbedingter Handlungsbedarf besteht. Das„Knirschen“, das ich in <strong>de</strong>r täglichen praktischen Arbeit spüre, ist also nicht nur subjektivesEmpfin<strong>de</strong>n.Außer<strong>de</strong>m verfügt die Präsi<strong>de</strong>ntin Frau Sabine Schudoma durchaus meiner Meinungnach über einen angenehmen Humor, <strong>de</strong>r das auch lesenswert macht.Am 11.01.2011 zog das Sozialgericht Berlin durch seine Präsi<strong>de</strong>ntin Frau Sabine Schudomaauf <strong>de</strong>r Jahrespressekonferenz unter <strong>de</strong>m Titel „Hartz IV-Klageflut: Wo bleibt die Ebbe?“Bilanz:Quelle: Pressemitteilung vom 13.01.2011http://www.berlin.<strong>de</strong>/sen/justiz/gerichte/sg/presse/Aus <strong>de</strong>m Bericht:„Angelegenheiten <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> (<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>) und <strong>de</strong>r Sozialhilfe (<strong>SGB</strong>X<strong>II</strong>) haben klassische Gebiete <strong>de</strong>s Sozialrechts wie die Renten- o<strong>de</strong>r Krankenversicherungbinnen kürzester Zeit zahlenmäßig überholt. Inzwischen erreichen die Klagen dasSozialgericht im 12-Minuten-Takt. Rund 70% davon betreffen Hartz IV. Nach 6 Jahren HartzIV ist <strong>de</strong>r Ausnahmezustand zur Regel gewor<strong>de</strong>n.(...) An <strong>de</strong>r Nordsee folgt auf Flut die Ebbe.Am Sozialgericht Berlin steigt die Klageflut Tag und Nacht.(...) Rund 2/3 aller Fälle betreffenfolgen<strong>de</strong> Punkte:• die Anrechnung von Einkommen auf Leistungen• die Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft• die Verletzung gesetzlicher Fristen zur Bearbeitung von Anträgen und Wi<strong>de</strong>rsprüchendurch die Jobcenter (sogenannte Untätigkeitsklagen)• die Rückfor<strong>de</strong>rung zuviel bewilligter Leistungen• die Leistungskürzung aufgrund von Sanktionen(...)Unmissverständlich klarstellen möchte ich noch einen weiteren Punkt: An<strong>de</strong>rs als in Teilen<strong>de</strong>r Öffentlichkeit gern verbreitet, zeigt meine tägliche Erfahrung: Fälle von Sozialbetrug sinddie krasse Ausnahme. Schlagzeilen von Abzockern verzerren die Realität.(...) Seit Jahren hoch


ist die Hartz IV-Erfolgsquote. Im Allgemeinen en<strong>de</strong>n am Sozialgericht rund 2/3 <strong>de</strong>rKlageverfahren ohne Erfolg <strong>für</strong> die Kläger. Nur 1/3 <strong>de</strong>r Kläger erzielt zumin<strong>de</strong>st einenTeilerfolg. Ganz an<strong>de</strong>rs bei Hartz IV: <strong>Die</strong> Hälfte <strong>de</strong>r Hartz IV-Klagen ist zumin<strong>de</strong>st teilweiseberechtigt.(...) Meine Damen und Herren, eine Erfolgsquote von 50% ist ein klares Signal andie Politik: Vergesst die Praxis nicht! Je<strong>de</strong>s Gesetz ist nur so gut, wie seine Umsetzung in <strong>de</strong>rPraxis. Entschei<strong>de</strong>nd <strong>für</strong> das Gelingen <strong>de</strong>r Reform ist die Arbeitsfähigkeit <strong>de</strong>rMassenverwaltung.“33Aus <strong>de</strong>r Ansprache <strong>de</strong>r Präsi<strong>de</strong>ntin <strong>de</strong>s Sozialgerichts Berlin, Frau Sabine Schudoma,anlässlich <strong>de</strong>r Jahrespressekonferenz vom 11.01.2012:Quelle: Pressemitteilung vom 11.01.2012http://www.berlin.<strong>de</strong>/sen/justiz/gerichte/sg/presse/Aus <strong>de</strong>r Ansprache:„Nach <strong>de</strong>n Erfahrungen <strong>de</strong>r letzten Jahre wissen wir: Niemand kann mehr mit Sicherheitsagen, wann am Berliner Hauptbahnhof die nächste S-Bahn einfährt. Wann am BerlinerSozialgericht die nächste Klage eingeht, ist hingegen klar vorhersehbar:...70% <strong>de</strong>r eingehen<strong>de</strong>n Klagen betreffen jedoch Hartz IV. Angelegenheiten <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong><strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> (<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>) und <strong>de</strong>r Sozialhilfe (<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>) stellen damit die klassischen Gebiete<strong>de</strong>s Sozialrechts zahlenmäßig weit in <strong>de</strong>n Hintergrund.Meine Damen und Herren, noch vor einem Jahr schien ganz Deutschland um dieVerfassungsmäßigkeit <strong>de</strong>s Regelsatzes zu streiten, war ein Begriff wie „Bildungspaket“ inaller Mun<strong>de</strong>, wur<strong>de</strong> medienwirksam in langen Nachtsitzungen um die Neufassung <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>gerungen. Inzwischen hat sich die Lage beruhigt. Wer jedoch glaubte, auch am Sozialgerichtsei es still gewor<strong>de</strong>n, hat sich gewaltig geirrt. Noch in diesem Monat wird am SozialgerichtBerlin die 150.000 Hartz IV – Klage eingehen. 150.000 Klagen in sieben Jahren – eineernüchtern<strong>de</strong> Bilanz. Unzählige Än<strong>de</strong>rungsgesetze und die große Hartz IV-Reform vom Januarletzten Jahres haben nichts geän<strong>de</strong>rt: <strong>Die</strong> Hartz IV-Klageflut trifft uns weiterhin mit vollerWucht.Ebenso wie <strong>de</strong>r Umstand <strong>de</strong>r Klageschwemme sind auch <strong>de</strong>ren Grün<strong>de</strong> über die Jahre gleichgeblieben. Kein Kläger bläst zum Sturm auf unser Sozialsystem. Kaum einer prozessiert ausPrinzip. Es sind auch nicht die Themen <strong>de</strong>r Politiker, die die Hartz IV Kläger umtreiben. So gibtes bisher – ohne dass ich die Ursachen hier<strong>für</strong> benennen könnte - kaum Streit um das Anfang2011 eingeführte Bildungspaket. Es sind auch nur wenige Klagen, die mit <strong>de</strong>r angeblichenVerfassungswidrigkeit <strong>de</strong>s Leistungsbetrags begrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Nein, die Menschen, die dasSozialgericht anrufen, haben konkrete Anliegen aus ihrem Alltag. Wie in <strong>de</strong>n Jahren zuvorstreiten sie vor allem um• die Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft• die Anrechnung von Einkommen auf Leistungen• die Leistungskürzung aufgrund von Sanktionen• die Verletzung gesetzlicher Bearbeitungsfristen durch die JobcenterDass es seit Jahren dieselben Probleme sind, die das Berliner Sozialgericht in Atem halten, hat


vor allem einen Grund: Verbesserungsvorschläge aus <strong>de</strong>r Praxis versan<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Politik.Ein wesentlicher Schlüssel zur Entlastung <strong>de</strong>r Sozialgerichte liegt bei <strong>de</strong>n Jobcentern. ImVergleich zur alten Rechtslage hat die Hartz IV – Gesetzgebung die Zahl <strong>de</strong>r zu erteilen<strong>de</strong>nBeschei<strong>de</strong> nach oben schnellen lassen. Umso wichtiger ist es, dass falsche Beschei<strong>de</strong> bereitsvor Einschaltung <strong>de</strong>s Gerichts korrigiert wer<strong>de</strong>n. Gelegenheit hierzu bieten dieWi<strong>de</strong>rspruchsverfahren, die je<strong>de</strong>m Gerichtsprozess zwingend vorgeschaltet sind. Sie habeneine wesentliche Filterfunktion. Effektive Vorverfahren verhin<strong>de</strong>rn Gerichtsverfahren. VieleKlagen wären vermeidbar, wenn Betroffene und Behör<strong>de</strong>n bereits während <strong>de</strong>sWi<strong>de</strong>rspruchsverfahrens ein klären<strong>de</strong>s Gespräch führen wür<strong>de</strong>n. Doch viel zu oft setzt mansich erst im Gerichtssaal an einen Tisch.34Meine Damen und Herren, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter <strong>de</strong>r Jobcenter erleben wir alsengagiert und kompetent. Das Problem ist jedoch: Sie kommen mit <strong>de</strong>r Arbeit nicht hinterher.Gerichtsverfahren wer<strong>de</strong>n verzögert, weil das Jobcenter auch Monate nach Klageerhebungnoch keine Stellungnahme abgeben kann. Allzu oft bekomme ich von Jobcentern die Antwort:„Aufgrund von Personalmangel kommt es <strong>de</strong>rzeit zu Verzögerungen.“ Monat <strong>für</strong> Monaterreichen das Gericht Dutzen<strong>de</strong> Untätigkeitsklagen. Bürger, oftmals vertreten durchRechtsanwälte, wen<strong>de</strong>n sich an das Gericht, weil die Jobcenter zwingen<strong>de</strong>Bearbeitungsfristen nicht beachten. Statt Rechtsfragen zu lösen, wird das Gericht zumMahnbüro. <strong>Die</strong> Überfor<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Jobcenter führt zur Überlastung <strong>de</strong>r Gerichte. <strong>Die</strong> Zechezahlt <strong>de</strong>r Steuerbürger. Das ärgert mich.Vor einem Jahr habe ich angeregt, die im Jahr 2006 durch Bun<strong>de</strong>sgesetz abgeschafftenGerichtsgebühren <strong>für</strong> Jobcenter wie<strong>de</strong>r einzuführen. Gäbe es diese Gebührenpflicht noch,hätten die Jobcenter im vergangenen Jahr 2,4 Millionen Euro zahlen müssen – sicherlich einstarkes Argument <strong>für</strong> die För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r außergerichtlichen Streitbeilegung. Doch noch immermuss sich gera<strong>de</strong> die Behör<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>n höchsten Klagezahlen nicht an <strong>de</strong>n Kosten beteiligen.Ein weiteres Beispiel <strong>für</strong> politischen Reformbedarf ist <strong>de</strong>r Streit um die Angemessenheit <strong>de</strong>rUnterkunftskosten von Leistungsberechtigten. Ein Dauerbrenner - nach wie vor betreffen diemeisten Gerichtsverfahren diesen Themenkomplex. Das ist nicht verwun<strong>de</strong>rlich: SeitEinführung von Hartz IV entschei<strong>de</strong>n die Berliner Jobcenter über Unterkunftskosten anhan<strong>de</strong>iner Tabelle (Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten <strong>de</strong>r Wohnunggemäß § 22 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>de</strong>r Senatsverwaltung <strong>für</strong> Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz <strong>de</strong>sLan<strong>de</strong>s Berlin vom 7. Juni 2005, Amtsblatt <strong>für</strong> Berlin 2005, 3743, in <strong>de</strong>r Fassung <strong>de</strong>rAusführungsvorschriften zur Gewährung von Leistungen gemäß § 22 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> und §§ 29 und 34<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> -AV Wohnen- vom 10. Februar 2009, Amtsblatt 2009, 502), die dasBun<strong>de</strong>ssozialgericht bereits vor über einem Jahr <strong>für</strong> rechtswidrig erklärt hat (BSG, Urteil vom19. Okt. 2010 – B 14 AS 50/10 R). Von <strong>de</strong>r gesetzlichen Möglichkeit, Richtwerte <strong>für</strong> dieUnterkunftskosten per Verordnung festzulegen, hat die Berliner Politik bisher keinenGebrauch gemacht. Meine Bitte an <strong>de</strong>n neuen Senat: Schaffen Sie endlich transparente,sozial ausgewogene und praxistaugliche Mietgrenzwerte! Es ist höchste Zeit! Übrigens gibtes schon ein Berechnungsmo<strong>de</strong>ll, das die Anfor<strong>de</strong>rungen erfüllt (vgl. BSG a. a. O.). Entwickeltwor<strong>de</strong>n ist es von Richterinnen und Richtern <strong>de</strong>s Sozialgerichts Berlin.Schließlich könnte auch <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sgesetzgeber nachbessern. Ein Beispiel: Bis 2007orientierte sich das Jobcenter bei <strong>de</strong>r Anrechnung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit


am jeweiligen Steuerbescheid. Eine pragmatische Lösung. Seit Anfang 2008 müssen sichFinanzamt und Jobcenter getrennt durch Bilanzen und Bücher kämpfen, um zu ermitteln wieviel ein Selbständiger verdient hat. Das bin<strong>de</strong>t Kräfte, ist fehleranfällig und verursacht Streit.Angesichts dieser Umstän<strong>de</strong> ist die seit Jahren hohe Erfolgsquote <strong>de</strong>r Hartz IV Verfahrenwenig überraschend. 2011 waren über die Hälfte <strong>de</strong>r Hartz IV Klagen, nämlich 54%,zumin<strong>de</strong>st teilweise berechtigt. In an<strong>de</strong>ren Rechtsgebieten beträgt die Erfolgsquote nur eingutes Drittel.“Aus <strong>de</strong>r Ansprache <strong>de</strong>r Präsi<strong>de</strong>ntin <strong>de</strong>s Sozialgerichts Berlin, Frau Sabine Schudoma,anlässlich <strong>de</strong>r Jahrespressekonferenz vom 10.01.2013:35Quelle: Pressemitteilung vom 10.01.2012http://www.berlin.<strong>de</strong>/sen/justiz/gerichte/sg/presse/archiv/20130110.1700.380046.html„Zu <strong>de</strong>n Großereignissen <strong>de</strong>s vergangenen Jahres zählen ohne Frage die Olympischen Spieleund die Paralympics in London. Millionen von Menschen in aller Welt, auch ich, bestauntensportliche Höchstleistungen, ließen sich anstecken von <strong>de</strong>r Jagd nach neuen Rekor<strong>de</strong>n. Höher,schneller, weiter – diese Ziele prägen <strong>de</strong>n olympischen Wettkampf. Meine Damen undHerren, ich wünschte, Rekor<strong>de</strong> dieser Art wür<strong>de</strong>n sich auf <strong>de</strong>n Sport beschränken. Doch lei<strong>de</strong>rmuss auch ich an dieser Stelle eine Rekordzahl verkün<strong>de</strong>n: 2012 sind am Sozialgericht Berlininsgesamt 44.301 neue Verfahren eingegangen. Noch nie waren es mehr...Inzwischen geht es in rund 70 % aller Verfahren am Sozialgericht Berlin um staatlicheSozialleistungen, um <strong>Grundsicherung</strong>. <strong>Die</strong>s ist nicht nur auf die Streitanfälligkeit <strong>de</strong>s zugrun<strong>de</strong>liegen<strong>de</strong>n 2. Buchs <strong>de</strong>s Sozialgesetzbuchs (<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>) zurückzuführen. In <strong>de</strong>n steigen<strong>de</strong>nKlagezahlen <strong>de</strong>s Berliner Sozialgerichts spiegelt sich die sinken<strong>de</strong> Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschenSozialversicherung. Längst haben nicht mehr alle Erwerbstätigen ungehin<strong>de</strong>rten Zugang zumbeitragsfinanzierten Sozialsystem. Erhebliche Teile <strong>de</strong>s Arbeitsmarktes wer<strong>de</strong>n bewusst an<strong>de</strong>r Sozialversicherung vorbei organisiert. <strong>Die</strong>s fin<strong>de</strong>t seinen Nie<strong>de</strong>rschlag im sozialrechtlichenAlltag...Meine Damen und Herren, die Klagezahlen sind ein Spiegelbild wirtschaftlicher undgesellschaftlicher Realitäten in Deutschland. Das Sozialgericht Berlin ist nicht nur Hartz IV-Gericht.Auch in Bereichen wie <strong>de</strong>m Recht <strong>de</strong>r Rentenversicherung o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Schwerbehin<strong>de</strong>rtenrechterreichen uns je<strong>de</strong>s Jahr mehrere Tausend Klagen. Rund 65 % <strong>de</strong>r eingehen<strong>de</strong>n Verfahrenbetreffen allerdings das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>...Zwischen <strong>de</strong>r Einführung von Hartz IV im Jahr 2005 und 2010 hat sich die Zahl <strong>de</strong>r jährlichenNeueingänge mehr als versechsfacht. Seit<strong>de</strong>m bewegt sich die Eingangssituation im Hartz IV-Bereich auf Höchstniveau. 2012 ist das dritte Jahr in Folge, in <strong>de</strong>m beim Sozialgericht Berlinmehr als 28.000 Hartz IV-Verfahren eingehen. Das heißt im Klartext: Alle 18 Minuten klagtein Berliner gegen sein Jobcenter. Tag und Nacht. 365 Tage im Jahr. Allein am SozialgerichtBerlin sind seit <strong>de</strong>r Einführung von Hartz IV über 165.000 Jobcenter-Streitigkeiteneingegangen. Noch in diesem Frühjahr erwarten wir das 170.000. Hartz IV-Verfahren.Immer wie<strong>de</strong>r sind es vor allem Probleme aus <strong>de</strong>m täglichen Leben, mit <strong>de</strong>nen sich die


Menschen an das Sozialgericht wen<strong>de</strong>n. Wie in <strong>de</strong>n Jahren zuvor stritten die Kläger auch2012 vor allem um- die Verletzung gesetzlicher Bearbeitungsfristen durch die Jobcenter- die Anrechnung von Einkommen auf Leistungen- die Leistungskürzung aufgrund von Sanktionen- Streitfragen rund um die Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft."Nicht nur die Qualität <strong>de</strong>r Jobcenterarbeit steht dabei auf <strong>de</strong>m Prüfstand. Immer wie<strong>de</strong>r gehtes auch um die Auslegung unbestimmter Vorschriften, um offene Rechtsfragen. Oft kann nureine Entscheidung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>ssozialgerichts die erfor<strong>de</strong>rliche Klärung herbeiführen. Auch diePolitik ist gefragt, wenn es darum geht, die tägliche Arbeit mit <strong>de</strong>n Gesetzen zu erleichtern.Immer noch gibt es Vorschriften, <strong>de</strong>ren Anwendung so kompliziert ist, dass <strong>de</strong>r Streitgera<strong>de</strong>zu vorprogrammiert ist.36<strong>Die</strong> Frage, bis zu welcher Obergrenze die Jobcenter Mieten übernehmen müssen, hielt dasGericht seit Jahren in Atem. Das Gesetz bleibt in diesem Punkt schwammig. <strong>Die</strong> Auffassungenin Literatur und Rechtsprechung gingen weit auseinan<strong>de</strong>r. Das Bun<strong>de</strong>ssozialgericht hat schonvor Jahren ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung <strong>de</strong>r angemessenen Miethöhen gefor<strong>de</strong>rt.Tatsächlich entwickelten daraufhin Berliner Richter in Eigenregie ein entsprechen<strong>de</strong>sBerechnungsmo<strong>de</strong>ll. Dennoch geschah in <strong>de</strong>r Berliner Verwaltung nichts. Vor einem Jahr batich <strong>de</strong>n Senat <strong>de</strong>shalb an dieser Stelle, Klarheit zu schaffen. Heute kann ich sagen: MeinRufen ist gehört wor<strong>de</strong>n. Der Senat hat seine Hausaufgaben gemacht. Mit <strong>de</strong>r neuenVerordnung zu <strong>de</strong>n Wohnaufwendungen liegt seit Mai 2012 eine Regelung vor, die dieFestsetzung <strong>de</strong>r Höchstmieten auf eine neue Grundlage gestellt hat. Das macht sichhoffentlich bald auch in sinken<strong>de</strong>n Klagezahlen bemerkbar.Häufig sind Klagen wegen <strong>de</strong>r Anrechnung von Einkommen auf <strong>de</strong>n Bedarf <strong>de</strong>rLeistungsberechtigten. Entsprechend <strong>de</strong>n Vorgaben im Gesetz wer<strong>de</strong>n Leistungen immer zuMonatsbeginn ausgezahlt. Nachträglich erzieltes Einkommen, zum Beispiel aus einemNebenjob, muss rückwirkend angerechnet wer<strong>de</strong>n. Dabei wird die Leistung nicht nur bei<strong>de</strong>mjenigen gekürzt, <strong>de</strong>r hinzuverdient hat, son<strong>de</strong>rn das Einkommen auf alle Mitglie<strong>de</strong>r einerBedarfsgemeinschaft verteilt. Umfangreiche Berechnungen sind erfor<strong>de</strong>rlich, schwernachvollziehbar, fehleranfällig. Das sorgt <strong>für</strong> Streit und bin<strong>de</strong>t Kräfte. Wür<strong>de</strong> sich <strong>de</strong>rBun<strong>de</strong>sgesetzgeber dazu durchringen können, Einkommen vorrangig bei <strong>de</strong>mjenigen zuberücksichtigen, <strong>de</strong>r es erzielt hat, könnte manch ein Prozess vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.Eine neue Fallgruppe bil<strong>de</strong>n Leistungsansprüche von <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>n aus <strong>de</strong>m europäischenAusland. <strong>Die</strong> Euro-Krise hat auch das Sozialgericht Berlin erreicht. <strong>Die</strong> Griechin mitHochschulabschluss, die Großfamilie aus Rumänien, <strong>de</strong>r spanische Künstler und diebulgarische Alleinerziehen<strong>de</strong>, die Reinigungsdienste nach Hausfrauenart anbietet - sie stehenbeispielhaft <strong>für</strong> die Vielfalt von Klägern, die infolge sozialer Verwerfungen, wachsen<strong>de</strong>rArmut, hoher Jugendarbeitslosigkeit ihre Heimat in Richtung Deutschland verlassen haben.Ob sie einen Anspruch auf Leistungen aus <strong>de</strong>m <strong>de</strong>utschen Sozialsystem haben, ist hochumstritten. <strong>Die</strong> Voraussetzungen hier<strong>für</strong> variieren nach Herkunftsland, Aufenthaltsdauer,Arbeitsleben, sozialem Status. Deutsche Gesetze sind an Europäischem Recht zu messen. <strong>Die</strong>Bandbreite gerichtlicher Entscheidungen sowohl am Sozialgericht Berlin als auch in <strong>de</strong>r


zweiten Instanz am Lan<strong>de</strong>ssozialgericht in Potsdam ist hoch 2 . Nicht nur die Richter, vor allemdie Kläger warten hier auf klären<strong>de</strong> Urteile <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>ssozialgerichts.Meine Damen und Herren, es stimmt: Im Vergleich 2010-2011 sank die Zahl <strong>de</strong>r Hartz IV-Verfahren am Sozialgericht Berlin um knapp 3 %. Im Vergleich 2011-2012 waren es weitere2%. Das geht in die richtige Richtung. Doch lei<strong>de</strong>r nur in Tippelschritten. MinimaleSchwankungen machen noch keine Trendwen<strong>de</strong>. Wenn man berücksichtigt, dass nach wievor 65% aller Verfahren Jobcenter-Streitigkeiten betreffen, dann zeigt auch <strong>de</strong>r Klagerekord2012 ganz <strong>de</strong>utlich: Das Hauptproblem heißt immer noch Hartz IV. Und dieses Problem löstsich nicht von allein. Es muss angepackt wer<strong>de</strong>n. Nach Jahren <strong>de</strong>r Sturmflut brauchen wirsinken<strong>de</strong> Pegelstän<strong>de</strong>.Vor diesem Hintergrund hat sich selbstverständlich auch das Sozialgericht Berlin beteiligt, als<strong>de</strong>r Senator <strong>für</strong> Justiz und Verbraucherschutz im vergangenen Jahr eine Initiative zurReduzierung <strong>de</strong>r Jobcenterklagen ins Leben rief. <strong>Die</strong> Ergebnisse <strong>de</strong>r gemeinsamenProjektgruppe aus Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit, Senatsverwaltung und Sozialgerichtsbarkeitsind Ihnen ja bereits Anfang Dezember in einem Pressegespräch vorgestellt wor<strong>de</strong>n. Allemvoran steht das Ziel <strong>de</strong>r Jobcenter, die Klagezahlen bis En<strong>de</strong> 2014 um25 % zu reduzieren. EinViertel weniger Klagen in 2 Jahren: Das ist ambitioniert. Ich hoffe - auch <strong>für</strong> dieMitarbeiterinnen und Mitarbeiter in <strong>de</strong>n Jobcentern - dass es gelingt, in <strong>de</strong>n Behör<strong>de</strong>n diepersonellen und organisatorischen Arbeitsbedingungen zu schaffen, die zur Umsetzung dieserVorgabe erfor<strong>de</strong>rlich sind. Und ich füge hinzu: Ich wäre die erste, die sich freut, wenn dieJobcenter ihr Ziel erreichen.<strong>Die</strong> geplanten Maßnahmen zielen in die richtige Richtung. Ich <strong>de</strong>nke, dass ein Stein ins Rollengekommen ist. Je mehr Streit bereits in <strong>de</strong>n Jobcentern ausgeräumt wird, <strong>de</strong>sto wenigerGrund gibt es, vor Gericht zu klagen. Ein Beispiel: In über 150.000 erledigten Hartz IV-Verfahren haben wir am Sozialgericht Berlin die Erfahrung gewonnen: Viele Klagen ließensich vermei<strong>de</strong>n, wenn die Beteiligten vor Anrufung <strong>de</strong>s Gerichts ein klären<strong>de</strong>s Gesprächführen wür<strong>de</strong>n. In 4 von 5 Hartz IV-Fällen wur<strong>de</strong> am Sozialgericht Berlin eine einvernehmlicheLösung gefun<strong>de</strong>n. Ich freue mich, dass nun auch die Jobcenter mehr Wert auf dieKommunikation mit <strong>de</strong>n Leistungsempfängern legen wollen. Auch die Ankündigung, besserverständliche Beschei<strong>de</strong> zu erlassen, kann ich nur begrüßen. Und selbstverständlich sollte nunalles unternommen wer<strong>de</strong>n, um durch eine fristgerechte Sachbearbeitung die viel zu hoheZahl <strong>de</strong>r Untätigkeitsklagen einzudämmen.Allerdings möchte ich einen Punkt betonen: Nur eine wirklich nachhaltige Verbesserung <strong>de</strong>rArbeitsqualität in <strong>de</strong>n Jobcentern kann die Situation am Sozialgericht entschei<strong>de</strong>ndverbessern. Das heißt: <strong>Die</strong> Qualitätsoffensive muss von Dauer sein. Nur dann lassen sichKlagen langfristig vermei<strong>de</strong>n. Nur dann wird auch die seit Jahren hohe Erfolgsquote in <strong>de</strong>nHartz IV-Verfahren sinken. 2012 waren 54% <strong>de</strong>r Jobcenter-Streitigkeiten zumin<strong>de</strong>st teilweiseberechtigt. In an<strong>de</strong>ren Sparten liegt die Quote <strong>de</strong>utlich niedriger.37


1.3 DIE LEISTUNGEN ZUR SICHERUNG DES LEBENSUNTERHALTS AB 01.01.2005 IMÜBERBLICK401.3.1 Vergleich <strong>de</strong>r Leistungssysteme vor und nach <strong>de</strong>m 01.01.2005<strong>Die</strong> nachstehen<strong>de</strong> Übersicht bietet einen zusammenfassen<strong>de</strong>n Eindruck <strong>de</strong>s Systems <strong>de</strong>rLeistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts ab 2005 im Vergleich zum bis En<strong>de</strong> 2004gültigen System:Sie ordnet die Bezieher von Arbeitslosengeld (Alg), die früheren Bezieher von Arbeitslosenhilfe (Alhi) nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I, die früheren Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) nach <strong>de</strong>m BSHG und die früheren Bezieher von Leistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> im Alter und beiErwerbsmin<strong>de</strong>rung nach <strong>de</strong>m <strong>Grundsicherung</strong>sgesetz (GSiG),<strong>de</strong>n gegenwärtigen Gesetzbüchern <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I, <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> und X<strong>II</strong> zu.Zunächst einige Erläuterungen zur Übersicht:• <strong>Die</strong> früheren Arbeitslosenhilfebezieher sind nun leistungsberechtigt nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>– sie erhalten Arbeitslosengeld <strong>II</strong>. Leistungsberechtigt nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sind aber auchdie mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong>n Personen, soweit diesePersonen ihren Lebensunterhalt nicht eigenständig bestreiten können und keinean<strong>de</strong>ren Ausschlussgrün<strong>de</strong> vorliegen (Ausschluss z.B. bei Bezug einer Altersrenteo<strong>de</strong>r dauerhafter voller Erwerbsmin<strong>de</strong>rung). <strong>Die</strong>se erhalten ebenfallsArbeitslosengeld <strong>II</strong> o<strong>de</strong>r, wenn sie nicht erwerbsfähig sind, Sozialgeld.Entsprechen<strong>de</strong>s gilt <strong>für</strong> die früheren Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt nach<strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>ssozialhilfegesetz (BSHG), soweit sie erwerbsfähig im Sinne <strong>de</strong>r Definition<strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sind und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong>n Personen.• <strong>Die</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt fin<strong>de</strong>t sich jetzt in Kapitel 3 <strong>de</strong>s neuen <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>. Da dieüberwiegen<strong>de</strong> Anzahl <strong>de</strong>r früheren Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt nach<strong>de</strong>m mit Wirkung ab 31.12.2004 aufgehobenen BSHG erwerbsfähig im Sinne <strong>de</strong>r in<strong>de</strong>r Übersicht abgedruckten Definition ist, hat Kapitel 3 <strong>de</strong>s neuen <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> nur nocheinen sehr kleinen Anwendungsbereich.• Das <strong>Grundsicherung</strong>sgesetz (GSiG) wur<strong>de</strong> ebenfalls mit Wirkung zum 31.12.2004aufgehoben. <strong>Die</strong> <strong>Grundsicherung</strong> im Alter und bei Erwerbsmin<strong>de</strong>rung ist in das <strong>SGB</strong>X<strong>II</strong> integriert wor<strong>de</strong>n und fin<strong>de</strong>t sich dort im 4. Kapitel.• <strong>Die</strong> Hilfe in beson<strong>de</strong>ren Lebenslagen - §§ 27 bis 75 BSHG - wur<strong>de</strong> in die Kapitel 5 bis 9<strong>de</strong>s neuen <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> überführt.


41• Noch einmal folgen<strong>de</strong> Anmerkung:Zu <strong>de</strong>n BSHG-Zeiten also bis En<strong>de</strong> 2004 – stellte die Hilfe zum Lebensunterhalt dieletzte Auffangebene im System <strong>de</strong>r sozialen Sicherung dar. Das ist seit 2005 an<strong>de</strong>rs:Das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> und das <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> stehen auf einer Stufe nebeneinan<strong>de</strong>r, das heißt, diejetzige Hilfe zum Lebensunterhalt hat keine Ergänzungsfunktion zum System <strong>de</strong>r<strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>. Bei<strong>de</strong> Systeme schließen einan<strong>de</strong>r aus.Übersicht: Vergleich <strong>de</strong>r Leistungssysteme vor und nach <strong>de</strong>m 01.01.2005<strong>Die</strong> Situation ist im Vergleich zur früheren Rechtslage komplizierter gewor<strong>de</strong>n. Es existierenpraktisch drei Systeme von Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts auf <strong>de</strong>r unterenEbene - die <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, die Hilfe zumLebensunterhalt nach <strong>de</strong>m 3. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> und die <strong>Grundsicherung</strong> im Alter und beivermin<strong>de</strong>rter Erwerbsfähigkeit nach <strong>de</strong>m 4. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>. Daraus ergeben sichAbgrenzungsprobleme. Bei je<strong>de</strong>r personellen / familiären Konstellation ist zunächst zuprüfen, nach welchem System die jeweiligen Personen – Hilfebedürftigkeit unterstellt –leistungsberechtigt sind o<strong>de</strong>r sein können.


1.3.2 Beispiele <strong>für</strong> die Zuordnung zum gegenwärtigen SystemHier einige kleine Beispiele, bei <strong>de</strong>nen es nur um die Zuordnung zum System, nicht umweitere Berechnungen, geht:42Beispiel 1:Herr und Frau K. sind verheiratet. Herr K. – 55 Jahre alt – ist erwerbsfähig und erwerbstätig.Er bezieht als in Teilzeit beschäftigter Versicherungskaufmann einen monatlichenBruttoverdienst von 1.000 Euro. Nach Abzug <strong>de</strong>r Beiträge zur Sozial- undArbeitslosenversicherung – Steuern fallen nicht an – verbleiben 790 Euro.Frau K. bezieht schon seit längerem eine Rente wegen voller Erwerbsmin<strong>de</strong>rung auf Zeit –jeweils <strong>für</strong> drei Jahre bewilligt.Als sie 53 Jahre alt gewor<strong>de</strong>n ist, wird diese Rente auf <strong>de</strong>r Grundlage von § 102 Abs. 2 Satz 5letzter Teilsatz <strong>SGB</strong> VI nach 9-jähriger Bezugsdauer in eine Dauerrente umgewan<strong>de</strong>lt. DerHöhe nach beträgt diese Rente nach Abzug <strong>de</strong>r Beiträge zur Kranken- undPflegeversicherung monatlich 290 Euro.Herr K. hätte als Erwerbsfähiger – Hilfebedürftigkeit unterstellt – Anspruch aufArbeitslosengeld <strong>II</strong>.Seine Ehefrau, die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebt, ist voll erwerbsgemin<strong>de</strong>rt,aber: solange sie noch die Zeitrente bezog, war sie nicht dauerhaft vollerwerbsgemin<strong>de</strong>rt. In dieser Situation hätte sie Anspruch auf Sozialgeld nach § 19 Abs.1 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> gehabt.Nach Umwandlung <strong>de</strong>r Rente in eine Dauerrente, erfüllt sie die persönlichenVoraussetzungen <strong>für</strong> Leistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> um Alter und bei vermin<strong>de</strong>rterErwerbsfähigkeit nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> – Kapitel 4. Sie hat jetzt Anspruch auf dieseLeistung, <strong>de</strong>nn Leistungen nach <strong>de</strong>m 4. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> gehen <strong>de</strong>m Sozialgeld vor -§ 5 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Beispiel 2:Der 61 Jahre alte Herr F. ist voll erwerbsgemin<strong>de</strong>rt und bezieht vomRentenversicherungsträger eine zeitlich nicht begrenzte Erwerbsunfähigkeitsrente von 350Euro im Monat – die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind bereits abgezogen.Seine 64-jährige Ehefrau, die ihn versorgt, erhält vom Rentenversicherungsträgervorgezogenes Altersruhegeld und zwar in Höhe von monatlich 450 Euro.Weiteres Einkommen ist nicht vorhan<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong> Warmmiete beträgt 400 Euro. DasEinkommen reicht zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts nicht aus.Herr F. erfüllt die persönlichen Voraussetzungen <strong>für</strong> Leistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> imAlter und bei vermin<strong>de</strong>rter Erwerbsfähigkeit nach <strong>de</strong>m 4. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.


43Seine Ehefrau ist erwerbsfähig, aber § 7 Abs. 4 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bestimmt u.a., dassLeistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nicht erhält, wer eine Rente wegen Alters erhält. Daherkommen <strong>für</strong> Frau F. nur Leistungen <strong>de</strong>r Hilfe zum Lebensunterhalt nach <strong>de</strong>m 3. Kapitel<strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> in Betracht. Wenn sie die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> erreicht,erhält sie <strong>Grundsicherung</strong> nach Kapitel 4 <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.Beispiel 3:Frau M. – 46 Jahre alt – wohnt mit ihrem 26 Jahre alten Sohn A. in einer Wohnung in Berlin-Wedding, <strong>für</strong> die eine Warmmiete von 450 Euro monatlich zu zahlen ist.A. ist von Geburt an geistig behin<strong>de</strong>rt. Er befin<strong>de</strong>t sich im Arbeitsbereich einer Werkstatt <strong>für</strong>behin<strong>de</strong>rte Menschen. Er erhält ein Arbeitsentgelt von 102 Euro monatlich und dasArbeitsför<strong>de</strong>rungsgeld nach § 43 <strong>SGB</strong> IX.Frau M. ist in ihrer Erwerbsfähigkeit voll gemin<strong>de</strong>rt. Sie bezieht vomRentenversicherungsträger eine entsprechen<strong>de</strong> – auf zwei Jahre befristete - Rente inmonatlicher Höhe von 290 Euro. Außer<strong>de</strong>m bekommt sie <strong>für</strong> ihren Sohn Kin<strong>de</strong>rgeld - § 32Abs. 4 Nr. 3 Einkommenssteuergesetz (EStG).Frau M. ist in ihrer Erwerbsfähigkeit voll gemin<strong>de</strong>rt und kann daher nichtleistungsberechtigt nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sein. Da sie aber nicht dauerhaft vollerwerbsgemin<strong>de</strong>rt ist, kann sie keine Leistungen nach <strong>de</strong>m 4. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><strong>Grundsicherung</strong> im Alter und bei vermin<strong>de</strong>rter Erwerbsfähigkeit – beanspruchen,son<strong>de</strong>rn nur Hilfe zum Lebensunterhalt nach <strong>de</strong>m 3. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.Sohn A. gilt nach § 43 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 <strong>SGB</strong> VI i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 2 <strong>SGB</strong> VI als vollerwerbsgemin<strong>de</strong>rt und über die Regelung in § 45 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> auch als dauerhaft vollerwerbsgemin<strong>de</strong>rt. Also ist er leistungsberechtigt nach <strong>de</strong>m 4. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.Beispiel 4:Es geht um das Ehepaar L.: Frau L. ist erwerbsfähig aber ohne Arbeit. Herr L. wird krank undmuss sich in stationäre Behandlung begeben. <strong>Die</strong> Ärzte prognostizieren eine stationäreBehandlung von über 6 Monaten.Frau L. ist – Hilfebedürftigkeit unterstellt – anspruchsberechtigt auf Arbeitslosengeld <strong>II</strong>nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Sie lebt in Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Ehemann.Herr L. gehört zwar weiterhin zur Bedarfsgemeinschaft, da die Prognose <strong>de</strong>r Ärzte aberaussagt, dass sein stationärer Aufenthalt voraussichtlich <strong>de</strong>n Zeitraum von sechsMonaten überschreitet, ergibt sich <strong>für</strong> ihn aus § 7 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ein Leistungsausschluss<strong>für</strong> <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>–Leistungen.An<strong>de</strong>rerseits bestimmt § 19 Abs. 1 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, dass nicht erwerbsfähige Angehörige, diemit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in Bedarfsgemeinschaft leben, Sozialgel<strong>de</strong>rhalten, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach <strong>de</strong>m 4. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> haben.Einen Anspruch nach <strong>de</strong>m 4. Kapitel hat Herr L. jedoch nicht, weil, auch wenn er tatsächlichvoll erwerbsgemin<strong>de</strong>rt ist, die Dauerhaftigkeit dieser Eigenschaft nicht festgestellt ist.


Hier scheint ein Regelungswi<strong>de</strong>rspruch o<strong>de</strong>r eine Regelungslücke vorzuliegen. <strong>Die</strong> Regelungin § 7 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist aber die im Verhältnis zu § 19 Abs. 1 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> speziellere Regelung,darum bleibt es beim Leistungsausschluss aus <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, und Herr L. ist dannanspruchsberechtigt auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach <strong>de</strong>m 3. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>. (<strong>Die</strong>gleiche Situation wür<strong>de</strong> sich ergeben, wenn Herr L. nicht krank wäre, son<strong>de</strong>rn einevorgezogene Altersrente beziehen wür<strong>de</strong>, auch dann Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>...)44Beispiel 5:Frau S. lebt mit ihrem 16-jährigen Sohn zusammen, <strong>de</strong>r noch zur Schule geht. Sie beziehteine Rente wegen voller Erwerbsmin<strong>de</strong>rung, die auf 2 Jahre befristet ist. Monatlich erhält sie480 Euro, die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind schon abgezogen.Frau S. ist in ihrer Erwerbsfähigkeit voll gemin<strong>de</strong>rt. Da sie dies aber nicht dauerhaft ist,kann sie keine Leistungen nach <strong>de</strong>m 4. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> beanspruchen, son<strong>de</strong>rn nurHilfe zum Lebensunterhalt nach <strong>de</strong>m 3. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>. Aber: Ihr Sohn ist mitseinen 16 Jahren erwerbsfähig und darum anspruchsberechtigt nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (abVollendung <strong>de</strong>s 15. Lebensjahres nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>). Er bil<strong>de</strong>t mit seinerMutter eine Bedarfsgemeinschaft, darum hat Frau S. als nicht erwerbsfähigeAngehörige, die mit einem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten inBedarfsgemeinschaft lebt, bei Hilfebedürftigkeit Anspruch auf Sozialgeld nach § 19Abs. 1 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.<strong>Die</strong>ses Beispiel zeigt also, dass Bedarfsgemeinschaften nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> auch durchaus überein Kind gebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n können.1.4 Übersicht über die tragen<strong>de</strong>n Grundlagen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><strong>Die</strong> nachstehen<strong>de</strong> Übersicht gibt einen ersten Überblick über die tragen<strong>de</strong>n Grundlagen <strong>de</strong>s<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, seine Grundsätze und Strukturprinzipien, maßgebliche Definitionen sowie dieLeistungen. Der wichtige Nachranggrundsatz hat in <strong>de</strong>r Übersicht keinen Platz gefun<strong>de</strong>n,wird aber im Kapitel 2.4.3 vorgestellt und unter 4.2 ausführlicher behan<strong>de</strong>lt.


45<strong>Die</strong> <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>hat die Aufgabe und das Ziel,• es <strong>de</strong>n Leistungsberechtigten zu ermöglichen, ein Leben zu führen, das <strong>de</strong>r Wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Menschen entspricht - § 1 Abs. 1,• die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und Personen, die mit ihnen in einerBedarfsgemeinschaft leben, zu stärken und• dazu beizutragen, dass sie ihren Lebensunterhalt unabhängig von <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> aus eigenen Mitteln und Kräftenbestreiten können - § 1 Abs. 2 Satz 1.Träger <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> sind• entwe<strong>de</strong>r die Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit und die kommunalen Träger (diese nur <strong>für</strong> Leistungen nach § 16a, dasArbeitslosengeld <strong>II</strong> und Sozialgeld <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Bedarf <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung, nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und2, § 27Abs. 3 sowie nach § 28, wobei als einheitliche Anlauf- und Entscheidungsstellen nach § 44b die „gemeinsamenEinrichtungen“ fungieren o<strong>de</strong>r• die nach § 6a zugelassenen kommunalen Träger als Träger aller Leistungen nach <strong>de</strong>m Gesetz.• In bei<strong>de</strong>n Fällen tragen die Träger nach § 6d <strong>de</strong>n Namen Jobcenter.Leistungsberechtigt sind Personen, die• das 15. Lebensjahr vollen<strong>de</strong>t, aber noch nicht die gesetzliche Grenze zum Altersbezug erreicht haben - § 7 Abs. 1 Nr. 1,• erwerbsfähig sind - § 7 Abs. 1 Nr. 2, das heißt, „wer nicht wegen Krankheit o<strong>de</strong>r Behin<strong>de</strong>rung auf absehbare Zeitaußerstan<strong>de</strong> ist, unter <strong>de</strong>n üblichen Bedingungen <strong>de</strong>s allgemeinen Arbeitsmarktes min<strong>de</strong>stens drei Stun<strong>de</strong>n täglicherwerbstätig zu sein“ - § 8,• hilfebedürftig sind - § 7 Abs. 1 Nr. 3, das heißt, „wer seinen Lebensunterhalt nicht o<strong>de</strong>r nicht ausreichend aus <strong>de</strong>m zuberücksichtigen<strong>de</strong>n Einkommen o<strong>de</strong>r Vermögen sichern kann und die erfor<strong>de</strong>rliche Hilfe nicht von an<strong>de</strong>ren,insbeson<strong>de</strong>re von Angehörigen o<strong>de</strong>r von Trägern an<strong>de</strong>rer Sozialleistungen, erhält“ - § 9 Abs. 1• ihren gewöhnlichen Aufenthalt in <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland haben - § 7 Abs. 4• mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben,soweit keine speziellen weiteren Ausschlussgrün<strong>de</strong> bestehen.Leistungsarten<strong>Die</strong> Leistungen wer<strong>de</strong>n erbracht in Form von <strong>Die</strong>nst-, Geld- und Sachleistungen - § 4 Abs. 1.LeistungsbereicheLeistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit• Nach <strong>de</strong>m Grundsatz <strong>de</strong>s For<strong>de</strong>rns müssen„erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnenin einer Bedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong>n Personen alleMöglichkeiten zur Beendigung o<strong>de</strong>r Verringerung ihrerHilfebedürftigkeit ausschöpfen“ - § 2 Abs. 1 Satz 1.• Zu berücksichtigen sind „1. die Eignung, 2. dieindividuelle Lebenssituation, insbeson<strong>de</strong>re die familiäreSituation, 3. die voraussichtliche Dauer <strong>de</strong>rHilfebedürftigkeit und 4. die Dauerhaftigkeit <strong>de</strong>rEinglie<strong>de</strong>rung“ - § 3 Abs. 1 Satz 1.• <strong>Die</strong> Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung ergeben sich imEinzelnen aus <strong>de</strong>n §§ 16 ff.• Der Grundsatz <strong>de</strong>s För<strong>de</strong>rns be<strong>de</strong>utet umfassen<strong>de</strong>Unterstützung mit <strong>de</strong>m Ziel <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit- § 14 Abs. 1 Satz 1. <strong>Die</strong>sem Ziel soll auch die nach § 15abzuschließen<strong>de</strong> Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung dienen.Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts• Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhaltenArbeitslosengeld <strong>II</strong> und die mit ihnen in einerBedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong>n nicht erwerbsfähigenLeistungsberechtigten Sozialgeld - § 19 Abs. 1.• <strong>Die</strong> Leistungen umfassen <strong>de</strong>n Regelbedarf, ggf.Mehrbedarfe und <strong>de</strong>n Bedarf <strong>für</strong> Unterkunft undHeizung.• Ggf. besteht ein Anspruch auf Leistungen <strong>für</strong> Bildungund Teilhabe nach § 28, auf einmalige Leistungen nach§ 24 Abs. 3 und auf weitere Leistungen nach <strong>de</strong>n §§ 24bis 27.• Der Grundsatz <strong>de</strong>s For<strong>de</strong>rns manifestiert sich in diesemBereich durch das in <strong>de</strong>n §§ 31 ff. enthalteneSanktionssystem - Absenkung und Wegfall vonLeistungen bei Pflichtverstößen.<strong>Die</strong> angegebenen Paragraphen beziehen sich ausschließlich auf das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.


46Kapitel 2 :Aufgaben, Ziele und Leistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>sowie die allgemeinen LeistungsgrundsätzeSeite2.1 Aufgaben <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> 472.2 Ziele <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> 472.3 Allgemeines zu <strong>de</strong>n Leistungen 482.3.1 Welche Arten von Leistungen umfasst die <strong>Grundsicherung</strong><strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> 482.3.2 In welcher Form wer<strong>de</strong>n die Leistungen erbracht? 482.4 Allgemeine Leistungsgrundsätze 482.4.1 Grundsatz <strong>de</strong>s For<strong>de</strong>rns 482.4.2 Leistungsgrundsätze <strong>für</strong> die Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit 492.4.3 Leistungsgrundsätze <strong>für</strong> die Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts50


2 AUFGABEN, ZIELE UND LEISTUNGEN DER GRUNDSICHERUNG FÜRARBEITSUCHENDE SOWIE DIE ALLGEMEINEN LEISTUNGSGRUNDSÄTZE47VORBEMERKUNG:Vieles, was in diesem Kapitel dargestellt wird, hat kaum eine praktische Be<strong>de</strong>utung. Da dieGrundsätze aber im Gesetz verankert sind, wird hier ein Überblick über sie gegeben.<strong>Die</strong> Überschrift <strong>de</strong>s Kapitels 1 <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> lautet „För<strong>de</strong>rn und For<strong>de</strong>rn“. Nach meinenErfahrungen steht allerdings das For<strong>de</strong>rn an erster Stelle und beim sinnvollen För<strong>de</strong>rn gibt esnoch so einigen Nachholbedarf.2.1 AUFGABEN DER GRUNDSICHERUNG - § 1 Abs. 1 und 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• <strong>Die</strong> <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> soll es Leistungsberechtigten ermöglichen,ein Leben zu führen, das <strong>de</strong>r Wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Menschen entspricht.• <strong>Die</strong> <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> soll die Eigenverantwortung vonerwerbsfähigen Leistungsberechtigten und Personen, die mit ihnen in einerBedarfsgemeinschaft leben, stärken und dazu beitragen, dass sie ihrenLebensunterhalt unabhängig von <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> aus eigenen Mitteln undKräften bestreiten können.• Sie soll erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei <strong>de</strong>r Aufnahme o<strong>de</strong>r Beibehaltungeiner Erwerbstätigkeit unterstützen und <strong>de</strong>n Lebensunterhalt sichern, soweit sie ihnnicht auf an<strong>de</strong>re Weise bestreiten können.• <strong>Die</strong> Gleichstellung von Männern und Frauen ist als durchgängiges Prinzip zuverfolgen.2.2 ZIELE DER GRUNDSICHERUNG - § 1 Abs. 2 Satz 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><strong>Die</strong> Leistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> sind insbeson<strong>de</strong>re darauf auszurichten, dass1. durch eine Erwerbstätigkeit Hilfebedürftigkeit vermie<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r beseitigt, die Dauer<strong>de</strong>r Hilfebedürftigkeit verkürzt o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Umfang <strong>de</strong>r Hilfebedürftigkeit verringertwird,2. die Erwerbsfähigkeit einer leistungsberechtigten Person erhalten, verbessert o<strong>de</strong>rwie<strong>de</strong>r hergestellt wird,3. geschlechtsspezifischen Nachteilen von erwerbsfähigen Leistungsberechtigtenentgegengewirkt wird,4. die familienspezifischen Lebensverhältnisse von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,die Kin<strong>de</strong>r erziehen o<strong>de</strong>r pflegebedürftige Angehörige betreuen,berücksichtigt wer<strong>de</strong>n,


485. behin<strong>de</strong>rtenspezifische Nachteile überwun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n,6. Anreize zur Aufnahme und Ausübung einer Erwerbstätigkeit geschaffen undaufrechterhalten wer<strong>de</strong>n.2.3 ALLGEMEINES ZU DEN LEISTUNGEN2.3.1 Welche Arten von Leistungen umfasst die <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>?<strong>Die</strong> <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> umfasst gem. § 1 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zwei Arten vonLeistungen:• Leistungen zur Beendigung o<strong>de</strong>r Verringerung <strong>de</strong>r Hilfebedürftigkeit insbeson<strong>de</strong>redurch Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit und• Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts.2.3.2 In welcher Form wer<strong>de</strong>n die Leistungen erbracht?<strong>Die</strong>se Leistungen wer<strong>de</strong>n gem. § 4 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> erbracht in Form von:1. <strong>Die</strong>nstleistungen,2. Geldleistungen und3. Sachleistungen2.4 ALLGEMEINE LEISTUNGSGRUNDSÄTZE2.4.1 Grundsatz <strong>de</strong>s For<strong>de</strong>rns - § 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>1. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaftleben<strong>de</strong>n Personen müssen alle Möglichkeiten zur Beendigung o<strong>de</strong>r Verringerungihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen.2. Eine erwerbsfähige leistungsberechtigte Person muss aktiv an allen Maßnahmen zuseiner Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit mitwirken, insbeson<strong>de</strong>re eineEinglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung abschließen.Anmerkung: Auch wenn an dieser Stelle noch die Pflicht zum Abschluss einerEinglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung steht, führt ein Verstoß gegen diese Pflicht nicht zu einerSanktion <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Leistungsberechtigten. Weigert sich ein Leistungsberechtigter, eineEinglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung abzuschließen, so besteht <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Leistungsträger dieMöglichkeit, die Rechte und Pflichten nach § 15 Abs. 1 Satz 6 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> verbindlich zuregeln. Der Verstoß gegen diese Pflichten kann dann aber zu einer Sanktion führen.


3. Wenn eine Erwerbstätigkeit auf <strong>de</strong>m allgemeinen Arbeitsmarkt in absehbarer Zeitnicht möglich ist, hat die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person eine ihmangebotene zumutbare Arbeitsgelegenheit zu übernehmen.4. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaftleben<strong>de</strong>n Personen haben in eigener Verantwortung alle Möglichkeiten zu nutzen,ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten.5. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte müssen ihre Arbeitskraft zur Beschaffung <strong>de</strong>sLebensunterhalts <strong>für</strong> sich und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong>nPersonen einsetzen.2.4.2 Leistungsgrundsätze <strong>für</strong> die Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung in ArbeitAls Leistungen zur Beendigung o<strong>de</strong>r Verringerung <strong>de</strong>r Hilfebedürftigkeit könnenMaßnahmen zur Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit erbracht wer<strong>de</strong>n, die zur Vermeidung o<strong>de</strong>rBeseitigung, Verkürzung o<strong>de</strong>r Vermin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Hilfebedürftigkeit <strong>für</strong> die Einglie<strong>de</strong>rungerfor<strong>de</strong>rlich sind. Es gelten dabei nach § 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> folgen<strong>de</strong> Leistungsgrundsätze:• Zu berücksichtigen sind bei <strong>de</strong>n Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung:1. die Eignung,2. die individuelle Lebenssituation, insbeson<strong>de</strong>re die familiäre Situation,3. die voraussichtliche Dauer <strong>de</strong>r Hilfebedürftigkeit und4. die Dauerhaftigkeit <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rung<strong>de</strong>r erwerbsfähigen Leistungsberechtigten.• Vorrangig soll die unmittelbare Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ermöglicht wer<strong>de</strong>n.• Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die noch nicht 25 Jahre alt sind, sindunverzüglich nach Antragstellung in eine Arbeit, eine Ausbildung o<strong>de</strong>rArbeitsgelegenheit zu vermitteln.Können Leistungsberechtigte ohne Berufsabschluss nicht in eine Ausbildungvermittelt wer<strong>de</strong>n, soll die Agentur <strong>für</strong> Arbeit darauf hinwirken, dass die vermittelteArbeit o<strong>de</strong>r Arbeitsgelegenheit auch zur Verbesserung <strong>de</strong>r beruflichen Kenntnisseund Fähigkeiten beiträgt.• Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die das 58. Lebensjahr vollen<strong>de</strong>t haben, sindunverzüglich in Arbeit o<strong>de</strong>r in eine Arbeitsgelegenheit zu vermitteln.• Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die nicht über <strong>de</strong>utsche Sprachkenntnisseentsprechend <strong>de</strong>m Niveau B1 <strong>de</strong>s Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens <strong>für</strong>Sprachen verfügen, sollen bei <strong>de</strong>m Vorliegen weiterer aufenthaltsrechtlicherVoraussetzungen an einem Integrationskurs teilnehmen, sofern sie nicht unmittelbarin eine Ausbildung o<strong>de</strong>r Arbeit vermittelt wer<strong>de</strong>n können und ihnen eine Teilnahmean einem Integrationskurs daneben nicht zumutbar ist. <strong>Die</strong> Verpflichtung ist alsvorrangige Maßnahme in die Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung aufzunehmen.49


50Der Grundsatz <strong>de</strong>s För<strong>de</strong>rnsDer Abschnitt 1 „Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit“ <strong>de</strong>s Dritten Kapitels „Leistungen“beginnt in § 14 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> mit <strong>de</strong>m Grundsatz <strong>de</strong>s För<strong>de</strong>rns:„<strong>Die</strong> Träger <strong>de</strong>r Leistungen nach diesem Buch unterstützen erwerbsfähigeLeistungsberechtigte umfassend mit <strong>de</strong>m Ziel <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit. <strong>Die</strong> Agentur <strong>für</strong>Arbeit soll eine persönliche Ansprechpartnerin o<strong>de</strong>r einen persönlichen Ansprechpartner <strong>für</strong>je<strong>de</strong> erwerbsfähige leistungsberechtigte Person und die mit dieser in einerBedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong>n Personen benennen. <strong>Die</strong> Träger <strong>de</strong>r Leistungen nach diesemBuch erbringen unter Beachtung <strong>de</strong>r Grundsätze <strong>de</strong>r Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit alleim Einzelfall <strong>für</strong> die Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit erfor<strong>de</strong>rlichen Leistungen.“Hier gibt es Weiteres zum Thema: <strong>Die</strong> „Zumutbarkeit“ von Arbeit wird im Kapitel 8behan<strong>de</strong>lt, zu <strong>de</strong>n einzelnen Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit siehe unter Kapitel 9.2.4.3 Leistungsgrundsätze <strong>für</strong> die Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s LebensunterhaltsIn Bezug auf Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts stehen nach § 19 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Geldleistungen im Vor<strong>de</strong>rgrund und zwar:• das Arbeitslosengeld <strong>II</strong> <strong>für</strong> erwerbsfähige Leistungsberechtigte,• das Sozialgeld <strong>für</strong> die mit <strong>de</strong>m erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einerBedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong>n hilfebedürftigen Personen sowie:• Weiterhin wer<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>n Voraussetzungen <strong>de</strong>s § 28 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> Leistungen <strong>für</strong> Bildungund Teilhabe durch Sach– und <strong>Die</strong>nstleistungen bzw. Geldleistungen abge<strong>de</strong>ckt.Es gelten folgen<strong>de</strong> Leistungsgrundsätze:• <strong>de</strong>r allgemeine Nachranggrundsatz: Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhaltsdürfen nur erbracht wer<strong>de</strong>n, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht an<strong>de</strong>rweitig beseitigtwer<strong>de</strong>n kann (§ 3 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>),• die Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts – Regelbedarf, Bedarfe <strong>für</strong>Unterkunft und Heizung und ggf. Mehrbedarfe – richten sich nach <strong>de</strong>n §§ 20 – 23<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, die Bedarfe <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe nach §§ 28 ff. <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• <strong>de</strong>r Nachranggrundsatz in Form <strong>de</strong>s auf <strong>de</strong>n Bedarf anzurechnen<strong>de</strong>n Einkommensund Vermögens nach Maßgabe <strong>de</strong>r §§ 9, 11, 11 a, 11 b und 12 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>,• Absenkung und Wegfall von Arbeitslosengeld <strong>II</strong> und von Sozialgeld bei Verletzung vonMitwirkungsobliegenheiten, §§ 31, 32 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>,


• Übergang von Ansprüchen gegenüber Dritten, Ersatzansprüche und Erbenhaftungnach Maßgabe von §§ 33, 34, 34 a, 34 b und 35 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.51Hier gibt es Weiteres zum Thema: Zu <strong>de</strong>n einzelnen Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>sLebensunterhalts siehe unter Kapitel 10 ff., zu <strong>de</strong>n Leistungen <strong>für</strong> Bildung und Teilhabespeziell unter Kapitel 13.


52Kapitel 3:<strong>Die</strong> sachliche und örtliche Zuständigkeit <strong>für</strong> die <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungensowie zu <strong>de</strong>n Trägern <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>Seite3.1 <strong>Die</strong> sachliche und örtliche Zuständigkeit <strong>für</strong> die <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungen 533.2 <strong>Die</strong> gemeinsamen Einrichtungen 543.3 Zur Option kommunaler Trägerschaft 55


3 DIE SACHLICHE UND ÖRTLICHE ZUSTÄNDIGKEIT FÜR DIE <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-LEISTUNGENSOWIE ZU DEN TRÄGERN DER GRUNDSICHERUNG FÜR ARBEITSUCHENDE3.1 DIE SACHLICHE UND ÖRTLICHE ZUSTÄNDIGKEIT FÜR DIE <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-LEISTUNGEN<strong>Die</strong> sachliche und örtliche Zuständigkeit <strong>für</strong> die <strong>Grundsicherung</strong>sleistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong><strong>II</strong> ist wie folgt geregelt:53Sachliche Zuständigkeit <strong>de</strong>rBun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit <strong>für</strong> folgen<strong>de</strong>Leistungen -§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Sachliche Zuständigkeit <strong>de</strong>skommunalen Trägers (Landkreis –kreisfreie Stadt) <strong>für</strong> folgen<strong>de</strong> Leistungen- § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>:• Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung inArbeit nach Maßgabe <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I -§ 16 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• Einstiegsgeld, § 16b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung vonSelbständigen - § 16c <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• Arbeitsgelegenheiten, § 16d <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• För<strong>de</strong>rung von Arbeitsverhältnissen- § 16e <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• Freie För<strong>de</strong>rung - § 16f <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• nachgehen<strong>de</strong> För<strong>de</strong>rung durchDarlehen bei Wegfall <strong>de</strong>rHilfebedürftigkeit - § 16g <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• Arbeitslosengeld <strong>II</strong> und Sozialgeld,§§ 20, 23 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• Mehrbedarfe gemäß § 21 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• Abweichen<strong>de</strong> Erbringung vonLeistungen nach § 24 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• Leistungen <strong>für</strong> einmalige Bedarfenach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>(Anschaffung und Reparatur vonorthop. Schuhen, therap. Geräte)• Weitere Leistungen nach <strong>de</strong>n §§ 25und 26 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (Rehaleistungen undZuschuss zu Versicherungsbeiträgen)• Leistungen <strong>für</strong> Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> nach§ 27 Abs. 2, 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>(Mehrbedarfe/Darlehen)• Leistungen nach § 16a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> : Betreuung min<strong>de</strong>rjährigero<strong>de</strong>r behin<strong>de</strong>rter Kin<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>rdie häusliche Pflege vonAngehörigen Schuldnerberatung Psychosoziale Betreuung Suchtberatung,• Bedarfe <strong>für</strong> Unterkunft undHeizung nach § 22 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• Leistungen <strong>für</strong> einmalige Bedarfenach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (Erstausstattungen <strong>für</strong> dieWohnung, <strong>für</strong> Bekleidung, beiSchwangerschaft und Geburt)• Leistungen nach § 27 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>:Zuschuss zu <strong>de</strong>n unge<strong>de</strong>cktenKosten <strong>de</strong>r Unterkunft und Heizung<strong>für</strong> Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>• Leistungen nach § 28 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> :Bedarfe <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe


54Örtlich zuständig ist die Agentur <strong>für</strong> Arbeit, in<strong>de</strong>ren Bezirk die erwerbsfähigeleistungsberechtigte Person ihrengewöhnlichen Aufenthalt hat - § 36 Satz 1<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Örtlich zuständig ist <strong>de</strong>r kommunale Träger,in <strong>de</strong>ssen Gebiet die erwerbsfähigeleistungsberechtigte Person ihrengewöhnlichen Aufenthalt hat - § 36 Satz 2<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Hier gibt es Weiteres zum Thema: Zum gewöhnlichen Aufenthalt siehe im Kapitel 5.4Um eine Entscheidung aus einer Hand zu gewährleisten, sieht § 44b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> die Bildung von„gemeinsamen Einrichtungen“ vor, die nach § 6d <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>de</strong>n Namen „Jobcenter“ tragen.Weiteres dazu unter <strong>de</strong>m nächsten Punkt 3.2Abweichend von dieser Regelung sehen die §§ 6a – 6 c <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> die Möglichkeit vor, dasskommunale Träger <strong>für</strong> alle Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zuständig wer<strong>de</strong>n, hier ist die Re<strong>de</strong>vom so genannten Optionsmo<strong>de</strong>ll. Weiteres dazu unter 3.3.3.2 DIE GEMEINSAMEN EINRICHTUNGEN NACH § 44b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Nach § 44b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> wer<strong>de</strong>n die gemeinsamen Einrichtungen – die Jobcenter - im Gebiet je<strong>de</strong>skommunalen Trägers eingerichtet. <strong>Die</strong> Träger bestimmen <strong>de</strong>n Standort sowie die nähereAusgestaltung und Organisation <strong>de</strong>r gemeinsamen Einrichtung.<strong>Die</strong> gemeinsamen Einrichtungen haben nach § 44c Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> eine Trägerversammlung, in<strong>de</strong>r Vertreter <strong>de</strong>r Agentur <strong>für</strong> Arbeit und <strong>de</strong>s kommunalen Trägers je zur Hälfte vertretensind. <strong>Die</strong> Trägerversammlung entschei<strong>de</strong>t über organisatorische, personalwirtschaftlichepersonalrechtliche und personalvertretungsrechtliche Angelegenheiten <strong>de</strong>r gemeinsamenEinrichtung - § 44c Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Regelungen in BerlinIn Berlin ergeben sich die Vorgaben <strong>für</strong> die Errichtung <strong>de</strong>r gemeinsamen Einrichtungen aus<strong>de</strong>m Gesetz zur Ausführung <strong>de</strong>s Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (AG-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>) vom15.12.2010 (GVBl. S. 557), zuletzt geän<strong>de</strong>rt durch Artikel IV <strong>de</strong>s Gesetzes vom 13.07.2011(GVBl. S. 344) mit Wirkung vom 27.07.2011.Zur einheitlichen Durchführung <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> bil<strong>de</strong>t das LandBerlin mit <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit <strong>für</strong> je<strong>de</strong>n Bezirk Berlins eine gemeinsameEinrichtung nach § 44b Absatz 1 <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Eine Vereinbarung nach § 44b Absatz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zur Bestimmung <strong>de</strong>r Standorte sowie <strong>de</strong>rnäheren Ausgestaltung und Organisation <strong>de</strong>r gemeinsamen Einrichtungen im Land Berlinwur<strong>de</strong> durch die <strong>für</strong> Arbeit zuständige Senatsverwaltung mit <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeitam 17.12.2010 abgeschlossen. Wie aus <strong>de</strong>r Antwort <strong>de</strong>s Abgeordnetenhauses Berlin vom21.11.2012 auf eine kleine Anfrage <strong>de</strong>s Abgeordneten Alexan<strong>de</strong>r Spies von <strong>de</strong>n Piraten


hervorgeht – Drucksache 17/11171 – ist die Vereinbarung bisher nicht öffentlich, es wirdjedoch erwogen, sie auf <strong>de</strong>r Internetpräsenz <strong>de</strong>r zuständigen Senatsverwaltung <strong>de</strong>rÖffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Eine Kopie <strong>de</strong>r abgeschlossenen Vereinbarung ist <strong>de</strong>rAntwort beigefügt. Zu fin<strong>de</strong>n ist sie im Internet unter: http://www.parlamentberlin.<strong>de</strong>:8080/starweb/adis/citat/VT/17/KlAnfr/ka17-11171.pdf<strong>Die</strong> Verantwortung <strong>für</strong> die rechtmäßige und zweckmäßige Erbringung von Leistungen <strong>de</strong>skommunalen Trägers obliegt <strong>de</strong>n Bezirksämtern, soweit nicht durch beson<strong>de</strong>re Vorschriftendie Zuständigkeit <strong>de</strong>r Hauptverwaltung bestimmt wird.3.3 ZUR OPTION KOMMUNALER TRÄGERSCHAFTZur VorgeschichteFür die sachliche Zuständigkeit <strong>de</strong>r Aufgaben, <strong>für</strong> die, nach § 6 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> die Bun<strong>de</strong>sagentur<strong>für</strong> Arbeit <strong>de</strong>r zuständige Träger ist, sah § 6a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> in <strong>de</strong>r Fassung <strong>de</strong>s Gesetzes vom24.12.2003 folgen<strong>de</strong> abweichen<strong>de</strong> Regelung vor:„Abweichend von § 6 sind die kreisfreien Städte und Landkreise auf ihren Antrag und mitZustimmung <strong>de</strong>r obersten Lan<strong>de</strong>sbehör<strong>de</strong> anstelle <strong>de</strong>r Agenturen <strong>für</strong> Arbeit vomBun<strong>de</strong>sministerium <strong>für</strong> Wirtschaft und Arbeit durch Rechtsverordnung als Träger <strong>de</strong>rAufgaben nach diesem Gesetz zuzulassen - § 6a Satz 1. Das Nähere regelt ein Bun<strong>de</strong>sgesetz.“<strong>Die</strong>se Bestimmung war ein Ergebnis <strong>de</strong>s Verfahrens im Vermittlungsausschuss, nach<strong>de</strong>m dasGesetz zunächst im Bun<strong>de</strong>srat gescheitert war. <strong>Die</strong> Regelung soll es <strong>de</strong>n kommunalenTrägern ermöglichen, <strong>für</strong> alle Aufgaben, die das Gesetz vorhält, zuständig zu wer<strong>de</strong>n und istvor allem <strong>für</strong> die Betreuung von Langzeitarbeitslosen gedacht.Zunächst war durch das sogenannte Kommunale Optionsgesetz vom 30.07.2004 – BGBl. I S.2014 – das Nähere als „Experimentierklausel“ geregelt wor<strong>de</strong>n. Danach konnten bis zu 69Landkreise o<strong>de</strong>r kreisfreie Städte – analog zu <strong>de</strong>r Zahl <strong>de</strong>r Sitze im Bun<strong>de</strong>srat – die alleinigeTrägerschaft <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> beantragen. Zweck <strong>de</strong>r Regelung wares insbeson<strong>de</strong>re, alternative Mo<strong>de</strong>lle <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rung von <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>n imWettbewerb zu <strong>de</strong>n Einglie<strong>de</strong>rungsmaßnahmen <strong>de</strong>r Agenturen <strong>für</strong> Arbeit auszurichten. DasMo<strong>de</strong>ll war auf sechs Jahre befristet.Zwischen 2005 und 2010 gab es 69 Landkreise bzw. kreisfreie Städte, die die Trägerschaft ineigener Regie durchführten. Das Bun<strong>de</strong>sministerium <strong>für</strong> Arbeit und Soziales untersuchteparallel die Wahrnehmung <strong>de</strong>r Aufgaben durch die zugelassenen kommunalen Träger imVergleich zur Aufgabenwahrnehmung durch die Agenturen <strong>für</strong> Arbeit. <strong>Die</strong> Evaluation liefertekein ein<strong>de</strong>utiges Ergebnis.Ab 01.01.2011Das Optionsmo<strong>de</strong>ll ist ab 01.01.2011 entfristet wor<strong>de</strong>n. Ab Anfang 2012 sind 41 weitereKommunen hinzugekommen, die die alleinige Trägerschaft beantragt haben. (Durchkommunale Gebietsreformen in Sachsen und Sachsen-Anhalt war die Zahl von 69 auf 67zusammengeschmolzen.) Es gab nun also insgesamt 108 Optionskommunen. Voraussetzung<strong>für</strong> eine Zulassung war, dass sich die Kommunen verpflichteten, mit <strong>de</strong>r zuständigen55


Lan<strong>de</strong>sbehör<strong>de</strong> eine Zielvereinbarung abzuschließen, bestimmte Daten zu erheben unddiese <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur zu übermitteln, um eine bun<strong>de</strong>seinheitliche Datenerfassung,Ergebnisberichterstattung, Wirkungsforschung und Leistungsvergleiche zu ermöglichen.<strong>Die</strong> gesetzlichen Grundlagen <strong>für</strong> die Zulassung kommunaler Träger und <strong>de</strong>ren Rechtsstellungsind die §§ 6a bis 6c <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.56<strong>Die</strong> jeweils aktuell zugelassenen Optionskommunen können <strong>de</strong>r „Verordnung zurZulassung von kommunalen Trägern als Träger <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>(Kommunalträger-Zulassungsverordnung – KomtrZV)“ entnommen wer<strong>de</strong>n.


57Kapitel 4:Das Verhältnis <strong>de</strong>r Leistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>zu an<strong>de</strong>ren LeistungenSeite4.1 Allgemein zum Verhältnis zu <strong>de</strong>n Leistungen An<strong>de</strong>rer 584.2 Der allgemeine Nachranggrundsatz 594.3 <strong>Die</strong> „Zwangsverrentung“ ab 63. Geburtstag 594.4 Das Verhältnis zu <strong>de</strong>n Leistungen <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> 624.4.1 Das Verhältnis zu <strong>de</strong>n Leistungen nach <strong>de</strong>m 3. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> -Hilfe zum Lebensunterhalt 624.4.2 Das Verhältnis zu <strong>de</strong>n Leistungen nach <strong>de</strong>n Kapiteln 5 – 9 <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> –Hilfe in beson<strong>de</strong>ren Lebenslagen 634.4.3 Das Verhältnis zu <strong>de</strong>n Leistungen nach <strong>de</strong>m 4. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> –<strong>Grundsicherung</strong> im Alter und bei Erwerbsmin<strong>de</strong>rung 634.5 Das Verhältnis zum Wohngeldbezug 644.6 Das Verhältnis zum Kin<strong>de</strong>rzuschlag nach § 6a BKGG 65


4 DAS VERHÄLTNIS DER LEISTUNGEN DER GRUNDSICHERUNG FÜRARBEITSUCHENDE ZU ANDEREN LEISTUNGEN4.1 ALLGEMEIN ZUM VERHÄLTNIS ZU DEN LEISTUNGEN ANDERERZunächst gilt nach § 5 Abs. 1 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>: Auf Rechtsvorschriften beruhen<strong>de</strong> Leistungenan<strong>de</strong>rer, insbeson<strong>de</strong>re Träger an<strong>de</strong>rer Sozialleistungen, wer<strong>de</strong>n durch das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nichtberührt.<strong>Die</strong>se Norm bezieht sich also auf rechtliche Verpflichtungen zur Leistungserbringungan<strong>de</strong>rer. <strong>Die</strong>se wer<strong>de</strong>n durch die vorgesehenen Leistungen <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> „nicht berührt“.Im Satz 2 von § 5 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> heißt es dann weiter, dass Ermessensleistungen nicht <strong>de</strong>shalbversagt wer<strong>de</strong>n dürfen, weil das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> entsprechen<strong>de</strong> Leistungen vorsieht. Wür<strong>de</strong>n sie imHinblick auf <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungen versagt wer<strong>de</strong>n, wären die gesetzlichen Grenzen <strong>de</strong>sErmessens überschritten, so dass ein Ermessensfehler vorläge, vgl. Armborst in LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5.Aufl., zu § 5, Rn. 7. <strong>Die</strong> Leistungen können aber bei Ausüben <strong>de</strong>s Ermessens reduziertwer<strong>de</strong>n, zum Beispiel bei kommunalen Zuschüssen zum Schülermittagessen.Bei konkurrieren<strong>de</strong>n gleichartigen Leistungspflichten kommt es zu <strong>de</strong>r Frage, welcher Trägervorrangig Leistungen zu erbringen hat. Für die Leistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong><strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> gilt grundsätzlich <strong>de</strong>r allgemeine Nachranggrundsatz, <strong>de</strong>rsich aus § 12a in Verbindung mit § 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ergibt sowie auch aus § 9 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Nähereshierzu siehe unter <strong>de</strong>m folgen<strong>de</strong>n Punkt 4.2.58Aus <strong>de</strong>r Praxis:Nicht immer ist die Frage <strong>de</strong>r Vorrangigkeit <strong>de</strong>s zuständigen Trägers <strong>für</strong> Sozialleistungenein<strong>de</strong>utig zu beantworten. Damit diese Frage nicht auf <strong>de</strong>m Rücken <strong>de</strong>r Hilfesuchen<strong>de</strong>nausgetragen wird, sieht § 16 Abs. 1 Satz 2 <strong>SGB</strong> I (die allgemeinen Vorschriften <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> I und<strong>SGB</strong> X gelten bis auf wenige im <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> genannte Ausnahmen natürlich auch <strong>für</strong> dasSozialgesetzbuch <strong>II</strong>) vor, dass Anträge auf Sozialleistungen nicht nur beim zuständigen Trägergestellt wer<strong>de</strong>n können, son<strong>de</strong>rn auch von allen an<strong>de</strong>ren Leistungsträgernentgegengenommen wer<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong>se sind nach § 16 Abs. 2 <strong>SGB</strong> I bei Unzuständigkeit dazuverpflichtet, die Anträge unverzüglich an <strong>de</strong>n zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten.Kommt es zwischen verschie<strong>de</strong>nen Trägern von Sozialleistungen zu Streitigkeiten über dieZuständigkeit <strong>de</strong>r Leistungserbringung, hat <strong>de</strong>r zuerst angegangene Leistungsträgerspätestens nach Ablauf eines Kalen<strong>de</strong>rmonats nach Eingang <strong>de</strong>s Antrags Leistungen vorläufigzu erbringen, wenn <strong>de</strong>r Berechtigte es beantragt, so § 43 Abs. 1 <strong>SGB</strong> I. Man sollte sich notfallsnicht scheuen, diesen Anspruch mit Hilfe <strong>de</strong>s Sozialgerichts durchzusetzen.


594.2 DER ALLGEMEINE NACHRANGGRUNDSATZTUnter 2.4.3 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r allgemeine Leistungsgrundsatz <strong>für</strong> die Gewährung von Leistungen zurSicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts bereits vorgestellt:„Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts dürfen nur erbracht wer<strong>de</strong>n, soweit dieHilfebedürftigkeit nicht an<strong>de</strong>rweitig beseitigt wer<strong>de</strong>n kann;...“ - § 3 Abs. 3 1. Halbsatz <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Aus diesem Satz ergibt sich, dass an<strong>de</strong>re Leistungen vorrangig sind, die Leistungen nach <strong>de</strong>m<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> hingegen nachrangig. Aus diesem Nachrangprinzip folgt die in § 12a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>festgeschriebene Verpflichtung <strong>für</strong> die Leistungsberechtigten:Nach § 12a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> gilt: Leistungsberechtigte sind verpflichtet, Sozialleistungen an<strong>de</strong>rer Trägerin Anspruch zu nehmen und die da<strong>für</strong> erfor<strong>de</strong>rlichen Anträge zu stellen, sofern dies zurVermeidung, Beseitigung, Verkürzung o<strong>de</strong>r Vermin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Hilfebedürftigkeit erfor<strong>de</strong>rlichist.Das Gesetz benennt zwei Ausnahmen:1. Bis zur Vollendung <strong>de</strong>s 63. Lebensjahres besteht keine Verpflichtung, eine Rentewegen Alters vorzeitig, das heißt mit Abschlägen, in Anspruch zu nehmen. (§ 12a Satz2 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>), Näheres dazu unter 4.32. Es besteht keine Verpflichtung, vorrangig Wohngeld nach <strong>de</strong>m Wohngeldgesetz o<strong>de</strong>rKin<strong>de</strong>rzuschlag nach <strong>de</strong>m BKGG in Anspruch zu nehmen, wenn dadurch nicht dieHilfebedürftigkeit aller Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft <strong>für</strong> einenzusammenhängen<strong>de</strong>n Zeitraum von min<strong>de</strong>stens drei Monaten beseitigt wür<strong>de</strong> (§ 12aSatz 2 Nr. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>), vgl. hierzu auch 4.5 und 4.6Nach § 5 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> können die <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungsträger selbst Anträge auf Leistungenan<strong>de</strong>rer Träger stellen sowie Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einlegen, wennLeistungsberechtigte trotz Auffor<strong>de</strong>rung einen erfor<strong>de</strong>rlichen Antrag nicht stellen.§ 9 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> regelt, dass kein Anspruch auf Leistungen besteht <strong>für</strong> <strong>de</strong>njenigen, <strong>de</strong>r sichselbst helfen kann o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r die erfor<strong>de</strong>rliche Hilfe von An<strong>de</strong>ren, insbeson<strong>de</strong>re vonAngehörigen o<strong>de</strong>r von Trägern an<strong>de</strong>rer Sozialleistungen erhält.Wenn jemand tatsächlich Leistungen zum Lebensunterhalt von An<strong>de</strong>ren erhält, kommt esnicht darauf an, ob <strong>de</strong>r Hilfeleisten<strong>de</strong> die Mittel mit o<strong>de</strong>r ohne rechtliche Verpflichtungerbringt, sie wer<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>n erfor<strong>de</strong>rlichen Lebensunterhalt angerechnet. <strong>Die</strong> Vorschriftbe<strong>de</strong>utet aber auch, dass nur gegengerechnet wer<strong>de</strong>n kann, was <strong>de</strong>r Leistungsberechtigtetatsächlich erhält, also zum Beispiel kein fiktiver Unterhalt o<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rgeld o.ä., wie es in <strong>de</strong>rPraxis immer wie<strong>de</strong>r vorkommt. Vgl. auch Schoch in LPK-<strong>II</strong>, 5. Aufl., zu § 9, Rn. 10.4.3 DIE „ZWANGSVERRENTUNG“ AB 63. GEBURTSTAGWie unter 4.2 gezeigt, besteht nach § 12a Satz 2 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>für</strong> Leistungsberechtigte nach<strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> keine Verpflichtung, bis zur Vollendung <strong>de</strong>s 63. Lebensjahres eine Rente wegenAlters vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Das heißt aber im Umkehrschluss: Ab Vollendung


<strong>de</strong>s 63. Lebensjahres ist ein Leistungsberechtigter gezwungen, einen Rentenantrag zustellen, wenn er einen Anspruch auf vorgezogene Altersrente hat, obwohl damitentsprechen<strong>de</strong> Abschläge von seiner Rente lebenslang verbun<strong>de</strong>n sind.Von <strong>de</strong>r Zwangsverrentung vor <strong>de</strong>m Erreichen <strong>de</strong>r Altersgrenze nach § 7a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bleibennur verschont1. Leistungsberechtigte, die noch unter <strong>de</strong>n Bestandsschutz <strong>de</strong>r sogen. 58-er-Regelungnach § 65 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> i.V.m. § 428 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I fallen.Zur Erklärung:Bis zum 31.12.2007 galt die sogen. 58-er- Regelung nach § 65 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> i.V.m. § 428 <strong>SGB</strong><strong>II</strong>I. Hilfebedürftige Erwerbslose, die 58 Jahre und älter waren, konnten weiterhin Leistungenzur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts beziehen, auch wenn sie nicht mehr arbeitsbereit warenund nicht alle Möglichkeiten nutzen und nutzen wollten, ihre Hilfsbedürftigkeit durchAufnahme einer Arbeit zu been<strong>de</strong>n. Sie mussten eine entsprechen<strong>de</strong> Erklärung dazuunterschreiben. Das Arbeitslosengeld wur<strong>de</strong> weiter gezahlt bis zum Anspruch aufAltersrente. Das galt allerdings ausdrücklich nicht <strong>für</strong> Altersrenten, die vor <strong>de</strong>m <strong>für</strong> <strong>de</strong>nVersicherten maßgeben<strong>de</strong>n Rentenalter in Anspruch genommen wer<strong>de</strong>n konnten, also nicht<strong>für</strong> Renten mit Abschlägen. In <strong>de</strong>r Regel galt dies also nicht vor <strong>de</strong>m 65. Geburtstag.<strong>Die</strong>se Regelung ist zum 31.12.2007 ausgelaufen. Ein Anspruch besteht seit<strong>de</strong>m nach § 65Abs. 4 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nur noch, wenn• <strong>de</strong>r Leistungsanspruch spätestens am 31.12.2007 entstan<strong>de</strong>n ist und ununterbrochenweiter besteht (wobei Zeit in Einglie<strong>de</strong>rungsmaßnahmen nicht als Unterbrechung gilt,so die Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 12a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand06.06.2011, Rn. 12a.27) und• <strong>de</strong>r erwerbsfähige Leistungsberechtigte vor <strong>de</strong>m 01.01.2008 seinen 58. Geburtstaghatte.Darum kann diese Regelung nur noch wenige Personen <strong>de</strong>r Jahrgänge 1947 bis 1949betreffen, ist in meiner Praxis auch schon vorgekommen (zuletzt 2011). Zu beachten ist aber,dass Arbeitslosengeld <strong>II</strong>-Bezieher, die die 58-er-Regelung nicht in Anspruch genommenhaben, bei <strong>de</strong>nen aber die Voraussetzungen <strong>für</strong> die Inanspruchnahme objektiv vorlagen,ebenfalls unter <strong>de</strong>n Bestandsschutz fallen, vgl. auch Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur<strong>für</strong> Arbeit zu § 12a, Stand 06.06.2011, Rn. 12a.23 ff.2. Leistungsberechtigte, bei <strong>de</strong>nen es „unbillig“ ist, sie trotz Erreichens <strong>de</strong>s 63.Geburtstages „zwangszuverrenten“Zu diesem Punkt hat das Bun<strong>de</strong>sministerium <strong>für</strong> Arbeit und Soziales im April 2008 eineVerordnung zur Vermeidung unbilliger Härten durch Inanspruchnahme einer vorgezogenenAltersrente (Unbilligkeitsverordnung – UnbilligkeitsV) erlassen (BGBl. I S. 734 f.). <strong>Die</strong>Ermächtigung zu <strong>de</strong>m Erlass dieser Verordnung folgt aus § 13 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.60


61Danach ist eine vorzeitige Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters unbillig, wenn• und solange sie zum Verlust eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld führen wür<strong>de</strong> - § 2UnbillkeitsV,Das gilt also <strong>für</strong> Arbeitslose, die Arbeitslosengeld I nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I beziehen, aber ineiner Höhe, die nicht bedarfs<strong>de</strong>ckend ist, so dass sie zusätzlich Arbeitslosengeld <strong>II</strong>erhalten.• Leistungsberechtigte in nächster Zukunft die Altersrente abschlagsfrei in Anspruchnehmen können - § 3 UnbilligkeitsV,Nach <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweisen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur zu § 12a, Stand 06.06.2011, Rn.12a.18 be<strong>de</strong>utet “in nächster Zukunft” innerhalb <strong>de</strong>r nächsten drei Monate, Geigergeht im Leitfa<strong>de</strong>n zum Arbeitslosengeld <strong>II</strong>, 9. Aufl., S. 155 von 6 Monaten aus.• Leistungsberechtigte, die sozialversicherungspflichtig versichert sind o<strong>de</strong>r aussonstiger Erwerbstätigkeit ein entsprechend hohes Einkommen erzielen. <strong>Die</strong>s gilt nur,wenn die Beschäftigung o<strong>de</strong>r sonstige Erwerbstätigkeit <strong>de</strong>n überwiegen<strong>de</strong>n Teil <strong>de</strong>rArbeitskraft in Anspruch nimmt. - § 4 UnbilligkeitsVEine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung liegt vor bei einemBruttoeinkommen von min<strong>de</strong>stens 450,01 Euro. (Anmerkung: Zum 01.01.2013 wur<strong>de</strong>die Geringfügigkeitsgrenze von 400 auf 450 Euro angehoben. <strong>Die</strong> Personen, die biszum 31.12.2012 sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren, weil sie zwischen 400,01 und 450 Euro verdient haben, bleiben bei gleichem Verdienst nach einerÜbergangsregelung längstens bis zum 31.12.2014 weiter versicherungspflichtig.) Derzeitliche Umfang dieser Beschäftigung muss min<strong>de</strong>stens <strong>de</strong>r Hälfte <strong>de</strong>r im Rahmen<strong>de</strong>r Leistungsfähigkeit <strong>de</strong>s Leistungsberechtigten möglichen Arbeitszeit entsprechen.Gleiches gilt <strong>für</strong> eine gleichwertige Erwerbstätigkeit, vgl. Fachliche Hinweise <strong>de</strong>rBun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 12a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 06.06.2011, Rn. 12a.19 f.• Leistungsberechtigte durch die Vorlage eines Arbeitsvertrages o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rer ebensoverbindlicher, schriftlicher Zusagen glaubhaft machen, dass sie in nächster Zukunfteine Erwerbstätigkeit gemäß § 4 UnbilligkeitsV aufnehmen und nicht nurvorübergehend ausüben wer<strong>de</strong>n. - § 5 Abs. 1 UnbilligkeitsVo “in nächster Zukunft” be<strong>de</strong>utet nach <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweisen <strong>de</strong>rBun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 12a, Stand 06.06.2011, Rn. 12a.21, innerhalbvon längstens drei Monaten, Geiger spricht sich auch hier <strong>für</strong> sechs Monateaus, vgl. Leitfa<strong>de</strong>n zum Arbeitslosengeld <strong>II</strong>, 9. Aufl., S. 155f.o es han<strong>de</strong>lt sich um eine nur vorübergehen<strong>de</strong> Erwerbstätigkeit unter an<strong>de</strong>remdann, wenn sie zeitlich nur <strong>für</strong> die Dauer eines Regelbewilligungszeitraumsaufgenommen wird (6 Monate), so die Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>rBun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 12a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 06.06.2011, Rn. 12a.21 undLeitfa<strong>de</strong>n zum Arbeitslosengeld <strong>II</strong>, 9. Aufl., S. 155 f.


Haben Leistungsberechtigte bereits einmal glaubhaft gemacht, dass sie alsbald eineErwerbstätigkeit nach § 5 Abs. 1 UnbilligkeitsV aufnehmen, so ist eine erneuteGlaubhaftmachung ausgeschlossen. - § 5 Abs. 2 UnbilligkeitsV. Das kann aber m.E.nur gelten, wenn <strong>de</strong>r Leistungsberechtigte schuldhaft gehan<strong>de</strong>lt hat.Ist bereits vor <strong>de</strong>m Zeitpunkt <strong>de</strong>r geplanten Aufnahme <strong>de</strong>r Beschäftigung o<strong>de</strong>rErwerbstätigkeit anzunehmen, dass diese nicht zu Stan<strong>de</strong> kommen wird, entfällt dieUnbilligkeit. - § 5 Abs. 3 UnbilligkeitsV62Achtung!<strong>Die</strong> Aufzählung <strong>de</strong>r Unbilligkeitsverordnung ist nicht abschließend, es muss also stets<strong>de</strong>r Einzelfall geprüft wer<strong>de</strong>n.Nach Geiger han<strong>de</strong>lt es sich z.B. auch um eine Unbilligkeit,• wenn Arbeitslosengeld <strong>II</strong> aufstockend zum Krankengeld nach § 44 <strong>SGB</strong> V bezogenwird, da ansonsten <strong>de</strong>r mit eigenen Beiträgen erarbeitete Krankengeldanspruchverlorenginge.• wenn anhand <strong>de</strong>r Rentenauskunft erkennbar ist, dass die vorzeitige Altersrenteim Gegensatz zur abschlagsfreien Rente nicht bedarfs<strong>de</strong>ckend ist und als Folge durcheinen notwendigen Bezug von Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> Schonvermögenverlorengeht, das bei regulärem Renteneintrittsalter wegen <strong>de</strong>r dannbedarfs<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>n Rente nicht eingesetzt wer<strong>de</strong>n müsste.<strong>Die</strong>se Beispiele und weitere im Leitfa<strong>de</strong>n zum Arbeitslosengeld <strong>II</strong>, 9. Aufl., S. 155ff.4.4 DAS VERHÄLTNIS ZU DEN LEISTUNGEN DES <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>4.4.1 Das Verhältnis zu <strong>de</strong>n Leistungen nach <strong>de</strong>m 3. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> – Hilfe zumLebensunterhaltDer Anspruch auf Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> schließtLeistungen nach <strong>de</strong>m 3. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> aus - § 5 Abs. 2 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Das be<strong>de</strong>utet, dasses auch bei Min<strong>de</strong>rung o<strong>de</strong>r Wegfall von Arbeitslosengeld <strong>II</strong> o<strong>de</strong>r Sozialgeld nach §§ 31, 31a,31b und 32 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> keinen Anspruch auf ergänzen<strong>de</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt gibt – so auchausdrücklich noch einmal § 31b Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Aber:Achtung! Siehe nachfolgend:


4.4.2 Das Verhältnis zu <strong>de</strong>n Leistungen nach <strong>de</strong>n Kapiteln 5 bis 9 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> – Hilfe inbeson<strong>de</strong>ren Lebenslagen<strong>Die</strong> Leistungen nach <strong>de</strong>n Kapiteln 5 bis 9 <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> – Hilfe in beson<strong>de</strong>ren Lebenslagen –stehen Beziehern von Arbeitslosengeld <strong>II</strong> o<strong>de</strong>r Sozialgeld nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zu, wenn die im<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> geregelten tatsächlichen Voraussetzungen <strong>für</strong> die jeweilige Hilfe vorliegen.Der Leistungsausschluss <strong>de</strong>s § 5 Abs. 2 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bezieht sich nur auf das Kapitel 3 <strong>de</strong>s<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> – Hilfe zum Lebensunterhalt! Ob Anspruch auf die in <strong>de</strong>n Kapitel 5 – 9 geregeltenHilfen vorliegt, richtet sich allein nach <strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>ren, in <strong>de</strong>n jeweiligen Kapitelnenthaltenen Anspruchsvoraussetzungen und besteht unabhängig von <strong>de</strong>r Frage, aus welchenQuellen sich <strong>de</strong>r Finanzbedarf zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts speist. Es geht hier um dieHilfen zur Gesundheit (Fünftes Kapitel), Einglie<strong>de</strong>rungshilfe <strong>für</strong> behin<strong>de</strong>rte Menschen(Sechstes Kapitel), Hilfe zur Pflege (Siebtes Kapitel), Hilfe zur Überwindung beson<strong>de</strong>rersozialer Schwierigkeiten (Achtes Kapitel) und Hilfe in an<strong>de</strong>ren Lebenslagen (Neuntes Kapitel).Ob und in welchem Umfang vorhan<strong>de</strong>nes Einkommen zur Finanzierung <strong>de</strong>r Leistungen nach<strong>de</strong>n Kapiteln 5 – 9 herangezogen wer<strong>de</strong>n darf, richtet sich dann nach <strong>de</strong>n §§ 85 – 89 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.63Aus <strong>de</strong>r Praxis:Nach meinen Erfahrungen spielt Hilfe zur Überwindung beson<strong>de</strong>rer sozialer Schwierigkeiten<strong>de</strong>s Achten Kapitels eine immer größere Rolle bei Leistungsberechtigten nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, diezusätzlich einen Anspruch auf Leistungen <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> haben. Gera<strong>de</strong> in Berlin benötigt einenicht unerhebliche Zahl von erwerbsfähigen Menschen zusätzliche Leistungen wie betreutesEinzelwohnen o<strong>de</strong>r auch Maßnahmen zum Wohnungserhalt und zur Wohnungserlangung.4.4.3 Das Verhältnis zu <strong>de</strong>n Leistungen nach <strong>de</strong>m 4. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> - <strong>Grundsicherung</strong>im Alter und bei Erwerbsmin<strong>de</strong>rung<strong>Die</strong> Leistungen nach <strong>de</strong>m 4. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> - Leistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> im Alter undbei Erwerbsmin<strong>de</strong>rung – sind gegenüber <strong>de</strong>m Sozialgeld vorrangig - § 5 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Nach § 19 Abs. 1 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> erhalten nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die miterwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, Sozialgeld,soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach <strong>de</strong>m Vierten Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> haben. ImUmkehrschluss heißt das, dass nicht erwerbsfähige Personen, die mit erwerbsfähigenLeistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben und aber einen Anspruch aufLeistungen nach <strong>de</strong>m Vierten Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> haben, z.B. bei dauerhafter vollerErwerbsmin<strong>de</strong>rung, Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> beziehen.Es gibt aber eine Fallkonstellation, in <strong>de</strong>r die Betroffenen trotz<strong>de</strong>m Anspruch auf Sozialgeldhaben und wo Satz 2 <strong>de</strong>s § 5 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zum Tragen kommt. Sie wird in <strong>de</strong>n FachlichenHinweisen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 19 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.05.2011, Rn. 19.5 benannt:„Wer<strong>de</strong>n Leistungen nach <strong>de</strong>m 4. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> wegen zu berücksichtigen<strong>de</strong>nVermögens nicht gewährt, besteht ggf. ein Anspruch auf Sozialgeld, wenn das vorhan<strong>de</strong>neVermögen die Freibeträge <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nicht überschreitet. <strong>Die</strong>ser Anspruch kommt allerdings


nur <strong>für</strong> Personen in Betracht, die dauerhaft voll erwerbsgemin<strong>de</strong>rt sind, o<strong>de</strong>r die dieAltersgrenze nach § 7a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vollen<strong>de</strong>t haben und keine Altersrente beziehen. Beziehereiner Altersrente sind von Leistungen, auch von Sozialgeld nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, ausgeschlossen(§ 7 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>).“Kievel ist <strong>de</strong>r Auffassung, dass diese Auslegung zwar <strong>de</strong>m Wortlaut <strong>de</strong>s Gesetzes entspricht,jedoch eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen<strong>de</strong> Ungleichbehandlung von Personenbe<strong>de</strong>uten dürfte, die Leistungen nur nach <strong>de</strong>m 3. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> beanspruchen können,so z.B. die Bezieher einer Altersrente, die noch nicht die Altersgrenze nach § 7a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>erreicht haben. [Quelle: Paradigmenwechsel, 2006]Mit <strong>de</strong>r Formulierung bei Sozialgeldberechtigten „soweit sie keinen Anspruch nach <strong>de</strong>m 4.Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> haben“, eröffnet <strong>de</strong>r Gesetzgeber auch die ergänzen<strong>de</strong> Leistung vonSozialgeld <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Fall, dass die <strong>Grundsicherung</strong> im Alter und bei vermin<strong>de</strong>rterErwerbsfähigkeit nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> unterhalb <strong>de</strong>s Niveaus <strong>de</strong>r Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>sLebensunterhalts im Sinne <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> liegen sollte. <strong>Die</strong>s ist zurzeit nicht <strong>de</strong>r Fall, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>rEckregelsatz <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> beträgt bun<strong>de</strong>seinheitlich wenigstens 382 Euro. Aber: Da dieRegelbedarfe nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> von <strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>rn festgelegt wer<strong>de</strong>n können, wobei auchörtliche Abweichungen möglich sind (§ 29 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>), müssen sie nicht bun<strong>de</strong>seinheitlich sein.So hatte die Stadt München z.B. ab 01.07.2009 einen Eckregelsatz von 384 Euro bestimmt(ansonsten betrug er zum damaligen Zeitpunkt 359 Euro). Im August 2012 betrug er in <strong>de</strong>rRegelbedarfsstufe 1 in <strong>de</strong>r Stadt München monatlich 393 Euro und im Landkreis München401 Euro, ansonsten bun<strong>de</strong>seinheitlich 374 Euro. [Quelle: Antwort auf eine e-mail-Anfrage:Regierungsrätin <strong>de</strong>s Bayrischen Staatsministeriums <strong>für</strong> Arbeit und Sozialordnung, Familieund Frauen, Frau Dr. Amelie Buchner, 03.08.2012]4.5 DAS VERHÄLTNIS ZUM WOHNGELDBEZUGDa wie bereits unter 4.2 angeführt, die Leistungsberechtigten nach § 12a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> verpflichtetsind, Sozialleistungen an<strong>de</strong>rer Träger in Anspruch zu nehmen und die da<strong>für</strong> erfor<strong>de</strong>rlichenAnträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung o<strong>de</strong>r Vermin<strong>de</strong>rung<strong>de</strong>r Hilfebedürftigkeit erfor<strong>de</strong>rlich ist, gilt dies auch <strong>für</strong> das Wohngeld. Aber – wie an gleicherStelle auch bereits aufgezeigt - nach § 12a Satz 2 Nr. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> besteht keine Verpflichtung,vorrangig Wohngeld nach <strong>de</strong>m Wohngeldgesetz in Anspruch zu nehmen, wenn dadurchnicht die Hilfebedürftigkeit aller Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft <strong>für</strong> einenzusammenhängen<strong>de</strong>n Zeitraum von min<strong>de</strong>stens drei Monaten beseitigt wür<strong>de</strong>.Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 Wohngeldgesetz sind Empfänger von Leistungen <strong>de</strong>s Arbeitslosengelds<strong>II</strong> und <strong>de</strong>s Sozialgelds nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, bei <strong>de</strong>ren Berechnung Kosten <strong>de</strong>r Unterkunftberücksichtigt wor<strong>de</strong>n sind, vom Wohngeld ausgeschlossen Da <strong>de</strong>r Kreis <strong>de</strong>rHaushaltsmitglie<strong>de</strong>r im Sinne <strong>de</strong>s Wohngeldgesetzes erheblich weiter gezogen ist als dieBedarfsgemeinschaft im Sinne <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (siehe § 5 WoGG), kann es leicht vorkommen, dasszu einem Haushalt vom Wohngeld ausgeschlossene Familienmitglie<strong>de</strong>r und vom Wohngeldnicht ausgeschlossene Familienmitglie<strong>de</strong>r gehören. Für solche sogen. Mischhaushalte (dieserBegriff fand sich im § 7 Abs. 4 <strong>de</strong>s alten WoGG bis zu seiner Neuregelung zum Oktober 2008)gilt, dass nur <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>r Miete o<strong>de</strong>r Belastung, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Anteil <strong>de</strong>r zu berücksichtigen<strong>de</strong>nHaushaltsmitglie<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Gesamtzahl <strong>de</strong>r Haushaltsmitglie<strong>de</strong>r entspricht, berücksichtigtwird - § 11 Abs. 3 WoGG.64


Wenn im Haushalt von Arbeitslosengeld <strong>II</strong> beziehen<strong>de</strong>n Eltern unverheiratete Kin<strong>de</strong>r biseinschließlich 24 Jahren leben, die ihren Lebensunterhalt durch eigene Einkünfte <strong>de</strong>ckenkönnen, sind diese also grundsätzlich wohngeldberechtigt.65Achtung!Wichtiger Hinweis:Durch § 8 Abs. 2 WoGG gilt folgen<strong>de</strong> Regelung: Verzichtet das nach § 7 Abs. 1 vomWohngeld ausgeschlossene Familienmitglied auf eine Leistung nach Abs. 2 (dazu gehört u.a.das Arbeitslosengeld <strong>II</strong> und das Sozialgeld) im Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Beantragung vonWohngeld, ist § 46 Abs. 2 <strong>SGB</strong> I – Allgemeiner Teil – nicht anzuwen<strong>de</strong>n. Nach § 46 Abs. 2 <strong>SGB</strong>I ist ein Verzicht auf eine Sozialleistung unwirksam, soweit durch ihn an<strong>de</strong>re Personen o<strong>de</strong>rLeistungsträger belastet o<strong>de</strong>r Rechtsvorschriften umgangen wer<strong>de</strong>n. Durch dieNichtanwendbarkeit dieser Regelung wird Empfängern von Arbeitslosengeld <strong>II</strong> bzw.Sozialgeld praktisch ein Wahlrecht zwischen Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhaltsnach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> und Wohngeld eingeräumt.4.6 DAS VERHÄLTNIS ZUM KINDERZUSCHLAG NACH § 6a BKGGDeckt <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rzuschlag nach § 6a BKGG und ggf. Wohngeld <strong>de</strong>n Bedarf <strong>de</strong>r Familie nach§ 19 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, so ist auch dieser eine vorrangige Sozialleistung, auf <strong>de</strong>ssen Bezug nicht zuGunsten von Arbeitslosengeld <strong>II</strong> verzichtet wer<strong>de</strong>n kann. Ausnahme auch hier die bereitsunter 4.2 erwähnte Regelung aus § 12a Satz 2 Nr. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>: Es besteht keine Verpflichtung,vorrangig Kin<strong>de</strong>rzuschlag nach <strong>de</strong>m BKGG in Anspruch zu nehmen, wenn dadurch nicht dieHilfebedürftigkeit aller Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft <strong>für</strong> einen zusammenhängen<strong>de</strong>nZeitraum von min<strong>de</strong>stens drei Monaten beseitigt wür<strong>de</strong>.In § 6a Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BKGG ist ein sogen. „kleines Wahlrecht“ verankert. Wenn dieHilfebedürftigkeit nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nur ohne die Berücksichtigung von zustehen<strong>de</strong>nMehrbedarfen vermie<strong>de</strong>n wird, können diese Familien zwischen Leistungen <strong>de</strong>r<strong>Grundsicherung</strong> nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> und <strong>de</strong>m Kin<strong>de</strong>rzuschlag wählen. <strong>Die</strong> Bedarfe <strong>für</strong> Bildungund Teilhabe nach § 28 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bleiben bei <strong>de</strong>r Prüfung <strong>de</strong>r Hilfebedürftigkeit außer Betracht.Noch zwei Anmerkungen, die <strong>für</strong> Bezieher von Wohngeld o<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rzuschlag gelten:1. Ein Anspruch auf Leistungen <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe besteht <strong>für</strong>Kin<strong>de</strong>rzuschlagsberechtigte und Wohngel<strong>de</strong>mpfänger nach § 6b BKGG.2. Bei <strong>de</strong>m „kleinen Wahlrecht“ sollte bedacht wer<strong>de</strong>n, dass damit Vergünstigungenwie GEZ-Befreiung und Sozialticket wegfallen!Für beson<strong>de</strong>rs Wissbegierige...Im Anhang befin<strong>de</strong>t sich eine Erarbeitung von mir zum Kin<strong>de</strong>rzuschlag.


66Das ist ja zum Haare raufen...In <strong>de</strong>r Praxis erlebe ich es als ein riesiges Problem, wenn Betroffene vom <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> in dasSystem Wohngeld / Kin<strong>de</strong>rzuschlag wechseln auf Grund <strong>de</strong>r langen Bearbeitungszeitengera<strong>de</strong> beim Wohngeld und nicht vorhan<strong>de</strong>ner Abstimmung zwischen <strong>de</strong>nLeistungsbehör<strong>de</strong>n. Es kann dann sogar passieren, dass <strong>de</strong>r eine Leistungsträger – hier dasWohngeldamt - ablehnt mit <strong>de</strong>r Begründung, dass die zu bewilligen<strong>de</strong> Leistung allein nichtzur Überwindung <strong>de</strong>r Hilfebedürftigkeit nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ausreicht, ohne wie in einem Fall imAugust 2012 erlebt, <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rzuschlag mit einzukalkulieren. Der Kin<strong>de</strong>rzuschlag wur<strong>de</strong>daraufhin von <strong>de</strong>r Familienkasse mit <strong>de</strong>r Begründung abgelehnt, dass ohne Wohngeld dieHilfebedürftigkeit nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nicht vermie<strong>de</strong>n wird. Bis heute (Stand Januar 2013) gibtes keine Klärung in <strong>de</strong>m Fall.Ergänzung September 2013:Nach<strong>de</strong>m die Familienkasse dann doch <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rzuschlag bewilligt hat, gab es beimWohngeld erneut eine Ablehnung, wobei unseres Erachtens fehlerhaft von einem zu hohenErwerbseinkommen ausgegangen wur<strong>de</strong>. Das Wi<strong>de</strong>rspruchsverfahren mit anwaltlicherUnterstützung läuft. Im Frühjahr 2013 hat ein Kind <strong>de</strong>r Familie eine Ausbildung begonnen,ein an<strong>de</strong>res erhält Schülerbafög, dadurch gibt es nun wie<strong>de</strong>r Rückfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>rFamilienkasse. Im August 2013 hat <strong>de</strong>r Vater durch Auftragsverschlechterung beimArbeitgeber <strong>für</strong> eine seiner Arbeitsstellen eine Kündigung erhalten, wahrscheinlich ist dieFamilie nun wie<strong>de</strong>r anspruchsberechtigt nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Gera<strong>de</strong> bei dieser Familie mit 4 Kin<strong>de</strong>rn und schwanken<strong>de</strong>m Einkommen (je<strong>de</strong>s Elternteilhatte bisher 2 Arbeitsstellen) zeigt sich m.E. die Unpraktikabilität <strong>de</strong>s Systems. Das sind dieFälle, wo man am liebsten raten wür<strong>de</strong> „Bleibt doch zu Hause und macht euch da <strong>de</strong>n Tagschön.“....


67Kapitel 5:Personenbezogene Ausschlussgrün<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Leistungen <strong>de</strong>r<strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>SeiteVorbemerkung zur Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft 685.1 Ausschlussgrün<strong>de</strong> <strong>für</strong> Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit 685.1.1 <strong>Die</strong> gesetzlichen Regelungen im <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 685.1.2 Zugang <strong>für</strong> Unionsbürger zu <strong>de</strong>n Leistungen <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 69• Kleiner Exkurs: Zur rechtlichen Bindung von Gerichtsentscheidungen 745.2 Leistungsausschluss bei Unterbringung in einer stationären Einrichtung 755.3 Leistungsausschluss bei Bezug von Rente wegen Alters o<strong>de</strong>rKnappschaftsausgleichleistung o<strong>de</strong>r ähnlicher Leistungenöffentlich-rechtlicher Art 765.4 Leistungsausschluss bei Ortsabwesenheit 775.5 Leistungsausschluss bei Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n und Studieren<strong>de</strong>n 785.5.1 Grundsätzliches zum Ausschluss 785.5.2 Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>, die nicht vom Leistungsausschluss betroffen sind 795.5.3 Leistungen, die nicht vom Ausschluss betroffen sind 80


5 AUSSCHLUSSGRÜNDE BESONDERER PERSONENGRUPPEN VON DENLEISTUNGEN DER GRUNDSICHERUNG FÜR ARBEITSUCHENDENach<strong>de</strong>m im vorhergehen<strong>de</strong>n Kapitel unter 4.2 <strong>de</strong>r allgemeine Nachranggrundsatzbehan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>, nach <strong>de</strong>m Leistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>ausgeschlossen sind, wenn und soweit die Hilfebedürftigkeit an<strong>de</strong>rweitig beseitigt wer<strong>de</strong>nkann - § 3 Abs. 3, erster Halbsatz <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, geht es in diesem Kapitel um Ausschlussgrün<strong>de</strong>, diein <strong>de</strong>r Person <strong>de</strong>s Betreffen<strong>de</strong>n liegen.68Verwiesen sei hier auch auf das nächste Kapitel 6, in <strong>de</strong>m die allgemeinenAnspruchsvoraussetzungen dargestellt wer<strong>de</strong>n.Vorbemerkung zur Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft<strong>Die</strong> Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft ist grundsätzlich davon unabhängig, ob die in <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong>n einzelnen Personen selbst leistungsberechtigt nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong><strong>II</strong> sind. Sie richtet sich allein danach, ob die Normen <strong>für</strong> eine Einbeziehung in dieBedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> erfüllt sind. AusgeschlossenePersonen können jedoch ihrerseits keine Bedarfsgemeinschaft begrün<strong>de</strong>n. Eine Ausnahmehiervon bil<strong>de</strong>n die nach § 7 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ausgeschlossenen Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n undStudieren<strong>de</strong>n, da es sich hier nur um einen teilweisen Ausschluss han<strong>de</strong>lt, siehe dazu weiterunten unter 5.5Das Thema Bedarfsgemeinschaft wird ausführlich im Kapitel 7.1 behan<strong>de</strong>lt5.1 AUSSCHLUSSGRÜNDE BEI PERSONEN MIT AUSLÄNDISCHER STAATSANGEHÖRIGKEIT5.1.1 <strong>Die</strong> gesetzliche Regelung im <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Nicht anspruchsberechtigt sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>:• Auslän<strong>de</strong>r, die we<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r BRD Arbeitnehmer o<strong>de</strong>r Selbständige noch auf Grund <strong>de</strong>s§ 2 Abs. 3 <strong>de</strong>s Freizügigkeitsgesetzes/EU* freizügigkeitsberechtigt sind, und ihreFamilienangehörigen <strong>für</strong> die ersten drei Monate ihres Aufenthalts (Nr. 1),Ausnahme: Sie halten sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 <strong>de</strong>sAufenthaltsgesetzes auf (Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären o<strong>de</strong>rpolitischen Grün<strong>de</strong>n).• Auslän<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>ren Aufenthaltsrecht sich allein aus <strong>de</strong>m Zweck <strong>de</strong>r Arbeitssuche ergibtsowie ihre Familienangehörigen (Nr. 2),• Leistungsberechtigte nach § 1 Asylbewerberleistungsgesetz (Nr. 3).


69* Zu § 2 Abs. 3 FreizügG/EU siehe unter 5.1.2Aus <strong>de</strong>r PraxisAuf Grund <strong>de</strong>r schwierigen wirtschaftlichen Lage in einigen europäischen Län<strong>de</strong>rn und <strong>de</strong>rgera<strong>de</strong> auch <strong>für</strong> junge Menschen fehlen<strong>de</strong>n beruflichen Perspektive kommen in unsereBeratungsstelle – und nicht nur in unsere – beinahe täglich Unionsbürger, die sich hier eineneue Zukunft aufbauen wollen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach <strong>de</strong>rMöglichkeit <strong>de</strong>s Zugangs zu <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungen. Darum wer<strong>de</strong> ich im Folgen<strong>de</strong>n versuchen, diegegenwärtigen <strong>für</strong> die Praxis wichtigsten Regelungen kurz darzustellen, damit sie wenigstenseine grobe Orientierung und Einsicht in die Problematik bieten. Ich habe mich natürlich an<strong>de</strong>r Berliner Praxis orientiert.Allerdings eine Vorwarnung: Dem Männlein stehen zu Recht die Haare zu Berge, dieswird eine schwere Kost! <strong>Die</strong> Auffassungen zu dieser Problematik sind äußerst umstritten, esgibt unterschiedliche Auslegungen, auch weil EU-Recht und nationales Recht hierzusammenstoßen. In <strong>de</strong>r Praxis erleben wir die unterschiedlichsten Entscheidungen bei <strong>de</strong>nJobcentern. <strong>Die</strong> meisten Klienten schicken wir inzwischen zu Anwälten, wenn sie eineAblehnung vom Jobcenter haben, und dann müssen die Gerichte entschei<strong>de</strong>n. Auch dieserfolgt nicht einheitlich. Eine aktuelle BSG-Rechtsprechung gibt es nicht. Es ist mehr alsunbefriedigend in <strong>de</strong>r täglichen Arbeit, wenn man <strong>de</strong>n Klienten nicht mehr sagen kann, wassie voraussichtlich erwartet.Quellenhinweis: Für die Darstellung habe ich das Handout einer AWO-Fachtagung zumThema vom 19.06.2012, zusammengestellt von <strong>de</strong>r Referentin, Frau Rechtsanwältin KleteGrießhaber, genutzt.5.1.2 Zugang <strong>für</strong> Unionsbürger zu <strong>de</strong>n Leistungen <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Allgemeines zum Aufenthalt von EU-BürgernDas Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU-FreizügG/EU) vom 30.07.2004, zuletzt geän<strong>de</strong>rt durch Artikel 14 <strong>de</strong>s Gesetzes zurVerbesserung <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rungschancen am Arbeitsmarkt, BGBl. I S. 2922, regelt dieEinreise und <strong>de</strong>n Aufenthalt von Unionsbürgern und ihren Angehörigen <strong>für</strong> Deutschland undsetzt damit als nationales Gesetz internationales Recht um.Gemäß § 2 Abs. 5 FreizügG/EU besteht grundsätzlich <strong>für</strong> die ersten drei Monate einunbegrenztes Aufenthaltsrecht.Für einen Aufenthalt über die ersten drei Monate hinaus regelt § 2 Abs. 2 FreizügG/EU, werfreizügigkeitsberechtigt ist. <strong>Die</strong>s sind Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer, zurArbeitssuche o<strong>de</strong>r zur Berufsausbildung aufhalten wollen, Selbstständige, Erbringer von<strong>Die</strong>nstleistungen und <strong>Die</strong>nstleistungsempfänger, Nichterwerbstätige, wenn sie über einen


ausreichen<strong>de</strong>n Krankenversicherungsschutz und ausreichend Existenzmittel verfügen sowieFamilienangehörige <strong>de</strong>r Vorgenannten.Wer ist Arbeitnehmer, <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>r o<strong>de</strong>r ein sich zur Berufsausbildung Aufhalten<strong>de</strong>r?<strong>Die</strong> Zugehörigkeit zu <strong>de</strong>n genannten Personenkreisen richtet sich nach europäischemGemeinschaftsrecht.• Nach <strong>de</strong>r Rechtsprechung <strong>de</strong>s Europäischen Gerichtshofes (EuGH) ist Arbeitnehmer,wer im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses während einer bestimmten Zeit einetatsächliche und nicht nur völlig untergeordnete Tätigkeit <strong>für</strong> einen an<strong>de</strong>ren nach<strong>de</strong>ssen Weisung ausübt, <strong>für</strong> die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält. <strong>Die</strong>Arbeitnehmereigenschaft besteht also auch bei Teilzeit, befristeter Beschäftigungund / o<strong>de</strong>r wenn das Einkommen (u.U. auch Sachbezüge!) nicht ausreicht, um <strong>de</strong>nLebensunterhalt sicherzustellen. Strittig ist, wo die Untergrenze <strong>de</strong>r Beschäftigungliegt – einmal 2 Stun<strong>de</strong>n Babysitten in <strong>de</strong>r Woche wird sicher nicht reichen, einEinkommen von 150 Euro wohl schon.• Für die Dauer <strong>de</strong>s Aufenthalts zur Arbeitssuche gibt es auch keine starre Grenze, essollte sich aber um nachweisbare aktive Bemühungen han<strong>de</strong>ln.• Eine Berufsausbildung ist abzugrenzen von einem Praktikum o<strong>de</strong>r Volontariat, einmaßgebliches Kriterium ist eine Entgeltzahlung.Nach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU bleibt das Recht auf Freizügigkeit <strong>für</strong> EU-Bürger und ihreFamilienangehörigen bestehen bei• vorübergehen<strong>de</strong>r Erwerbsmin<strong>de</strong>rung infolge Krankheit o<strong>de</strong>r Unfall,• unfreiwilliger, durch die zuständige Agentur <strong>für</strong> Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeito<strong>de</strong>r Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umstän<strong>de</strong>n, auf die <strong>de</strong>rSelbstständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit,• Aufnahme einer Berufsausbildung, wenn zwischen <strong>de</strong>r Ausbildung und <strong>de</strong>r früherenErwerbstätigkeit ein Zusammenhang besteht; <strong>de</strong>r Zusammenhang ist nichterfor<strong>de</strong>rlich, wenn <strong>de</strong>r Unionsbürger seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren hat.Bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur <strong>für</strong> Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nachweniger als einem Jahr Beschäftigung bleibt das Recht aus Absatz 1 während <strong>de</strong>r Dauer vonsechs Monaten unberührt.Wir sprechen hierbei von <strong>de</strong>m Beibehalten <strong>de</strong>r Arbeitnehmereigenschaft. Auch beiSelbstständigen bleibt bei unschädlichen Unterbrechungen im Sinne <strong>de</strong>s § 2 Abs. 3FreizügG/EU ihr Status bestehen.Eine Son<strong>de</strong>rregelung bestand noch bis zum 31.12.2013 <strong>für</strong> rumänische und bulgarischeStaatsangehörige. Sie unterlagen einer eingeschränkten Arbeitnehmerfreizügigkeit: Für eineTätigkeit als Arbeitnehmer benötigten sie eine Arbeitserlaubnis-EU gemäß § 284 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I.<strong>Die</strong>se war direkt bei <strong>de</strong>r Arbeitsagentur zu beantragen. Es erfolgte eine Vorrangprüfung nach§ 39 Abs. 2 AufenthG, das heißt, es wur<strong>de</strong> geprüft, ob <strong>für</strong> <strong>de</strong>n gewünschten Arbeitsplatz70


<strong>de</strong>utsche Staatsangehörige o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re EU-Arbeitnehmer zur Verfügung stehen. Darüberhinaus waren aber bereits bestimmte Beschäftigungen arbeitsgenehmigungsfrei, z.B. <strong>für</strong>Fachkräfte mit Hochschulabschluss bei einer entsprechend qualifizierten Beschäftigung. <strong>Die</strong>Nie<strong>de</strong>rlassung als Selbständiger war nicht beschränkt. Seit 01.01.2014 sind dieseBeschränkungen nun weggefallen.Freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern und ihren EU-Familienangehörigen wur<strong>de</strong> bishernach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU von Amts wegen unverzüglich eine Bescheinigung über dasAufenthaltsrecht ausgestellt. Im Oktober 2012 hat <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>stag die Abschaffung <strong>de</strong>rFreizügigkeitsbescheinigung beschlossen. <strong>Die</strong> Unionsbürger erhalten nun nur die auch <strong>für</strong>Inlän<strong>de</strong>r übliche Mel<strong>de</strong>bescheinigung.§ 4a FreizügG/EU regelt, dass Unionsbürger und ihre Familienangehörigen einDaueraufenthaltsrecht haben, wenn sie sich rechtmäßig länger als 5 Jahre im Bun<strong>de</strong>sgebietaufgehalten haben. Bei einer mehr als 2-jährigen Abwesenheit geht dasDaueraufenthaltsrecht allerdings verloren, so § 4a Abs. 7 FreizügG/EU. DasDaueraufenthaltsrecht wird nur auf Antrag bescheinigt, es ist empfehlenswert, einensolchen Antrag bei Vorliegen <strong>de</strong>r Voraussetzungen zu stellen.Zugang <strong>de</strong>r EU-Bürger zu <strong>de</strong>n Leistungen <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Wie bereits unter 5.1.1 zu Beginn dargestellt, besteht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> einAusschluss <strong>für</strong> Auslän<strong>de</strong>r, die we<strong>de</strong>r Arbeitnehmer noch Selbstständige noch auf Grund von§ 2 Abs. 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind <strong>für</strong> die ersten drei Monate <strong>de</strong>sAufenthalts sowie nach Nr. 2 <strong>für</strong> Auslän<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>ren Aufenthaltsrecht sich allein aus <strong>de</strong>mZweck <strong>de</strong>r Arbeitssuche ergibt.Zu prüfen ist bei Unionsbürgern also zunächst, ob sie• eine Arbeitnehmereigenschaft besitzen o<strong>de</strong>r eine selbstständige Tätigkeit ausüben. Indiesem Fall besteht bei <strong>de</strong>m Vorliegen <strong>de</strong>r weiteren Voraussetzungen ein Anspruchauf Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Wichtig ist hier sich noch einmal in Erinnerung zurufen, dass die Arbeitnehmereigenschaft o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Status als Selbständiger beiunschädlichen Unterbrechungen nach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU über einen bestimmtenZeitraum erhalten bleibt.• einen an<strong>de</strong>ren Grund als „nur“ die Arbeitssuche haben. Auch dann besteht einLeistungsanspruch nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Hier noch einmal zur „notwendigen Untergrenze“ einer Tätigkeit, die zur Freizügigkeitberechtigt:Nach einer Entscheidung <strong>de</strong>s EuGH vom 18.07.2007, C-213/05, zitiert aus Leitfa<strong>de</strong>n zumArbeitslosengeld <strong>II</strong>, 9. Auflage, S. 147, soll da<strong>für</strong> bereits eine Beschäftigung von monatlich 16bis 20 Stun<strong>de</strong>n bei einem Verdienst von 160 Euro <strong>für</strong> Reinigungstätigkeiten ausreichen. Auchzitiert a.a.O.: Nach LSG Berlin-Bran<strong>de</strong>nburg vom 14.11.2006 – L 14 B 963/06 AS ER, vom14.01.2010 – L 14 AS 1565/09 B ER und vom 01.04.2010 – L 14 AS 418/10 B ER genügt auchein Minijob.71


Gegen <strong>de</strong>n Ausschluss von Unionsbürgern in <strong>de</strong>n ersten drei Monaten ihres Aufenthalts undwenn sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus <strong>de</strong>m Zweck <strong>de</strong>r Arbeitssuche ergibt, bestehenBe<strong>de</strong>nken, dass sie nicht vereinbar mit <strong>de</strong>m Europarecht sind:Kritiker sehen in <strong>de</strong>m Ausschluss vor allem einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbotgemäß Artikel 18 AEUV (Verordnung zum Vertrag über die Arbeitsweise <strong>de</strong>r EU, vormals EG-Vertrag), gegen das Gleichbehandlungsgebots aus Artikel 24 Unionsbürger-Richtlinie (RL2004/38/EG vom 29.04.2004, sogen. Freizügigkeitsrichtlinie) und Artikel 4 <strong>de</strong>r Verordnung883/2004 (Verordnung <strong>de</strong>s Europäischen Parlaments und <strong>de</strong>s Rates vom 29.04.2004 zurKoordinierung <strong>de</strong>r Systeme <strong>de</strong>r sozialen Sicherheit). Eine Entscheidung <strong>de</strong>s BSG zu dieserFrage liegt noch nicht vor.So vertritt <strong>de</strong>r 14. Senat <strong>de</strong>s LSG Berlin-Bran<strong>de</strong>nburg die Auffassung, dass sich aus <strong>de</strong>r VO883/2004 ein Anspruch auf Arbeitslosengeld <strong>II</strong> <strong>für</strong> alle Unionsbürger – also auch <strong>für</strong>Rumänen und Bulgaren – nach gleichen Maßstäben wie <strong>für</strong> Deutsche ableite, selbst wennsich die Unionsbürger allein zum Zweck <strong>de</strong>r Arbeitssuche hier aufhalten – vgl.Entscheidungen vom 30.09.2011 – L 14 AS 1148/11 B, vom 24.04.2012 – L 14 AS 460/12 BER, vom 27.04.2012 – L 14 AS 763/12 B ER und vom 29.06.2012 – L 14 AS 1460/12 B ER..An<strong>de</strong>rer Auffassung ist hingegen <strong>de</strong>r 20. Senat <strong>de</strong>s LSG Berlin-Bran<strong>de</strong>nburg – vgl.Entscheidung vom 29.02.2012 – L 20 AS 2347/11 B ER – und vom 21.06.2012 – L 20 AS1322/12 B ER und <strong>de</strong>r 29. Senat – vgl. Entscheidungen vom 05.03.2012 – L 29 AS 414/12 B ERund vom 22.06.2012 – L 29 AS 1252 12 B ER.Son<strong>de</strong>rfall: Unionsbürger aus Staaten, die das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA)unterzeichnet habenNach <strong>de</strong>r Rechtsprechung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>ssozialgerichts vom 19.10.2010, B 14 AS 23/10 R,sind in Deutschland leben<strong>de</strong> Auslän<strong>de</strong>r nicht vom Bezug von Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>ausgeschlossen, wenn sie sich auf das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) vom11.12.1953 berufen können. In diesem Fall greifen die Ausschlussregelungen <strong>de</strong>s § 7 Nr. 1und 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nicht. Sofern diese Auslän<strong>de</strong>r ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschlandhaben, sind sie von <strong>de</strong>n Leistungen we<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n ersten drei Monaten ausgeschlossen, noch,wenn sich ihr Aufenthalt allein aus <strong>de</strong>m Zweck <strong>de</strong>r Arbeitssuche ergibt. Grund da<strong>für</strong> ist das inArt. 1 EFA verankerte Diskriminierungsverbot <strong>für</strong> Angehörige <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Vertragsstaaten inBezug auf Leistungen <strong>de</strong>r sozialen und Gesundheits<strong>für</strong>sorge. Ein Staat muss dieFürsorgeleistungen, die auf seinem Gebiet vorgesehen sind, auch <strong>de</strong>n Angehörigen <strong>de</strong>ran<strong>de</strong>ren Vertragsstaaten gewähren, die sich bei ihm erlaubt aufhalten und nicht überausreichen<strong>de</strong> Mittel verfügen. Nach Auffassung <strong>de</strong>s BSG fallen die <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungen unterdiese Fürsorgeleistungen.<strong>Die</strong> Län<strong>de</strong>r, die das EFA unterzeichnet haben, sind neben Deutschland: Belgien, Dänemark,Estland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Italien, Luxemburg, Malta, Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>,Norwegen, Portugal, Schwe<strong>de</strong>n, Spanien, Türkei, Vereinigtes Königreich Großbritannien undNordirland.Nach diesem sogenannten „Franzosenurteil“ waren Unionsbürger aus <strong>de</strong>n EAF-Staaten bisFebruar 2012 nicht mehr vom Ausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> betroffen,72


so dass sich <strong>für</strong> diesen Personenkreis die weiter oben erörterte Frage nach <strong>de</strong>m Verstoßgegen EU-Richtlinien und Verordnungen gar nicht mehr stellte.Aber:Am 19.12.2011 hat die Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland einen Vorbehalt zum EFA erklärt, durch<strong>de</strong>n Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>für</strong> die Staatsangehörigen <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren EFA-Unterzeichnerstaaten ausgeschlossen wer<strong>de</strong>n. Am 23.02.2012 erließ die Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong>Arbeit eine Geschäftsanweisung, GZ SP <strong>II</strong> 21 / SP <strong>II</strong> 23 – <strong>II</strong>-1101.1, nach <strong>de</strong>r ab 19.12.2011 dieLeistungsausschlussgrün<strong>de</strong> nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> auch auf Angehörige <strong>de</strong>rEFA-Staaten wie<strong>de</strong>r Anwendung fin<strong>de</strong>n. Inzwischen sind auch die Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>rBun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 21.05.2012, Rn. 7.5a dahingehend abgeän<strong>de</strong>rtwor<strong>de</strong>n. Ob <strong>de</strong>r neue Vorbehalt <strong>de</strong>m Völkerrecht entspricht, ist allerdings sehr umstritten.73Aus <strong>de</strong>r Praxis<strong>Die</strong> Geschäftsanweisung <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit vom Februar 2012 führte dazu, dassviele unserer Klienten aus <strong>de</strong>n betroffenen Län<strong>de</strong>rn Beschei<strong>de</strong> vom Jobcenter erhielten, dassihre Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ab <strong>de</strong>m darauf folgen<strong>de</strong>n Monat eingestellt wer<strong>de</strong>n. Unskam es so vor, dass die Jobcenter in <strong>de</strong>r Kürze <strong>de</strong>r Zeit nun die Übersicht verloren hatten. VonEinstellungen waren auch Personen betroffen, die sehr wohl eine Arbeitnehmereigenschaftbesaßen o<strong>de</strong>r aus einem weiteren Grund als nur zur Arbeitssuche hier waren. Fast je<strong>de</strong>rNeuantragsteller aus diesen Län<strong>de</strong>rn bekam auch erst mal zur Antwort, dass es <strong>für</strong> EU-Auslän<strong>de</strong>r gar keinen Anspruch auf Leistungen mehr gebe und wur<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>r weggeschickt.Für die Betroffenen waren das teilweise dramatische Folgen. Inzwischen (August 2012) hatsich die Situation wie<strong>de</strong>r etwas entspannt. Weiterhin unterschiedlich wird aber von <strong>de</strong>nJobcentern und Gerichten gehandhabt, wo die „notwendige Untergrenze“ <strong>für</strong> eine Tätigkeitliegt und ob die Ausschlussgrün<strong>de</strong> nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> gegen EU-Rechtverstoßen. Nach unseren Erfahrungen wen<strong>de</strong>n die Jobcenter die Ausschlussklauselkonsequent an, bei <strong>de</strong>n Gerichten gibt es – wie dargestellt – unterschiedliche Auffassungen.Das macht die Beratung so schwierig und unbefriedigend.Damit aber nun sich nicht je<strong>de</strong>r die Haare rauft, weil das so kompliziert ist, hier eine kleineFaustformel <strong>für</strong> die Praxis, diese aber bitte auch nur als Faustformel sehen:Tipp: Faustformel <strong>für</strong> die Praxis:• EU-Bürger hat wenigstens einen Minijob o<strong>de</strong>r ist selbständig mit einem monatlichenEinkommen von ca. 200 Euro → es ist relativ sicher, dass Leistungen vom Jobcenterbewilligt wer<strong>de</strong>n.


• Wenn EU-Bürger zur Zeit keinen Job hat und auch nicht selbstständig ist, prüfen, obnach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU auf Grund einer früheren Erwerbstätigkeit <strong>de</strong>r Status alsArbeitnehmer bzw. Selbstständiger noch existiertwenn ja → Leistungsanspruch nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> besteht, notfalls mit Hilfe <strong>de</strong>s Gerichtsdurchsetzen.• EU-Bürger hat keine Arbeitnehmereigenschaft o<strong>de</strong>r keinen Status als Selbständiger →wenig Aussichten auf <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungen, einzige Möglichkeit, dass Leistungen wegenVerstoß gegen EU-Recht vom Gericht zugesprochen wer<strong>de</strong>n (unterschiedlicheEntscheidungen zur Zeit).74Für beson<strong>de</strong>rs Wissbegierige...Kleiner Exkurs an dieser Stelle: Zur rechtlichen Bindung von Gerichtsentscheidungen„Rechtliche Bindung nur <strong>de</strong>r Parteien <strong>de</strong>s RechtsstreitsGerichte entschei<strong>de</strong>n in aller Regel einen Einzelfall. Gerichtsentscheidungen bin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>shalbnur die Parteien <strong>de</strong>s Rechtsstreits im Hinblick auf <strong>de</strong>n entschie<strong>de</strong>nen Sachverhalt. An<strong>de</strong>rePersonen, an<strong>de</strong>re Behör<strong>de</strong>n und Gerichte sind nicht an eine gerichtliche Entscheidunggebun<strong>de</strong>n. Selbst das entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Gericht kann seine Rechtsauffassung in späterenVerfahren je<strong>de</strong>rzeit än<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r aufgeben.Be<strong>de</strong>utung höchstrichterlicher Grundsatzentscheidungen <strong>für</strong> die PraxisTrotz dieser Beschränkung <strong>de</strong>r Rechtswirkung können Entscheidungen <strong>de</strong>r höchsten Gerichte(z.B. <strong>de</strong>s EGMR, EuGH, BVerfG, BVerwG, BSG, BGH und <strong>de</strong>s BAG) eine wertvolle Hilfe bei <strong>de</strong>rAuslegung von Rechtsvorschriften und <strong>de</strong>r Durchsetzung von Rechtsansprüchen sein; <strong>de</strong>nndie unterinstanzlichen Gerichte und die Verwaltungsbehör<strong>de</strong>n weichen nur bei kontroversenhöchstrichterlichen Entscheidungen o<strong>de</strong>r mit sehr gewichtigen neuen Grün<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>rRechtsprechung <strong>de</strong>r höheren Instanz ab, um eine Aufhebung ihrer Entscheidungen zuvermei<strong>de</strong>n.Gesetzeskraft von Entscheidungen <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverfassungsgerichtsGesetzeskraft, d.h. allgemeine verbindliche Wirkung <strong>für</strong> Bürger, Verwaltung und Gerichte,haben nur die Entscheidungen, durch die das Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht eine Vorschrift einesGesetzes o<strong>de</strong>r ein Gesetz als mit <strong>de</strong>m GG o<strong>de</strong>r sonstigem Bun<strong>de</strong>srecht vereinbar o<strong>de</strong>runvereinbar o<strong>de</strong>r <strong>für</strong> nichtig erklärt (§ 31 Abs. 2 BVerfGG). Das Bun<strong>de</strong>sverfassungsgerichtkann in einem solchen Fall auch Vollzugsanordnungen treffen, die Gesetzeskraft haben."zitiert aus: Papenheim/Baltes: Verwaltungsrecht <strong>für</strong> die soziale Praxis; Verlag Recht <strong>für</strong> diesoziale Praxis, 22. überarbeitete Aufl., 2010, S. 97


5.2 LEISTUNGSAUSSCHLUSS BEI UNTERBRINGUNG IN EINER STATIONÄRENEINRICHTUNGNicht anspruchsberechtigt ist nach § 7 Abs. 4 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, wer in einer stationärenEinrichtung untergebracht ist.Aber: Nach § 7 Abs. 4 Satz 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> besteht jedoch kein Leistungsausschluss <strong>für</strong> Personen:• die voraussichtlich <strong>für</strong> weniger als 6 Monate in einem Krankenhaus untergebrachtsind,Anmerkung:Eine getroffene Prognoseentscheidung bleibt <strong>für</strong> <strong>de</strong>n gesamten Bewilligungszeitraumgültig. Zu Beginn eines neuen Bewilligungszeitraum muss eine neue Prognose gestelltwer<strong>de</strong>n. Das folgen<strong>de</strong> Beispiel dazu ist <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweisen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur<strong>für</strong> Arbeit zu § 7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 21.05.2012, Rn. 7.41, entnommen:Beispiel:„<strong>Die</strong> Aufnahme in das Krankenhaus erfolgt am 15.02. Prognostiziert ist ein Aufenthaltvon etwa vier Monaten. Der Bewilligungszeitraum en<strong>de</strong>t am 31.05.<strong>Die</strong> anlässlich <strong>de</strong>s Weiterbewilligungsantrages aufgestellte Prognose ergibt einevoraussichtliche verlängerte Verweildauer bis 30.09. Arbeitslosengeld <strong>II</strong> ist zubewilligen, da <strong>für</strong> die neue Entscheidung von unter sechsmonatiger Unterbringungauszugehen ist.“• o<strong>de</strong>r die in einer stationären Einrichtung untergebracht sind und unter <strong>de</strong>n üblichenBedingungen <strong>de</strong>s allgemeinen Arbeitsmarkts min<strong>de</strong>stens 15 Stun<strong>de</strong>n wöchentlicherwerbstätig sind.75Problem: Wann han<strong>de</strong>lt es sich um eine stationäre Einrichtung?o Der Gesetzgeber hat <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>r stationären Einrichtung nicht <strong>de</strong>finiert. Nach<strong>de</strong>r Rechtsprechung <strong>de</strong>s BSG vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 16/07 R - ist nicht alleindarauf abzustellen, ob <strong>de</strong>r Einrichtungsträger „von <strong>de</strong>r Aufnahme <strong>de</strong>sHilfeempfängers bis zu <strong>de</strong>ssen Entlassung die Gesamtverantwortung <strong>für</strong> <strong>de</strong>ssenLebensführung“ übernommen hat. Es muss vielmehr festgestellt wer<strong>de</strong>n, ob <strong>de</strong>rBetroffene trotz <strong>de</strong>s Aufenthalts in <strong>de</strong>r Einrichtung objektiv einer Erwerbstätigkeitvon min<strong>de</strong>stens 15 Stun<strong>de</strong>n nachgehen kann. Insofern ist von einemeigenständigen Begriff <strong>de</strong>r Einrichtung i.S. <strong>de</strong>s § 7 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> auszugehen.Im zu entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Fall han<strong>de</strong>lte es sich um eine Einrichtung <strong>für</strong> Menschen mitbeson<strong>de</strong>ren sozialen Schwierigkeiten, hier eine Einrichtung <strong>für</strong> wohnungsloseFrauen.


76Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist <strong>de</strong>r Aufenthalt in einer Einrichtungzum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt – § 7 Abs. 4Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.In seiner Entscheidung vom 24.02.2011, B 14 AS 81/09 R, hat das BSG klargestellt,dass auch bei Verbüßen einer Ersatzfreiheitsstrafe <strong>de</strong>r LeistungsausschlussAnwendung fin<strong>de</strong>t.Liegt Hilfebedürftigkeit vor, besteht ein Anspruch auf Leistungen nach <strong>de</strong>m 3. Kapitel <strong>de</strong>s<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.Zwar bestimmt § 19 Abs. 1 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, dass nicht erwerbsfähige Angehörige, die miterwerbsfähigen Leistungsberechtigten in Bedarfsgemeinschaft leben, Sozialgeld erhalten,soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach <strong>de</strong>m 4. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> haben. EinAnspruch nach <strong>de</strong>m 4. Kapitel besteht bei vorübergehen<strong>de</strong>n stationären Aufenthalten, bei<strong>de</strong>nen keine dauerhafte volle Erwerbsmin<strong>de</strong>rung festgestellt wur<strong>de</strong>, nicht.<strong>Die</strong> Regelung in § 7 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist aber im Verhältnis zu § 19 Abs. 1 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> diespeziellere Regelung, darum bleibt es beim Leistungsausschluss aus <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, beivorliegen<strong>de</strong>r Hilfebedürftigkeit bestän<strong>de</strong> ein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach<strong>de</strong>m 3. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.5.3 LEISTUNGSAUSSCHLUSS BEI BEZUG VON RENTE WEGEN ALTERS ODERKNAPPSCHAFTSAUSGLEICHLEISTUNG ODER ÄHNLICHER LEISTUNGEN ÖFFENTLICH-RECHTLICHER ARTDer Ausschluss erfolgt auch hier nach § 7 Abs. 4 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Der Leistungsausschluss erfolgt unabhängig von <strong>de</strong>r Höhe o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Eintrittsalter <strong>de</strong>sRentenbeziehers bzw. <strong>de</strong>s Beziehers vergleichbarer Leistungen. Reicht die Altersrente nichtaus, um <strong>de</strong>n notwendigen Lebensunterhalt zu <strong>de</strong>cken, besteht bei Vorliegen <strong>de</strong>r übrigenVoraussetzungen ein Anspruch auf Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>: bei Erreichen <strong>de</strong>rAltersgrenze nach <strong>de</strong>m 4. Kapitel – <strong>Grundsicherung</strong> im Alter, vor Erreichen <strong>de</strong>r Altersgrenzenach <strong>de</strong>m 3. Kapitel – Hilfe zum Lebensunterhalt.Zur Altersgrenze - § 7a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Personen, die vor <strong>de</strong>m 01.01.1947 geboren sind, haben die Altersgrenze mit Ablauf <strong>de</strong>sMonats (!) erreicht, in <strong>de</strong>m sie das 65. Lebensjahr vollen<strong>de</strong>n. Für Personen, die nach <strong>de</strong>m31.12.1946 geboren sind, beträgt die Altersgrenze wie folgt:Für <strong>de</strong>n GeburtsjahrgangAltersgrenze mit Ablauf <strong>de</strong>s Monats, in <strong>de</strong>m einLebensalter vollen<strong>de</strong>t wird von1947 65 Jahren und 1 Monat1948 65 Jahren und 2 Monaten1949 65 Jahren und 3 Monaten1950 65 Jahren und 4 Monaten


771951 65 Jahren und 5 Monaten1952 65 Jahren und 6 Monaten1953 65 Jahren und 7 Monaten1954 65 Jahren und 8 Monaten1955 65 Jahren und 9 Monaten1956 65 Jahren und 10 Monaten1957 65 Jahren und 11 Monaten1958 66 Jahren1959 66 Jahren und 2 Monaten1960 66 Jahren und 4 Monaten1961 66 Jahren und 6 Monaten1962 66 Jahren und 8 Monaten1963 66 Jahren und 10 MonatenAb 196467 Jahren5.4 LEISTUNGSAUSSCHLUSS BEI ORTSABWESENHEITNach § 7 Abs. 4a Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> erfolgt auch ein Leistungsausschluss <strong>für</strong> Personen, die sichohne Zustimmung <strong>de</strong>s Jobcenters außerhalb <strong>de</strong>s zeit- und ortsnahen Bereichs aufhalten und<strong>de</strong>shalb nicht <strong>für</strong> die Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit zur Verfügung stehenNach <strong>de</strong>r Übergangsvorschrift <strong>de</strong>s § 77 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> gilt § 7 Abs. 4a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>de</strong>r bis zum31.12.2010 gelten<strong>de</strong>n Fassung bis zum Inkrafttreten einer nach § 13 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> erlassenenRechtsverordnung. Hiernach erhält keine Leistungen, wer sich ohne Zustimmung <strong>de</strong>spersönlichen Ansprechpartners außerhalb <strong>de</strong>s in <strong>de</strong>r Erreichbarkeits-Anordnung (EAO)<strong>de</strong>finierten zeit- und ortsnahen Bereiches aufhält.<strong>Die</strong> Erreichbarkeits-Anordnung lautet mit vollem Titel:Anordnung <strong>de</strong>s Verwaltungsrats <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sanstalt <strong>für</strong> Arbeit zur Pflicht <strong>de</strong>s Arbeitslosen,Vorschlägen <strong>de</strong>s Arbeitsamtes zur beruflichen Einglie<strong>de</strong>rung zeit- und ortsnah Folge leisten zukönnen (Erreichbarkeits-Anordnung – EAO)Vom 23. Oktober 1997 (Amtliche Nachrichten <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sanstalt <strong>für</strong> Arbeit S. 1685)Zuletzt geän<strong>de</strong>rt durch 2. Än<strong>de</strong>rungsanordnung zur EAO vom 26. September 2008 (ANBA S. 5)Zu fin<strong>de</strong>n ist sie z.B. auf <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit unter:http://www.arbeitsagentur.<strong>de</strong>/zentraler-Content/A20-Intern/A201-Organisation/Publikation/pdf/Anhang-B-Anordnungen-<strong>de</strong>s-Verwaltungsrats.pdfaber z. B. auch in <strong>de</strong>r Ausgabe „Das gesamte Sozialgesetzbuch <strong>SGB</strong> I bis <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>“ <strong>de</strong>sWALHALLA-Fachverlages.Der Arbeitslose hat z.B. sicherzustellen, „dass das Arbeitsamt ihn persönlich an je<strong>de</strong>mWerktag an seinem Wohnsitz o<strong>de</strong>r gewöhnlichen Aufenthalt unter <strong>de</strong>r von ihm benanntenAnschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann“.<strong>Die</strong> Zustimmung zur Ortsabwesenheit soll erteilt wer<strong>de</strong>n, wenn ein wichtiger Grund vorliegtund die Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit nicht beeinträchtigt wird. Das kann z. B. eine medizinische


Rehabilitation sein, die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit o<strong>de</strong>r die Teilnahme an einerVeranstaltung, z.B. zu gesellschaftspolitischen Themen.<strong>Die</strong> Zustimmung kann auch erteilt wer<strong>de</strong>n, wenn kein wichtiger Grund vorliegt und dieEinglie<strong>de</strong>rung in Arbeit nicht beeinträchtigt wird. In diesem Fall soll die Abwesenheit in <strong>de</strong>rRegel insgesamt drei Wochen im Kalen<strong>de</strong>rjahr nicht überschreiten.Sie kann aber auch auf Wunsch <strong>de</strong>s Leistungsberechtigten <strong>für</strong> einen Zeitraum von bis zu sechsWochen erteilt wer<strong>de</strong>n, das Arbeitslosengeld <strong>II</strong> wird in diesen Fällen aber nur <strong>für</strong> die erstendrei Wochen gewährt. Will sich ein Leistungsberechtigter zusammenhängend länger als sechsWochen ortsabwesend aufhalten, ist dies nur insgesamt ohne Leistungsgewährung möglich,vgl. die Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 21.05.2012,Rn. 7.69.5.5 LEISTUNGSAUSSCHLUSS BEI AUSZUBILDENDEN UND STUDIERENDEN5.5.1 Grundsätzliches zum AusschlussAuszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>, <strong>de</strong>ren Ausbildung im Rahmen <strong>de</strong>s BAföG o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r §§ 51, 57 und 58 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I<strong>de</strong>m Grun<strong>de</strong> nach för<strong>de</strong>rungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> hinaus(siehe weiter unten) keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhaltsnach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> - § 7 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Es erfolgt in diesem Fall also nur ein teilweiser Ausschluss. Darum ist es – wie bereits in <strong>de</strong>rVorbemerkung zu diesem Kapitel erwähnt – möglich, dass diese Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n ihrerseitseine eigene Bedarfsgemeinschaft begrün<strong>de</strong>n, zum Beispiel mit ihrem Kind o<strong>de</strong>r auch einerauf Zeit voll erwerbsgemin<strong>de</strong>rten Mutter, letzteres aus einem Beispiel in <strong>de</strong>n FachlichenHinweisen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 21.05.2012, Rn. 7.26b.Darum noch einmal ganz <strong>de</strong>utlich::78Achtung:Der Leistungsausschluss betrifft nicht die Kin<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Studieren<strong>de</strong>n!(siehe auch Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 19 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand20.05.2011, Rn. 19.3)Der Ausschluss <strong>de</strong>r Studieren<strong>de</strong>n führt nicht dazu, dass ihre Kin<strong>de</strong>r keinen Leistungsanspruchnach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> haben, Bedürftigkeit vorausgesetzt. Wenn die studieren<strong>de</strong> Mutter o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>rstudieren<strong>de</strong> Vater erwerbsfähig ist, fällt er unter das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> und das Kind über dieBedarfsgemeinschaft ebenfalls. Wenn das Kind <strong>de</strong>n eigenen Bedarf nicht aus eigenemEinkommen o<strong>de</strong>r Vermögen beschaffen kann, hat es Anspruch auf Sozialgeld. Das Kin<strong>de</strong>rgeldist zwar beim Kind als Einkommen zu berücksichtigen, die Ausbildungsför<strong>de</strong>rung nach <strong>de</strong>mBAföG ist aber als zweckbestimmte Leistung ausschließlich zur Finanzierung <strong>de</strong>sLebensunterhalts <strong>de</strong>s studieren<strong>de</strong>n Elternteils bestimmt und darf nicht auf <strong>de</strong>n Bedarfan<strong>de</strong>rer Personen angerechnet wer<strong>de</strong>n. Auch <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rbetreuungszuschlag nach § 14bBAföG bleibt nach § 14b Abs. 2 Satz 1 BAföG als Einkommen unberücksichtigt.


79Für <strong>de</strong>n Leistungsausschluss ist allein ausreichend, dass die Ausbildung als solche abstraktför<strong>de</strong>rungsfähig ist, es kommt nicht darauf an, ob jemand För<strong>de</strong>rungsleistungen tatsächlicherhält o<strong>de</strong>r nicht und im letzteren Fall, aus welchen Grün<strong>de</strong>n man keine För<strong>de</strong>rung erhält.So ist ein Studium immer abstrakt för<strong>de</strong>rungsfähig – es gibt aber vielfältige Grün<strong>de</strong>, aus<strong>de</strong>nen ein Studieren<strong>de</strong>r keinen individuellen Anspruch auf Ausbildungsför<strong>de</strong>rung habenkann, z.B.• weil es sich bei <strong>de</strong>m Studium um eine individuell nicht mehr för<strong>de</strong>rungsfähigeweitere Ausbildung nach § 7 Abs. 2 BAföG han<strong>de</strong>lt o<strong>de</strong>r• weil <strong>de</strong>r Studieren<strong>de</strong> bei Beginn <strong>de</strong>s Studiums die Altersgrenze von 30 Jahren bereitsüberschritten hat, ohne dass ein Ausnahmetatbestand im Sinne <strong>de</strong>s § 10 Abs. 3BAföG vorliegt o<strong>de</strong>rAchtung:Der Leistungsausschluss betrifft nicht Studieren<strong>de</strong> bei folgen<strong>de</strong>n Fallgestaltungen, da hierkeine För<strong>de</strong>rungsfähigkeit nach <strong>de</strong>m BAföG vorliegt:• bei Beurlaubung• bei Unterbrechung <strong>de</strong>s Studiums wegen Schwangerschaft o<strong>de</strong>r Erkrankung <strong>für</strong> länger alsdrei Monate, vgl. Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand,21.05.2012, Rn. 7.82• bei Teilzeitstudium, vgl. § 2 Abs. 5 BAföG und Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong>Arbeit zu § 7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand, 21.05.2012, Rn. 7.82a5.5.2 Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>, die nicht vom Leistungsausschluss betroffen sindNach § 7 Abs. 6 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> gilt <strong>de</strong>r Leistungsausschluss nicht <strong>für</strong> Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>,• die aufgrund von § 2 Abs. 1a BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsför<strong>de</strong>rung bzw.aufgrund von § 60 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I keinen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfehaben (Nr. 1).oNach § 2 Abs. 1a BAföG besteht nur dann ein För<strong>de</strong>rungsanspruch <strong>für</strong>weiterführen<strong>de</strong> allgemeinbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Schulen ab Klasse 10 und <strong>für</strong> Fach- undFachoberschulklassen, <strong>de</strong>ren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nichtvoraussetzt, wenn <strong>de</strong>r Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> nicht bei seinen Eltern wohnt, und1. von <strong>de</strong>r Wohnung <strong>de</strong>r Eltern aus eine entsprechen<strong>de</strong> zumutbareAusbildungsstätte nicht erreichbar ist,2. einen eigenen Haushalt führt und verheiratet o<strong>de</strong>r in einerLebenspartnerschaft verbun<strong>de</strong>n ist o<strong>de</strong>r war,3. einen eigenen Haushalt führt und mit min<strong>de</strong>stens einem Kindzusammenlebt.


80oNach § 60 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I wird <strong>de</strong>r Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> bei einer beruflichen Ausbildungnur geför<strong>de</strong>rt, wenn er1. außerhalb <strong>de</strong>s Hauses <strong>de</strong>r Eltern o<strong>de</strong>r eines Elternteils wohnt und2. die Ausbildungsstätte von <strong>de</strong>r Wohnung <strong>de</strong>r Eltern o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Elternteilsaus nicht in angemessener Zeit erreicht wer<strong>de</strong>n kann.<strong>Die</strong> Voraussetzung nach Nr. 2 gilt jedoch nicht, wenn <strong>de</strong>r Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>1. 18 Jahre o<strong>de</strong>r älter ist,2. verheiratet o<strong>de</strong>r in einer Lebenspartnerschaft verbun<strong>de</strong>n ist o<strong>de</strong>r war,3. mit min<strong>de</strong>stens einem Kind zusammenlebt,4. aus schwerwiegen<strong>de</strong>n sozialen Grün<strong>de</strong>n nicht auf die Wohnung <strong>de</strong>r Elterno<strong>de</strong>r eines Elternteils verwiesen wer<strong>de</strong>n kann.• <strong>de</strong>ren Bedarf sich nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG, nach § 62 Abs. 1 o<strong>de</strong>r § 124 Abs. 1Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I bemisst (Nr. 2):oooNach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG gilt als monatlicher Bedarf <strong>für</strong> Schüler ausBerufsfachschulen und Fachschulklassen, <strong>de</strong>ren Besuch eine abgeschlosseneBerufsausbildung nicht voraussetzt, 216 Euro. In <strong>de</strong>r Praxis sprechen wir hiervom sogen. „Mini-Bafög“.§ 62 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I bezieht sich auf <strong>de</strong>n Bedarf <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Lebensunterhalt beiberufsvorbereiten<strong>de</strong>n Maßnahmen, wenn <strong>de</strong>r Teilnehmer im Haushalt <strong>de</strong>r Eltern/ <strong>de</strong>s Elternteils lebt, er richtet sich nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG, beträgt alsoauch 216 Euro.§ 124 Abs. 1 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I bezieht sich auf die Teilhabe behin<strong>de</strong>rter Menschen amArbeitsleben, hier auf <strong>de</strong>n Bedarf von Teilnehmern an berufsvorbereiten<strong>de</strong>nBildungsmaßnahmen, Unterstützter Beschäftigung und Grundausbildung, <strong>de</strong>rsich ebenfalls, wenn <strong>de</strong>r Teilnehmer im Haushalt <strong>de</strong>r Eltern / <strong>de</strong>s Elternteils lebt,nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG richtet• die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule o<strong>de</strong>r ein Abendgymnasiumbesuchen, sofern sie aufgrund von § 10 Abs. 3 <strong>de</strong>s BAföG keinen Anspruch aufAusbildungsför<strong>de</strong>rung haben (Nr. 3): dies gilt also <strong>für</strong> Schüler <strong>de</strong>r genanntenEinrichtungen, die bei Beginn <strong>de</strong>r Ausbildung das 30. Lebensjahr vollen<strong>de</strong>t haben undallein <strong>de</strong>swegen keine För<strong>de</strong>rung erhalten.5.5.3 Leistungen, die nicht vom Ausschluss betroffen sind<strong>Die</strong> nach § 7 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ausgeschlossenen Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n erhalten bei Bedarf zurSicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts nach § 27 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> folgen<strong>de</strong> Leistungen• Mehrbedarfe wegen Schwangerschaft, Alleinerziehung, kostenaufwändigerErnährung aus medizinischen Grün<strong>de</strong>n und / o<strong>de</strong>r eines im Einzelfall unabweisbaren,laufen<strong>de</strong>n, nicht nur einmaligen beson<strong>de</strong>ren Bedarfes,


• Bedarf <strong>für</strong> Erstausstattungen <strong>für</strong> Bekleidung und Erstausstattungen beiSchwangerschaft und Geburt,• in bestimmten Fällen ein Zuschuss zu <strong>de</strong>n angemessenen Aufwendungen <strong>für</strong>Unterkunft und Heizung.• In beson<strong>de</strong>ren Härtefällen können Leistungen <strong>für</strong> Regelbedarfe, Bedarfe <strong>für</strong>Unterkunft und Heizung und notwendige Beiträge zur Kranken- undPflegeversicherung als Darlehen erbracht wer<strong>de</strong>n.Wann es sich um einen beson<strong>de</strong>ren Härtefall han<strong>de</strong>lt, kann <strong>de</strong>r Rechtsprechung zumfrüheren § 26 Abs. 1 Satz 2 BSHG entnommen wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r die gleiche Regelungenthielt mit <strong>de</strong>m Unterschied, dass auch zuschussweise Leistungen vorgesehenwaren. In <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweisen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zum § 27 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>,Stand 20.09.2012, fin<strong>de</strong>t sich in <strong>de</strong>r Anlage 1 eine – nicht abschließen<strong>de</strong> – Übersichtüber die Rechtsprechung zum BSHG. <strong>Die</strong> Fachlichen Hinweise, Stand 20.09.2012,gehen unter <strong>de</strong>r Rn. 27.13 auch davon aus, dass Alleinerziehen<strong>de</strong>n neben <strong>de</strong>mStudium eine Erwerbstätigkeit in <strong>de</strong>r Regel nicht möglich ist ohne ihr Kind zuvernachlässigen; in diesen Fällen wird das Vorliegen eines Härtefalles angenommen.• Für <strong>de</strong>n Monat <strong>de</strong>r Aufnahme einer Ausbildung können Leistungen i.V.m. § 24 Abs. 4<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> als Darlehen erbracht wer<strong>de</strong>n.• In Verbindung mit § 22 Abs. 8 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> können auch Leistungen <strong>für</strong> die Übernahme vonSchul<strong>de</strong>n zur Sicherung <strong>de</strong>r Unterkunft o<strong>de</strong>r bei einer vergleichbaren Notlage (z.B.Stromschul<strong>de</strong>n) erbracht wer<strong>de</strong>n.81Hierzu siehe auch ausführlich die Ausführungen unter 12.8 -Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>.Leistungen <strong>für</strong>


82Kapitel 6Anspruchsvoraussetzungen und Antragstellung• Wer erhält Leistungen?Seite6.1 Zu <strong>de</strong>n Altersgrenzen 836.2 Zur Erwerbsfähigkeit 836.2.1 Zum Kriterium <strong>de</strong>r Erwerbsfähigkeit 836.2.2 <strong>Die</strong> Entscheidungszuständigkeit 846.3 Zur Hilfebedürftigkeit 85• Kleiner Exkurs: Zur Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s § 9 Abs. 2 Satz 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>(Einkommensverteilung innerhalb <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft) 876.4 Zum gewöhnlichen Aufenthalt 896.5 <strong>Die</strong> Antragstellung 906.5.1 Antragserfor<strong>de</strong>rnis 906.5.2 Antragsberechtigung 916.5.3 Beginn <strong>de</strong>r Leistungen 926.5.4 Bewilligung <strong>de</strong>r Leistungen 93


836 ANSPRUCHSVORAUSSETZUNGEN UND ANTRAGSTELLUNGWer erhält Leistungen?Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> gibt es vier Leistungsvoraussetzungen: Leistungen erhaltenPersonen, die• das 15. Lebensjahr vollen<strong>de</strong>t und die Altersgrenze nach § 7a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> noch nichterreicht haben,• erwerbsfähig sind,• hilfebedürftig sind und• ihren gewöhnlichen Aufenthalt in <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland habenVerwiesen sei an dieser Stelle auf das vorhergehen<strong>de</strong> Kapitel 5, in <strong>de</strong>m dieAusschlussgrün<strong>de</strong> beschrieben wer<strong>de</strong>n, die auch bei Vorliegen <strong>de</strong>r hier genanntenLeistungsvoraussetzungen zu keinem Anspruch auf Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> führen.Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einerBedarfsgemeinschaft leben - § 7 Abs. 2 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Näheres zur Bedarfsgemeinschaft siehein Kapitel 7.16.1. ZU DEN ALTERSGRENZEN• Das 15. Lebensjahr wird am Tag <strong>de</strong>s 15. Geburtstages vollen<strong>de</strong>t.• Personen, die vor <strong>de</strong>m 01.01.1947 geboren sind, haben die Altersgrenze mit Ablauf<strong>de</strong>s Monats erreicht, in <strong>de</strong>m sie das 65. Lebensjahr vollen<strong>de</strong>t haben – so § 7a Satz 1<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• Für Personen, die nach <strong>de</strong>m 31.12.1946 geboren sind, erhöht sich die Altersgrenzeschrittweise bis auf <strong>de</strong>n Ablauf <strong>de</strong>s Monats, in <strong>de</strong>m das 67. Lebensjahr (ab Jahrgang1964) vollen<strong>de</strong>t wird, siehe auch im vorigen Kapitel unter 5.36.2 ZUR ERWERBSFÄHIGKEIT6.2.1 Zum Kriterium <strong>de</strong>r Erwerbsfähigkeit<strong>Die</strong> Erwerbsfähigkeit wird bestimmt durch zwei Kriterien: die Erwerbsfähigkeit immedizinischen Sinne (körperliche und psychische Leistungsfähigkeit) und durch dieZugangsberechtigung zum Arbeitsmarkt.• Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit o<strong>de</strong>r Behin<strong>de</strong>rung auf absehbare Zeitaußerstan<strong>de</strong> ist, unter <strong>de</strong>n üblichen Bedingungen <strong>de</strong>s allgemeinen Arbeitsmarktesmin<strong>de</strong>stens drei Stun<strong>de</strong>n täglich erwerbstätig zu sein - § 8 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.


Damit knüpft diese Definition an <strong>de</strong>n in § 43 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> VI <strong>de</strong>finierten Begriff<strong>de</strong>r vollen Erwerbsmin<strong>de</strong>rung an, die vorliegt, wenn jemand wegen Krankheit o<strong>de</strong>rBehin<strong>de</strong>rung auf nicht absehbare Zeit außerstan<strong>de</strong> ist, unter <strong>de</strong>n üblichenBedingungen <strong>de</strong>s allgemeinen Arbeitsmarktes min<strong>de</strong>stens drei Stun<strong>de</strong>n täglicherwerbstätig zu sein.Aus <strong>de</strong>m Vorstehen<strong>de</strong>n ergibt sich auch, dass Bezieher einer so genanntenArbeitsmarktrente Anspruch auf <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungen haben. Eine Arbeitsmarktrente isteine volle Erwerbsmin<strong>de</strong>rungsrente, die <strong>de</strong>shalb gezahlt wird, weil dasLeistungsvermögen weniger als sechs Stun<strong>de</strong>n beträgt und ein leistungsgerechterArbeitsplatz nicht zur Verfügung steht.• In <strong>de</strong>m Sinne <strong>de</strong>r Gesetzes<strong>de</strong>finition können Auslän<strong>de</strong>r nur erwerbstätig sein, wennihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist o<strong>de</strong>r erlaubt wer<strong>de</strong>n könnte.Ausreichend ist dabei die rechtliche Möglichkeit, eine Beschäftigung vorbehaltlicheiner Zustimmung nach § 39 <strong>de</strong>s Aufenthaltsgesetzes aufzunehmen - § 8 Abs. 2 <strong>SGB</strong><strong>II</strong>.• Nicht zu verwechseln ist <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>r Erwerbsfähigkeit mit <strong>de</strong>r Zumutbarkeit vonArbeit. So sind im Sinne <strong>de</strong>s Gesetzes auch erwerbsfähig Kin<strong>de</strong>r ab 15 Jahren, auchwenn sie noch die Schule besuchen (hier spricht ein wichtiger Grund gegen dieZumutbarkeit - § 10 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>), Personen, die Kin<strong>de</strong>r bis zum 3. Geburtstagerziehen o<strong>de</strong>r Angehörige pflegen (ergibt sich aus § 10 Abs. 1 Nr. 3 und 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>) undnur vorübergehend arbeitsunfähige Personen, die krankgeschrieben sind.6.2.2 <strong>Die</strong> Entscheidungszuständigkeit• Nach § 44a Abs. 1 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> stellt die Agentur <strong>für</strong> Arbeit fest, ob die o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> erwerbsfähig ist. Hierzu wird meist <strong>de</strong>r Ärztliche <strong>Die</strong>nst <strong>de</strong>r Agentur<strong>für</strong> Arbeit eingeschaltet, <strong>de</strong>r sowohl die allgemeine Erwerbsfähigkeit prüft sowieauch eine Einschätzung <strong>de</strong>s (Rest-) Leistungsvermögens vornimmt.Grundsätzlich wird bei nachfragen<strong>de</strong>n Personen im Alter zwischen <strong>de</strong>m vollen<strong>de</strong>ten15. Lebensjahr bis zum Erreichen <strong>de</strong>r Altersgrenze gemäß § 7a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> von einerErwerbsfähigkeit ausgegangen. Ausnahmen sind Fälle nach § 45 Satz 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> (esliegen bereits entsprechen<strong>de</strong> Feststellungen / Gutachten <strong>de</strong>r Rentenversicherungo<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Fachausschusses einer Werkstatt <strong>für</strong> behin<strong>de</strong>rte Menschen über eine volleErwerbsmin<strong>de</strong>rung vor).• Der Entscheidung <strong>de</strong>r Agentur <strong>für</strong> Arbeit können nach Satz 2 wi<strong>de</strong>rsprechen1. <strong>de</strong>r kommunale Träger,2. ein an<strong>de</strong>rer Leistungsträger, <strong>de</strong>r bei voller Erwerbsmin<strong>de</strong>rung zuständig wäre(<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>- o<strong>de</strong>r Rentenversicherungsträger), o<strong>de</strong>r3. die Krankenkasse, die bei Erwerbsfähigkeit Leistungen <strong>de</strong>rKrankenversicherung zu erbringen hätte.(= sogen. Trägerwi<strong>de</strong>rspruch)Im Wi<strong>de</strong>rspruchsfall hat die Agentur <strong>für</strong> Arbeit eine gutachterliche Stellungnahme<strong>de</strong>s Rentenversicherungsträgers nach § 109 a Abs. 3 <strong>SGB</strong> VI einzuholen. An diese84


Stellungnahme ist die Agentur <strong>für</strong> Arbeit bei ihrer Entscheidung über <strong>de</strong>nWi<strong>de</strong>rspruch gebun<strong>de</strong>n. Ebenso die <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I-, <strong>SGB</strong> V-, <strong>SGB</strong> VI- und <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>-Träger.Bis zur Entscheidung über <strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rspruch erbringen die Agentur <strong>für</strong> Arbeit und <strong>de</strong>rkommunale Träger bei Vorliegen <strong>de</strong>r übrigen Voraussetzungen Leistungen nach <strong>de</strong>m<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> - § 44a Abs. 1 Satz 7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• Ist <strong>de</strong>r Hilfesuchen<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>r Entscheidung über seine Erwerbsfähigkeit nichteinverstan<strong>de</strong>n, kann er Wi<strong>de</strong>rspruch bzw. Klage gegen <strong>de</strong>n <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Ablehnungs- o<strong>de</strong>rBewilligungsbescheid erheben. So kann wegen <strong>de</strong>s günstigeren Vermögensschutzesim <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ein Verbleib <strong>de</strong>s Hilfebedürftigen in diesem Rechtskreis günstiger sein. DasSozialgericht ist nicht an die Beurteilung <strong>de</strong>s Rentengutachtens gebun<strong>de</strong>n.6.3 ZUR HILFEBEDÜRFTIGKEIT• „Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht o<strong>de</strong>r nicht ausreichend aus <strong>de</strong>mzu berücksichtigen<strong>de</strong>n Einkommen o<strong>de</strong>r Vermögen sichern kann und dieerfor<strong>de</strong>rliche Hilfe nicht von an<strong>de</strong>ren, insbeson<strong>de</strong>re von Angehörigen o<strong>de</strong>r vonTrägern an<strong>de</strong>rer Sozialleistungen, erhält.“ - § 9 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>85Zum Verhältnis von <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungen zu an<strong>de</strong>ren Leistungen siehe imKapitel 4Wie<strong>de</strong>rholt sei in diesem Zusammenhang: Wenn jemand tatsächlich Leistungen zumLebensunterhalt von an<strong>de</strong>ren erhält, kommt es nicht darauf an, ob <strong>de</strong>r Hilfeleisten<strong>de</strong>die Mittel mit o<strong>de</strong>r ohne rechtliche Verpflichtung erbringt, sie wer<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>nerfor<strong>de</strong>rlichen Lebensunterhalt angerechnet. <strong>Die</strong> Vorschrift be<strong>de</strong>utet aber auch, dassnur gegengerechnet wer<strong>de</strong>n kann, was <strong>de</strong>r Leistungsberechtigte tatsächlich erhält,also zum Beispiel kein fiktiver Unterhalt o<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rgeld o.ä., wie es in <strong>de</strong>r Praxisimmer wie<strong>de</strong>r vorkommt. Vgl. auch Schoch in LPK-<strong>II</strong>, 5. Aufl., zu § 9, Rn. 10.Auch, wenn nach § 12a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> Leistungsberechtigte verpflichtet sind, Sozialleistungenan<strong>de</strong>rer Träger in Anspruch zu nehmen und die da<strong>für</strong> erfor<strong>de</strong>rlichen Anträge zustellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung o<strong>de</strong>r Vermin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>rHilfebedürftigkeit erfor<strong>de</strong>rlich ist, so ist auch immer § 5 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zu beachten,nach <strong>de</strong>m die <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungsträger selbst Anträge auf Leistungen an<strong>de</strong>rer Trägerstellen sowie Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einlegen können, wennLeistungsberechtigte trotz Auffor<strong>de</strong>rung einen erfor<strong>de</strong>rlichen Antrag nicht stellen. Indiesen Fällen ist das Verhängen einer Sanktion nach § 31 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>für</strong> <strong>de</strong>nLeistungsberechtigten zu verneinen, so Armborst in LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5. Aufl., zu § 5, Rn. 50.• Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaftleben, auch das Einkommen und Vermögen <strong>de</strong>s Partners zu berücksichtigen.• Bei unverheirateten Kin<strong>de</strong>rn, die mit ihren Eltern o<strong>de</strong>r einem Elternteil in einerBedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem


Einkommen o<strong>de</strong>r Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen undVermögen <strong>de</strong>r Eltern o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Elternteils und <strong>de</strong>ssen in <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaftleben<strong>de</strong>n Partners zu berücksichtigen - § 9 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.<strong>Die</strong>s gilt aber nicht <strong>für</strong> ein Kind, das schwanger ist o<strong>de</strong>r sein leibliches Kind bis zurVollendung <strong>de</strong>s 6. Lebensjahres betreut - § 9 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Nach <strong>de</strong>rGesetzesbegründung BT-Drs. 15/1516, 53 dient diese Einschränkung <strong>de</strong>m Schutz <strong>de</strong>sungeborenen Lebens. Sie soll sicherstellen, dass schwangere Kin<strong>de</strong>r nicht wegen <strong>de</strong>sansonsten üblichen Einsatzes <strong>de</strong>s Elterneinkommens <strong>für</strong> die in <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>r zu einem Schwangerschaftsabbruch veranlasstwer<strong>de</strong>n. Eine vergleichbare Regelung gab es bereits im § 11 Abs. 1 Satz 2 2. HS BSHG.• Hilfebedürftig ist auch ein Kind in einer Bedarfsgemeinschaft, in <strong>de</strong>r wegenangerechneten Einkommens kein weiteres Mitglied <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaftleistungsberechtigt ist, jedoch <strong>de</strong>r Bedarf <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe nach § 28 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><strong>für</strong> das Kind nicht vollständig ge<strong>de</strong>ckt ist.• Hilfebedürftig ist auch <strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r sofortige Verbrauch o<strong>de</strong>r die sofortigeVerwertung von zu berücksichtigen<strong>de</strong>m Vermögen nicht möglich ist o<strong>de</strong>r <strong>für</strong> <strong>de</strong>n dieseine beson<strong>de</strong>re Härte be<strong>de</strong>uten wür<strong>de</strong> - § 9 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• Wenn ein Hilfebedürftiger in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten o<strong>de</strong>rVerschwägerten lebt, wird vermutet, dass er von ihnen Leistungen erhält, soweit diesnach <strong>de</strong>ren Einkommen und Vermögen erwartet wer<strong>de</strong>n kann- § 9 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• Beispiele <strong>für</strong> Hilfebedürftigkeit in Son<strong>de</strong>rfällen: Hilfebedarf besteht nur <strong>für</strong> die Son<strong>de</strong>rbedarfe nach § 24 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>(Erstausstattungen <strong>für</strong> die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten,Erstausstattungen <strong>für</strong> Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaftund Geburt, Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen,Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Mietevon therapeutischen Geräten), siehe unter Kapitel 12.3. Hilfebedarf zur Überbrückung nach § 24 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Danach könnenLeistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts als Darlehen erbracht wer<strong>de</strong>n,soweit in <strong>de</strong>m Monat, <strong>für</strong> <strong>de</strong>n die Leistungen erbracht wer<strong>de</strong>n, voraussichtlichEinnahmen zufließen. Ein Beispiel hier<strong>für</strong> ist die Überbrückung bei einerArbeitsaufnahme bis zur ersten Lohnzahlung.86


87Für beson<strong>de</strong>rs Wissbegierige...Kleiner Exkurs:Zur Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s § 9 Abs. 2 Satz 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> mit <strong>de</strong>m Wortlaut: „Ist in einerBedarfsgemeinschaft nicht <strong>de</strong>r gesamte Bedarf aus eigenen Mitteln und Kräften ge<strong>de</strong>ckt,gilt je<strong>de</strong> Person <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis <strong>de</strong>s eigenen Bedarfs zumGesamtbedarf als hilfebedürftig, ...“<strong>Die</strong> Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit schließt aus diesem Satz auf eine horizontaleEinkommensverteilung, die dazu führt, dass in einer Bedarfsgemeinschaft auch diejenigePerson hilfebedürftig wird, die ihren eigenen Bedarf selbst <strong>de</strong>cken kann:Beispiel:Familie A. besteht aus Herrn A., Frau A. und <strong>de</strong>n 13 Jahre alten Zwillingen K 1 und K 2. Herr A.bezieht Arbeitslosengeld in Höhe von 760 Euro monatlich, Frau A. hat kein Einkommen,ebenso wenig die bei<strong>de</strong>n zur Schule gehen<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>r. <strong>Die</strong> angemessene Warmmiete beträgt600 Euro.Der individuelle Bedarf von Herrn und Frau A. beträgt jeweils 353 Euro plus anteiligeWarmmiete 150 Euro = 503 Euro.Der individuelle Bedarf <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>r beträgt jeweils 261 Euro plus anteilige Warmmiete150 Euro = 411 Euro.Das anzurechnen<strong>de</strong> Einkommen von Herrn A. wird zunächst um die Versicherungspauschalebereinigt und beträgt so 730 Euro. Es übersteigt seinen Bedarf um 227 Euro, so dass erkeinen Leistungsanspruch hätte.→ Nach <strong>de</strong>r Auffassung <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit erfolgt die Verteilung <strong>de</strong>s Einkommensaber horizontal nach <strong>de</strong>m Bedarfsanteil aller Bedarfsgemeinschaftsmitglie<strong>de</strong>r:Nach Vorabzug <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rgel<strong>de</strong>s vom Bedarf <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r wird das bereinigte Arbeitslosengeldvon 730 Euro auf die vier Personen <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis <strong>de</strong>s individuellen,nicht ge<strong>de</strong>ckten Bedarfs zum gesamten nicht ge<strong>de</strong>ckten Bedarf verteilt und macht auf dieseWeise Herrn A. zum Bedürftigen sowie enthält <strong>de</strong>n übrigen Familienmitglie<strong>de</strong>rn Leistungen,die diese zur Existenzsicherung benötigen, vor. Außer<strong>de</strong>m unterliegt Herr A. damit auch „<strong>de</strong>mFor<strong>de</strong>rn“, das heißt, es kann von ihm auch verlangt wer<strong>de</strong>n, sich um eine „ertragreichere“Arbeit zu bemühen, um die Hilfebedürftigkeit <strong>de</strong>r gesamten Familie zu beseitigen o<strong>de</strong>rwenigstens zu verringern.<strong>Die</strong>se Regelung ist von einigen Sozialrechtlern stark kritisiert wor<strong>de</strong>n, vgl. dazu z.B.ausführlich Kievel in Zeitschrift <strong>für</strong> Fürsorgewesen 2005, S. 217 ff., Labrenz in Zeitschrift <strong>für</strong>Fürsorgewesen 2008, S. 217 ff. und Rosenow in <strong>Die</strong> Sozialgerichtsbarkeit 2008, S. 282 ff. Einekritische Würdigung fin<strong>de</strong>t sich auch bei Schoch im LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5. Aufl., zu § 9, Rn. 41, dieebenfalls die Auffassung vertreten, dass die vertikale Berechnung eine sachgerechteAuslegung wäre.


88Argumente gegen die Verteilung nach <strong>de</strong>r Bedarfsanteilmetho<strong>de</strong> sind:• Auch <strong>für</strong> das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> muss <strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>m BSHG bekannte und anerkannteIndividualitätsgrundsatz gelten. Bedarf und Einkommen müssen also bei je<strong>de</strong>meinzelnen Mitglied <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft gegenübergestellt wer<strong>de</strong>n. Das heißt,Einkommen min<strong>de</strong>rt zuerst <strong>de</strong>n eigenen Bedarf. Liegt bei einer Person einEinkommensüberschuss vor, dann dürfte nur dieser Überschuss im Verhältnis <strong>de</strong>rHöhe <strong>de</strong>s unge<strong>de</strong>ckten Bedarfs zum unge<strong>de</strong>ckten Gesamtbedarf <strong>de</strong>r zurBedarfsgemeinschaft gehören<strong>de</strong>n Familienmitglie<strong>de</strong>r aufgeteilt wer<strong>de</strong>n, nach <strong>de</strong>rsogen. Proportionalmetho<strong>de</strong>.• Nach <strong>de</strong>r Berechnungsweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur wer<strong>de</strong>n somit auch Personenhilfebedürftig gemacht, die selbst über ausreichend Einkommen verfügen. DerMensch ist aber nach grundsätzlichem Verständnis als einzelnes Rechtssubjektanzusehen. Damit muss auch je<strong>de</strong>s Mitglied <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft einen eigenenRechtsanspruch auf Leistungen haben, <strong>de</strong>r sich vorrangig an <strong>de</strong>r eigenenLeistungskraft und nachrangig an <strong>de</strong>r Einstandspflicht an<strong>de</strong>rer zu bemessen hat. <strong>Die</strong>Vorgehensweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur wi<strong>de</strong>rspricht damit <strong>de</strong>m Grundrecht auf Achtungund Schutz <strong>de</strong>r Menschenwür<strong>de</strong>.• Eine Folge <strong>für</strong> die Betroffenen davon ist natürlich dann auch, dass diese Personen„<strong>de</strong>m For<strong>de</strong>rn“ unterliegen, auf Verlangen müssen sie zum Beispiel eineEinglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung abschließen, Vermittlungen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur Folgeleisten...• <strong>Die</strong> Berechnungsweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur ist auch komplizierter und wenigernachzuvollziehen. Damit verstößt sie im Ergebnis gegen das Bestimmtheitsgebot <strong>de</strong>s§ 33 Abs. 1 <strong>SGB</strong> X.• Kievel führt <strong>de</strong>s Weiteren an und weist es an Beispielen nach, dass durch dieBerechnungsweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur eine Benachteiligung bei <strong>de</strong>r Kostenverteilung<strong>de</strong>r kommunalen Träger erfolgt, die Frage also auch eine politische Dimension hat.Das BSG hat sich in einem Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 8/06 R – zu <strong>de</strong>r Problematikgeäußert und hält, obwohl es <strong>de</strong>tailliert <strong>de</strong>n auch <strong>für</strong> das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> gelten<strong>de</strong>nIndividualitätsgrundsatz untermauert, an <strong>de</strong>r sogen. Bedarfsanteilsgemeinschaft fest. In Nr.15 <strong>de</strong>r Entscheidungsgrün<strong>de</strong> kommt das Gericht zu <strong>de</strong>m Ergebnis, die Regelung in § 9 Abs. 2Satz 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sei nicht verfassungswidrig mit <strong>de</strong>r Kernbegründung, das über ausreichen<strong>de</strong>seigenes Einkommen verfügen<strong>de</strong> Mitglied <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft bekomme ja noch etwasdazu.Geiger greift in seinem Leitfa<strong>de</strong>n zum Arbeitslosengeld <strong>II</strong>, 9. Aufl., S. 46, <strong>de</strong>n Vorteil <strong>de</strong>rRegelung <strong>für</strong> eine „funktionieren<strong>de</strong>“ Bedarfsgemeinschaft auf: „Im Ergebnis erhalten die„wirklich“ hilfebedürftigen Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r BG keinen Cent weniger als bei <strong>de</strong>r Anwendung <strong>de</strong>rsozialhilferechtlichen Verteilungsregel: darüber hinaus sichert aber erst dieBruchteilsverteilung eventuelle Ansprüche auf Einglie<strong>de</strong>rungsleistungen o<strong>de</strong>r sonstige an <strong>de</strong>nAlg <strong>II</strong>-Bezug geknüpfte Vorteile.“ So können die Betroffenen z.B. auch ein Sozialticketerhalten.


Nachteile erkennt Geiger <strong>für</strong> eine nicht funktionieren<strong>de</strong> Bedarfsgemeinschaft: „<strong>Die</strong> quotaleVerteilung kürzt <strong>de</strong>n Leistungsanspruch <strong>de</strong>s voll Leistungsberechtigen um Einkommensteilean<strong>de</strong>rer BG-Mitglie<strong>de</strong>r, ohne zu gewährleisten, dass innerhalb <strong>de</strong>r BG ein entsprechen<strong>de</strong>rEinkommensausgleich stattfin<strong>de</strong>t.“ (Leitfa<strong>de</strong>n zum Arbeitslosengeld <strong>II</strong>, 9. Aufl., S. 47)89<strong>Die</strong> Bedarfs- und Haushaltsgemeinschaft und <strong>de</strong>ren rechtliche Folgen <strong>für</strong> dieEinkommens- und Vermögensberücksichtigung <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>r untereinan<strong>de</strong>r ist imfolgen<strong>de</strong>n Kapitel 7 dargestellt. Verwiesen sei auch auf das Kapitel 14 „<strong>Die</strong>Einkommensberücksichtigung“, vor allem in diesem Zusammenhang auf die Abschnitte14.5 „Berücksichtigung von Einkommen an<strong>de</strong>rer Personen“, 14.6 „Beson<strong>de</strong>rheiten bei<strong>de</strong>r Einkommensberücksichtigung von Kin<strong>de</strong>rn und 14.7 „Ein ausführliches Beispiel <strong>für</strong>die Berechnung von Ansprüchen auf Arbeitslosengeld <strong>II</strong> und Sozialgeld“.6.4 ZUM GEWÖHNLICHEN AUFENTHALTWas zählt als gewöhnlicher Aufenthalt?Nach <strong>de</strong>r gesetzlichen Definition <strong>de</strong>s § 30 Abs. 3 Satz 2 <strong>SGB</strong> I hat jemand <strong>de</strong>n gewöhnlichenAufenthalt dort, wo er sich unter Umstän<strong>de</strong>n aufhält, die erkennen lassen, dass er andiesem Ort o<strong>de</strong>r in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.• Nach BVerwG ist ausreichend, dass man sich an <strong>de</strong>m Ort o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>m Gebiet „bis aufweiteres“ im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält und dort seinenLebensmittelpunkt hat, so Schoch in LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5. Aufl., zu § 36, Rn. 8.• Ein mel<strong>de</strong>rechtlicher Wohnsitz ist nicht erfor<strong>de</strong>rlich, ebenso wenig ein Wohnsitz imSinne von § 30 Abs. 2 Satz 1 <strong>SGB</strong> I; damit entfällt auch das Erfor<strong>de</strong>rnis einer festenWohnung o<strong>de</strong>r Unterkunft. Auch Wohnungslosigkeit schließt damit nicht vonLeistungen <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> aus, so Schoch in LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5. Aufl., zu § 36, Rn. 19.• Vom Erfor<strong>de</strong>rnis <strong>de</strong>s gewöhnlichen Aufenthalts wird abgesehen, wenn ein solchernicht feststellbar ist. In solchen Fällen wird <strong>für</strong> die örtliche Zuständigkeit <strong>de</strong>r Träger<strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> an <strong>de</strong>n tatsächlichen Aufenthalt <strong>de</strong>s erwerbsfähigenLeistungsberechtigten angeknüpft - § 36 Satz 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Zur sachlichen und örtlichen Zuständigkeit <strong>de</strong>r Träger <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong>sleistungensiehe unter Kapitel 3.


90Tipp <strong>für</strong> die Praxis:Wer Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> beantragt, muss erreichbar sein und eine Anschrift haben,um die Post <strong>de</strong>s Jobcenters empfangen zu können und <strong>de</strong>r Vermittlung in Arbeit zurVerfügung zu stehen. Für Wohnungslose besteht daher oft bei Beratungsstellen <strong>für</strong>Wohnungslose die Möglichkeit, eine Erreichbarkeitsanschrift zu bekommen.6.5 DIE ANTRAGSTELLUNG6.5.1 Antragserfor<strong>de</strong>rnis<strong>Die</strong> Leistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> wer<strong>de</strong>n auf Antrag erbracht - § 37Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Leistungen nach § 24 Abs. 1 (<strong>für</strong> einen im Einzelfall vom Regelbedarf zur Sicherung <strong>de</strong>sLebensunterhalts umfassten und unabweisbaren Bedarf) und Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (<strong>für</strong> die sogenannten einmaligen Bedarfe) und Leistungen nach § 28 Abs. 2 (<strong>für</strong> Klassenfahrten /Ausflüge), Abs. 4 (<strong>für</strong> Schülerbeför<strong>de</strong>rung), Abs. 5 (<strong>für</strong> Lernför<strong>de</strong>rung), Abs. 6 (<strong>für</strong>gemeinschaftliche Mittagsverpflegung) und Abs. 7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (<strong>für</strong> Teilhabe am sozialen undkulturellen Leben) sind geson<strong>de</strong>rt zu beantragen.Eine Weitergewährung von Leistungen nach En<strong>de</strong> eines Bewilligungsabschnittes setzt einenneuen Antrag voraus, so auch BSG, Entscheidungen vom 18.01.2011, B 4 AS 99/10 R undB 4 AS 29/10 R.Da das Gesetz keine Vorschriften über die Form <strong>de</strong>s Antrags enthält, ist ein schriftlicherAntrag nicht erfor<strong>de</strong>rlich, <strong>de</strong>r Antrag kann also auch z.B. mündlich gestellt wer<strong>de</strong>n.Antragsvordrucke haben lediglich <strong>de</strong>n Sinn, dass <strong>de</strong>r Leistungsträger über diesen Weg die <strong>für</strong>die Leistung o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>ren Ablehnung maßgeblichen Tatsachen abfragt (Sachverhaltsermittlungnach § 20 <strong>SGB</strong> X) und Antragsteller auf diesem Wege ihrer Mitwirkungsobliegenheit (§ 60Abs. 1 Nr. 1, 3 <strong>SGB</strong> I) nachkommen.Der Antrag ist im „Jobcenter“ zu stellen. Nach § 6d <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> tragen diesen Namen die <strong>für</strong> die<strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> Arbeitsuche zuständigen Behör<strong>de</strong>n – die gemeinsamen Einrichtungennach § 44b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> und die zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Wird <strong>de</strong>r Antrag bei einem nicht zuständigen Leistungsträger o<strong>de</strong>r bei einer Gemein<strong>de</strong>gestellt, ist <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Verfahrensgang § 16 Abs. 2 <strong>SGB</strong> I maßgeblich: <strong>de</strong>r nicht zuständige Trägerhat <strong>de</strong>n Antrag unverzüglich an <strong>de</strong>n zuständigen Träger weiterzuleiten. Als Antragszeitpunktgilt <strong>de</strong>r Eingang beim nicht zuständigen Träger.


91Tipp <strong>für</strong> die Praxis an dieser Stelle, in <strong>de</strong>r ich schon so einiges erlebt habe...:Es kommt immer wie<strong>de</strong>r vor, dass Klienten mir berichten, dass sie einen Antrag beimJobcenter stellen wollten, am Empfang ihnen aber gesagt wur<strong>de</strong>, dass sie sowieso keinenAnspruch auf die gewünschten Leistungen haben wür<strong>de</strong>n bzw. es solche gar nicht gäbe.Darum noch einmal ganz <strong>de</strong>utlich: Anträge immer schriftlich stellen und einen schriftlichenBescheid verlangen. Wenn man eine Ablehnung „in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n“ hält, kann man in Ruheprüfen, ob es Sinn macht, Rechtsbehelfe einzulegen. Auch stimmen oft die ersten Auskünftein <strong>de</strong>n Empfangszonen gar nicht.Grundsätzlich empfehle ich, sich immer eine Bestätigung über eine Vorsprache geben zulassen und wenn Dokumente, Unterlagen o<strong>de</strong>r Antragsformulare abgeben wer<strong>de</strong>n, auchdarüber eine Empfangsbestätigung zu verlangen. Wenn dann etwas wegkommt, sind dieBetroffenen wenigstens auf <strong>de</strong>r sicheren Seite, und es kann ihnen z. B. keine fehlen<strong>de</strong>Mitwirkung vorgeworfen wer<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong> Unterlagen sollten auch immer mit <strong>de</strong>r Nummer <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft gekennzeichnet wer<strong>de</strong>n, ich mache das inzwischen auf je<strong>de</strong>mPapierblatt.<strong>Die</strong>ser Tipp gilt natürlich nicht nur <strong>für</strong> das Jobcenter!6.5.2 Antragsberechtigung:Ein vollständiges Novum, das mit <strong>de</strong>r Einführung <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>verbun<strong>de</strong>n ist, ist die Bevollmächtigungsvermutung in § 38 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> mit <strong>de</strong>r Überschrift:„Vertretung <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft“. Danach wird – soweit Anhaltspunkte nichtentgegenstehen – vermutet, dass <strong>de</strong>r erwerbsfähige Leistungsberechtigte bevollmächtigt ist,Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> auch <strong>für</strong> die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong>nPersonen zu beantragen und entgegenzunehmen. Leben mehrere erwerbsfähigeLeistungsberechtigte in einer Bedarfsgemeinschaft, gilt diese Vermutung zugunsten<strong>de</strong>sjenigen, <strong>de</strong>r die Leistungen beantragt.Aber:Eine Selbstverständlichkeit ist, dass je<strong>de</strong>s Mitglied <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft berechtigt ist,<strong>für</strong> sich selbst Leistungen zu beantragen und dass Eltern o<strong>de</strong>r Elternteile als gesetzlicheVertreter Leistungen <strong>für</strong> ihre min<strong>de</strong>rjährigen Kin<strong>de</strong>r, soweit bei diesen sozialrechtlicheHandlungsfähigkeit nach § 36 <strong>SGB</strong> I – also ab vollen<strong>de</strong>tem 15. Lebensjahr - noch nichtvorliegt, zu beantragen berechtigt sind.Wie im letzten Absatz schon erwähnt, können Anträge auf Sozialleistungen nach Vollendung<strong>de</strong>s 15. Lebensjahres gestellt wer<strong>de</strong>n - § 36 <strong>SGB</strong> I. In diesem Fall soll <strong>de</strong>r gesetzlicheVertreter über die Antragstellung und die erbrachten Sozialleistungen informiert wer<strong>de</strong>n,seine Zustimmung ist <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Leistungsanspruch nicht notwendig.


92Achtung!Bei Aufhebungs- und Erstattungsbeschei<strong>de</strong>n gilt diese Vertretung <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaftnicht. Der entsprechen<strong>de</strong> Bescheid ist hier an die Person zu richten, von <strong>de</strong>r Leistungenzurückgefor<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n.6.5.3 Beginn <strong>de</strong>r LeistungenLeistungen wer<strong>de</strong>n nicht <strong>für</strong> Zeiten vor <strong>de</strong>r Antragstellung erbracht - § 37 Abs. 2 Satz 1 <strong>SGB</strong><strong>II</strong>. Aber: Nach Satz 2 wirkt <strong>de</strong>r Antrag auf <strong>de</strong>n Ersten <strong>de</strong>s Monats zurück.Eine Ausnahme gibt es seit 01.08.2013 <strong>für</strong> Leistungen nach § 28 Abs. 7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (kulturelleTeilhabe <strong>für</strong> unter 18-Jährige): Der Antrag wirkt, wenn daneben an<strong>de</strong>re Leistungen zurSicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts erbracht wer<strong>de</strong>n, auf <strong>de</strong>n Beginn <strong>de</strong>s aktuellenBewilligungszeitraums zurück - § 37 Abs. 2 Satz 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.§ 40 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> regelt die Fälle i.V.m. § 28 <strong>SGB</strong> X, wenn ein Leistungsberechtigter zunächstvon <strong>de</strong>r Stellung eines Antrages auf Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> abgesehen hat, weil er beieinem an<strong>de</strong>ren Leistungsträger einen Anspruch auf an<strong>de</strong>re Sozialleistungen geltend gemachthat, diese ihm aber versagt wur<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r nun zu erstatten sind.<strong>Die</strong>se Konstellation ist in § 28 <strong>SGB</strong> X so geregelt, dass <strong>de</strong>r nachgeholte Antrag auf die ersteLeistung bis zu einem Jahr zurückwirkt, wenn er innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf<strong>de</strong>s Monats gestellt wird, in <strong>de</strong>m die Ablehnung (o<strong>de</strong>r Erstattung) <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Leistungbin<strong>de</strong>nd gewor<strong>de</strong>n ist. Nach § 40 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist § 28 <strong>SGB</strong> X mit <strong>de</strong>r Maßgabe anzuwen<strong>de</strong>n,dass <strong>de</strong>r Antrag unverzüglich* nach Ablauf <strong>de</strong>s Monats, in <strong>de</strong>m die Ablehnung o<strong>de</strong>rErstattung <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Leistung bin<strong>de</strong>nd gewor<strong>de</strong>n ist, nachzuholen ist. <strong>Die</strong> Frist wur<strong>de</strong> alsostark verkürzt.Beispiel:Nach<strong>de</strong>m Herr A. seine jahrelange selbständige Tätigkeit wegen schlechter Auftragslageaufgegeben hat, fin<strong>de</strong>t er bei <strong>de</strong>r Firma X eine Anstellung. Lei<strong>de</strong>r gerät auch diewirtschaftliche Lage <strong>de</strong>r Firma in eine Schieflage. Darum wird Herr A. nach 10 Monaten ausbetrieblichen Grün<strong>de</strong>n von seiner Firma zum 15. September gekündigt. Am 16. Septembergeht er zur Arbeitsagentur, mel<strong>de</strong>t sich arbeitslos und beantragt Arbeitslosengeld. Am 20.Oktober erhält er <strong>de</strong>n Bescheid von <strong>de</strong>r Arbeitsagentur, dass er wegen fehlen<strong>de</strong>rAnwartschaftszeit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat. Er hat in <strong>de</strong>r maßgeblichenRahmenfrist nach § 143 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I (2 Jahre) nur 10 Monate in einemVersicherungspflichtverhältnis gestan<strong>de</strong>n. Für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld wärennach § 142 Abs. 1 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I aber wenigstens 12 Monate notwendig. Aus seinervorhergehen<strong>de</strong>n selbständigen Beschäftigung kann Herr A. keine Ansprüche ableiten, da ernicht von <strong>de</strong>r Möglichkeit Gebrauch gemacht hatte, <strong>de</strong>r freiwilligenArbeitslosenversicherung <strong>für</strong> Selbstständige („Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag“nach § 28a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I) beizutreten.Herr A. lebt zunächst von seinen Ersparnissen. Da nun aber die Feiertage vor <strong>de</strong>r Tür stehen,die Ersparnisse merklich geschrumpft sind und eine neue Arbeit auch nicht in Sicht ist, gehter am 10. Dezember zum Jobcenter und stellt einen Antrag auf Arbeitslosengeld <strong>II</strong>.


Der Ablehnungsbescheid <strong>de</strong>r Arbeitsagentur <strong>für</strong> das Arbeitslosengeld ist ein Verwaltungsakt.Ein Verwaltungsakt wird bestandskräftig, wenn er nicht mehr mit einem Rechtsbehelfangefochten wer<strong>de</strong>n kann, also nach einem Monat, das war hier also am 20. November.Herr A. könnte also bis zum 20. Dezember* <strong>de</strong>n Antrag auf Arbeitslosengeld <strong>II</strong> beimJobcenter nachholen, damit § 40 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> i.V.m. § 28 <strong>SGB</strong> X greifen wür<strong>de</strong>. Da er dies am10. Dezember getan hat, gilt sein Antrag beim Jobcenter als am 16. September gestellt undwirkt über § 37 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> auf <strong>de</strong>n 01. September zurück.* Durch die Formulierung „unverzüglich“ ist es nicht ein<strong>de</strong>utig, bis wann <strong>de</strong>r Antrag gestelltwer<strong>de</strong>n muss. Conradis in LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5. Aufl., zu § 40, Rn. 37, geht davon aus, dass dieAntragstellung innerhalb eines Monats nach Bestandskraft <strong>de</strong>r Ablehnung <strong>de</strong>r ursprünglichbeantragten Leistung noch rechtzeitig sein müsste, da die gesetzliche Regelung <strong>de</strong>rÜberlegungszeit <strong>für</strong> Rechtsbehelfe gegen Beschei<strong>de</strong> ein Monat beträgt. <strong>Die</strong>ser Auffassungwird mit <strong>de</strong>m dargestellten Beispiel gefolgt.93/ <strong>Die</strong> Auffassung von Conradis ist mir sympathisch, aber ob es alle Gerichte sosehen, ist fraglich. So müssen sich nach § 38 Abs. 1 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I Personen, die Kenntnis von<strong>de</strong>r Beendigung ihres Ausbildungs- o<strong>de</strong>r Arbeitsverhältnisses erhalten, wenn zwischen dieserKenntnis und <strong>de</strong>r Beendigung weniger als drei Monate liegen, innerhalb von drei Tagen bei<strong>de</strong>r Arbeitsagentur mel<strong>de</strong>n. Auch das könnte als „unverzüglich“ angesehen wer<strong>de</strong>n.6.5.4 Bewilligung <strong>de</strong>r LeistungenNach § 41 Abs. 1 Satz 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sollen die Leistungen jeweils <strong>für</strong> sechs Monate bewilligt undmonatlich im Voraus erbracht wer<strong>de</strong>n.Nach Satz 5 kann <strong>de</strong>r Bewilligungszeitraum auf bis zu zwölf Monate beiLeistungsberechtigten verlängert wer<strong>de</strong>n, bei <strong>de</strong>nen eine Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Verhältnisse indiesem Zeitraum nicht zu erwarten ist.


Kapitel 7: <strong>Die</strong> Bedarfsgemeinschaft und die Haushaltsgemeinschaft mitVerwandten o<strong>de</strong>r Verschwägerten sowie ihre rechtlichen Folgen94Seite7.1 <strong>Die</strong> Bedarfsgemeinschaft <strong>de</strong>s § 7 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 957.1.1 Wer gehört zu einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>? 95• Zu <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft gehören...• Zuordnung von Partnern zur Bedarfsgemeinschaft• Beson<strong>de</strong>rheiten bei <strong>de</strong>r Zuordnung von Kin<strong>de</strong>rn zurBedarfsgemeinschaft7.1.2 Rechtsfolgen bei Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft 97• Exkurs: Zur beson<strong>de</strong>ren Thematik Stiefelternunterhalt 987.1.3 Son<strong>de</strong>rfall: Mischbedarfsgemeinschaft bei Leistungsausschlusseines Angehörigen 1037.2 <strong>Die</strong> Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten o<strong>de</strong>r Verschwägerten<strong>de</strong>s § 9 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 1037.2.1 Wann han<strong>de</strong>lt es sich um eine Haushaltsgemeinschaftim Sinne <strong>de</strong>s § 9 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>? 1037.2.2 Rechtsfolgen bei Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft 1047.3 <strong>Die</strong> Wohngemeinschaft 1047.4 Kein Zusammenleben in einem Haushalt, aber Besteheneiner Unterhaltsverpflichtung 105


7 DIE BEDARFSGEMEINSCHAFT UND DIE HAUSHALTSGEMEINSCHAFT MITVERWANDTEN ODER VERSCHWÄGERTEN SOWIE IHRE RECHTLICHEN FOLGEN95Eine alleinstehen<strong>de</strong> erwerbsfähige Person, die nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> leistungsberechtigt ist, wirdim Gesetzestext als „erwerbsfähiger Leistungsberechtigter“ bezeichnet. Wenn mehrerePersonen mit wenigstens einer erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einemHaushalt zusammenleben, kann es sich dabei um eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne <strong>de</strong>s § 7Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> o<strong>de</strong>r um eine Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten o<strong>de</strong>r Verschwägerten imSinne <strong>de</strong>s § 9 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> han<strong>de</strong>ln. Das Gesetz knüpft daran unterschiedliche Rechtsfolgen.Da in <strong>de</strong>r Praxis die Anzahl von Menschen, die in Wohngemeinschaften leben, meinesErachtens ansteigt, wird ganz kurz unter 7.3 auch auf diese Wohnform eingegangen.7.1 DIE BEDARFSGEMEINSCHAFT DES § 7 ABS. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>7.1.1 Wer gehört zu einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ?Zu einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> gehören1. die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,2. die im Haushalt leben<strong>de</strong>n Eltern o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r im Haushalt leben<strong>de</strong> Elternteil einesunverheirateten erwerbsfähigen Kin<strong>de</strong>s, welches das 25. Lebensjahr noch nichtvollen<strong>de</strong>t hat, und die im Haushalt leben<strong>de</strong> Partnerin o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r im Haushalt leben<strong>de</strong>Partner dieses Elternteils,3. als Partnerin o<strong>de</strong>r Partner <strong>de</strong>r erwerbsfähigen Leistungsberechtigtena. die nicht dauernd getrennt leben<strong>de</strong> Ehegattin o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r nicht dauerndgetrennt leben<strong>de</strong> Ehegatte,b. die nicht dauernd getrennt leben<strong>de</strong> Lebenspartnerin o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r nicht dauerndgetrennt leben<strong>de</strong> Lebenspartnerc. eine Person, die mit <strong>de</strong>r erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person ineinem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständigerWürdigung <strong>de</strong>r wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung<strong>für</strong>einan<strong>de</strong>r zu tragen und <strong>für</strong>einan<strong>de</strong>r einzustehen,4. die <strong>de</strong>m Haushalt angehören<strong>de</strong>n unverheirateten Kin<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Nummern 1 bis 3genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollen<strong>de</strong>t haben,soweit sie nicht aus eigenem Einkommen o<strong>de</strong>r Vermögen die Leistungen zurSicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts beschaffen können.Aus <strong>de</strong>m Vorstehen<strong>de</strong>n ergibt sich, dass sich in einer Bedarfsgemeinschaft auch mehrereerwerbsfähige Leistungsberechtigte befin<strong>de</strong>n können.Zu 3. – Zuordnung von Partnern zur BedarfsgemeinschaftUnter diesem Punkt wer<strong>de</strong>n alle Partnerschaften erfasst, bei <strong>de</strong>nen es sich nicht um dauerndgetrennt leben<strong>de</strong> Ehegatten o<strong>de</strong>r Lebenspartner han<strong>de</strong>lt, und zwar unabhängig vom


Geschlecht, also: eheähnliche Partnerschaften und alle homosexuellen Partnerschaften, dienicht eingetragen sind. Dazu enthält <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m Fortentwicklungsgesetz 2006 neueingefügte Abs. 3a <strong>de</strong>s § 7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> folgen<strong>de</strong> Regelung:Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung <strong>für</strong>einan<strong>de</strong>r zu tragen und <strong>für</strong>einan<strong>de</strong>reinzustehen, wird vermutet, wenn Partner1. länger als ein Jahr zusammenleben,2. mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,3. Kin<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r Angehörige im Haushalt versorgen o<strong>de</strong>r4. befugt sind, über Einkommen o<strong>de</strong>r Vermögen <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren zu verfügen.<strong>Die</strong> gesetzliche Vermutung greift, wenn eines <strong>de</strong>r vier Indizien vorliegt. Damit ist eineBeweislastumkehr verbun<strong>de</strong>n: die Betroffenen müssen die gesetzliche Vermutung,Verantwortung <strong>für</strong>einan<strong>de</strong>r zu tragen und <strong>für</strong>einan<strong>de</strong>r einzustehen, entkräften, wenn eines<strong>de</strong>r vier Indizien vorliegt.Beispiel:Frau A, alleinerziehend mit einem 5-jährigen Kind, wohnt seit drei Jahren in einerWohngemeinschaft mit Herrn B zusammen. Man teilt sich die Miete, die damit günstiger imVergleich zur Miete bei zwei Wohnungen ist. Aber ansonsten führt Frau A mit ihrem Kindihren eigenen Haushalt, ebenso Herr B. <strong>Die</strong> gesetzliche Vermutung greift nicht, weil keinegemeinschaftliche Haushaltsführung vorliegt und damit auch kein Zusammenleben im Sinnevon § 7 Abs. 3a Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Zu 4. - Beson<strong>de</strong>rheiten bei <strong>de</strong>r Zuordnung von Kin<strong>de</strong>rn zur BedarfsgemeinschaftNeben <strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>m Gesetz zu erschließen<strong>de</strong>n Voraussetzungen• das Kind ist verheiratet,• das Kind hat das 25. Lebensjahr vollen<strong>de</strong>t,• das Kind kann seinen Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen und Vermögenbestreitenführen die Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand21.05.2012, Rn. 7.20 ff., aus, um Konkurrenzsituationen <strong>de</strong>r Zuordnung zu vermei<strong>de</strong>n:Ein Kind gehört auch nicht zur Bedarfsgemeinschaft <strong>de</strong>r Eltern, wenn• es mit einem Partner im Haushalt <strong>de</strong>r Eltern lebt• es mit einem Partner und mit seinem o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Kind <strong>de</strong>s Partners im Haushalt <strong>de</strong>rEltern lebt,• es erwerbsfähig ist und selbst ein Kind hat.(Für ein nicht erwerbsfähiges Kind mit eigenem Kind gilt, dass es in <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft <strong>de</strong>r Eltern verbleibt, sein Kind aber nicht zu <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft gehört, dieses hat <strong>de</strong>m Grun<strong>de</strong> nach Anspruch auf Leistungennach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.)In diesen Fällen bil<strong>de</strong>t das Kind mit seinem Kind und / o<strong>de</strong>r Partner eine eigeneBedarfsgemeinschaft.96


97Achtung:Aus <strong>de</strong>m Vorherstehen<strong>de</strong>n ergibt sich, dass es wichtig ist, darauf zu achten, dass ein eigenerLeistungsantrag gestellt wird• von Kin<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft mit <strong>de</strong>n Eltern, wenn sie das 25. Lebensjahrvollen<strong>de</strong>n und• Kin<strong>de</strong>rn jeglichen Alters, die mit <strong>de</strong>n Eltern in einer Bedarfsgemeinschaft leben, aberselbst ein Kind bekommenDenn:Aus <strong>de</strong>r Praxis:In mehreren Fällen habe ich erlebt, dass die Leistungen bei <strong>de</strong>n oben genanntenFallgestaltungen vom Jobcenter <strong>für</strong> die Kin<strong>de</strong>r einfach eingestellt wur<strong>de</strong>n, ohne dass darübereine Mitteilung erfolgte bzw. ein Hinweis gegeben wur<strong>de</strong>, dass nun ein eigener Antrag zustellen sei. In zwei Fällen, bei <strong>de</strong>nen eine Direktüberweisung <strong>de</strong>r Miete an <strong>de</strong>n Vermieterstattfand, wur<strong>de</strong>n als Folge die Mieten nur noch unvollständig überwiesen. Erst als dieWohnungsbaugesellschaft auf Grund <strong>de</strong>r entstan<strong>de</strong>nen Mietrückstän<strong>de</strong> eine fristloseKündigung <strong>de</strong>r Wohnung aussprach, fiel es <strong>de</strong>n Familien auf.7.1.2 Rechtsfolgen bei Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft:1) Einkommen und Vermögen wer<strong>de</strong>n berücksichtigt- im Verhältnis zwischen Partnern, wenn ein Partner bedürftig ist und- im Verhältnis von Eltern o<strong>de</strong>r Elternteilen und <strong>de</strong>ren in <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaftleben<strong>de</strong>n Partnern zu ihren noch nicht 25 Jahre alten, unverheirateten Kin<strong>de</strong>rn,wenn diese bedürftig sind - § 9 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> – aber nicht umgekehrt imVerhältnis <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r zu Eltern / Elternteilen / Partnern.→ In diesem Zusammenhang wird die Bedarfsgemeinschaft zu einerEinsatzgemeinschaft, wie es bereits in § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG <strong>de</strong>r Fall war.• Ausnahme von <strong>de</strong>r Einkommens- und Vermögensberücksichtigung gilt bei einemKind, das schwanger ist o<strong>de</strong>r sein leibliches Kind bis zur Vollendung <strong>de</strong>s 6.Lebensjahres betreut - § 9 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Nach <strong>de</strong>r Gesetzesbegründung BT-Dr. 15/1516, 53 dient diese Einschränkung <strong>de</strong>mSchutz <strong>de</strong>s ungeborenen Lebens. Sie soll sicherstellen, dass schwangere Kin<strong>de</strong>r nichtwegen <strong>de</strong>s ansonsten üblichen Einsatzes <strong>de</strong>s Elterneinkommens <strong>für</strong> die in <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>r zu einem Schwangerschaftsabbruch veranlasstwer<strong>de</strong>n. Eine vergleichbare Regelung gab es bereits im § 11 Abs. 1 Satz 2 zweiter HSBSHG (Bun<strong>de</strong>ssozialhilfegesetz).


Ab <strong>de</strong>r Vollendung <strong>de</strong>s 6. Lebensjahres <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s gilt diese Ausnahme nicht mehr, sodass auf <strong>de</strong>n Bedarf <strong>de</strong>s das Kind betreuen<strong>de</strong>n Elternteils eigentlich überschüssigesEinkommen bzw. nicht geschontes Vermögen seiner Eltern anzurechnen ist.Aber:Wie bereits weiter oben beschrieben – unter „ zu 4. - Beson<strong>de</strong>rheiten bei <strong>de</strong>rZuordnung von Kin<strong>de</strong>rn zur Bedarfsgemeinschaft“ – gehört nach <strong>de</strong>n FachlichenHinweisen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 7, Stand 21.05.2012, Rn. 7.20 ff., einunter 25-jähriges Kind nicht mehr zur Bedarfsgemeinschaft <strong>de</strong>r Eltern, wenn eserwerbsfähig ist und selbst ein Kind hat, unabhängig von <strong>de</strong>ssen Alter, in diesem Fallbil<strong>de</strong>t es mit seinem Kind eine eigene Bedarfsgemeinschaft.98Für beson<strong>de</strong>rs Wissbegierige...Exkurs: Zur beson<strong>de</strong>ren Thematik StiefelternunterhaltMit <strong>de</strong>r Formulierung in § 9 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>: „Bei unverheirateten Kin<strong>de</strong>rn, die mitihren Eltern o<strong>de</strong>r einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihrenLebensunterhalt nicht aus eigenen Einkommen o<strong>de</strong>r Vermögen sichern können, sind auchdas Einkommen und Vermögen <strong>de</strong>r Eltern o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Elternteils und <strong>de</strong>ssen inBedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong>r Partnerin o<strong>de</strong>r leben<strong>de</strong>n Partners zu berücksichtigen“, sindin die Einsatzgemeinschaft also auch Stiefeltern, Lebenspartner und sonstige Partner inBezug auf die Kin<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s jeweiligen Ehepartners, Lebenspartners o<strong>de</strong>r sonstigen Partnerseinbezogen.Gegen eine volle Einkommensberücksichtigung sprachen sich mehrere Sozialgerichte undLan<strong>de</strong>ssozialgerichte aus. <strong>Die</strong> Hauptargumentation:Quelle: VG Bremen vom 17.12.2007 – S 3 V 3461/07 und SG Berlin vom 08.01.2007 – S103 AS 10869/06 ER1. Verletzung <strong>de</strong>s Gebots zur Sicherung <strong>de</strong>s Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG inVerbindung mit <strong>de</strong>m Sozialstaatsgebot <strong>de</strong>s Art. 20Der Staat ist verpflichtet, <strong>de</strong>m mittellosen Bürger die Min<strong>de</strong>stvoraussetzungen <strong>für</strong> einmenschenwürdiges Dasein erfor<strong>de</strong>rlichenfalls durch Sozialleistungen zu sichern. <strong>Die</strong>Regelung hat allein die schematische Anrechnung von Einkommen zur Verfügung ohnedarauf Rücksicht zu nehmen, ob das Existenzminimum <strong>de</strong>s jeweiligen Kin<strong>de</strong>s tatsächlichdurch <strong>de</strong>n Zufluss gesichert ist. Wird <strong>de</strong>m Kind die Versorgung vermei<strong>de</strong>t, hat es keinerleiMöglichkeit, zu einer tatsächlichen Deckung seines Bedarfs zu gelangen.


→ Das Kind hat zivilrechtlich keine durchsetzbaren Unterhaltsansprüche gegen <strong>de</strong>nnicht leiblichen Elternteil.→ Das Kind kann nicht von sich aus die Bedarfsgemeinschaft verlassen.2. Beeinträchtigung <strong>de</strong>s allgemeinen Persönlichkeitsrechts <strong>de</strong>s Art. 2 Abs. 1 GG <strong>de</strong>sElternteils<strong>Die</strong> Regelung erzeugt einen mittelbaren Zwang, <strong>de</strong>r in seiner Intensität hinter einemunmittelbaren Eingriff nicht zurückbleibt, auf das Elternteil, sich im Interesse <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>svon <strong>de</strong>m Partner zu trennen, um so wie<strong>de</strong>r einen staatlichen Leistungsanspruch zubegrün<strong>de</strong>n.In diesem Zusammenhang treten auch Zweifel auf, ob die Regelung geeignet ist, die Ziele<strong>de</strong>s Gesetzgebers, die auch in <strong>de</strong>m Erzielen von Einsparungen liegt, zu erreichen. Dennkommt es zu einer Trennung <strong>de</strong>r sogenannten Patchworkfamilien, wür<strong>de</strong>n sowohl dieKin<strong>de</strong>r als auch die einkommenslosen Elternteile Leistungsansprüche erwerben, womitzwingend Mehrkosten verbun<strong>de</strong>n sein wür<strong>de</strong>n....Bei <strong>de</strong>r Regelung <strong>de</strong>s Systems <strong>de</strong>r Sicherung <strong>de</strong>s Existenzminimums kommt <strong>de</strong>mGesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Prüfungsmaßstab <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Grad <strong>de</strong>rvorgenommenen o<strong>de</strong>r unterlassenen Differenzierung ist insoweit Art. 3 Abs. 1 GG. DerGesetzgeber ist danach befugt, typische gesellschaftliche Sachverhalte pauschalierendseinen Regelungen zu Grun<strong>de</strong> zu legen, auch aus praktischen Erfor<strong>de</strong>rnissen. <strong>Die</strong> durchTypisierung eintreten<strong>de</strong>n Härten dürfen jedoch nur eine verhältnismäßig kleine Anzahlvon Personen treffen. Vorliegend ist bereits fraglich, ob <strong>de</strong>r Gesetzgeber überhaupt einebestimmte Einschätzung darüber, ob und in welchem Umfang die Versorgung von nichtleiblichen Kin<strong>de</strong>rn in Patchworkfamilien durch <strong>de</strong>n Partner <strong>de</strong>s Elternteils tatsächlichüblich ist, getroffen hat. <strong>Die</strong> Ablehnung <strong>de</strong>s Stiefkin<strong>de</strong>s durch einen neuen Partner <strong>de</strong>sElternteils ist zwar sicherlich nicht <strong>de</strong>r Regelfall, aber bereits seit Generationen einbekanntes gesellschaftliches Phänomen (bereits Gegenstand <strong>de</strong>r Grimmschen Märchen,gebräuchlicher Begriff „stiefmütterlich“).Gera<strong>de</strong> bei älteren Kin<strong>de</strong>rn entsteht zwischen ihnen und <strong>de</strong>m neuen Partner <strong>de</strong>sElternteils häufig keine tiefe Beziehung mehr son<strong>de</strong>rn sogar große Konflikte, so dass <strong>de</strong>rPartner keine Mitverantwortung <strong>für</strong> das Kind übernehmen will o<strong>de</strong>r kann. Auch sieht dieRechtsordnung nach <strong>de</strong>r Trennung von Eltern und <strong>de</strong>r Bildung neuer Beziehungen gera<strong>de</strong>nicht vor, dass vorhan<strong>de</strong>ne Kin<strong>de</strong>r in die neuen Beziehungen rechtlich integriert wer<strong>de</strong>n,vgl. Wenner in Soziale Sicherheit 5/2006, S. 151.<strong>Die</strong> Fälle einer völligen Leistungsverweigerung sind sicher selten, aber wesentlich häufigerdürfte Fälle anzutreffen sein, in <strong>de</strong>nen die Versorgung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s nicht in einem Umfangerfolgt, <strong>de</strong>r das Maß <strong>de</strong>s verfassungsrechtlich gesicherten Existenzminimums erreicht.3. Verletzung von Art. 6 GG<strong>Die</strong> Regelung hat eine die Gründung einer neuen Familie hemmen<strong>de</strong> und eine bestehen<strong>de</strong>Beziehungsgemeinschaft sprengen<strong>de</strong> Wirkung.4. <strong>Die</strong> Regelung ist auch keiner verfassungskonformen Auslegung zugänglich.99


100Auch LSG Ba<strong>de</strong>n-Württemberg vom 19.04.2007 – L 3 AS 1740/07 ER:Zur Vermeidung einer strangulieren<strong>de</strong>n Unterhaltshaftung mit familiensprengen<strong>de</strong>rWirkung kann eine Bedarfsgemeinschaft mit <strong>de</strong>n unverheirateten Stief-/Partnerkin<strong>de</strong>rnerst dann angenommen wer<strong>de</strong>n, wenn entsprechend § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c i.V.m. Abs. 3a<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>de</strong>r Einstandswille im Verhältnis zwischen <strong>de</strong>m Partner <strong>de</strong>s Elternteils und je<strong>de</strong>meinzelnen Kind geson<strong>de</strong>rt geprüft wird.LSG Nie<strong>de</strong>rsachsen-Bremen vom 21.01.2008 - L 6 AS 734/07 ER:Eine Wi<strong>de</strong>rlegung <strong>de</strong>r Einstandsvermutung ist anzunehmen, wenn <strong>de</strong>r Partner nachweist,dass er <strong>de</strong>m nicht leiblichen Kind tatsächlich keine Unterstützung zukommen lässt.Aber: Am 13.11.2008 hat das Bun<strong>de</strong>ssozialgericht entschie<strong>de</strong>n, dass ein Stiefkind keinenAnspruch auf Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bei ausreichen<strong>de</strong>m Einkommen <strong>de</strong>s neuenPartners <strong>de</strong>r Mutter in einer Patchworkfamilie hat – B 14 AS 2/08 R:Quelle: Medieninformation <strong>de</strong>s BSG Nr. 52/08Der Senat hält die im Schrifttum und in <strong>de</strong>r Rechtsprechung <strong>de</strong>r Instanzen geäußertenverfassungsrechtlichen Be<strong>de</strong>nken gegen § 9 Abs. 2 S. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>für</strong> beachtenswert, letztlichaber nicht durchgreifend:<strong>Die</strong> Wahl <strong>de</strong>r Lebensform „eheähnliche Gemeinschaft“ gegenüber <strong>de</strong>r Lebensform „Ehe“hätte ansonsten <strong>de</strong>n Vorteil, dass „faktische Stiefkin<strong>de</strong>r“ weiterhin<strong>Grundsicherung</strong>sleistungen auf Kosten <strong>de</strong>r Allgemeinheit erhalten könnten.Anm.: Auf die durch die Neuregelung ergeben<strong>de</strong> Schlechterstellung auch <strong>de</strong>rverheirateten Paare wird hier überhaupt nicht eingegangen.Es besteht kein schützenswertes Interesse, dass bei <strong>de</strong>r Wahl eines Partners mit(frem<strong>de</strong>n) Kin<strong>de</strong>rn die Kosten dieser Kin<strong>de</strong>r auf die Allgemeinheit abgewälzt wer<strong>de</strong>nkönnen, wenn innerhalb <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft durch <strong>de</strong>n neuen Partner mitbedarfs<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>m Einkommen ausreichen<strong>de</strong> Mittel zur Verfügung stehen.Der Rechtsanspruch <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s auf Gewährung <strong>de</strong>s Existenzminimums gegen <strong>de</strong>n Staatist hinreichend gewährt. Das Kind muss sich zwar Einkommen einer Person„entgegenhalten“ lassen, gegen die es letztlich keinen Rechtsanspruch auf Unterhalt hat.Es hat aber einen Anspruch auf Unterhalt gegen die Mutter, <strong>de</strong>r gemäß § 1603 Abs. 2BGB von dieser auch ohne Berücksichtigung einer Selbstbehaltsgrenze zu erfüllen ist (sogenannte Notgemeinschaft).→ <strong>Die</strong> Mutter muss das von ihrem Partner Zugewandte zunächst undzuvör<strong>de</strong>rst ihrem Kind zuwen<strong>de</strong>n. Tut sie das nicht, so liegt eineSorgerechtsverletzung vor, die zu einem Eingreifen <strong>de</strong>r Mechanismen <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> V<strong>II</strong>Iführen wür<strong>de</strong>.Das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> hat sich insgesamt vom zivilrechtlichen Unterhaltsrecht gelöst, mit <strong>de</strong>m Ziel,das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> als letztes soziales Auffangnetz zu etablieren.


101Unter <strong>de</strong>m Aktenzeichen 1 BvR 1083/09 war die Stiefkin<strong>de</strong>rregelung jahrelang vor <strong>de</strong>mBun<strong>de</strong>sverfassungsgericht anhängig. Eine kritische Stellungnahme <strong>de</strong>s DeutschenSozialgerichtstages vom 30.06.2011 fin<strong>de</strong>t sich unter: http://www.haraldthome.<strong>de</strong>/media/files/1-BvR-1083-09_Stellungnahme-20110630_reinschriftdoc.pdf.Aber: Am 29.05.2013 hat die 3. Kammer <strong>de</strong>s Ersten Senats <strong>de</strong>sBun<strong>de</strong>sverfassungsgerichts die Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> wegen Unzulässigkeit nicht zurEntscheidung angenommen.Im Folgen<strong>de</strong>n <strong>für</strong> Interessierte die Pressemitteilung:Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht - Pressestelle -Pressemitteilung Nr. 42/2013 vom 21. Juni 2013Beschluss vom 29. Mai 20131 BvR 1083/09Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> gegen Einkommensanrechnung <strong>de</strong>s„unechten Stiefvaters“ bei „Hartz IV-Leistungen“ nicht zurEntscheidung angenommen<strong>Die</strong> 3. Kammer <strong>de</strong>s Ersten Senats <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverfassungsgerichts hat eineVerfassungsbeschwer<strong>de</strong>, die sich gegen eine Regelung zur Einkommens- undVermögensanrechnung bei <strong>de</strong>n Leistungen zur <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong><strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> richtet, wegen Unzulässigkeit nicht zur Entscheidungangenommen.<strong>Die</strong> 1993 geborene Beschwer<strong>de</strong>führerin lebte mit ihrer Mutter, <strong>de</strong>ren neuemPartner und <strong>de</strong>ssen Tochter zusammen. Der neue Partner <strong>de</strong>r Muttergewährte <strong>de</strong>r Beschwer<strong>de</strong>führerin freie Kost und Logis. Zu<strong>de</strong>m waren <strong>de</strong>rBeschwer<strong>de</strong>führerin Leistungen nach <strong>de</strong>m Sozialgesetzbuch Zweites Buch(<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>) bewilligt wor<strong>de</strong>n.Mit Wirkung zum 1. August 2006 wur<strong>de</strong> § 9 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> neugefasst: Nunmehr sind bei unverheirateten Kin<strong>de</strong>rn, die mit einemElternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihrenLebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen o<strong>de</strong>r Vermögen beschaffenkönnen, nicht nur das Einkommen und Vermögen <strong>de</strong>s Elternteils, son<strong>de</strong>rnauch das Einkommen und Vermögen <strong>de</strong>s mit <strong>de</strong>m Elternteil inBedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong>n Partners zu berücksichtigen.Der Leistungsträger hob aufgrund dieser Neuregelung die Bewilligung aufund verwies zur Begründung auf die mangeln<strong>de</strong> Bedürftigkeit <strong>de</strong>rBeschwer<strong>de</strong>führerin wegen <strong>de</strong>s Einkommens <strong>de</strong>s Partners <strong>de</strong>r Mutter.Wi<strong>de</strong>rspruch und Klage hiergegen blieben erfolglos. <strong>Die</strong>Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> richtet sich gegen die Verwaltungs- undGerichtsentscheidungen sowie mittelbar gegen § 9 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Der Entscheidung liegen im Wesentlichen die folgen<strong>de</strong>n Erwägungenzugrun<strong>de</strong>:


102<strong>Die</strong> Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weilsie unzulässig ist.1. Zur notwendigen Begründung einer Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> gehört diesubstantiierte Darlegung, dass <strong>de</strong>r Beschwer<strong>de</strong>führer durch <strong>de</strong>nangegriffenen Hoheitsakt in einem eigenen Grundrecht verletzt seinkönnte. Richtet sich die Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> gegen gerichtlicheEntscheidungen, bedarf es einer Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit diesenEntscheidungen und <strong>de</strong>ren konkreter Begründung.2. <strong>Die</strong>se Anfor<strong>de</strong>rungen sind hier nicht erfüllt.Eine Verletzung <strong>de</strong>r allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) <strong>de</strong>rBeschwer<strong>de</strong>führerin ist nicht schlüssig behauptet. In <strong>de</strong>r Nichtgewährungeiner staatlichen Leistung liegt kein Grundrechtseingriff, weil nichtdie abwehrrechtliche Dimension <strong>de</strong>r Grundrechte betroffen ist. In Re<strong>de</strong>steht vielmehr das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigenExistenzminimums, <strong>für</strong> <strong>de</strong>ssen Ausgestaltung aus grundrechtlicher Sichtallein Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit <strong>de</strong>m Sozialstaatsprinzip <strong>de</strong>sArt. 20 Abs. 1 GG maßgeblich ist.Soweit die Beschwer<strong>de</strong>führerin eine Verletzung dieses Grundrechtsbehauptet, ist die Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> nicht hinreichendsubstantiiert. Es fehlt vorliegend an <strong>de</strong>n notwendigen Ausführungen dazu,inwieweit eine Regelleistung trotz <strong>de</strong>r Zahlung von Kin<strong>de</strong>rgeld und <strong>de</strong>rGewährung von „Kost und Logis“, die in Abzug zu bringen wären, zurDeckung <strong>de</strong>s menschenwürdigen Existenzminimums noch erfor<strong>de</strong>rlich gewesenwäre.Auch eine Verletzung <strong>de</strong>s Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht plausibel dargetan.2) In die nach § 15 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zwingend vorgesehene Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung, die zwischenje<strong>de</strong>r erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person und <strong>de</strong>r Agentur <strong>für</strong> Arbeitabzuschließen ist, können Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft einbezogen wer<strong>de</strong>n, d.h.es kann hier geregelt wer<strong>de</strong>n, welche Leistungen diese Personen erhalten. Dabei istauch § 38 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zu berücksichtigen: nach dieser Vorschrift wird vermutet, dass dieerwerbsfähige leistungsberechtigte Person bevollmächtigt ist, Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>auch <strong>für</strong> die mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft zusammenleben<strong>de</strong>n Personen zubeantragen und entgegenzunehmen. Das be<strong>de</strong>utet, dass die erwerbsfähigeleistungsberechtigte Person auch im Rahmen <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung Regelungen<strong>für</strong> Personen <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft treffen kann.Im Kapitel 6.3 „Zur Hilfebedürftigkeit“ wird in einem Exkurs auf die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s § 9Abs. 2 Satz 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> eingegangen. Durch die in ihm beschriebene anzuwen<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Art <strong>de</strong>rEinkommensverteilung in einer Bedarfsgemeinschaft wer<strong>de</strong>n auch Personen hilfebedürftig,die ihren eigenen Bedarf selbst <strong>de</strong>cken können. Verwiesen sei auch auf das Kapitel 14 „<strong>Die</strong>Einkommensberücksichtigung“, vor allem in diesem Zusammenhang auf die Abschnitte 14.5„Berücksichtigung von Einkommen an<strong>de</strong>rer Personen“, 14.6 „Beson<strong>de</strong>rheiten bei <strong>de</strong>rEinkommensberücksichtigung von Kin<strong>de</strong>rn und 14.7 „Ein ausführliches Beispiel <strong>für</strong> dieBerechnung von Ansprüchen auf Arbeitslosengeld <strong>II</strong> und Sozialgeld“.


1037.1.3 Son<strong>de</strong>rfall: Mischbedarfsgemeinschaft bei Leistungsausschluss eines AngehörigenWenn z.B. einer <strong>de</strong>r Partner eine Altersrente bezieht und daher nicht leistungsberechtigt ist,han<strong>de</strong>lt es sich um eine so genannte Mischbedarfsgemeinschaft. Das hat zur Folge, dass seinEinkommen oberhalb seines eigenen Bedarfs auf die restlichen Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft verteilt wird ( BSG, Entscheidung vom 15.4.2008, B 14/7b AS 58/06 R). Weitere Fallkonstellationen sind möglich.Bereits im Kapitel 5 wur<strong>de</strong> gezeigt, dass die Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaftgrundsätzlich davon unabhängig ist, ob die in <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong>n einzelnenPersonen selbst leistungsberechtigt nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sind. Sie richtet sich allein danach, obdie Normen <strong>für</strong> eine Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 <strong>SGB</strong><strong>II</strong> erfüllt sind. Ausgeschlossene Personen können jedoch ihrerseits keineBedarfsgemeinschaft begrün<strong>de</strong>n. Eine Ausnahme hiervon bil<strong>de</strong>n die nach § 7 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>ausgeschlossenen Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n und Studieren<strong>de</strong>n, da es sich hier nur um einenteilweisen Ausschluss han<strong>de</strong>lt, siehe hierzu unter 5.5.7.2 DIE HAUSHALTSGEMEINSCHAFT MIT VERWANDTEN ODER VERSCHWÄGERTEN DES§ 9 ABS. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>7.2.1 Wann han<strong>de</strong>lt es sich um eine Haushaltsgemeinschaft im Sinne <strong>de</strong>s § 9 Abs. 5 <strong>SGB</strong><strong>II</strong>?Keine Bedarfsgemeinschaft, son<strong>de</strong>rn eine Haushaltsgemeinschaft liegt beispielsweise vor imVerhältnis von:• Kin<strong>de</strong>rn, die das 25. Lebensjahr vollen<strong>de</strong>t haben, zu ihren Eltern o<strong>de</strong>r einemElternteil, mit <strong>de</strong>nen / <strong>de</strong>m sie in einem Haushalt zusammenleben undumgekehrt,• min<strong>de</strong>rjährigen und/o<strong>de</strong>r volljährigen Geschwistern zueinan<strong>de</strong>r, die in einemHaushalt leben,• Großeltern/teilen zu ihren Enkeln, mit <strong>de</strong>nen sie in einem Haushaltzusammenleben und umgekehrt.In diesen und an<strong>de</strong>ren Fällen besteht zwischen <strong>de</strong>n beteiligten Personen aber einVerwandtschaftsverhältnis o<strong>de</strong>r ein Schwägerschaftsverhältnis; hier han<strong>de</strong>lt es sich dann umeine Haushaltsgemeinschaft im Sinne <strong>de</strong>s § 9 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Kleine Klärung <strong>de</strong>r Begriffe Verwandte und Verschwägerte nach <strong>de</strong>m BGB:• Verwandte sind nach § 1589 BGB Personen, <strong>de</strong>ren eine von <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren abstammt(z.B. Großeltern – Eltern – Kin<strong>de</strong>r) o<strong>de</strong>r die von <strong>de</strong>rselben dritten Person abstammen(z.B. Geschwister, Neffe/Nichte, Onkel/Tante).


• Verschwägerte sind nach § 1590 BGB die Verwandten <strong>de</strong>s Ehegatten bzw. <strong>de</strong>seingetragenen Lebenspartners (z.B. Schwiegereltern, Schwager/Schwägerin,Stiefkin<strong>de</strong>r). <strong>Die</strong> Schwägerschaft besteht auch nach Auflösung <strong>de</strong>r Ehe weiter.7.2.2 Rechtsfolgen bei Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft:• Leben Hilfebedürftige mit Verwandten o<strong>de</strong>r Verschwägerten in einerHaushaltsgemeinschaft, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungenerhalten, soweit dies nach ihrem Einkommen und Vermögen erwartet wer<strong>de</strong>nkann.• Eine ausdrückliche Bestimmung, nach <strong>de</strong>r diese Vermutung wi<strong>de</strong>rlegt wer<strong>de</strong>nkann, fehlt im Gesetz. Aus <strong>de</strong>r Begründung zum Gesetz – Bun<strong>de</strong>stagsdrucksache15/1516 vom 05.09.2003, S. 53 - geht jedoch hervor, dass es sich um einewi<strong>de</strong>rlegbare gesetzliche Vermutung han<strong>de</strong>lt.Wenn keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen, genügt eine einfacheschriftliche Erklärung, dass we<strong>de</strong>r ein „Wirtschaften aus einem Topf“, noch einetatsächliche Unterstützung erfolgt.Dazu das BSG in seiner Entscheidung vom 18.02.2010, B 14 AS 32/08 R:„Besteht eine Haushaltsgemeinschaft, ist es <strong>de</strong>m Hilfebedürftigen möglich, diegesetzliche Vermutung - er erhält Leistungen von <strong>de</strong>n Verwandten o<strong>de</strong>rVerschwägerten - zu wi<strong>de</strong>rlegen, in<strong>de</strong>m er Tatsachen vorträgt, die geeignet sind,Zweifel an <strong>de</strong>r Richtigkeit <strong>de</strong>r Vermutung zu begrün<strong>de</strong>n. Nur dann besteht Anlass,weitergehend von Amts wegen zu ermitteln. Unterstützungen von Verwandtenwer<strong>de</strong>n im Anwendungsbereich <strong>de</strong>s § 9 Abs 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> mithin dann nichtberücksichtigt, wenn nachgewiesen ist, dass sie trotz entsprechen<strong>de</strong>rLeistungsfähigkeit tatsächlich nicht erbracht wer<strong>de</strong>n.“• An<strong>de</strong>rs als in <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft wird Verwandten und Verschwägerten einhöherer Selbstbehalt zugestan<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong>ser ergibt sich aus § 1 Abs. 2 <strong>de</strong>r Alg <strong>II</strong>-Verordnung. Erst, wenn <strong>de</strong>ren Einkommen und Vermögen oberhalb <strong>de</strong>r dortgenannten Freibeträge liegt, greift die Unterstützungsvermutung.104Wie <strong>de</strong>r Verwandten o<strong>de</strong>r Verschwägerten zuzubilligen<strong>de</strong> Selbstbehalt zuberechnen ist, siehe das Berechnungsbeispiel im Kapitel 14 „<strong>Die</strong>Einkommensberücksichtigung“ unter 14.5.2.7.3 DIE WOHNGEMEINSCHAFT„Klassische" Wohngemeinschaften bil<strong>de</strong>n z.B. junge Leute, die sich eine Wohnung teilen,wobei aber je<strong>de</strong>r <strong>für</strong> sich allein wirtschaftet. Hier han<strong>de</strong>lt es sich we<strong>de</strong>r um eine Bedarfs-,


noch um eine Haushaltsgemeinschaft, Einkommen und Vermögen <strong>de</strong>r Mitbewohner spielenalso keine Rolle, wenn einer <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungen benötigt.In einer Wohngemeinschaft gilt je<strong>de</strong>r Einzelne, <strong>de</strong>r hilfebedürftig ist, als leistungsberechtigtePerson und hat damit einen eigenen Anspruch auf <strong>de</strong>n Regelbedarf und die Miete bis zurAngemessenheitsgrenze.105Aus <strong>de</strong>r Praxis:Wenn nur 2 Personen in einer Wohngemeinschaft leben, gibt es häufig Probleme, weil dasJobcenter eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vermutet, die Vermutung mussdann wi<strong>de</strong>rlegt wer<strong>de</strong>n. Da oft nur eine Person z.B. die komplette Miete an <strong>de</strong>n Vermieterüberweist, ist es gut, wenn <strong>de</strong>r 2. Bewohner seinen Anteil nicht bar, son<strong>de</strong>rn durch einenDauerauftrag <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren überweist, das legt eine getrennte Haushalts- undWirtschaftsführung nahe.7.4 KEIN ZUSAMMENLEBEN IN EINEM HAUSHALT; ABER BESTEHEN EINER UNTERHALTS-VERPFLICHTUNGWenn Personen nicht in einem Haushalt zusammenleben, aber zwischen ihnen einezivilrechtliche Unterhaltsverpflichtung besteht, kann eine Berücksichtigung <strong>de</strong>s Einkommensbzw. Vermögens unterhaltspflichtiger Personen nicht im Rahmen von § 9 Abs. 2 o<strong>de</strong>r 5 <strong>SGB</strong><strong>II</strong>, son<strong>de</strong>rn nur über <strong>de</strong>n Weg <strong>de</strong>r Realisierung <strong>de</strong>s nach § 33 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> kraft Gesetzesübergegangenen Unterhaltsanspruchs erfolgen, wobei die Einschränkungen <strong>de</strong>s § 33 Abs. 2<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zu berücksichtigen sind.Näheres dazu siehe im Kapitel 19 „Verpflichtungen An<strong>de</strong>rer“ unter 19.1


106Kapitel 8:<strong>Die</strong> Zumutbarkeit von ArbeitSeite8.1 Welche Arbeit ist zumutbar? 1078.2 Eine Arbeit ist nicht allein <strong>de</strong>shalb unzumutbar, weil ... 107


1078 DIE ZUMUTBARKEIT VON ARBEIT - § 10 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>8.1 WELCHE ARBEIT IST ZUMUTBAR? - § 10 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Einer erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person ist je<strong>de</strong> Arbeit zumutbar, es sei <strong>de</strong>nn,dass1. sie zu <strong>de</strong>r bestimmten Arbeit körperlich, geistig o<strong>de</strong>r seelisch nicht in <strong>de</strong>r Lage ist,2. die Ausübung <strong>de</strong>r Arbeit ihr die künftige Ausübung <strong>de</strong>r bisherigen überwiegen<strong>de</strong>nArbeit wesentlich erschweren wür<strong>de</strong>, weil die bisherige Tätigkeit beson<strong>de</strong>rekörperliche Anfor<strong>de</strong>rungen stellt,3. die Ausübung <strong>de</strong>r Arbeit die Erziehung ihres Kin<strong>de</strong>s o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s ihres Partnersgefähr<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>,<strong>Die</strong> Erziehung eines Kin<strong>de</strong>s, das das dritte Lebensjahr vollen<strong>de</strong>t hat, ist in <strong>de</strong>r Regelnicht gefähr<strong>de</strong>t, soweit seine Betreuung in einer Tageseinrichtung o<strong>de</strong>r inTagespflege im Sinne <strong>de</strong>r Vorschriften <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> V<strong>II</strong>I o<strong>de</strong>r auf sonstige Weisesichergestellt ist. <strong>Die</strong> zuständigen kommunalen Träger sollen darauf hinwirken, dasserwerbsfähigen Erziehen<strong>de</strong>n vorrangig ein Platz zur Tagesbetreuung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>sangeboten wird.4. die Ausübung <strong>de</strong>r Arbeit mit <strong>de</strong>r Pflege eines Angehörigen nicht vereinbar wäre unddie Pflege nicht auf an<strong>de</strong>re Weise sichergestellt wer<strong>de</strong>n kann,5. <strong>de</strong>r Ausübung <strong>de</strong>r Arbeit ein sonstiger wichtiger Grund entgegensteht.8.2 EINE ARBEIT IST NICHT ALLEIN DESHALB UNZUMUTBAR; WEIL ... - § 10 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Eine Arbeit ist nicht allein <strong>de</strong>shalb unzumutbar, weil1. sie nicht einer früheren beruflichen Tätigkeit <strong>de</strong>r erwerbsfähigenleistungsberechtigten Person entspricht, <strong>für</strong> die diese ausgebil<strong>de</strong>t ist o<strong>de</strong>r die sieausgeübt hat,2. sie im Hinblick auf die Ausbildung <strong>de</strong>r erwerbsfähigen leistungsberechtigten Personals geringerwertig anzusehen ist,3. <strong>de</strong>r Beschäftigungsort vom Wohnort <strong>de</strong>r erwerbsfähigen leistungsberechtigtenPerson weiter entfernt ist, als ein früherer Beschäftigungs- o<strong>de</strong>r Ausbildungsort,4. die Arbeitsbedingungen ungünstiger sind als bei <strong>de</strong>n bisherigen Beschäftigungen <strong>de</strong>rerwerbsfähigen leistungsberechtigten Person5. sie mit <strong>de</strong>r Beendigung einer Erwerbstätigkeit verbun<strong>de</strong>n ist, es sei <strong>de</strong>nn, es liegenbegrün<strong>de</strong>te Anhaltspunkte vor, dass durch die bisherige Tätigkeit künftig dieHilfebedürftigkeit been<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n kann.


108<strong>Die</strong> Nr. 5 wur<strong>de</strong> angefügt durch Art. 2 <strong>de</strong>s Gesetzes zur Neuausrichtung <strong>de</strong>rarbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl. I S. 2928 ff.)Dazu eine Rechtsprechung <strong>de</strong>s OVG Bremen vom 01.06.2006 – S 1 B 140/06:Einem Leistungsempfänger von Arbeitslosengeld <strong>II</strong> ist es zumutbar, eine selbständigeTätigkeit als Rechtsanwalt aufzugeben und sich auf eine konkret angebotene Stelle zubewerben, wenn aus <strong>de</strong>r selbständigen Tätigkeit nicht in absehbarer Zeit Einkommenzu erwarten ist, das seine Hilfebedürftigkeit aufhebt. Bei Weigerung, sich um dieangebotene Stelle als Finanzberater mit Universitätsabschluss imFührungskräftenachwuchsprogramm einer Versicherung zu bewerben, ist dieAbsenkung <strong>de</strong>r Regelleistung um 30% rechtmäßig.Das Gesagte gilt nach § 10 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> auch <strong>für</strong> die Teilnahme an Maßnahmen zurEinglie<strong>de</strong>rung in Arbeit entsprechend.Immer wie<strong>de</strong>r stellt sich in <strong>de</strong>r Praxis die Frage, bis zu welcher Lohngrenze man Arbeitannehmen muss, sogen. Sittenwidrigkeit, die als „sonstiger wichtiger Grund“ nach § 10 Abs.1 Nr. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zählen wür<strong>de</strong>.Nach Auffassung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sarbeitsgerichts, Urteil vom 22.04.2009 – 5 AZR 436/08, istSittenwidrigkeit <strong>für</strong> die Fälle anzunehmen, in <strong>de</strong>nen die Lohngestaltung durch ein auffälligesMissverhältnis gegenüber <strong>de</strong>m allgemeinen Lohnniveau <strong>für</strong> vergleichbare Arbeitengekennzeichnet ist. <strong>Die</strong>ses liegt vor, wenn die Entlohnung nicht einmal 2/3 eines in <strong>de</strong>rbetreffen<strong>de</strong>n Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohns entspricht.In Bereichen, in <strong>de</strong>nen es keine Tarifverträge gibt, sind ggf. verwandte Tarifverträge alsVergleichsmaßstab heranzuziehen.Gewürdigt wer<strong>de</strong>n müssen aber zusätzlich alle Umstän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Einzelfalles wie etwaüberlange und unregelmäßige Arbeitszeiten.Zitiert nach: Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 10 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand21.05.2012 , Rn. 10.3.


109Kapitel 9:<strong>Die</strong> Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit und zur För<strong>de</strong>rung vonArbeitsverhältnissenSeite9.1 <strong>Die</strong> Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung - § 15 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 1109.1.1 Gesetzliche Vorgaben 1109.1.2 Inhalt <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung 1109.1.3 Dauer <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung 1119.1.4 Zur Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung als öffentlich-rechtlicher Vertrag 1119.2 Das Sofortangebot - § 15a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 1139.3 <strong>Die</strong> Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit nach § 16 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 1139.4 Leistungen, <strong>für</strong> die die kommunalen Träger zuständig sind - § 16a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 1189.5 Das Einstiegsgeld - § 16b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 1189.6 Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung von Selbständigen - § 16c <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 1189.7 Arbeitsgelegenheiten - § 16d <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 1199.8 För<strong>de</strong>rung von Arbeitsverhältnissen - § 16e <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 1199.9 Freie För<strong>de</strong>rung - § 16f <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 1219.10 För<strong>de</strong>rung bei Wegfall <strong>de</strong>r Hilfebedürftigkeit - § 16g <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 121


9 DIE LEISTUNGEN ZUR EINGLIEDERUNG IN ARBEIT UND ZUR FÖRDERUNG VONARBEITSVERHÄLTNISSEN1109.1 DIE EINGLIEDERUNGSVEREINBARUNG - § 15 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><strong>Die</strong> Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung ist ein vom Gesetzgeber geschaffenes Instrument zurSteuerung <strong>de</strong>s Verhaltens von erwerbsfähigen leistungsberechtigten Personen.9.1.1 Gesetzliche Vorgaben• Grundsatz: <strong>Die</strong> Agentur <strong>für</strong> Arbeit soll im Einvernehmen mit <strong>de</strong>m kommunalenTräger mit je<strong>de</strong>r erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person die <strong>für</strong> ihreEinglie<strong>de</strong>rung erfor<strong>de</strong>rlichen Leistungen vereinbaren (Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung)• Kommt eine Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung nicht zustan<strong>de</strong>, sollen die Regelungen, diesich nachfolgend unter 9.1.2 fin<strong>de</strong>n, durch Verwaltungsakt erfolgen. Weil <strong>de</strong>rLeistungsträger über diese Möglichkeit verfügt, liegt kein Sanktionsbestand vor,wenn sich <strong>de</strong>r Leistungsberechtigte weigert, eine Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarungabzuschließen. Zu einer Sanktion kann dann aber <strong>de</strong>r Verstoß gegen die imVerwaltungsakt festgelegten Pflichten führen.• <strong>Die</strong>ser Soll-Regelung steht auf <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>r erwerbsfähigen Leistungsberechtigteneine Verpflichtung zum Abschluss einer Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung gegenüber –siehe <strong>de</strong>n Grundsatz <strong>de</strong>s For<strong>de</strong>rns § 2 Abs. 1 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>: „Eine erwerbsfähigeleistungsberechtigte Person muss aktiv an allen Maßnahmen zu ihrer Einglie<strong>de</strong>rungin Arbeit mitwirken, insbeson<strong>de</strong>re eine Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung abschließen.• Weigern sich erwerbsfähige Leistungsberechtigte trotz schriftlicher Belehrung überdie Rechtsfolgen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>ren Kenntnis, in <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung o<strong>de</strong>r in<strong>de</strong>m diese ersetzen<strong>de</strong>n Verwaltungsakt die darin festgelegten Pflichten zu erfüllen,insbeson<strong>de</strong>re in ausreichen<strong>de</strong>m Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen, führtdiese Weigerung in einer ersten Stufe zu einer Kürzung um 30% <strong>de</strong>s maßgeblichenRegelbedarfs, bei <strong>de</strong>n noch nicht 25 Jahre alten Erwerbsfähigen sogar zum Wegfall<strong>de</strong>s gesamten Regelbedarfs - § 31 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 31a Abs. 1 bzw. Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Es han<strong>de</strong>lt sich also rechtlich um eine Mitwirkungsobliegenheit.9.1.2 Inhalt <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung1. <strong>Die</strong> Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung soll insbeson<strong>de</strong>re bestimmen• welche Leistungen die o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Erwerbsfähige zur Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeiterhält und• welche Bemühungen erwerbsfähige Leistungsberechtigte in welcherHäufigkeit zur Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit min<strong>de</strong>stens unternehmen muss und inwelcher Form er die Bemühungen nachzuweisen hat,• welche Leistungen Dritter, insbeson<strong>de</strong>re Träger an<strong>de</strong>rer Sozialleistungen,erwerbsfähige Leistungsberechtigte zu beantragen haben.


2. In <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung kann auch vereinbart wer<strong>de</strong>n, welche Leistungendie Personen erhalten, die mit <strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m erwerbsfähigen Leistungsberechtigtenin einer Bedarfsgemeinschaft leben. <strong>Die</strong>se Personen sind hierbei zu beteiligen.3. Wird in <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung eine Bildungsmaßnahme vereinbart, istauch zu regeln, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen dieerwerbsfähige leistungsberechtigte Person scha<strong>de</strong>nsersatzpflichtig ist, wenn sie dieMaßnahme aus einem von ihr zu vertreten<strong>de</strong>n Grun<strong>de</strong> nicht zu En<strong>de</strong> führt.1119.1.3 Dauer <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung<strong>Die</strong> Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung soll <strong>für</strong> sechs Monate geschlossen wer<strong>de</strong>n. Danach soll eineneue Vereinbarung abgeschlossen wer<strong>de</strong>n. Bei je<strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarungsind die bisher gewonnenen Erfahrungen zu berücksichtigen.9.1.4 Zur Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung als öffentlich-rechtlicher Vertrag• Bei <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung han<strong>de</strong>lt es sich um einen öffentlich-rechtlichenVertrag im Sinne <strong>de</strong>r §§ 53 ff. <strong>SGB</strong> X, in <strong>de</strong>m die oben stehen<strong>de</strong>n Rechte bzw.Verpflichtungen verbindlich vereinbart wer<strong>de</strong>n. Allerdings han<strong>de</strong>lt es sich bei <strong>de</strong>rEinglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung nicht um einen echten Austauschvertrag.• Um einen echten Austauschvertrag han<strong>de</strong>lt es sich <strong>de</strong>swegen nicht, weil dieVereinbarung von Einglie<strong>de</strong>rungsmaßnahmen – Leistungen – und von Mitwirkungsobliegenheiten– Gegenleistungen - in keinem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen,<strong>de</strong>nn tatsächlich geht es <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Leistungsempfänger um <strong>de</strong>n Erhalt bzw.Nichterhalt seiner Geldleistungen zur Bestreitung seines notwendigenLebensunterhalts. Auch kann in <strong>de</strong>r Realität von <strong>de</strong>r Möglichkeit, Leistungen undGegenleistungen frei auszuhan<strong>de</strong>ln, keine Re<strong>de</strong> sein. Ist <strong>de</strong>r Leistungsempfängermit <strong>de</strong>m Inhalt <strong>de</strong>r ihm vorgelegten Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung nichteinverstan<strong>de</strong>n und weigert sich, diese zu unterschreiben, sollen die Inhalte – wieoben gezeigt - durch einen Verwaltungsakt festgelegt wer<strong>de</strong>n. Ein Verstoß gegendie festgelegten Pflichten hat <strong>für</strong> die leistungsberechtigte Person die Absenkung <strong>de</strong>sArbeitslosengel<strong>de</strong>s <strong>II</strong> um 30% <strong>de</strong>s maßgeblichen Regelbedarfs zur Folge, bei <strong>de</strong>nnoch nicht 25 Jahre alten Erwerbsfähigen sogar <strong>de</strong>n Wegfall <strong>de</strong>s gesamtenRegelbedarfs.• Allerdings sind einige gesetzliche Vorkehrungen getroffen, um behördlichenMissbrauch durch Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge zu unterbin<strong>de</strong>n. In § 55Abs. 1 Satz 2 <strong>SGB</strong> X heißt es: „<strong>Die</strong> Gegenleistung muss <strong>de</strong>n gesamten Umstän<strong>de</strong>nnach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit <strong>de</strong>r vertraglichenLeistung <strong>de</strong>r Behör<strong>de</strong> stehen.“. § 58 <strong>SGB</strong> X regelt die Nichtigkeit von öffentlichrechtlichenVerträgen; die hier wichtigsten sind: ein öffentlich-rechtlicher Vertragist nichtig,- wenn sich die Nichtigkeit aus <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n Anwendung vonVorschriften <strong>de</strong>s BGB ergibt – z.B. wegen Verstoßes gegen die guten Sitten -§ 138 BGB,


.- wenn ein Verwaltungsakt mit entsprechen<strong>de</strong>m Inhalt nichtig wäre – geregeltin § 40 <strong>SGB</strong> X,- wenn sich die Behör<strong>de</strong> eine nach § 55 <strong>SGB</strong> X unzulässige Gegenleistung, alsoeine unangemessene Gegenleistung, versprechen lässt.• Fraglich ist, ob eine abstrakte gerichtliche Inhaltskontrolle <strong>de</strong>s Vertrages -abgesehen von Fällen <strong>de</strong>r Nichtigkeit von Verträgen nach § 58 <strong>SGB</strong> X – zulässig ist.Eine Inhaltskontrolle ist auf je<strong>de</strong>n Fall möglich, wenn bei Verstoß gegen eineVertragsverpflichtung die nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vorgesehene Sanktion –Kürzung <strong>de</strong>s maßgeben<strong>de</strong>n Regelbedarfs um 30% - per Verwaltungsakt verhängtund dieser Verwaltungsakt angefochten wird.(§ 31 Abs. 1 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bezeichnet die Verpflichtung, die in <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarungo<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>m diese ersetzen<strong>de</strong>n Verwaltungsakt festgelegten Pflichtenzu erfüllen, insbeson<strong>de</strong>re in ausreichen<strong>de</strong>m Umfang Eigenbemühungennachzuweisen.)Aus <strong>de</strong>r Rechtsprechung zur Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung:• Ein Einglie<strong>de</strong>rungs-Verwaltungsakt ist rechtswidrig bei starrer Festlegung einerMin<strong>de</strong>stzahl an Bewerbungen, rigi<strong>de</strong>r Resi<strong>de</strong>nzpflicht und Teilnahmeverpflichtung anlediglich abstrakt bezeichneten Arbeitsgelegenheiten und dann ganz aufzuheben.SG Berlin vom 12.5.2006 – S 37 AS 11713/05 – in: info also 2006 S. 177• Eine Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag gem. <strong>de</strong>r §§53 ff. <strong>SGB</strong> X. Nach § 58 Abs. 2 Nr. 4 <strong>SGB</strong> X ist ein öffentlich-rechtlicher Vertraginsbeson<strong>de</strong>re dann nichtig, wenn sich die Behör<strong>de</strong> eine nach § 55 <strong>SGB</strong> X unzulässigeGegenleistung versprechen lässt. Vorliegend han<strong>de</strong>lt es sich bei <strong>de</strong>r Pflicht, <strong>de</strong>nPsychiater bis zu einem bestimmten Termin aufzusuchen, um eine unzulässigeGegenleistung. <strong>Die</strong> streitgegenständliche Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung stellt einenerheblichen und unverhältnismäßigen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht unddie Integrität <strong>de</strong>s Antragstellers aus Art. 2 Abs.1 GG (allgemeinesPersönlichkeitsrecht) dar.SG Braunschweig vom 11.09.2006 – S 21 AS 962/06 ER112Aus <strong>de</strong>r Praxis:Immer wie<strong>de</strong>r erlebe ich es bei meinen Klienten, dass ihnen die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>rEinglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung gar nicht klar ist. Hier besteht meines Erachtens noch ein großerAufklärungsbedarf. Noch immer wird in vielen Fällen die Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung von <strong>de</strong>nArbeitsvermittlern einfach <strong>de</strong>n Klienten vorgelegt, diese unterschreiben dann auch, ohne sieüberhaupt zu lesen. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite erlebe ich, dass, wenn Klienten gut vorbereitet indie Gespräche mit <strong>de</strong>m Arbeitsvermittler gehen, durchaus eine Chance besteht, eigeneVorstellungen in die Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung aufzunehmen.


1139.2 DAS SOFORTANGEBOT - § 15a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Erwerbsfähigen Personen, die innerhalb <strong>de</strong>r letzten zwei Jahre keine laufen<strong>de</strong>nGeldleistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> o<strong>de</strong>r <strong>II</strong>I bezogenhaben, sollen bei <strong>de</strong>r Beantragung nach Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> unverzüglich Leistungenzur Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit angeboten wer<strong>de</strong>n.<strong>Die</strong> Zielsetzung <strong>de</strong>s Gesetzgebers ist es, mit dieser Regelung• Hilfebedürftigkeit zu vermei<strong>de</strong>n bzw. einer länger andauern<strong>de</strong>n Zeit <strong>de</strong>rHilfebedürftigkeit vorzubeugen,• Sowie die Bereitschaft <strong>de</strong>s Hilfesuchen<strong>de</strong>n zur Arbeitsaufnahme zu überprüfen.<strong>Die</strong>se Leistung wird im Allgemeinen also vor Feststellung <strong>de</strong>r Hilfebedürftigkeit erbracht.Auch bei <strong>de</strong>m Sofortangebot sind die allgemeinen Leistungsgrundsätze gemäß § 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zubeachten, so nach § 3 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> die konkreten Umstän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Einzelfalls, so auch dieFachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 15a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.06.2013, Rn.15a.30.9.3 DIE LEISTUNGEN ZUR EINGLIEDERUNG IN ARBEIT NACH § 16 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><strong>Die</strong>ser Teil ist das Ergebnis einer „Fleißarbeit“. Ich glaube, fast allen ergeht es beim Lesendieses Paragraphen wie mir – schnell überspringen durch die ganzen Verweise. Ich <strong>de</strong>nkeaber, dass es schon wichtig ist, sich einmal vor Augen zu führen, welche Leistungen zurEinglie<strong>de</strong>rung in Arbeit bei <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> zur Verfügung stehen.<strong>Die</strong> Agentur <strong>für</strong> Arbeit erbringt zur Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit Leistungen gemäß § 35 <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong><strong>II</strong>I, das heißt, sie hat Ausbildungsuchen<strong>de</strong>n, <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>n und Arbeitgebern AusbildungsundArbeitsvermittlung anzubieten. Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I stellt die Agentur <strong>für</strong>Arbeit sicher, dass Ausbildungsuchen<strong>de</strong> und Arbeitslose, <strong>de</strong>ren berufliche Einglie<strong>de</strong>rungvoraussichtlich erschwert sein wird, eine verstärkte vermittlerische Unterstützung erhalten.Als Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung kann die Agentur <strong>für</strong> Arbeit die in § 16 Abs. 1beschriebenen Leistungen <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I erbringen; dabei han<strong>de</strong>lt es sich im Einzelnen umfolgen<strong>de</strong> Leistungen <strong>de</strong>s Dritten Kapitels („Aktive Arbeitsför<strong>de</strong>rung“) <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I:1. <strong>Die</strong> übrigen Leistungen <strong>de</strong>r Beratung und Vermittlung nach <strong>de</strong>m Ersten Abschnitt:• die Berufsberatung, Eignungsfeststellung und Berufsorientierung sowie eineArbeitsmarktberatung <strong>für</strong> Arbeitgeber gemäß §§ 29 bis 34 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I


• eine Potenzialanalyse gemäß § 37 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I; <strong>für</strong> die in § 37 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I ebenfalls genannteEinglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung gibt es die spezielle Regelung im <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> - § 15 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>unter Beachtung <strong>de</strong>r <strong>für</strong> diese Leistungserbringung gültigen gemeinsamen Vorschriften<strong>de</strong>r §§ 40 bis 43 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I.2. <strong>Die</strong> Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Einglie<strong>de</strong>rung nach <strong>de</strong>m ZweitenAbschnitt:• För<strong>de</strong>rung aus <strong>de</strong>m Vermittlungsbudget - § 44 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>IDas Vermittlungsbudget wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m Gesetz zur Neuausrichtung <strong>de</strong>rarbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl. I S. 2917 ff.) eingeführt.In ihm wer<strong>de</strong>n die Leistungen zusammengefasst, die vorher in verschie<strong>de</strong>nenEinzelvorschriften geregelt waren und die die Anbahnung o<strong>de</strong>r Aufnahme einerversicherungspflichtigen Beschäftigung durch verschie<strong>de</strong>ne Hilfen unterstützenhelfen, wie Bewerbungs- und Reisekosten.Geför<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n kann auch die Anbahnung o<strong>de</strong>r Aufnahme einerversicherungspflichtigen Beschäftigung in einem an<strong>de</strong>ren Mitgliedsstaat <strong>de</strong>rEuropäischen Union, einem an<strong>de</strong>ren Vertragsstaat <strong>de</strong>s Abkommens über <strong>de</strong>nEuropäischen Wirtschaftsraum o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Schweiz.Durch § 16 Abs. 3 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> gilt <strong>für</strong> das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> an<strong>de</strong>rs als <strong>für</strong> das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I, dass dieLeistungen aus <strong>de</strong>m Vermittlungsbudget auch <strong>für</strong> die Anbahnung und Aufnahmeeiner schulischen Berufsausbildung erbracht wer<strong>de</strong>n können.• Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Einglie<strong>de</strong>rung - § 45 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>IHierunter wer<strong>de</strong>n Maßnahmen gefasst, dieo an <strong>de</strong>n Ausbildungs- und Arbeitsmarkt heranführen,o Vermittlungshemmnisse feststellen, verringern o<strong>de</strong>r beseitigen,o in eine versicherungspflichtige Beschäftigung vermitteln,o an eine selbstständige Tätigkeit heranführen o<strong>de</strong>ro eine Beschäftigungsaufnahme stabilisieren.Geregelt ist hier auch <strong>de</strong>r Anspruch auf einen Aktivierungs- undVermittlungsgutschein. Nach § 45 Abs. 7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I haben Arbeitslose einen Anspruch,wenn sie einen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben und nach einer Arbeitslosigkeitvon sechs Wochen innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind.Für die Leistungsberechtigten nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist es aber wohlgemerkt eineKannleistung <strong>de</strong>s Jobcenters. Eine Ausnahme gibt es <strong>für</strong> sogen. „Aufstocker“, dieArbeitslosengeld nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I beziehen, das aber nicht <strong>für</strong> die Sicherung <strong>de</strong>sLebensunterhalts ausreicht, so dass sie zusätzlich Arbeitslosengeld <strong>II</strong> beziehen. <strong>Die</strong>Ausnahme ist geregelt in § 22 Abs. 4 Satz 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I, dort fin<strong>de</strong>n sich weitereRechtsanspruchsleistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I, die von diesem Personenkreisgegenüber <strong>de</strong>r Agentur <strong>für</strong> Arbeit geltend gemacht wer<strong>de</strong>n können.• Probebeschäftigung und Arbeitshilfe <strong>für</strong> behin<strong>de</strong>rte Menschen - § 46 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I114


1153. Leistungen zur Berufsausbildung nach <strong>de</strong>m Vierten Unterabschnitt <strong>de</strong>s Dritten Abschnittsund Leistungen nach § 54a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I• Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung behin<strong>de</strong>rter und schwerbehin<strong>de</strong>rter Menschengemäß § 73 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I• Unterstützung und För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Berufsausbildung von för<strong>de</strong>rungsbedürftigenjungen Menschen gemäß § 74 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I• Ausbildungsbegleiten<strong>de</strong> Hilfen <strong>für</strong> för<strong>de</strong>rungsbedürftige junge Menschen gem. § 75<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I• Außerbetriebliche Berufsausbildung <strong>für</strong> för<strong>de</strong>rungsbedürftige junge Menschengemäß § 76 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>IWer zum Personenkreis <strong>de</strong>r för<strong>de</strong>rungsbedürftigen jungen Menschen gehört, ergibtsich aus § 78 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I:„(1) För<strong>de</strong>rungsbedürftig sind lernbeeinträchtigte und sozial benachteiligte jungeMenschen, die wegen in ihrer Person liegen<strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong> ohne die För<strong>de</strong>rung1. eine Einstiegsqualifizierung o<strong>de</strong>r eine Berufsausbildung nicht beginnen, fortsetzeno<strong>de</strong>r erfolgreich been<strong>de</strong>n können2. nach <strong>de</strong>r vorzeitigen Lösung eines Berufsausbildungsverhältnisses eine weitereBerufsausbildung nicht beginnen können o<strong>de</strong>r3. nach erfolgreicher Beendigung einer Berufsausbildung ein Arbeitsverhältnis nichtbegrün<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r festigen können.(2) För<strong>de</strong>rungsbedürftig sind auch Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>,1. bei <strong>de</strong>nen ohne die För<strong>de</strong>rung mit ausbildungsbegleiten<strong>de</strong>n Hilfen eine vorzeitigeLösung ihres Berufsausbildungsverhältnisses droht o<strong>de</strong>r2. die nach <strong>de</strong>r vorzeitigen Lösung eines betrieblichenBerufsausbildungsverhältnisses unter <strong>de</strong>n Voraussetzungen <strong>de</strong>s § 76 Absatz 3eine Berufsausbildung außerbetrieblich fortsetzen.Satz 1 Nummer 1 gilt entsprechend <strong>für</strong> Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>, die bereits eineBerufsausbildung absolviert haben und <strong>de</strong>ren Abschluss <strong>de</strong>r zweitenBerufsausbildung <strong>für</strong> ihre dauerhafte berufliche Einglie<strong>de</strong>rung erfor<strong>de</strong>rlich ist.(3) § 59 Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.“ – <strong>Die</strong>s betrifft die För<strong>de</strong>rung vonAuslän<strong>de</strong>rn.• För<strong>de</strong>rung einer Einstiegsqualifizierung gemäß § 54a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I4. Leistungen zur Beruflichen Weiterbildung nach <strong>de</strong>m Vierten Abschnitt und Leistungennach § 131a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I


• Übernahme von Weiterbildungskosten gemäß <strong>de</strong>n §§ 81 bis 87 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I <strong>für</strong>Arbeitnehmer ab vollen<strong>de</strong>tem 45. Lebensjahr, wenn1. die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflicheinzuglie<strong>de</strong>rn, eine ihnen drohen<strong>de</strong> Arbeitslosigkeit abzuwen<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r weil bei ihnenwegen fehlen<strong>de</strong>n Berufsabschlusses die Notwendigkeit <strong>de</strong>r Weiterbildung anerkanntist,2. die Agentur <strong>für</strong> Arbeit sie vor Beginn <strong>de</strong>r Teilnahme beraten hat und3. die Maßnahme und <strong>de</strong>r Träger <strong>de</strong>r Maßnahme <strong>für</strong> die För<strong>de</strong>rung zugelassen sind.<strong>Die</strong> Weiterbildungskosten sind die durch die Weiterbildung unmittelbarentstehen<strong>de</strong>n Lehrgangskosten und Kosten <strong>für</strong> die Eignungsfeststellung, Fahrkosten,Kosten <strong>für</strong> auswärtige Unterbringung und <strong>für</strong> die Verpflegung sowieKin<strong>de</strong>rbetreuungskosten.• Weiterbildungsför<strong>de</strong>rung in kleineren und mittleren Unternehmen wievorhergehend, aber <strong>für</strong> Arbeitnehmer, die das 45. Lebensjahr noch nicht vollen<strong>de</strong>thaben, wenn <strong>de</strong>r Arbeitgeber min<strong>de</strong>stens 50% <strong>de</strong>r Lehrgangskosten trägt und dieMaßnahme vor <strong>de</strong>m 31.12.2014 beginnt, gemäß § 131a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I5. Leistungen zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach <strong>de</strong>mErsten Unterabschnitt <strong>de</strong>s Fünften Abschnitts und Leistungen nach § 131 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I• Einglie<strong>de</strong>rungszuschuss <strong>für</strong> Arbeitgeber gemäß §§ 88 bis 92 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I zur Einglie<strong>de</strong>rungvon Arbeitnehmern, wenn <strong>de</strong>ren Vermittlung wegen in ihrer Person liegen<strong>de</strong>rGrün<strong>de</strong> erschwert ist – Zuschuss zum Arbeitsentgelt und Ausgleich einerMin<strong>de</strong>rleistungDer Einglie<strong>de</strong>rungszuschuss kann bis zu 50% <strong>de</strong>s zu berücksichtigen<strong>de</strong>nArbeitsentgelts und die För<strong>de</strong>rdauer bis zu 12 Monaten betragen. Bei behin<strong>de</strong>rtenund schwerbehin<strong>de</strong>rten Menschen kann er noch höher und länger ausfallen, vgl. § 90<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I.Für <strong>de</strong>n Einglie<strong>de</strong>rungszuschuss zu berücksichtigen ist das vom Arbeitgeber gezahlteArbeitsentgelt, wenn es <strong>de</strong>n in § 91 Abs. 1 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I genannten Kriterienentspricht sowie <strong>de</strong>r pauschalisierte Anteil <strong>de</strong>s Arbeitgebers amGesamtsozialversicherungsbeitrag.• Wenn die För<strong>de</strong>rungen bis zum 31.12.2014 begonnen haben, kann die För<strong>de</strong>rdauer<strong>für</strong> einen Einglie<strong>de</strong>rungszuschuss <strong>für</strong> Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollen<strong>de</strong>thaben, abweichend von § 89 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I statt bis zu 12 Monaten bis zu 36 Monatenbetragen.6. Für Einglie<strong>de</strong>rungsleistungen an erwerbsfähige, behin<strong>de</strong>rte Leistungsberechtigte geltendie §§ 112 bis 114, 115 Nummer 1 bis 3 mit Ausnahme berufsvorbereiten<strong>de</strong>rBildungsmaßnahmen und <strong>de</strong>r Berufsausbildungsbeihilfe, § 116 Abs. 1,2 und 5, die §§117, 118 Satz 1 Nummer 3, Satz 2 und die §§ 127 und 128 <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I entsprechend.• Grundsätze <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Teilhabe behin<strong>de</strong>rter Menschen am Arbeitslebengemäß §§ 112 bis 114 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I116


117• Allgemeine Leistungen zur För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Teilhabe behin<strong>de</strong>rter Menschen amArbeitsleben: Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Einglie<strong>de</strong>rung, zurFör<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Berufsausbildung und zur För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r beruflichen Weiterbildunggemäß § 115 Nummer 1 bis 3• Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Einglie<strong>de</strong>rung zur För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Teilhabebehin<strong>de</strong>rter Menschen am Arbeitsleben können auch erbracht wer<strong>de</strong>n, wennbehin<strong>de</strong>rte Menschen nicht arbeitslos sind und durch diese Leistungen einedauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben erreicht wer<strong>de</strong>n kann - § 116 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I.• Zur För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Teilhabe behin<strong>de</strong>rter Menschen am Arbeitsleben können auchberufliche Aus- und Weiterbildungen unterstützt wer<strong>de</strong>n, die im Rahmen <strong>de</strong>sBerufsbildungsgesetzes o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Handwerksordnung abweichend von <strong>de</strong>nAusbildungsordnungen <strong>für</strong> staatlich anerkannte Ausbildungsberufe o<strong>de</strong>r inSon<strong>de</strong>rformen <strong>für</strong> behin<strong>de</strong>rte Menschen durchgeführt wer<strong>de</strong>n - § 116 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I.• In § 116 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I sind weitere Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>für</strong> die För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r beruflichenWeiterbildung <strong>für</strong> behin<strong>de</strong>rte Menschen aufgezählt.• Beson<strong>de</strong>re Leistungen zur För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Teilhabe behin<strong>de</strong>rter Menschen amArbeitsleben: Übernahme <strong>de</strong>r Teilnahmekosten <strong>für</strong> beson<strong>de</strong>re För<strong>de</strong>rung auf Grund<strong>de</strong>r Art und Schwere <strong>de</strong>r Behin<strong>de</strong>rung o<strong>de</strong>r zur Sicherung <strong>de</strong>r Teilhabe amArbeitsleben, auf Antrag auch als Teil eines trägerübergreifen<strong>de</strong>n PersönlichenBudgets - §§ 117, 118 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I• <strong>Die</strong> §§ 127 und 128 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I regeln die Bestimmung <strong>de</strong>r Teilnahmekosten <strong>für</strong> dieMaßnahmen zur För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Teilhabe behin<strong>de</strong>rter Menschen am Arbeitsleben undSon<strong>de</strong>rfälle <strong>de</strong>r Unterbringung und Verpflegung in diesem Zusammenhang.7. § 1 Abs. 2 Nr. 4 sowie § 36 und § 81 Abs. 3 <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I sind entsprechend anzuwen<strong>de</strong>n.• Frauenför<strong>de</strong>rung gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I• Grundsätze <strong>de</strong>r Vermittlung gemäß § 36 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I• Arbeitnehmer wer<strong>de</strong>n durch Übernahme <strong>de</strong>r Weiterbildungskosten zumnachträglichen Erwerb <strong>de</strong>s Hauptschulabschlusses o<strong>de</strong>r eines gleichwertigenSchulabschlusses geför<strong>de</strong>rt bei <strong>de</strong>r Vorlage bestimmter Voraussetzungen gemäß § 81Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I<strong>Die</strong> Agentur <strong>für</strong> Arbeit als Träger <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> kann dieAusbildungsvermittlung durch die <strong>für</strong> die Arbeitsför<strong>de</strong>rung zuständigen Stellen <strong>de</strong>rBun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit wahrnehmen lassen - § 16 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>


9.4 LEISTUNGEN, FÜR DIE DIE KOMMUNALEN TRÄGER ZUSTÄNDIG SIND - § 16a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><strong>Die</strong> folgen<strong>de</strong>n Leistungen können erbracht wer<strong>de</strong>n, wenn sie <strong>für</strong> die Einglie<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>serwerbsfähigen Leistungsberechtigten in das Erwerbsleben erfor<strong>de</strong>rlich sind:• die Betreuung min<strong>de</strong>rjähriger o<strong>de</strong>r behin<strong>de</strong>rter Kin<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r die häusliche Pflege vonAngehörigen,• die Schuldnerberatung,• die psychosoziale Betreuung,• die Suchtberatung.9.5 DAS EINSTIEGSGELD - § 16b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• Das Einstiegsgeld ist eine im Ermessen <strong>de</strong>r Agentur <strong>für</strong> Arbeit stehen<strong>de</strong> Geldleistung.Es dient <strong>de</strong>r Überwindung von Hilfebedürftigkeit bei arbeitslosen Personen, wenn sieeine sozialversicherungspflichtige o<strong>de</strong>r selbständige Erwerbstätigkeit aufnehmen; dasEinstiegsgeld wird dabei als Zuschuss zum Arbeitslosengeld <strong>II</strong> gezahlt.118• Es muss sich also um eine Erwerbstätigkeit oberhalb <strong>de</strong>s Niveaus <strong>de</strong>s Mini-Lohn-Jobs(ab 2013 450 Euro) han<strong>de</strong>ln mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 15Stun<strong>de</strong>n, bei <strong>de</strong>r das Arbeitsentgelt aber so niedrig ist (Billig-Lohn-Sektor), dass es zurDeckung <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> – Bedarfs nicht ausreicht, also die ergänzen<strong>de</strong> Leistung vonArbeitslosengeld <strong>II</strong> erfor<strong>de</strong>rlich ist. Hier soll das Einstiegsgeld einen Anreiz bieten, dieschlecht bezahlte Tätigkeit beizubehalten bzw. anzunehmen, da es im Zweifelsfalleleichter ist, sich aus einer schlecht bezahlten Tätigkeit <strong>für</strong> eine besser bezahlteTätigkeit zu bewerben als aus <strong>de</strong>r Arbeitslosigkeit. Daher die Voraussetzung, dass dieZahlung <strong>de</strong>s Einstiegsgel<strong>de</strong>s zur Einglie<strong>de</strong>rung in <strong>de</strong>n allgemeinen Arbeitsmarkterfor<strong>de</strong>rlich ist. <strong>Die</strong> Gewährung <strong>de</strong>s Einstiegsgel<strong>de</strong>s kommt somit nicht <strong>für</strong>Beschäftigungen auf <strong>de</strong>m zweiten Arbeitsmarkt in Betracht.• Nach § 16b Abs. 1 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> kann das Einstiegsgeld auch erbracht wer<strong>de</strong>n, wenndie Hilfebedürftigkeit durch o<strong>de</strong>r nach Aufnahme <strong>de</strong>r Erwerbstätigkeit entfällt.• Das Einstiegsgeld wird <strong>für</strong> höchstens 24 Monate erbracht, soweit <strong>für</strong> diesen Zeitraumeine Erwerbstätigkeit besteht. Bei <strong>de</strong>r Bemessung <strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>s Einstiegsgelds soll dievorherige Dauer <strong>de</strong>r Arbeitslosigkeit sowie die Größe <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft, in <strong>de</strong>rdie o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r erwerbsfähige Leistungsberechtigte wohnt, berücksichtigt wer<strong>de</strong>n -soweit § 16b Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• § 16b Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> enthält eine Ermächtigung <strong>für</strong> eine Verordnung <strong>für</strong> die Bemessung<strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>s Einstiegsgel<strong>de</strong>s unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r in Abs. 2 aufgeführtenKriterien. Der Gesetzgeber hat bisher hiervon keinen Gebrauch gemacht.9.6 LEISTUNGEN ZUR EINGLIEDERUNG VON SELBSTÄNDIGEN – § 16c <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• Erwerbsfähige Leistungsberechtigte , die eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeitaufnehmen o<strong>de</strong>r ausüben, können Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung erhalten, wenn zu


erwarten ist, dass die selbständige Tätigkeit tragfähig ist und die Hilfebedürftigkeitdurch die selbständige Tätigkeit innerhalb eines angemessenen Zeitraums dauerhaftüberwun<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r verringert wird.• Sie können Darlehen und Zuschüsse <strong>für</strong> die Beschaffung von Sachgütern erhalten, die<strong>für</strong> die Ausübung <strong>de</strong>r selbständigen Tätigkeit notwendig und angemessen sind. <strong>Die</strong>Zuschüsse dürfen einen Betrag von 5.000 Euro nicht übersteigen, so § 16c Abs. 1 Satz2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.9.7 ARBEITSGELEGENHEITEN - § 16d <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Erwerbsfähige Leistungsberechtigte können zur Erhaltung o<strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rerlangung ihrerBeschäftigungsfähigkeit, die <strong>für</strong> eine Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit erfor<strong>de</strong>rlich ist, inArbeitsgelegenheiten zugewiesen wer<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong> darin zu verrichten<strong>de</strong>n Arbeiten müssenzusätzlich sein, im öffentlichen Interesse liegen und sie müssen wettbewerbsneutral sein.Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, mit <strong>de</strong>nen die Aufnahme einerErwerbstätigkeit auf <strong>de</strong>m allgemeinen Arbeitsmarkt unmittelbar unterstützt wer<strong>de</strong>n kann,haben Vorrang gegenüber <strong>de</strong>r Zuweisung in Arbeitsgelegenheiten, so § 16d Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Erwerbsfähige Leistungsberechtigte dürfen innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nichtlänger als 24 Monate in Arbeitsgelegenheiten vermittelt wer<strong>de</strong>n - § 16d Abs. 6 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Zusätzlich zum Arbeitslosengeld <strong>II</strong> ist <strong>de</strong>n erwerbsfähigen Leistungsberechtigten eineangemessene Entschädigung <strong>für</strong> Mehraufwendungen zu zahlen - § 16d Abs. 7 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Solche Arbeiten begrün<strong>de</strong>n aber kein Arbeitsverhältnis im Sinne <strong>de</strong>s Arbeitsrechts. <strong>Die</strong>Vorschriften über <strong>de</strong>n Arbeitsschutz und das Bun<strong>de</strong>surlaubsgesetz – mit Ausnahme <strong>de</strong>rRegelung über das Urlaubsentgelt - sind entsprechend anzuwen<strong>de</strong>n. Für Schä<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>rAusübung ihrer Tätigkeit haften erwerbsfähige Leistungsberechtigte nur wieArbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - § 16d Abs. 7, Sätze 2 und 3.Es han<strong>de</strong>lt sich hier um die Regelung, die im <strong>de</strong>rzeitigen Jargon unter „Ein-Euro-Jobs“abgehan<strong>de</strong>lt wird.9.8 FÖRDERUNG VON ARBEITSVERHÄLTNISSEN - § 16e <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Arbeitgeber können auf Antrag <strong>für</strong> die Beschäftigung von zugewiesenen erwerbsfähigenLeistungsberechtigten durch Zuschüsse zum Arbeitsentgelt geför<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n, wennzwischen <strong>de</strong>m Arbeitgeber und dieser Person ein Arbeitsverhältnis begrün<strong>de</strong>t wird - § 16eAbs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Voraussetzungen <strong>für</strong> die Zuweisung einer Person nach § 16e Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>:1. <strong>Die</strong> o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r erwerbsfähige Leistungsberechtigte• ist langzeitarbeitslos im Sinne von § 18 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I , also ein Jahr und länger und119


• ist in ihren o<strong>de</strong>r seinen Erwerbsmöglichkeiten beson<strong>de</strong>rs schwer beeinträchtigtdurch min<strong>de</strong>stens zwei weitere in ihrer o<strong>de</strong>r seiner Person liegen<strong>de</strong>Vermittlungshemmnisse.Weitere Vermittlungshin<strong>de</strong>rnisse können z.B. ein höheres Alter o<strong>de</strong>r mangeln<strong>de</strong><strong>de</strong>utsche Sprachkenntnisse sein. In <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweisen zur FachlichenFör<strong>de</strong>rung von Arbeitsverhältnissen nach § 16e <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand April 2012, wird aberunter Punkt 2.1.1 „Auswahl“ ausgeführt, dass nicht entschei<strong>de</strong>nd ist, dass die o<strong>de</strong>r<strong>de</strong>r erwerbsfähige Leistungsberechtigte ein Merkmal aufweist, das abstrakt einVermittlungshemmnis darstellen kann, son<strong>de</strong>rn auf die konkrete Situation <strong>de</strong>rjeweiligen betroffenen Person abzustellen ist. Darum soll die Entscheidung,welche Vermittlungshemmnisse <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s § 16e Abs. 3 entsprechen,<strong>de</strong>zentral von <strong>de</strong>n einzelnen Jobcentern getroffen wer<strong>de</strong>n.2. <strong>Die</strong> o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r erwerbsfähige Leistungsberechtigte hat <strong>für</strong> einen Zeitraum vonwenigstens sechs Monaten verstärkte vermittlerische Unterstützung nach § 16 Abs. 1Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, das sind die Leistungen nach § 35 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I Ausbildungs- undArbeitsvermittlung, erhalten unter Einbeziehung <strong>de</strong>r übrigenEinglie<strong>de</strong>rungsleistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.3. Ohne die För<strong>de</strong>rung ist eine Erwerbstätigkeit <strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s erwerbsfähigenLeistungsberechtigten auf <strong>de</strong>m allgemeinen Arbeitsmarkt voraussichtlich <strong>für</strong> dieDauer <strong>de</strong>r Zuweisung nicht möglich.4. <strong>Die</strong> Zuschüsse an <strong>de</strong>n Arbeitgeber dürfen innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahrenhöchstens <strong>für</strong> eine Dauer von 24 Monaten erbracht wer<strong>de</strong>n.Während <strong>de</strong>r gesamten För<strong>de</strong>rungsdauer soll die Betreuung <strong>de</strong>r Teilnehmer durch dasJobcenter mit Blick auf die Erreichung <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Arbeitsverhältnissefestgelegten individuellen Ziele erfolgen. Rechtzeitig vor Beendigung <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung hat dasJobcenter eine Strategie zur weiteren Heranführung <strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Leistungsberechtigten an<strong>de</strong>n ersten Arbeitsmarkt o<strong>de</strong>r zum weiteren Einglie<strong>de</strong>rungsprozess unter Berücksichtigung<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Beschäftigung erworbenen und vertieften Fähigkeiten und Kenntnis zu entwickeln,so die Weisungen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur in <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweisen zur Fachlichen För<strong>de</strong>rungvon Arbeitsverhältnissen nach § 16e <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand April 2012, unter Punkt 4 Nr. 3.<strong>Die</strong> Bun<strong>de</strong>sagentur soll die zugewiesene Person sofort abberufen, wenn sie diese in einezumutbare Arbeit o<strong>de</strong>r Ausbildung vermitteln kann. Nimmt die zugewiesene Person von sichaus eine Arbeit o<strong>de</strong>r Ausbildung auf o<strong>de</strong>r kann an einer Maßnahme <strong>de</strong>r Berufsausbildungo<strong>de</strong>r beruflichen Weiterbildung teilnehmen, kann sie das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltungeiner Frist kündigen - § 16e Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.<strong>Die</strong> Höhe <strong>de</strong>s Zuschusses richtet sich nach <strong>de</strong>r Leistungsfähigkeit <strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>serwerbsfähigen Leistungsberechtigten in Bezug auf <strong>de</strong>n konkreten Arbeitsplatz und kann biszu 75% <strong>de</strong>s berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts betragen. Das berücksichtigungsfähigeArbeitsentgelt setzt sich zusammen aus <strong>de</strong>m zu zahlen<strong>de</strong>n Arbeitsentgelt und <strong>de</strong>mpauschalisierten Anteil <strong>de</strong>s Arbeitgebers am Gesamtsozialversicherungsbeitrag abzüglich <strong>de</strong>sBeitrags zur Arbeitsför<strong>de</strong>rung - § 16e Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Für die Vergütung empfiehlt dieBun<strong>de</strong>sagentur in <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweisen zur Fachlichen För<strong>de</strong>rung von120


Arbeitsverhältnissen nach § 16e <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand April 2012, unter Punkt 2.5 Nr. 2, dass dieallgemein arbeitsrechtlichen Regelungen sowie die anwendbaren Tarifverträge gelten sollen.<strong>Die</strong> Regelungen zu Branchenmin<strong>de</strong>stlöhnen sind zu beachten.9.9 FREIE FÖRDERUNG - § 16f <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><strong>Die</strong> Agentur <strong>für</strong> Arbeit kann die Möglichkeiten <strong>de</strong>r gesetzlich geregeltenEinglie<strong>de</strong>rungsleistungen durch freie Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit erweitern.<strong>Die</strong> Freie För<strong>de</strong>rung bietet insofern „Raum <strong>für</strong> neue I<strong>de</strong>en im Sinne eines ,Erfindungsrechts'.Sie ermöglicht Gestaltungsräume, um <strong>für</strong> alle eLb (erwerbsfähigen Leistungsberechtigten)an<strong>de</strong>re Maßnahmen zu entwickeln, ... die die gesetzlichen Basisinstrumente erweitern.“, sodie Fachlichen Hinweisen zur Freien För<strong>de</strong>rung <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nach § 16f <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand April 2012,unter Teil A Punkt 1.Beson<strong>de</strong>re För<strong>de</strong>rmöglichkeiten können erfolgen• <strong>für</strong> Langzeitarbeitslose und• <strong>für</strong> erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollen<strong>de</strong>thaben und <strong>de</strong>ren berufliche Einglie<strong>de</strong>rung auf Grund von schwerwiegen<strong>de</strong>nVermittlungshemmnissen beson<strong>de</strong>rs erschwert ist,wenn bei diesen Personen in angemessener Zeit von in <strong>de</strong>r Regel sechs Monaten nicht mitAussicht auf Erfolg an<strong>de</strong>re Leistungen <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rung nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bzw. <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Iangewen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n können.Für diese Personenkreise gilt auch das sonst zu beachten<strong>de</strong> sogenannte Umgehungs- undAufstockungsangebot nicht, so § 16f Abs. 2 Satz 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Das Umgehungs- undAufstockungsangebot bestimmt, dass die Leistungen nach § 16f <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nicht die an<strong>de</strong>ren im<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> geregelten Einglie<strong>de</strong>rungsleistungen, bzw. die damit in Bezug stehen<strong>de</strong>n Leistungen<strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I, aufstocken o<strong>de</strong>r umgehen dürfen, insbeson<strong>de</strong>re die spezifischen Regelungen zuFör<strong>de</strong>rvoraussetzungen, Zielgruppen, För<strong>de</strong>rhöhe und –dauer, ausführlich dargestellt in TeilA unter Punkt 1.4 in <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweisen zur Freien För<strong>de</strong>rung <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nach § 16f <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>,Stand April 2012.9.10 FÖRDERUNG BEI WEGFALL DER HILFEBEDÜFTIGKEIT - § 16g <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• Entfällt die Hilfebedürftigkeit <strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Erwerbsfähigen während einerMaßnahme zur Einglie<strong>de</strong>rung, kann sie durch Darlehen weiter geför<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n,wenn dies wirtschaftlich erscheint und die o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Erwerbsfähige die Maßnahmevoraussichtlich erfolgreich abschließen wird.• Leistungen nach <strong>de</strong>m Dritten Kapitel („Aktive Arbeitsför<strong>de</strong>rung“) und § 45 Abs. 1 Satz1 Nr. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I (Maßnahmen zur Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme) o<strong>de</strong>rnach § 16a Nr. 1 bis 4 (die kommunalen Einglie<strong>de</strong>rungsleistungen) und § 16b (dasEinstiegsgeld) <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> können auch <strong>für</strong> die Dauer einer För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Arbeitgeberso<strong>de</strong>r eines Trägers durch eine Geldleistung nach § 16 Abs. 1 und § 16e <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> erbrachtwer<strong>de</strong>n, wenn die Hilfebedürftigkeit <strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Erwerbsfähigen auf Grund <strong>de</strong>s zu121


erücksichtigen<strong>de</strong>n Einkommens entfallen ist. Nach § 16g Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> istwährend dieser För<strong>de</strong>rdauer eine Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung nach § 15 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>abzuschließen.122


Kapitel 10: <strong>Die</strong> Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts im Überblick(► Im Einzelnen wer<strong>de</strong>n diese Leistungen in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Kapiteln 11 bis 13 behan<strong>de</strong>lt)123Arbeitslosengeld <strong>II</strong>(<strong>für</strong> erwerbsfähige Leistungsberechtigte)undSozialgeld(<strong>für</strong> nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte,die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ineiner Bedarfsgemeinschaft leben und soweitkein Anspruch nach Kap. 4 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> bestehtRegelbedarf - § 20 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>umfasst insbes. Ernährung, Kleidung,Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie(ohne Heizung undWarmwasserbereitung), sowieBedürfnisse <strong>de</strong>s täglichen Lebens(Teilhabe)Mehrbedarfe - § 21 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>bei Schwangerschaft, Alleinerziehung,Behin<strong>de</strong>rung, kostenaufwändigerErnährung aus medizinischen Grün<strong>de</strong>n,unabweisbarem, laufen<strong>de</strong>n, nicht nureinmaligem Bedarf, und <strong>de</strong>zentralerWarmwasserversorgungBedarfe <strong>für</strong> Unterkunft undHeizung- § 22 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Abweichen<strong>de</strong>Leistungserbringungundweitere LeistungenDarlehen <strong>für</strong> einen vom Regelbedarfumfassten, im Einzelfall nichtge<strong>de</strong>ckten unabweisbaren Bedarf§ 24 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Leistungserbringung bei nichtzweckmäßigem Ausgabeverhalten§ 24 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Bedarfe <strong>für</strong> Erstausstattungen(Wohnung einschl.Haushaltsgeräten, Bekleidung,Schwangerschaft und Geburt) sowie<strong>für</strong> orthop. Schuhe und therapeut.Geräte - § 24 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Überbrückungsdarlehen bei zuerwarten<strong>de</strong>n Einnahmen -§ 24 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Überbrückungsdarlehen beiVermögen - § 24 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Leistungen bei mediz. Reha <strong>de</strong>r RVund bei Anspruch auf Verletztengeldaus <strong>de</strong>r Unfallvers. - § 25 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Zuschuss zu Versicherungsbeiträgen- § 26 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Leistungen <strong>für</strong> Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> -§ 27 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Leistungen <strong>für</strong> Bildungund Teilhabe§§ 28 ff. <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>TatsächlicheAufwendungen <strong>für</strong>Ausflüge,Schulklassen-undKitagruppenfahrtenSchülerbeför<strong>de</strong>rungAusstattung mitpersönlichemSchulbedarfLernför<strong>de</strong>rungGemeinschaftlicheMittagsverpflegungBedarf zur Teilhabe amsozialen undkulturellen Leben


124Kapitel 11: <strong>Die</strong> Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts –Teil I: Arbeitslosengeld <strong>II</strong> und SozialgeldSeite11.1 Allgemeines zu <strong>de</strong>n Leistungen Arbeitslosengeld <strong>II</strong> und Sozialgeld 12511.2 Der Regelbedarf zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts 12711.2.1 Was umfasst <strong>de</strong>r Regelbedarf? 12711.2.2 Festlegung und jährliche Anpassung <strong>de</strong>r Regelbedarfe 12711.2.3 Höhe <strong>de</strong>r Regelbedarfe 12811.3 Leistungen <strong>für</strong> Mehrbedarfe 13011.3.1 Mehrbedarf wegen Schwangerschaft 13111.3.2 Mehrbedarf wegen Alleinerziehung 13111.3.3 Mehrbedarf <strong>für</strong> behin<strong>de</strong>rte Leistungsberechtigte 13311.3.4 Mehrbedarf <strong>für</strong> nichterwerbsfähige Personen mit Merkzeichen G 13311.3.5 Mehrbedarf wegen krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung 13411.3.6 Mehrbedarf <strong>für</strong> einen im Einzelfall unabweisbaren, laufen<strong>de</strong>n, 137nicht nur einmaligen, beson<strong>de</strong>ren Bedarf11.3.7 Mehrbedarf wegen <strong>de</strong>zentraler Warmwasserversorgung 13711.4 Bedarfe <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung und die Umsetzung in Berlin 13811.4.1 Vorbemerkungen und zur Satzungsermächtigung 13811.4.2 Zur Angemessenheit <strong>de</strong>s Wohnraums 14011.4.3 Wenn die Wohnkosten unangemessen hoch sind 14811.4.4 Was gilt <strong>für</strong> einen Umzug? 15011.4.5 Zur Frage von notwendigen Schönheitsreparaturen / Einzugs- undAbschlussrenovierungen 15311.4.6 Wann erfolgt die Mietzahlung direkt an <strong>de</strong>n Vermieter? 15411.4.7 Wann wer<strong>de</strong>n Miet- bzw. Energieschul<strong>de</strong>n übernommen? 15511.4.8 Son<strong>de</strong>rregelungen <strong>für</strong> junge Erwachsene unter 25 Jahren 157


12511 DIE LEISTUNGEN ZUR SICHERUNG DES LEBENSUNTERHALTS -TEIL I: ARBEITSLOSENGELD <strong>II</strong> UND SOZIALGELD11.1 ALLGEMEINES ZU DEN LEISTUNGEN ARBEITSLOSENGELD <strong>II</strong> UND SOZIALGELDZur Unterscheidung <strong>de</strong>r Begriffe Arbeitslosengeld <strong>II</strong> und SozialgeldArbeitslosengeld <strong>II</strong><strong>für</strong> erwerbsfähige Leistungsberechtigte- § 19 Abs. 1 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Arbeitslosengeld <strong>II</strong> erhalten <strong>de</strong>mnachPersonen, die• das 15. Lebensjahr vollen<strong>de</strong>t und dieAltersgrenze nach § 7a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nochnicht erreicht haben,• erwerbsfähig sind,• hilfebedürftig sind und• ihren gewöhnlichen Aufenthalt in <strong>de</strong>rBun<strong>de</strong>srepublik Deutschland habensowie• erreichbar nach § 7 Abs. 4a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sindund• bei <strong>de</strong>nen kein weiterer Ausschlusstatbestandvorliegt.Sozialgeld<strong>für</strong> nichterwerbsfähigeLeistungsberechtigte, die miterwerbsfähigen Leistungsberechtigten ineiner Bedarfsgemeinschaft leben, soweitsie keinen Anspruch auf Leistungen nachKapitel 4 <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> haben- § 19 Abs. 1 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Sozialgeld erhalten <strong>de</strong>mnach• Kin<strong>de</strong>r im Alter von 0-14 Jahren,wenn sie hilfebedürftig sind und• hilfebedürftige Kin<strong>de</strong>r im Alter von 15bis 17 Jahren, wenn sie nichterwerbsfähig sind,• hilfebedürftige Kin<strong>de</strong>r im Alter von 18bis 24 Jahren, die vorübergehend –also nicht auf Dauer - nichterwerbsfähig sind,• vorübergehend – also nicht auf Dauer– nicht erwerbsfähige hilfebedürftigePartner von erwerbsfähigen Partnernund• vorübergehend – also nicht auf Dauer– hilfebedürftige nichterwerbsfähigeEltern (-teile) von erwerbsfähigenKin<strong>de</strong>rn.Das Arbeitslosengeld <strong>II</strong> und Sozialgeld umfassen1. <strong>de</strong>n Regelbedarf,2. Mehrbedarfe und3. <strong>de</strong>n Bedarf <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung- § 19 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>


126Zum Begriff <strong>de</strong>r Erwerbsfähigkeit siehe die Ausführungen unter 6.2Anmerkung:Mit <strong>de</strong>r Formulierung bei Sozialgeldberechtigten „soweit sie keinen Anspruch nach <strong>de</strong>m 4.Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> haben“, eröffnet <strong>de</strong>r Gesetzgeber die ergänzen<strong>de</strong> Leistung von Sozialgeld<strong>für</strong> <strong>de</strong>n Fall, dass die <strong>Grundsicherung</strong> im Alter und bei vermin<strong>de</strong>rter Erwerbsfähigkeit nach<strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> unterhalb <strong>de</strong>s Niveaus <strong>de</strong>r Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts imSinne <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> liegen sollte. <strong>Die</strong>s ist zurzeit nicht <strong>de</strong>r Fall, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Eckregelsatz <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>beträgt bun<strong>de</strong>seinheitlich wenigstens 382 Euro. Aber: Da die Regelbedarfe nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>von <strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>rn festgelegt wer<strong>de</strong>n können, wobei auch örtliche Abweichungen möglich sind(§ 29 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>), müssen sie nicht bun<strong>de</strong>seinheitlich ein. So hatte die Stadt München z.B. ab01.07.2009 einen Eckregelsatz von 384 Euro bestimmt (ansonsten betrug er zum damaligenZeitpunkt 359 Euro). Im August 2012 betrug er in <strong>de</strong>r Regelbedarfsstufe 1 in <strong>de</strong>r StadtMünchen monatlich 393 Euro und im Landkreis München 401 Euro, ansonstenbun<strong>de</strong>seinheitlich 374 Euro. [Quelle: Antwort auf eine e-mail-Anfrage: Regierungsrätin <strong>de</strong>sBayrischen Staatsministeriums <strong>für</strong> Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, Frau Dr.Amelie Buchner, 03.08.2012]Aufgrund <strong>de</strong>r unterschiedlichen Maßstäbe <strong>für</strong> das geschonte Vermögen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>einerseits und <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> an<strong>de</strong>rerseits kann aber <strong>für</strong> <strong>de</strong>n nach Kapitel 4 <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>leistungsberechtigten Personenkreis Sozialgeld nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> in Betracht kommen, wenndie Vermögenssituation nach Maßgabe <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> Leistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> nachKapitel 4 <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> ausschließt. Eine Fallkonstellation, die dieses Vorrang-/Nachrangverhältnis betrifft, wird in <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweisen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeitzu § 19 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.05.2011, Rn. 19.5 benannt:„Wer<strong>de</strong>n Leistungen nach <strong>de</strong>m 4. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> wegen zu berücksichtigen<strong>de</strong>nVermögens nicht gewährt, besteht ggf. ein Anspruch auf Sozialgeld, wenn das vorhan<strong>de</strong>neVermögen die Freibeträge <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nicht überschreitet. <strong>Die</strong>ser Anspruch kommt allerdingsnur <strong>für</strong> Personen in Betracht, die dauerhaft voll erwerbsgemin<strong>de</strong>rt sind, o<strong>de</strong>r die dieAltersgrenze nach § 7a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vollen<strong>de</strong>t haben und keine Altersrente beziehen. Beziehereiner Altersrente sind von Leistungen, auch von Sozialgeld nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, ausgeschlossen(§ 7 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)“.Hierzu siehe auch die Ausführungen unter 4.4. – Das Verhältnis zu <strong>de</strong>n Leistungen <strong>de</strong>s<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>


12711.2 DER REGELBEDARF ZUR SICHERUNG DES LEBENSUNTERHALTS - § 20 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>11.2.1 Was umfasst <strong>de</strong>r Regelbedarf?<strong>Die</strong> Regelbedarf zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts umfasst insbeson<strong>de</strong>re Ernährung,Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugungvon Warmwasser entfallen<strong>de</strong>n Anteile sowie persönliche Bedürfnisse <strong>de</strong>s täglichen Lebens.Zu <strong>de</strong>n persönlichen Bedürfnissen <strong>de</strong>s täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eineTeilhabe am sozialen und kulturellen Leben in <strong>de</strong>r Gemeinschaft. - § 20 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>11.2.2 Festlegung und jährliche Anpassung <strong>de</strong>r Regelbedarfe - § 20 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> i.V. m.§§ 28 ff. <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>• <strong>Die</strong> Regelbedarfe wer<strong>de</strong>n durch die Bun<strong>de</strong>sregierung durch Bun<strong>de</strong>sgesetzfestgesetzt. Grundlage <strong>für</strong> die Höhe ist die Auswertung von bun<strong>de</strong>sweitenEinkommens- und Verbrauchsstichproben. Nach<strong>de</strong>m das Bun<strong>de</strong>sverfassungsgerichtim Februar 2010 die Regelsätze nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> als nicht verfassungsgemäß erklärtund <strong>de</strong>m Gesetzgeber eine Frist bis zum 31.12.2010 <strong>für</strong> eine Neuregelung gesetzthatte, han<strong>de</strong>lte <strong>de</strong>r Gesetzgeber durch das „Gesetz zur Ermittlung <strong>de</strong>r Regelbedarfenach § 28 <strong>de</strong>s Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz –RBEG)“ vom 24. März 2011, BGBl. I S. 453 ff. <strong>Die</strong> neuen Regelbedarfe wur<strong>de</strong>nrückwirkend zum 01.01.2011 eingeführt. Zugrun<strong>de</strong> liegen die Son<strong>de</strong>rauswertungenzur Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008. <strong>Die</strong> nächste Einkommens- undVerbrauchsstichprobe wird 2013 erhoben.• Für die Sozialhilfe können die Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>r bun<strong>de</strong>seinheitlichenVorgaben eigene regionale Auswertungen <strong>de</strong>r Einkommens- undVerbrauchsstichproben vornehmen und dann abweichen<strong>de</strong> Festlegungen treffen.• In <strong>de</strong>n Jahren, in <strong>de</strong>nen keine Neuermittlung <strong>de</strong>r Regelbedarfe erfolgt, wer<strong>de</strong>n diesejeweils zum 01. Januar eines Jahres fortgeschrieben. <strong>Die</strong> Fortschreibung erfolgt durcheinen „Mischin<strong>de</strong>x“, <strong>de</strong>r sich ergibt aus <strong>de</strong>r bun<strong>de</strong>seinheitlichen Entwicklung <strong>de</strong>rPreise <strong>für</strong> regelbedarfsrelevante Güter und <strong>Die</strong>nstleistungen (70%) sowie <strong>de</strong>rbun<strong>de</strong>sdurchschnittlichen Entwicklung <strong>de</strong>r Nettolöhne und –gehälter je beschäftigtenArbeitnehmer nach <strong>de</strong>r Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (30%). <strong>Die</strong>Verän<strong>de</strong>rungsrate, die jeweils festgestellt wird <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Zeitraum 1. Juli <strong>de</strong>s jeweiligenVorvorjahres bis 30. Juni <strong>de</strong>s jeweiligen Vorjahres, wird durch das StatistischeBun<strong>de</strong>samt im Auftrag <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sministeriums <strong>für</strong> Arbeit und Soziales ermittelt.Jeweils spätestens zum 1. November eines Kalen<strong>de</strong>rjahres wird durch dasBun<strong>de</strong>sministerium <strong>für</strong> Arbeit und Soziales die Höhe <strong>de</strong>r Regelbedarfe <strong>für</strong> das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>und das <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>, die <strong>für</strong> die kommen<strong>de</strong>n 12 Monate maßgebend sind, imBun<strong>de</strong>sgesetzblatt bekanntgegeben. <strong>Die</strong> gesetzliche Grundlage <strong>für</strong> das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist § 20Abs. 5 i.V.m. § 28a <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> und <strong>de</strong>r Verordnung nach § 40 Satz 1 Nr. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.


12811.2.3 Höhe <strong>de</strong>r RegelbedarfeSeit <strong>de</strong>m 01.01.2011 gibt es sogenannte Regelbedarfsstufen, vgl. auch § 8 RBEG. Sie sollenbei Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen altersbedingte Unterschie<strong>de</strong> und bei erwachsenen Personen<strong>de</strong>ren Anzahl im Haushalt sowie die Führung eines Haushalts berücksichtigen, vgl. § 27a Abs.2 Satz 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.Für die Regelbedarfsstufen 4 bis 6 wur<strong>de</strong> zunächst eine Übergangsregelung mit § 77 Abs. 4<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> geschaffen. Der Grund <strong>für</strong> diese Regelung war, dass die nach <strong>de</strong>r Einkommens- undVerbraucherstichprobe 2008 ermittelten Regelbedarfe <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche bis zum18. Lebensjahr unterhalb <strong>de</strong>r früheren, prozentual aus <strong>de</strong>m vollen Regelsatz abgeleitetenBeträge lagen. <strong>Die</strong> ermittelten Regelbedarfe <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche <strong>de</strong>r Bedarfsstufe 4betrugen 275 Euro, <strong>de</strong>r Bedarfsstufe 5 242 Euro und <strong>de</strong>r Bedarfsstufe 6 213 Euro <strong>Die</strong> 2010gezahlten Beträge in Höhe von 287, 251 bzw. 215 Euro galten weiter, solange sich durch dieFortschreibung keine höheren ergaben. Für die Regelbedarfsstufe 6 hat sich zum 01.01.2012ein höherer Betrag, <strong>für</strong> die Regelbedarfsstufen 4 und 5 erst zum 01.01.2013 ergeben.Zum 01.01.2012 erfolgte nach § 138 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> eine beson<strong>de</strong>re Fortschreibung: Zum einenwur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Mischin<strong>de</strong>x genommen, <strong>de</strong>r sich aus <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rungsrate aus <strong>de</strong>m Zeitraum01.07.2009 bis 30.06.2010 ergab, er betrug 0,75%. Durch die Rundungsregelung <strong>de</strong>s § 28Abs. 4 Satz 5 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> (Abrundung unter 0,50 Euro und Aufrundung ab 0,50 Euro) ergab sichdamit ab 01.01.2012 <strong>für</strong> Alleinstehen<strong>de</strong> – Regelbedarfsstufe 1 – ein um 3 Euro höhererRegelbedarf. Hinzu kam dann, wie weiter oben beschrieben <strong>de</strong>r Mischin<strong>de</strong>x, <strong>de</strong>r sich aus <strong>de</strong>rVerän<strong>de</strong>rungsrate aus <strong>de</strong>m Zeitraum 01.07.2010 bis 30.06.2011 ergab, er betrug 1,99%, <strong>für</strong>Alleinstehen<strong>de</strong> damit gerun<strong>de</strong>t ein höherer Regelbedarf von 7 Euro, gesamt also 10 Euro.Zum 01.01.2013 betrug <strong>de</strong>r Mischin<strong>de</strong>x 2,26%, <strong>für</strong> Alleinstehen<strong>de</strong> ergab sich damit gerun<strong>de</strong>tein höherer Regelbedarf von 8 Euro. <strong>Die</strong> Veröffentlichung erfolgte am 18.10.2012 in <strong>de</strong>r„Verordnung zur Bestimmung <strong>de</strong>s <strong>für</strong> die Fortschreibung <strong>de</strong>r Regelbedarfsstufen nach § 28a<strong>de</strong>s Zwölften Buches Sozialgesetzbuch maßgeblichen Vomhun<strong>de</strong>rtsatzes sowie zurErgänzung <strong>de</strong>r Anlage zu § 28 <strong>de</strong>s Zwölften Buches Sozialgesetzbuch <strong>für</strong> das Jahr 2013(Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2013 – RBSFV 2013)“ (BGBl. I S. 2173) undin <strong>de</strong>r „Bekanntmachung über die Höhe <strong>de</strong>r Regelbedarfe nach § 20 Abs. 5 <strong>de</strong>s ZweitenBuches Sozialgesetzbuch <strong>für</strong> die Zeit ab 01. Januar 2013“ (BGBl. I S. 2175).Zum 01.01.2014 betrug <strong>de</strong>r Mischin<strong>de</strong>x 2,27%, <strong>für</strong> Alleinstehen<strong>de</strong> ergab sich damit gerun<strong>de</strong>tein höherer Regelbedarf von 9 Euro. <strong>Die</strong> Veröffentlichung erfolgte am .10.2013 in <strong>de</strong>r„Verordnung zur Bestimmung <strong>de</strong>s <strong>für</strong> die Fortschreibung <strong>de</strong>r Regelbedarfsstufen nach § 28a<strong>de</strong>s Zwölften Buches Sozialgesetzbuch maßgeblichen Prozentsatzes sowie zur Ergänzung <strong>de</strong>rAnlage zu § 28 <strong>de</strong>s Zwölften Buches Sozialgesetzbuch <strong>für</strong> das Jahr 2014 (Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2014 – RBSFV 2014)“ (BGBl. I S. ) und in <strong>de</strong>r „Bekanntmachungüber die Höhe <strong>de</strong>r Regelbedarfe nach § 20 Abs. 5 <strong>de</strong>s Zweiten Buches Sozialgesetzbuch <strong>für</strong>die Zeit ab 01. Januar 2014“ (BGBl. I S. ).


129Regelbedarfe ab 01.01.2014Regelbedarfsstufen Für welche Personen BetragRegelbedarfsstufe 1 • Alleinstehen<strong>de</strong>** 391 Euro- § 20 Abs. 2 S. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>- • Alleinerziehen<strong>de</strong>**• Personen mit min<strong>de</strong>rjährigem PartnerRegelbedarfsstufe 2 • Ehe- o<strong>de</strong>r Lebenspartner, die gemeinsam 353 Euro- § 20 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>- in einem Haushalt wirtschaften und bei<strong>de</strong>volljährig sind***Regelbedarfsstufe 3 • Sonstige Angehörige <strong>de</strong>r Bedarfsgemein- 313 Euro- § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> schaft (18-24-jährige Kin<strong>de</strong>r)*- § 20 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> • Personen unter 25 Jahren, die ohne- Zustimmung <strong>de</strong>s Jobcenters umziehenRegelbedarfsstufe 4 • Sonstige Angehörige <strong>de</strong>r Bedarfsgemein- 296 Euro- § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> schaft (15-17-jährige Kin<strong>de</strong>r bzw.- min<strong>de</strong>rjährige Partner)*- § 23 Nr. 1 dritte Alternative <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> • 14-jährige Kin<strong>de</strong>r-Regelbedarfsstufe 5 • 6-13-jährige Kin<strong>de</strong>r 261 Euro- § 23 Nr. 1 zweite Alternative <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Regelbedarfsstufe 6 • 0-5-jährige Kin<strong>de</strong>r 229 Euro- § 23 Nr. 1 erste Alternative <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> -* Im § 20 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> wer<strong>de</strong>n die Regelbedarfsstufen 3 bzw. 4 „sonstigenerwerbsfähigen Angehörigen <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft“ zugeordnet. Es scheint sich hier umein redaktionelles Versäumnis zu han<strong>de</strong>ln, da diese Stufen auch <strong>für</strong> nichterwerbsfähigesonstige Angehörige gelten müssten, auch <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweisen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong>Arbeit zum § 20 ist nichts an<strong>de</strong>res zu entnehmen. Erklären lässt sich das Versäumnisvielleicht regelungshistorisch, <strong>de</strong>nn bis zum 31.12.2010 befan<strong>de</strong>n sich die Regelungen zumSozialgeld insgesamt separat im § 28 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.** <strong>Die</strong> Qualifikation als „alleinstehend“ o<strong>de</strong>r „alleinerziehend“ hängt nicht vom Erreichen<strong>de</strong>r Volljährigkeit ab.Hierzu siehe auch die Ausführungen weiter unten unter 11.3.2 - Mehrbedarf wegenAlleinerziehung.


130*** Warum erhalten Partner nur Leistungen <strong>de</strong>r Regelbedarfsstufe 2?Mit diesem geringeren Regelbedarf wird bei Partnern, die das 18. Lebensjahr vollen<strong>de</strong>thaben, unterstellt, dass sie sich die „Generalunkosten“ <strong>de</strong>r Haushaltsführung teilen.Darunter sind zum Beispiel die Kosten <strong>für</strong> Haushaltsenergie, Tageszeitung und ähnliche zuverstehen.Verwiesen sei an dieser Stelle auf die Ausführungen unter 7.1.1 - Wer gehört zu einerBedarfsgemeinschaft, und insbeson<strong>de</strong>re auf die Nr. 4: Beson<strong>de</strong>rheiten bei <strong>de</strong>r Zuordnungvon Kin<strong>de</strong>rn zur Bedarfsgemeinschaft.Das BSG hat sich in einer Entscheidung vom 12.07.2012 – B 14 AS 153/11 R – Stellunggenommen zur gegenwärtigen Höhe <strong>de</strong>r Regelbedarfe:Nach Auffassung <strong>de</strong>s 14. Senats ist die Höhe <strong>de</strong>s Regelbedarfes <strong>für</strong> Alleinstehen<strong>de</strong> <strong>für</strong> dieZeit ab 01.01.2011 nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt wor<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong> inTeilen <strong>de</strong>s Schrifttums sowie im Vorlagebeschluss <strong>de</strong>s Sozialgerichts Berlin vom 25.04.2012gegen die Verfassungsmäßigkeit vorgebrachten Argumente können <strong>de</strong>n Senat nichtüberzeugen. Es sind aber Verfahren beim BVerfG anhängig: 1 BvG 10/12 und 12/12 sowie 1BvR 1691/13.11.3 LEISTUNGEN FÜR MEHRBEDARFE - § 21 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>In bestimmten Lebenslagen sieht das Gesetz einen höheren Bedarf vor, <strong>de</strong>r durch einen sogenannten Mehrbedarfszuschlag ge<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n soll: bei Schwangerschaft,Alleinerziehung, krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung, Behin<strong>de</strong>rung, einem imEinzelfall unabweisbaren, laufen<strong>de</strong>n, nicht nur einmaligem Bedarf und bei <strong>de</strong>zentralerWarmwasserversorgung.Leistungsberechtigte können mehrere Mehrbedarfszuschläge gleichzeitig beanspruchen,jedoch darf die Summe <strong>de</strong>r Mehrbedarfszuschläge bei Schwangerschaft, Alleinerziehung,krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung und Behin<strong>de</strong>rung die Höhe <strong>de</strong>s Ihnenzustehen<strong>de</strong>n Regelbedarfs nicht überschreiten - § 21 Abs. 8 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Vorbemerkung zu <strong>de</strong>n Beträgen:Im Folgen<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n die Beträge angegeben, die sich aus <strong>de</strong>r Berechnung nach § 41 Abs. 2<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ergeben:„Berechnungen wer<strong>de</strong>n auf zwei Dezimalstellen durchgeführt, wenn nichts Abweichen<strong>de</strong>sbestimmt ist. Bei einer auf Dezimalstellen durchgeführten Berechnung wird die letzteDezimalstelle um eine erhöht, wenn sich in <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Dezimalstelle eine <strong>de</strong>r Ziffern 5 bis9 ergeben wür<strong>de</strong>.“


Anmerkung:Bis zum 31.12.2011 galt nach § 77 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> eine Übergangsregelung, nach <strong>de</strong>r Beträge,die nicht volle Euro-Beträge ergeben, bei einem Betrag von unter 0,50 Euro abzurun<strong>de</strong>n undvon 0,50 Euro an aufzurun<strong>de</strong>n waren.11.3.1 Mehrbedarf wegen Schwangerschaft - § 21 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• Der Mehrbedarf wegen Schwangerschaft beträgt 17% <strong>de</strong>s nach § 20 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>maßgeben<strong>de</strong>n Regelbedarfs. <strong>Die</strong>s betrifft wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Mütter, die hilfebedürftig sind,nach <strong>de</strong>r 12. Schwangerschaftswoche. <strong>Die</strong> Regelung gilt sowohl <strong>für</strong> erwerbsfähigewer<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Mütter als auch <strong>für</strong> nichterwerbsfähige, die in Bedarfsgemeinschaft mitwenigstens einer erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person leben.• Höhe <strong>de</strong>s Mehrbedarfs:<strong>für</strong> Regelbedarf Mehrbedarfalleinstehen<strong>de</strong> Frauen 391 Euro 66,47 Eurovolljährige Frauen in Partnerschaft 353 Euro 60,01 EuroFrauen zwischen 18 und24 Jahren bei <strong>de</strong>n Eltern 313 Euro 53,21 EuroFrauen unter 18 Jahren bei <strong>de</strong>n Eltern 296 Euro 50,32 Eurobzw. min<strong>de</strong>rjährige Frauen in Partnerschaft11.3.2 Mehrbedarf wegen Alleinerziehung - § 21 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>:• Bei Personen, die mit einem o<strong>de</strong>r mehreren min<strong>de</strong>rjährigen Kin<strong>de</strong>rn zusammenlebenund allein <strong>für</strong> <strong>de</strong>ren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen:Beispiele:1. in Höhe von 36% <strong>de</strong>s maßgeben<strong>de</strong>n Regelbedarfs bei Zusammenleben mit einemKind unter 7 o<strong>de</strong>r zwei o<strong>de</strong>r drei Kin<strong>de</strong>rn unter 16 Jahren,2. in Höhe von 12% <strong>de</strong>s maßgeben<strong>de</strong>n Regelbedarfs <strong>für</strong> je<strong>de</strong>s Kind, wenn sichdadurch ein höherer Prozentsatz als nach Nummer 1 ergibt, jedoch nicht mehr als60% <strong>de</strong>s maßgeben<strong>de</strong>n Regelbedarfs.Anm.: Da es sich um Alleinstehen<strong>de</strong> han<strong>de</strong>lt, ist also vom maßgeben<strong>de</strong>n Regelbedarf<strong>de</strong>r Regelbedarfsstufe 1, <strong>für</strong> 2014 also von 391 Euro, auszugehen.Nach dieser Rechtslage ist die <strong>für</strong> die betroffenen Alleinerziehen<strong>de</strong>n jeweilsgünstigere Regelung maßgeblich:Frau B. hat eine Tochter im Alter von 12 Jahren:→ bei Nummer 1 gibt es keinen Mehrbedarf, nach Nummer 2 aber 12% - also gilt dies.131


132Frau T. hat eine Tochter von 4 Jahren:→ nach Nummer 1 gibt es 36%, nach Nummer 2 nur 12% - also gilt Nummer 1.Herr L. hat drei Kin<strong>de</strong>r im Alter von 14, 16 und 17 Jahren:→ nach Nummer 1 gibt es nichts, aber nach Nummer 2 36%, also ist das maßgeblichFrau S. hat vier Kin<strong>de</strong>r im Alter von 6, 8, 12, und 16 Jahren:→ nach Nummer 1 gibt es 36%, nach Nummer 2 beträgt <strong>de</strong>r Mehrbedarfszuschlag 48% <strong>de</strong>smaßgeben<strong>de</strong>n Regelbedarfs – also gilt dies.• Für das Zustehen dieses Mehrbedarfs sind nicht die rechtlichen, son<strong>de</strong>rn dietatsächlichen Verhältnisse maßgeblich. Voraussetzung ist die alleinige Pflege undErziehung durch eine Person – also das alleinige „sich Kümmern“, unabhängig davon,ob diese Person Inhaber o<strong>de</strong>r Inhaberin <strong>de</strong>r elterlichen Sorge ist o<strong>de</strong>r aus sonstigenrechtlichen Grün<strong>de</strong>n zur Erziehung berechtigt und ggf. verpflichtet ist. In <strong>de</strong>r Praxisüberwiegen natürlich die Fälle <strong>de</strong>r Alleinerziehung durch einen sorgeberechtigtenElternteil in Trennungssituationen und nach rechtskräftiger Scheidung sowie durchMütter nichtehelicher Kin<strong>de</strong>r, die nicht mit einem Partner zusammenwohnen. DerAufenthalt von Kin<strong>de</strong>rn in Tagesstätten steht <strong>de</strong>m Anspruch auf <strong>de</strong>n Mehrbedarfnicht im Wege. Ein Anspruch auf Mehrbedarf besteht auch, wenn volljährige Kin<strong>de</strong>rin <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft leben, so auch die Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>rBun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 21 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.02.2013, Rn. 21.8b.• Mehrbedarf bei wechseln<strong>de</strong>m Aufenthalt <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s bei gemeinsamem Sorgerecht:Geschie<strong>de</strong>ne o<strong>de</strong>r getrennt leben<strong>de</strong> Elternteile, die sich in zeitlichen Intervallen vonmin<strong>de</strong>stens einer Woche bei <strong>de</strong>r Pflege und Erziehung <strong>de</strong>s gemeinsamen Kin<strong>de</strong>sabwechseln, haben Anspruch auf <strong>de</strong>n halben Mehrbedarf. <strong>Die</strong>s entschied dasBun<strong>de</strong>ssozialgericht am 03.03.2009 – B 4 AS 50/07R – und dieser Entscheidungseit<strong>de</strong>m auch folgend die Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 21<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.02.2013, Rn. 21.8b.Übersicht über die Höhe <strong>de</strong>r Mehrbedarfe <strong>für</strong> Alleinerziehung 2014 – maßgeben<strong>de</strong>rRegelbedarf 391 Euro<strong>Die</strong> Übersicht dient <strong>de</strong>r schnellen Orientierung, aber – siehe weiter oben –gleiche Prozentzahlen be<strong>de</strong>uten nicht die gleiche Rechtsgrundlage! Der Anspruch ergibt sichjeweils aus § 21 Abs. 3 Nummer 1 o<strong>de</strong>r Nummer 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>12% 24% 36% 48% 60%1 Kind unter 7 Jahren 140,76 Euro1 Kind ab 7 Jahren 46,92 Euro2 Kin<strong>de</strong>r unter 16 Jahren 140,76 Euro2 Kin<strong>de</strong>r ab 16 Jahren 93,84 Euro


1331 Kind ab 7 und 1 Kind ab 16 Jahren 93,84 Euro3 Kin<strong>de</strong>r 140,76 Euro4 Kin<strong>de</strong>r 187,68 EuroAb 5 Kin<strong>de</strong>r234,60 Euro11.3.3 Mehrbedarf <strong>für</strong> behin<strong>de</strong>rte Leistungsberechtigte - § 21 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>:• Der Mehrbedarf beträgt 35 % <strong>de</strong>s maßgeben<strong>de</strong>n Regelbedarfs.• Das betrifft erwerbsfähige Personen mit Behin<strong>de</strong>rung, die Leistungen zur Teilhabe amArbeitsleben nach § 33 <strong>SGB</strong> IX sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeignetenPlatzes im Arbeitsleben o<strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rungshilfe nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> erhalten. Der Mehrbedarf kann auch nach Beendigung <strong>de</strong>r vorher genanntenMaßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einerEinarbeitungszeit, gewährt wer<strong>de</strong>n.• <strong>Die</strong>ser Mehrbedarf gilt auch <strong>für</strong> nichterwerbsfähige Angehörige, die das 15.Lebensjahr vollen<strong>de</strong>t haben, wenn ihnen Einglie<strong>de</strong>rungshilfe nach § 54 Abs. 1 Nr. 1und 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> erbracht wird – auch nachgehend möglich - § 23 Nr. 2 und Nr. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• Persönliche Voraussetzung ist nicht das Vorliegen <strong>de</strong>r Schwerbehin<strong>de</strong>rteneigenschaftnach § 2 Abs. 2 <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> IX. Der Nachweis <strong>für</strong> das Zustehen dieses Mehrbedarfs wirdvielmehr durch <strong>de</strong>n Bescheid <strong>de</strong>s jeweils zuständigen Reha-Trägers im Sinne <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong>IX - § 6 - über die Bewilligung <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n Maßnahme <strong>de</strong>r Teilhabe amArbeitsleben o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r sonstigen Hilfen im Sinne <strong>de</strong>r Vorschrift geführt.11.3.4 Mehrbedarf <strong>für</strong> nicht erwerbsfähige Personen mit Merkzeichen G - § 23 Nr. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>:• Nicht erwerbsfähige Personen erhalten einen Mehrbedarf von 17% <strong>de</strong>s nach § 20<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> maßgeben<strong>de</strong>n Regelbedarfs, wenn sie Inhaber eines Ausweises nach § 69 Abs.5 <strong>SGB</strong> IX mit <strong>de</strong>m Merkzeichen G sind. Damit ist <strong>de</strong>r Schwerbehin<strong>de</strong>rtenausweisgemeint. <strong>Die</strong>ser Mehrbedarf steht jedoch dann nicht zu, wenn bereits ein Anspruchauf <strong>de</strong>n Mehrbedarf bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wegenBehin<strong>de</strong>rung – siehe oben - besteht.• Das Merkzeichen G steht <strong>für</strong> erhebliche Beeinträchtigung <strong>de</strong>r Bewegungsfähigkeit imStraßenverkehr und berechtigt zur Inanspruchnahme unentgeltlicher Beför<strong>de</strong>rung imöffentlichen Personennahverkehr o<strong>de</strong>r alternativ 50% Kfz-Steuerermäßigung. <strong>Die</strong>gesundheitlichen Voraussetzungen <strong>für</strong> das Merkzeichen G sind Gegenstand <strong>de</strong>sFeststellungsbeschei<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r Versorgungsverwaltung. <strong>Die</strong>ser Feststellungsbescheid istVoraussetzung <strong>für</strong> die Ausstellung eines entsprechen<strong>de</strong>n Ausweises mit <strong>de</strong>mMerkzeichen G.Problem:<strong>Die</strong> Versorgungsämter benötigen teilweise mehrere Monate nach Erlass <strong>de</strong>sFeststellungsbeschei<strong>de</strong>s, um einen Ausweis auszustellen. Daher kann es <strong>für</strong> die


Inanspruchnahme dieses Mehrbedarfs nicht auf <strong>de</strong>n Besitz – das tatsächlicheInnehaben – <strong>de</strong>s Ausweises mit <strong>de</strong>m Merkzeichen G ankommen, son<strong>de</strong>rn auf dieentsprechen<strong>de</strong> Feststellung im Bescheid <strong>de</strong>s Versorgungsamtes. Das hat <strong>de</strong>rGesetzgeber <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>, <strong>de</strong>r vorher auch auf <strong>de</strong>n Besitz <strong>de</strong>s Ausweises abstellte, seit2006 erkannt. Durch Nr. 7 <strong>de</strong>s Gesetzes zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> vom 02.12.2006(BGBl. S. 2670) ist § 30 Abs. 1 <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> so geän<strong>de</strong>rt wor<strong>de</strong>n, dass es nicht mehr auf<strong>de</strong>n Besitz <strong>de</strong>s Ausweises ankommt, son<strong>de</strong>rn darauf, dass die betreffen<strong>de</strong> Persondurch einen Bescheid <strong>de</strong>r nach § 69 Abs. 4 <strong>SGB</strong> IX zuständigen Behör<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r einenAusweis nach § 69 Abs. 5 <strong>SGB</strong> IX die Feststellung <strong>de</strong>s Merkzeichens G nachweisenkann. Dem wird sich <strong>de</strong>r Gesetzgeber <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> anschließen müssen.13411.3.5 Mehrbedarf wegen krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung inangemessener Höhe - § 21 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• Der Mehrbedarf wegen krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung inangemessener Höhe wird erwerbsfähigen Leistungsberechtigten undnichterwerbsfähigen Angehörigen gewährt.• Für die Bestimmung <strong>de</strong>r angemessenen Höhe dieses Mehrbedarfs greifen dieFachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit auf die Empfehlungen <strong>de</strong>sDeutschen Vereins <strong>für</strong> öffentliche und private Fürsorge zurück. Zum 01.10.2008 hat<strong>de</strong>r Deutsche Verein neue Empfehlungen zur Gewährung von Krankenkostzulagenherausgegeben. Danach ist ein krankheitsbedingt erhöhter Ernährungsaufwand bei<strong>de</strong>n Erkrankungen, die eine „Vollkost“ anzeigen, zu verneinen. Es ist nach <strong>de</strong>rAuffassung <strong>de</strong>s Vereins davon auszugehen, dass die auf <strong>de</strong>r Grundlage <strong>de</strong>r EVS 2003bemessenen Regelsätze <strong>de</strong>n notwendigen Aufwand <strong>für</strong> eine Vollkost <strong>de</strong>cken.Der Deutsche Verein betont, dass die Gewährung von Zulagen bei von ihm nichtberücksichtigten Erkrankungen nicht ausgeschlossen wer<strong>de</strong>n soll. Auch gelten dieEmpfehlungen ausschließlich <strong>für</strong> Erwachsene. Für Min<strong>de</strong>rjährige können keineEmpfehlungen ausgesprochen wer<strong>de</strong>n, da die Datenlagen unzureichend sind. Dennes „liegen we<strong>de</strong>r empirisch begrün<strong>de</strong>te Aussagen zum erfor<strong>de</strong>rlichen Aufwand <strong>für</strong>eine vollwertige Kost in <strong>de</strong>n nach Regelsatzverordnung vorgesehenenAltersstufungen vor, noch sind die Ansätze <strong>für</strong> Ernährung in <strong>de</strong>n Regelsätzen <strong>für</strong>Min<strong>de</strong>rjährige bekannt. <strong>Die</strong> Regelsatzverordnung sieht eine ausgabenorientierteBemessung ausschließlich <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Eckregelsatz vor.“[Empfehlungen <strong>de</strong>s Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in<strong>de</strong>r Sozialhilfe in: Nachrichtendienst <strong>de</strong>s Deutschen Vereins <strong>für</strong> öffentliche undprivate Fürsorge e.V. NDV, 12/2008, S. 503 ff. (S. 506)]• Mehrbedarfszuschläge wer<strong>de</strong>n nun nur noch in folgen<strong>de</strong>n Fällen empfohlen (Quelle:Anlage <strong>de</strong>r Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 21 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand20.02.2013):* RB = RegelbedarfAnmerkung: <strong>Die</strong> Werte wur<strong>de</strong>n von mir schon an die von 2014 angepasst.


135Art <strong>de</strong>r Erkrankung Krankenkost / Kostform Krankenkostzulagenin % <strong>de</strong>sRB*in EuroNiereninsuffizienzNierenversagen)Eiweiß<strong>de</strong>finierte Kost 10 39,10Niereninsuffizienz mitHämodialysebehandlungDialysediät 20 78,20Zöliakie / Sprue(Durchfallerkrankungbedingt durchÜberempfindlichkeitgegenüber Klebereiweiß)Glutenfreie Kost 20 78,20Der Höhe nach sind Abweichungen in beson<strong>de</strong>rs gelagerten Einzelfällen möglich.Bei folgen<strong>de</strong>n Erkrankungen ist ein Mehrbedarf in <strong>de</strong>r Regel nur bei schwerenVerläufen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Vorliegen beson<strong>de</strong>rer Umstän<strong>de</strong> zu bejahen:Art <strong>de</strong>r Erkrankung Erläuterung Krankenkostzulagenin % <strong>de</strong>s in EuroRB*Krebs (bösartiger Tumor)Mehrbedarf aufgrun<strong>de</strong>iner verzehren<strong>de</strong>nKrankheit10 39,10HIV-Infektion / AIDSMultiple Sklerose(<strong>de</strong>generative Erkrankung<strong>de</strong>s Zentralnervensystems,häufig schubweiseverlaufend)Mehrbedarf aufgrun<strong>de</strong>iner verzehren<strong>de</strong>nKrankheitMehrbedarf aufgrun<strong>de</strong>iner verzehren<strong>de</strong>nKrankheit10 39,1010 39,10


136Colitis ulcerosa (mitGeschwürsbildungeneinhergehen<strong>de</strong> Erkrankung<strong>de</strong>r Dickdarmschleimhaut)Mehrbedarf aufgrun<strong>de</strong>iner verzehren<strong>de</strong>nKrankheit10 39,10Morbus Crohn (Erkrankung<strong>de</strong>s Magen-Darmtrakts mitNeigung zur Bildung vonFisteln und Verengungen)Mehrbedarf aufgrun<strong>de</strong>iner verzehren<strong>de</strong>nKrankheit10 39,10* RB = RegelbedarfHinweis: <strong>Die</strong>se Liste führt nicht abschließend alle Erkrankungen auf, <strong>für</strong> die ein Mehrbedarfgewährt wer<strong>de</strong>n kann, vgl. Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 21 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>,Stand 20.02.2013 , Rn. 21.23b ff.Ein Mehrbedarf ist in <strong>de</strong>r Regel zu verneinen, da Vollkost angezeigt ist, bei Hyperlipidämie (Erhöhung <strong>de</strong>r Blutfette) Hyperurikämie (Erhöhung <strong>de</strong>r Harnsäure im Blut) Gicht (Erkrankung durch Harnsäureablagerungen) Hypertonie (Bluthochdruck) Kardinale und renale Ö<strong>de</strong>me (Gewebswasseransammlungen bei Herz- o<strong>de</strong>rNierenerkrankungen) Diabeties mellitus (Zuckerkrankheit – Typ <strong>II</strong> und Typ I, konventionell undintensiviert konventionell behan<strong>de</strong>lt) Ulcus duo<strong>de</strong>ni (Geschwür am Zwölffingerdarm) Ulcus ventriculi (Magengeschwür) Neuro<strong>de</strong>rmitis (Überempfindlichkeit von Haut und Schleimhäuten aufgenetischer Basis) Leberinsuffizienz• In <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit wird darauf hingewiesen,dass <strong>de</strong>r Deutsche Verein <strong>de</strong>n Ernährungsbedarf nur bei einigen Krankheitenuntersucht hat. Durch die Empfehlungen darf also nicht die Gewährung einesMehrbedarfszuschlags ausgeschlossen wer<strong>de</strong>n bei Erkrankungen, die nichtberücksichtigt wur<strong>de</strong>n, z.B. Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Über dieNotwendigkeit im Einzelfall entschei<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Leistungsträger nach Einbeziehung <strong>de</strong>sÄrztlichen <strong>Die</strong>nstes bzw. <strong>de</strong>s zuständigen Gesundheitsamts, vgl. Fachliche Hinweise<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 21 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.02.2013, Rn. 21.23b ff.• Liegen mehrere Erkrankungen vor, ist grundsätzlich ein Mehrbedarf in Höhe <strong>de</strong>rhöchsten Krankenkostzulage zu gewähren. Wenn aber Anhaltspunkte vorliegen, dieeine weitere Krankenkostzulage rechtfertigen, ist darüber im Einzelfall zu


entschei<strong>de</strong>n, vgl. auch Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 21 <strong>SGB</strong><strong>II</strong>, Stand 20.02.2013, Rn. 21.30.11.3.6 Mehrbedarf <strong>für</strong> einen im Einzelfall unabweisbaren, laufen<strong>de</strong>n, nicht nureinmaligen, beson<strong>de</strong>ren Bedarf - § 21 Abs. 6 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Es muss sich um einen ganz beson<strong>de</strong>ren, nicht typischen regelmäßigen Bedarf han<strong>de</strong>ln, <strong>de</strong>rvon <strong>de</strong>m Regelbedarf nicht abge<strong>de</strong>ckt wird und auch nicht durch an<strong>de</strong>reEinsparmöglichkeiten, aus Vermögen o<strong>de</strong>r durch Zuwendungen von Dritten, z. B.Familienmitglie<strong>de</strong>rn, ge<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n kann. Seiner Höhe nach muss er erheblich sein undvon einem durchschnittlichen Bedarf abweichen.Nach <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 21 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand20.02.2013, Rn. 21.37, können zum Beispiel folgen<strong>de</strong> Aufwendungen als außergewöhnliche,laufen<strong>de</strong> Belastungen anerkannt wer<strong>de</strong>n:• Pflege- und Hygieneartikel, die aus gesundheitlichen Grün<strong>de</strong>n laufend benötigtwer<strong>de</strong>n, z. B. bei AIDS o<strong>de</strong>r Neuro<strong>de</strong>rmitis,• Putz- o<strong>de</strong>r Haushaltshilfen <strong>für</strong> körperlich stark beeinträchtigte Personen, z.B.Rollstuhlfahrer, die gewisse notwendige Tätigkeiten im Haushalt nicht ohne frem<strong>de</strong>Hilfe erledigen können und keine Hilfe von an<strong>de</strong>ren erhalten,• Kosten zur Wahrnehmung <strong>de</strong>s Umgangsrechtes mit <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn, das heißtregelmäßige Fahrt- o<strong>de</strong>r Übernachtungskosten.<strong>Die</strong>se Aufzählung ist nicht abschließend. <strong>Die</strong> Leistungen wer<strong>de</strong>n nur gewährt, wenn eineerhebliche Unterversorgung drohen wür<strong>de</strong>. Bedarfsspitzen sind durch Wirtschaften mit <strong>de</strong>rRegelleistung auszugleichen. Aus <strong>de</strong>r Regelleistung und nicht mithilfe dieses Mehrbedarfssind nach <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 21 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand20.02.2013, Rn. 21.38, zum Beispiel folgen<strong>de</strong> Posten zu bestreiten:• Schulmaterialien und Schulverpflegung• Schülerfahrkarte• Nachhilfeunterricht• Bekleidung und Schuhe in Unter- bzw. Übergrößen• Kin<strong>de</strong>rbekleidung im Wachstumsalter11.3.7 Mehrbedarf wegen <strong>de</strong>zentraler Warmwasserversorgung - § 21 Abs. 7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Seit <strong>de</strong>m 01.01.2011 wer<strong>de</strong>n die Kosten <strong>für</strong> Warmwasserversorgung als Kosten <strong>de</strong>rUnterkunft anerkannt und vom Jobcenter übernommen. Bei Haushalten mit individueller,<strong>de</strong>zentraler Warmwasserversorgung über Strom o<strong>de</strong>r Gas hat je<strong>de</strong>s Haushaltsmitglied dahereinen Anspruch auf einen prozentual vom Regelbedarf berechneten Mehrbedarfszuschlag,soweit nicht im Einzelfall ein abweichen<strong>de</strong>r Bedarf besteht o<strong>de</strong>r ein Teil <strong>de</strong>s angemessenenBedarfs bei <strong>de</strong>n Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft anerkannt wird:137


138Höhe <strong>de</strong>s Mehrbedarfs:Bei einem Regelbedarf von Mehrbedarf in % Geldleistung391 Euro 2,3 8,99 Euro353 Euro 2,3 8,12 Euro313 Euro 2,3 7,20 Euro296 Euro 1,4 4,14 Euro261 Euro 1,2 3,13 Euro229 Euro 0,8 1,83 Euro<strong>Die</strong> Einführung dieses Mehrbedarfs zum 01.01.2011 und die Herausnahme <strong>de</strong>r Kosten <strong>für</strong> dieErwärmung von Warmwasser aus <strong>de</strong>m Regelbedarf zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhaltsbe<strong>de</strong>utet <strong>für</strong> die Haushalte, die über eine zentrale Warmwasserversorgung verfügen (woalso das Warmwasser „aus <strong>de</strong>r Wand" kommt), dass die bisher so genannteWarmwasserpauschale (o<strong>de</strong>r auch die tatsächlichen Kosten aus <strong>de</strong>rNebenkostenabrechnung <strong>für</strong> die Warmwassererwärmung) nicht mehr von <strong>de</strong>n Kosten <strong>de</strong>rUnterkunft abgezogen wird.11.4 BEDARFE FÜR UNTERKUNFT UND HEIZUNG - §§ 22, 22a, 22b, 22c – UND DIEUMSETZUNG IN BERLIN11.4.1 Vorbemerkung und zur Satzungsermächtigung:Für die Leistungen <strong>für</strong> die Bedarfe Unterkunft und Heizung sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>die kommunalen Träger zuständig, daher gibt es hierzu auch keine Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>rBun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit.Vergleiche hierzu auch die Ausführungen im Kapitel 3 zu <strong>de</strong>n sachlichen und örtlichenZuständigkeiten <strong>für</strong> die <strong>Grundsicherung</strong>sleistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Seit 01.04.2011 können die Län<strong>de</strong>r Kreise und kreisfreie Städte durch Gesetz ermächtigeno<strong>de</strong>r verpflichten, durch eine Satzung zu bestimmen, in welcher Höhe Aufwendungen <strong>für</strong>Unterkunft und Heizung in ihrem Gebiet angemessen sind - § 22a Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Nach § 22b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sind in <strong>de</strong>r Satzung zu bestimmen,• welche Wohnfläche entsprechend <strong>de</strong>r Struktur <strong>de</strong>s örtlichen Wohnungsmarktes alsangemessen anerkannt wird und• in welcher Höhe Aufwendungen <strong>für</strong> die Unterkunft als angemessen anerkanntwer<strong>de</strong>n.Kreise und kreisfreie Städte können durch die Län<strong>de</strong>r auch ermächtigt wer<strong>de</strong>n, die Bedarfe<strong>für</strong> Unterkunft und Heizung in ihrem Gebiet – abweichend von § 22 Abs. 1 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>(siehe unter 11.4.2) - durch eine monatliche Pauschale zu berücksichtigen, wenn auf <strong>de</strong>mörtlichen Wohnungsmarkt ausreichend freier Wohnraum verfügbar ist. Es sind aber


Regelungen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Fall vorzusehen, dass die Pauschalierung im Einzelfall zu unzumutbarenErgebnissen führt - § 22a Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.In <strong>de</strong>r Satzung soll <strong>für</strong> Personen mit einem beson<strong>de</strong>ren Bedarf <strong>für</strong> Unterkunft und Heizungeine Son<strong>de</strong>rregelung getroffen wer<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong>s soll insbeson<strong>de</strong>re <strong>für</strong> Personen, die wegen ihrerBehin<strong>de</strong>rung o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Ausübung <strong>de</strong>s Umgangsrechts einen erhöhten Raumbedarf haben,gelten - § 22b Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Allgemeines zur Wirkung von SatzungenEine Satzung hat im Gegensatz zu Verwaltungsvorschriften eine strikte Bindungswirkung <strong>für</strong>die Verwaltung und ihr Han<strong>de</strong>ln gegenüber <strong>de</strong>m Bürger. Wegen dieser Bindungswirkung sinddie Satzungen <strong>de</strong>r Kontrolle durch das Gericht unterworfen. <strong>Die</strong> Lan<strong>de</strong>ssozialgerichte prüfen,ob alle Rechtmäßigkeitskriterien eingehalten wor<strong>de</strong>n sind, das heißt, ob die Satzung mit <strong>de</strong>mGesetz in Übereinstimmung steht – sogen. Normenkontrollverfahren nach § 55a SGG. Geigersieht in <strong>de</strong>r gesetzlichen Bindung <strong>de</strong>r Satzung an örtliche Gegebenheiten die Gefahr, „dassein ,Unterbietungswettbewerb' <strong>de</strong>r Kommunen bei Wohnungsstandard, Wohnfläche undMiethöhe ausgelöst bzw. beför<strong>de</strong>rt wird. ... Statt einer einheitlichen Auslegung <strong>de</strong>sAngemessenheitsbegriffs in Deutschland, wie sie das BSG bisher sichergestellt hat, ist einevon Region zu Region unterschiedliche Auslegung <strong>de</strong>s Begriffs <strong>de</strong>nkbar...“. So Geiger in:Unterkunfts- und Heizkosten nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 2. Aufl., S. 330 f. Interessierte seien an dieserStelle auf die ausführlichen Erläuterungen zu diesem Thema in <strong>de</strong>m angegebenen Buchverwiesen.Für das Land Berlin hat die Senatsverwaltung <strong>für</strong> Gesundheit und Soziales am 03.04.2012 die„Verordnung zur Bestimmung <strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>r angemessenen Aufwendungen <strong>für</strong> Unterkunftund Heizung nach <strong>de</strong>m Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch(Wohnaufwendungenverordnung-WAV)" erlassen. Sie wur<strong>de</strong> veröffentlicht im Gesetz- undVerordnungsblatt Berlin 2012, S. 99 ff., und ist zum 01.05.2012 in Kraft getreten. Geän<strong>de</strong>rtwur<strong>de</strong> sie mit Wirkung zum 01.08.2013 durch die „Erste Verordnung zur Fortschreibung <strong>de</strong>rWohnaufwendungenverordnung (WAV-Fortschreibungsverordnung 2013)“ vom 16. Juli2013 (GVBl. S. 348)139<strong>Die</strong> WAV mit <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Anhängen ist zu fin<strong>de</strong>n im Internet unter:http://www.berlin.<strong>de</strong>/sen/soziales/berliner-sozialrecht/land/rv/wav.html,die Fortschreibungsverordnung unter:http://www.berlin.<strong>de</strong>/sen/soziales/berliner-sozialrecht/land/rv/wav_fortschreibungsvo2013.htmlFür die Bereiche, die in <strong>de</strong>r WAV nicht geregelt sind, gilt die „AV-Wohnen“ -Ausführungsvorschriften zur Gewährung von Leistungen gemäß § 22 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> und §§ 29 und34 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> (AV-Wohnen) vom 6. August 2013 [ABl. Berlin 2013 S. 1768 ff.).<strong>Die</strong> AV Wohnen ist zu fin<strong>de</strong>n im Internet unter:http://www.berlin.<strong>de</strong>/sen/soziales/berliner-sozialrecht/land/av/av_wohnen.html


140Am 25. April 2013 hat <strong>de</strong>r 36. Senat <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>ssozialgerichts Berlin-Bran<strong>de</strong>nburg dieWohnaufwendungenverordnung <strong>für</strong> unwirksam erklärt – L 36 AS 2095/12 NK. NachAuffassung <strong>de</strong>s Senats verstößt die WAV gegen höherrangiges Recht. Kritisiert wur<strong>de</strong> vorallem <strong>de</strong>r herangezogene Heizkostenwert, so dass die in <strong>de</strong>r WAV als Richtwertausgewiesene angemessene Bruttowarmmiete keinen Bestand habe. Außer<strong>de</strong>m müsstenkonkret angemessene Bedarfe einzelfallbezogen bestimmt wer<strong>de</strong>n und nicht wie in <strong>de</strong>r WAV<strong>für</strong> die dort genannten beson<strong>de</strong>ren Bedarfslagen lediglich prozentual erhöhte Bedarfe.Das Urteil ist nicht rechtskräftig. <strong>Die</strong> Senatsverwaltung <strong>für</strong> Gesundheit und Soziales hatRevision beim Bun<strong>de</strong>ssozialgericht eingelegt. Daher bin<strong>de</strong>t die WAV die Behör<strong>de</strong>n weiterhinund wird somit angewen<strong>de</strong>t.11.4.2 Zur Angemessenheit <strong>de</strong>s WohnraumsBedarfe <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung wer<strong>de</strong>n in Höhe <strong>de</strong>r tatsächlichen Aufwendungenanerkannt, soweit diese angemessen sind - § 22 Abs. 1 Satz 1.Notwendige Unterkunftskosten bei Mietwohnungen• Zu <strong>de</strong>n notwendigen Unterkunftskosten bei einer Mietwohnung gehören Kaltmiete,Betriebskosten und Heizungskosten sowie seit 01.01.2011 die <strong>für</strong> die Erzeugung vonWarmwasser notwendigen Energiekosten – also die Bruttowarmmiete. Wer überkeine zentrale Warmwasserversorgung verfügt, hat seit 01.01.2011 Anspruch aufeinen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, vgl. weiter oben unter 11.3.7. MitBetriebskosten sind die Positionen gemeint, die <strong>de</strong>r Vermieter auf <strong>de</strong>n Mieterabzuwälzen berechtigt ist, wie öffentliche Abgaben (Grundsteuer, Wasser-,Abwasser-, Müllabfuhrgebühren etc.) und Gebäu<strong>de</strong>versicherung – jeweils anteilig.• Zu <strong>de</strong>n Unterkunftskosten gehört nicht die Haushaltsenergie - § 20 Abs. 1 Satz 1 <strong>SGB</strong><strong>II</strong>. <strong>Die</strong> Kosten <strong>für</strong> Haushaltstrom müssen also aus <strong>de</strong>m Regelbedarf hinzufinanziertwer<strong>de</strong>n. Nach BSG-Entscheidungen vom 19.10.2010 – B 14 AS 50/10 R – ist es abernicht zulässig, Energieanteile <strong>für</strong> Haushaltsenergie und Kochen von <strong>de</strong>n Kosten <strong>de</strong>rUnterkunft in Abzug zu bringen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Fall, dass - zum Beispiel bei Untermieten -diese Kosten in <strong>de</strong>r Miete enthalten sind. <strong>Die</strong> Gesetzeswidrigkeit liegt darinbegrün<strong>de</strong>t, dass sich kein Bezugspunkt <strong>für</strong> eine realistische Schätzung <strong>de</strong>r Kostenfin<strong>de</strong>n lässt. <strong>Die</strong>ser Rechtsprechung folgt inzwischen auch Berlin und zieht in diesenFällen seit Anfang 2013 keine vorher üblichen Pauschalen <strong>für</strong> Haushaltsenergie mehrab.• Rückzahlungen und Guthaben, die <strong>de</strong>m Bedarf <strong>für</strong> Unterkunft und Heizungzuzuordnen sind (also z. B. bei Betriebskostenabrechnungen), min<strong>de</strong>rn die nach <strong>de</strong>mMonat <strong>de</strong>r Rückzahlung o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Gutschrift entstehen<strong>de</strong>n Aufwendungen.Rückzahlungen, die sich auf die Kosten <strong>für</strong> Haushaltsenergie beziehen, bleiben außerBetracht - § 22 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.


141Ob und unter welchen Voraussetzungen <strong>de</strong>r Leistungsträger fällig gewor<strong>de</strong>neNachzahlungen übernehmen muss, siehe dazu weiter unten in diesem Kapitel unter11.4.7.Angemessene Unterkunftskosten bei selbstgenutztem Wohneigentum• Nach § 12 Abs. 3 Nr. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sind selbst genutzte Eigenheime o<strong>de</strong>rEigentumswohnungen von angemessener Größe nicht als Vermögen zu verwerten.• In einer seiner ersten Entscheidungen zur <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> Arbeitssuchen<strong>de</strong> hatdas Bun<strong>de</strong>ssozialgericht, BSG-Entscheidung vom 07.11.2006 – B 7b AS 2/05 R –zum unbestimmten Rechtsbegriff <strong>de</strong>r angemessenen Größe von selbst genutztemWohneigentum Stellung genommen: Im Regelfall ist bei <strong>de</strong>r Prüfung <strong>de</strong>rAngemessenheit <strong>de</strong>r Maßstab von § 39 Abs. 1 <strong>II</strong>. WobauG heranzuziehen. Danach seieine Wohnfläche von 120 m² bei einem Haushalt von vier Personen nichtunangemessen. Bei einer geringeren Familiengröße seien typisierend <strong>für</strong> je<strong>de</strong> PersonAbschläge in Höhe von 20 m² vorzunehmen, wobei im Regelfall von einerMin<strong>de</strong>stzahl von 2 Personen auszugehen sei. Damit ist bei Einzelpersonen also aucheine Größe von 80 m² als angemessen anzusehen.• An diesem Urteil orientieren sich auch die Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong>Arbeit zu § 12 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.08.2012, Rn. 12.26: die Prüfung <strong>de</strong>r Angemessenheitist entbehrlich, wenn die Wohnfläche folgen<strong>de</strong> Größen nicht überschreitet:Bewohnt mit ...PersonenEigentumswohnungin m²Familienheimin m²1-2 80 903 100 1104 120 130Für Familien mit mehr als 4 Personen gilt eine Erhöhung um 20 m² pro Person.• Eine Grundstücksfläche im städtischen Bereich von 500 m² und im ländlichen Bereichvon 800 m² ist in <strong>de</strong>r Regel als angemessen anzusehen. Wobei aber auch höhereWerte als angemessen angesehen wer<strong>de</strong>n können, wenn diese in Bebauungsplänenfestgelegt sind, so die Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 12 <strong>SGB</strong><strong>II</strong>, Stand 20.08.2012, Rn. 12.27.• <strong>Die</strong> genannten Größen sind nicht als Grenzwerte zu verstehen, maßgeblich sind dieLebensumstän<strong>de</strong> im Einzelfall, z.B. Familienplanung o<strong>de</strong>r voraussichtliche Dauer <strong>de</strong>rHilfebedürftigkeit.• Für das Land Berlin hierzu aus <strong>de</strong>r neuen weiter oben bereits erwähntenWohnaufwendungenverordnung (WAV) - § 2 „(2) Zu <strong>de</strong>n tatsächlichen


Aufwendungen <strong>für</strong> selbstgenutztes Wohneigentum gehören die mit <strong>de</strong>m selbstbewohnten Wohneigentum verbun<strong>de</strong>nen Belastungen. Wenn <strong>de</strong>r Erhalt <strong>de</strong>sWohneigentums durch <strong>de</strong>n Wegfall <strong>de</strong>r Anschlussför<strong>de</strong>rung gefähr<strong>de</strong>t ist und nach<strong>de</strong>n jeweils gelten<strong>de</strong>n Härteausgleichsvorschriften Zuwendungen gewährt wer<strong>de</strong>n,min<strong>de</strong>rn diese die tatsächlichen Aufwendungen in entsprechen<strong>de</strong>r Höhe.(3) Zu <strong>de</strong>n Belastungen gehören insbeson<strong>de</strong>re:a. Schuldzinsen und dauern<strong>de</strong> Lasten (z.B. Erbbauzins),b. Steuern vom Grundbesitz, sonstige öffentliche Abgaben und Versicherungsbeiträge,c. Unabweisbare Aufwendungen <strong>für</strong> Instandhaltung und Reparatur im Sinne <strong>de</strong>s§ 22 Abs. 2 Satz 1 <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (Erhaltungsaufwand), auch einmalig anfallen<strong>de</strong>Bedarfe, die die Bewohnbarkeit und <strong>de</strong>n Substanzerhalt <strong>de</strong>s Wohneigentumssicherstellen, nicht jedoch <strong>de</strong>r Wertverbesserung dienen; nicht <strong>de</strong>rWertverbesserung dienen notwendige Maßnahmen nach <strong>de</strong>m Stand <strong>de</strong>rTechnik in <strong>de</strong>r preisgünstigsten Variante,d. sonstige Aufwendungen zur Bewirtschaftung <strong>de</strong>s Haus- und Grundbesitze,e. umlagefähige Betriebs- und Heizkosten sowie Warmwasserbereitungskosten,sofern die Erzeugung nicht <strong>de</strong>zentral im Sinne <strong>de</strong>s § 21 Abs. 7 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>erfolgt, wie bei Mietwohnungen; dazu gehören auch einmalig anfallen<strong>de</strong>Nachzahlungen, die <strong>de</strong>m Bedarf <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind,sowief. im Einzelfall zur Erhaltung <strong>de</strong>s Wohneigentums unvermeidbare, auch anteiligeTilgungsleistungen, wenn <strong>de</strong>r Leistungsberechtigte ansonsten gezwungenwäre, das selbst bewohnte Wohneigentum aufzugeben und die Finanzierungweitestgehend abgeschlossen ist.“Nach <strong>de</strong>r Neuregelung <strong>de</strong>s § 22 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zum 01.01.2011 ist im Absatz 2 klarstellendverankert, dass auch unabweisbare Aufwendungen <strong>für</strong> Instandhaltung und Reparaturbei selbst bewohntem Eigentum im Sinne <strong>de</strong>s § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>anerkannt wer<strong>de</strong>n, soweit diese unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r im laufen<strong>de</strong>n sowie <strong>de</strong>ndarauf folgen<strong>de</strong>n elf Kalen<strong>de</strong>rmonaten anfallen<strong>de</strong>n Aufwendungen insgesamtangemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen die Angemessenheit,kann <strong>de</strong>r übersteigen<strong>de</strong> Teil als Darlehen erbracht wer<strong>de</strong>n.Speziell zu <strong>de</strong>n Tilgungsraten: <strong>Die</strong>se gehören im Regelfall nicht zu <strong>de</strong>n tatsächlichenAufwendungen, <strong>de</strong>nn diese dienen <strong>de</strong>r Vermögensbildung. Aufgrund beson<strong>de</strong>rerUmstän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Einzelfalls können Tilgungsraten aber gleichwohl als tatsächlicheKosten <strong>de</strong>r Unterkunft zu berücksichtigen sein, z.B. wenn die Zinsen einschließlich <strong>de</strong>rTilgung geringer sind als angemessene Mietkosten o<strong>de</strong>r ohne die Übernahme <strong>de</strong>rTilgungsraten <strong>de</strong>r Verlust <strong>de</strong>s Eigenheims droht. Vgl. Sozialgericht Detmold –Entscheidung vom 16.02. 2006 – info also 2006 S. 123. In <strong>de</strong>r BSG-Entscheidungvom 18.06.2008 – B 14/11b AS 67/06 R – vertritt das BSG die Auffassung, dass imHinblick auf <strong>de</strong>n Gleichbehandlungsgrundsatz <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong>sträger auch beieinem Eigentümer von selbst genutztem Wohneigentum von angemessener Größedie Kosten zu übernehmen hat, die er unter vergleichbaren Voraussetzungen <strong>für</strong> eineangemessene Mietwohnung tragen wür<strong>de</strong>. Dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> liegt in Bezug auf <strong>de</strong>n Erhaltvon Vermögenswerten eine an<strong>de</strong>re Wertung zugrun<strong>de</strong> als zuvor <strong>de</strong>m BSHG. Beitypisieren<strong>de</strong>r Betrachtung kann davon ausgegangen wer<strong>de</strong>n, dass bei einer relativ142


geringen Belastung durch Darlehenszinsen und einer vergleichsweise hohenTilgungslast das selbst genutzte Wohneigentum bereits weitgehend finanziert ist un<strong>de</strong>s <strong>de</strong>shalb nicht um <strong>de</strong>n Aufbau, son<strong>de</strong>rn um <strong>de</strong>n Erhalt bereits bestehen<strong>de</strong>rVermögenswerte geht. Zu dieser Problematik siehe auch Berlit in LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5. Aufl.,zu § 22, Rn. 40.Bestimmung <strong>de</strong>r Angemessenheit bei Mietwohnungen143Wie vorher bereits erwähnt, können die Län<strong>de</strong>r die Kreise und kreisfreien Städte durchGesetz ermächtigen o<strong>de</strong>r verpflichten, durch Satzung zu bestimmen, in welcher HöheAufwendungen <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung in ihrem Gebiet angemessen sind - § 22a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><strong>Die</strong> Bestimmung <strong>de</strong>r angemessenen Aufwendungen soll die Verhältnisse <strong>de</strong>s einfachenStandards auf <strong>de</strong>m örtlichen Wohnungsmarkt abbil<strong>de</strong>n. Sie soll die Auswirkungen auf <strong>de</strong>nörtlichen Wohnungsmarkt berücksichtigen hinsichtlich <strong>de</strong>r Vermeidung von Mietpreiserhöhen<strong>de</strong>n Wirkungen, <strong>de</strong>r Verfügbarkeit von Wohnraum <strong>de</strong>s einfachen Standards, allerverschie<strong>de</strong>ner Anbietergruppen und <strong>de</strong>r Schaffung und Erhaltung sozial ausgeglichenerBewohnerstrukturen - § 22a Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Herkömmliche Parameter <strong>für</strong> die Angemessenheit <strong>de</strong>r Unterkunftskosten sind dieWohnungsgröße in Abhängigkeit von <strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r sie bewohnen<strong>de</strong>n Personen und dieMiethöhe in Abhängigkeit von Ausstattung, Jahr <strong>de</strong>r Bezugsfertigkeit o.ä., häufig auch dieWerte von Mietspiegeln o<strong>de</strong>r die Mietobergrenzen nach <strong>de</strong>m WoGG.In zwei Grundsatzentscheidungen hat das Bun<strong>de</strong>ssozialgericht am 7. November 2006dazu Stellung genommen, wie <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>r Angemessenheit <strong>de</strong>r Unterkunftskostenauszulegen ist – B 7b AS 10/06 und B 7b AS 18/06. Danach hat eine Einzelfallprüfung inmehreren Schritten zu erfolgen:• Zunächst ist die <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Leistungsempfänger angemessene Wohnungsgröße zubestimmen. Hierbei ist die <strong>für</strong> Wohnberechtigte im sozialen Wohnungsbauanerkannte Wohnraumgröße nach <strong>de</strong>n lan<strong>de</strong>srechtlichen Wohnraumför<strong>de</strong>rbestimmungenzu ermitteln.• Nach Feststellung <strong>de</strong>r Wohnraumgröße ist als weiterer Faktor <strong>de</strong>rWohnungsstandard zu berücksichtigen. <strong>Die</strong> Aufwendungen <strong>für</strong> eine Wohnung sindnur dann angemessen, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanzeinfachen und grundlegen<strong>de</strong>n Bedürfnissen genügt und keinen gehobenenWohnstandard aufweist. <strong>Die</strong> Wohnung muss daher in Bezug auf diese Kriterien imunteren Segment <strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>r Größe in Betracht kommen<strong>de</strong>n Wohnungen <strong>de</strong>sräumlichen Bezirks liegen, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Vergleichsmaßstab bil<strong>de</strong>t. Das Bun<strong>de</strong>ssozialgericht folgt damit <strong>de</strong>r Produkttheorie, die letztlich abstelltauf das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard; ein Ausgleichinnerhalb dieser bei<strong>de</strong>n Faktoren ist also möglich.• In einem weiteren Schritt ist zu überprüfen, ob nach <strong>de</strong>r Struktur <strong>de</strong>sWohnungsmarktes am Wohnort tatsächlich auch die konkrete Möglichkeit besteht,


eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung auf <strong>de</strong>m Wohnungsmarkt zumieten. Hierzu sind Mietspiegel o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Mietdatenbanken heranzuziehen. Aufdie Miethöchstgrenzen <strong>de</strong>r Tabelle zu § 8 <strong>de</strong>s Wohngeldgesetzes kann als Maßstab<strong>für</strong> die Angemessenheit <strong>de</strong>r Unterkunftskosten erst abgestellt wer<strong>de</strong>n, wenn einkonkret-individueller Maßstab nicht gebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n kann.In Einzelfällen sind bei kleinen Gemein<strong>de</strong>n größere, bei Großstädten kleinereräumliche Bereiche maßgebend. Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass <strong>de</strong>mHilfebedürftigen ein Umzug in einen an<strong>de</strong>ren Wohnort, <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Aufgabe seinessozialen Umfel<strong>de</strong>s verbun<strong>de</strong>n wäre, grundsätzlich nicht abverlangt wer<strong>de</strong>n kann.Für das Land Berlin gelten nach <strong>de</strong>r Wohnaufwendungenverordnung (WAV) <strong>für</strong>Mietwohnungen folgen<strong>de</strong> Regelungen. <strong>Die</strong> Darstellung beschränkt sich auf diepraxisrelevanten Inhalte. Anmerkung zuvor: Der WAV liegt als Anlage das Konzept zurBestimmung <strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>r angemessenen Aufwendungen <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung bei.Zur Herleitung <strong>de</strong>r neuen Richtwerte:<strong>Die</strong> neuen Richtwerte wer<strong>de</strong>n gebil<strong>de</strong>t aus <strong>de</strong>r Summe144• <strong>de</strong>s Produktes von abstrakt angemessener Wohnungsgröße (je nach Größe <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft) und <strong>de</strong>r Nettokaltmiete/m² nach <strong>de</strong>m jeweils gültigen BerlinerMietspiegel (gewichteter Mittelwert aus einfacher Wohnlage in Abhängigkeit von <strong>de</strong>rGröße <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft),• <strong>de</strong>s Produktes von abstrakt angemessener Wohnungsgröße und <strong>de</strong>mDurchschnittswert <strong>de</strong>r kalten Betriebskosten/m² nach <strong>de</strong>m jeweils gültigen BerlinerMietspiegel-Anhang 2011,• <strong>de</strong>s Produktes aus abstrakt angemessener Wohnungsgröße und <strong>de</strong>mDurchschnittswert <strong>de</strong>r Heizkosten/m² nach <strong>de</strong>m letzten bun<strong>de</strong>sweiten Heizspiegel inAbhängigkeit von <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>s Energieträgers (Heizöl, Erdgas o<strong>de</strong>r Fernwärme /Sonstiges) und <strong>de</strong>r Größe <strong>de</strong>r Gebäu<strong>de</strong>fläche sowie• eines Zuschlags zum Richtwert bei zentraler WarmwasserversorgungDas Produkt ist entschei<strong>de</strong>nd:Zur abstrakt angemessenen Wohnungsgröße:Grundlage <strong>für</strong> die Bestimmung ist die anerkannte Wohnraumgröße <strong>für</strong> Wohnberechtigte imsozialen Wohnungsbau. Quellen hier<strong>für</strong> sind § 5 WoBindG und § 27 WoFG:<strong>Die</strong> abstrakt angemessene Wohnungsgröße beträgt bei 1 Person 50m², bei 2 Personen 60m²,bei 3 Personen 75m², bei 4 Personen 85m², bei 5 Personen 97m² und <strong>für</strong> je<strong>de</strong> weitere Person+ 12m²ABER: <strong>Die</strong> Angemessenheitsprüfung bezieht sich allein auf die Summe <strong>de</strong>r Produkte, nichtjedoch auf die einzelnen Faktoren.AUSNAHME: <strong>Die</strong> Nettokaltmiete darf nach § 5 WAV nicht einen Quadratmeterpreis


145• bei 1- und 2- Personenhaushalten von 8,16 Euro• bei 3- und 4-Personenhaushalten von 7,52 Euro und• bei 5- und Mehrpersonenhaushalten von 7,95 Euroüberschreiten. Mit dieser Regelung soll verhin<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n, dass sehr schlechte und kleineMietwohnungen zu Wucherpreisen angeboten wer<strong>de</strong>n.ABER: Nach <strong>de</strong>r AV Wohnen, Nummer 5, kann im Einzelfall dieser Quadratmeterpreisüberschritten wer<strong>de</strong>n. Entschei<strong>de</strong>nd bei <strong>de</strong>r Anwendung <strong>de</strong>r Regelung ist, dass ihrausdrücklicher Zweck, Mietwucher zu begegnen, erfüllt wird, vgl. Nummer 5.2 Absatz 1. Soheißt es z.B. unter 5.4 Absatz 2: „Der Neuanmietung von Wohnungen / Apartments, die dieVoraussetzungen <strong>de</strong>s § 5 WAV zwar erfüllen, aber aufgrund von beispielsweise Lage undAusstattung offensichtlich <strong>de</strong>n in Nummer 5.2 Absatz 1genannten Zweck <strong>de</strong>r Regelung nichterfüllen, ist zuzustimmen.“<strong>Die</strong> neuen Richtwerte – Anlage 2, Tabelle A zu § 4: Satz 2 bis 4 WAVGröße <strong>de</strong>r BGnach Anzahl <strong>de</strong>rPersonenGebäu<strong>de</strong>fläche*HeizölRichtwertBruttowarmErdgasRichtwertBruttowarmFernwärmeRichtwertBruttowarmin m²mtl. in Euromtl. in Euromtl. in Euro1 100 – 250251 – 500501 – 1.000über 1.000425,00423,00419,00417,00414,00410,00407,00405,00421,00418,00415,00413,002 100 – 250251 – 500501 – 1.000über 1.000510,00507,00503,00501,00497,00492,00489,00486,00505,00501,00498,00495,003 100 – 250251 – 500501 – 1.000über 1.000606,00602,00597,00594,00589,00583,00579,00576,00599,00594,00591,00587,004 100 – 250251 – 500501 – 1.000über 1.000686,00682,00676,00673,00668,00661,00656,00621,00679,00674,00669,00665,005 100 – 250251 – 500501 – 1.000über 1.000811,00807,00800,00796,00790,00782,00776,00773,00803,00797,00792,00787,00


146<strong>für</strong> je<strong>de</strong> weiterePerson100 – 250251 – 500501 – 1.000über 1.000101,00100,0099,0099,0098,0097,0096,0096,00100,0099,0098,0098,00* Ergänzend Nummer 3.2.2 <strong>de</strong>r AV Wohnen:„(2)In Wohnungen, in <strong>de</strong>nen eine Einzelheizanlage nur die jeweilige Wohnung beheizt (z.B.Gasheizungen), ist die Wohnfläche <strong>de</strong>r Wohnung zu Grun<strong>de</strong> zu legen.(3) Bei Gebäu<strong>de</strong>flächen unter 100qm ist <strong>de</strong>r maßgebliche Richtwert <strong>de</strong>r Kategorie 100-200qm zu entnehmen.“Für Wohnungen mit zentraler Warmwasserversorgung erhöht sich <strong>de</strong>r jeweilige Richtwertaus <strong>de</strong>r vorhergehen<strong>de</strong>n Tabelle – Anlage 2, Tabelle B zu § 4 Satz 4 WAV:Größe <strong>de</strong>r BedarfsgemeinschaftZuschlag in Euro pro Monat1 Person 10,002 Personen 12,003 Personen 14,004 Personen 16,005 Personen 19,00Für je<strong>de</strong> weitere Person 2,00<strong>Die</strong> folgen<strong>de</strong>n Zahlen zeigen die sich ergeben<strong>de</strong>n Spannen <strong>de</strong>r Höchstgrenzen:Anzahl <strong>de</strong>rPersonen in BGAngemessenheit in Abhängigkeit vom Energieträger,Größe <strong>de</strong>r Gebäu<strong>de</strong>fläche und Art <strong>de</strong>r Warmwasserversorgung1 zwischen 405 und 435 Euro2 zwischen 486 und 522 Euro3 zwischen 576 und 620 Euro4 zwischen 652 und 702 Euro5 zwischen 773 und 830 Euro<strong>für</strong> je<strong>de</strong> weiterePerson+ zwischen 96 und 103 Euro<strong>Die</strong> so genannte „Nichtprüfungsgrenze“Beträgt die Bruttowarmmiete entsprechend <strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r Personen in <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft jeweils maximal die lila unterlegten Werte – zum Beispiel <strong>für</strong> 2


Personen 486 Euro – sind die Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft und Heizung angemessen. <strong>Die</strong>se Wertekönnen als so genannte „Nichtprüfungsgrenze“) angesehen wer<strong>de</strong>n. Ausnahme: <strong>Die</strong>Nettokaltmiete überschreitet die weiter oben angegebenen Quadratmeterpreise und eshan<strong>de</strong>lt sich um Mietwucher.<strong>Die</strong> Nichtprüfungsgrenze ist eine Empfehlung <strong>de</strong>r Senatsverwaltung an die Leistungsträger.Da es sich hier um eine Empfehlung han<strong>de</strong>lt, kann in diesen Fällen aber kein subjektives Recht<strong>de</strong>s Einzelnen auf Unterlassung einer Angemessenheitsprüfung durch <strong>de</strong>n Leistungsträgerabgeleitet wer<strong>de</strong>n.Beispiel zur Prüfung <strong>de</strong>r AngemessenheitFamilie B. hat bisher mit ihrer 4-jährigen Tochter in einer kleinen 3-Zimmerwohnunggewohnt. Nun hat die Tochter einen kleinen Bru<strong>de</strong>r bekommen. Darum sucht die Familie einegrößere Wohnung. In Lichtenberg fin<strong>de</strong>n sie ein Angebot <strong>für</strong> eine 4-Zimmerwohnung:<strong>Die</strong> Wohnfläche beträgt 88,89 m². Es han<strong>de</strong>lt sich um einen Plattenbaukomplex, darum istklar, dass die Gebäu<strong>de</strong>fläche über 1.000 m² beträgt. Als Bruttowarmmiete sind 679,67 Eurozu zahlen, die einzelnen Komponenten sind: Nettokaltmiete – 472,67 Euro, Betriebskosten –98,00 Euro, Heizung/Warm-/Kaltwasser – 109,00 Euro.Ist die Wohnung nach <strong>de</strong>n Kriterien <strong>de</strong>s Jobcenters angemessen?1. Wie viel Personen gehören zur Bedarfsgemeinschaft?→ 4 Personen2. Liegt die Bruttowarmmiete unter <strong>de</strong>r so genannten „Nichtprüfungsgrenze“?→ Für 4 Personen liegt die Nichtprüfungsgrenze bei 652 Euro. <strong>Die</strong>se Grenze wird mit <strong>de</strong>n679,67 Euro überschritten. Darum muss eine weitere Prüfung erfolgen.3. Bestimmung <strong>de</strong>s konkreten Richtwertes:→ In <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft befin<strong>de</strong>n sich 4 Personen, die Gebäu<strong>de</strong>fläche beträgt über1000 m², die Wohnung wird durch Fernwärme beheizt.→ Nach Tabelle A beträgt somit <strong>de</strong>r Richtwert bruttowarm 665,00 Euro, damit übersteigt dietatsächliche Bruttowarmmiete diesen Richtwert um 14,67 Euro.Aber: Da die Wohnung über eine zentrale Warmwasserversorgung verfügt, kommt nachTabelle B <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Richtwert noch <strong>de</strong>r Zuschlag <strong>für</strong> 4 Personen in Höhe von 16 Eurohinzu, beträgt damit also 681,00 Euro, die Bruttowarmmiete von 679,67 Euro liegtalso unter diesem Richtwert.4. Prüfung, ob die Nettokaltmiete nicht <strong>de</strong>n weiter oben angegebenen Höchstwertüberschreitet:147


→ Für einen 4-Personenhaushalt darf die Nettokaltmiete nicht mehr als 7,52 Euro/m²betragen, hier: 472,67 Euro <strong>für</strong> 88,89m²→ das sind gerun<strong>de</strong>t 5,32 Euro/m², <strong>de</strong>r Höchstwert wird nicht erreicht.148Familie B. hat eine passen<strong>de</strong> Wohnung gefun<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ren Anmietung das Jobcenterzustimmen müsste.Beson<strong>de</strong>re Bedarfe zur Feststellung <strong>de</strong>r individuellen Angemessenheit - § 6 WAV:<strong>Die</strong> Richtwerte können in beson<strong>de</strong>rs begrün<strong>de</strong>ten Einzelfällen aus sozialen Grün<strong>de</strong>n und inHärtefällen um bis zu 10% überschritten wer<strong>de</strong>n, insbeson<strong>de</strong>re bei• Alleinerziehen<strong>de</strong>n,• längerer Wohndauer (min<strong>de</strong>stens 15 Jahre),• wesentlichen sozialen Bezügen (z.B. Schulweg von Kin<strong>de</strong>rn; Betreuungseinrichtungen,Kitas),• über 60-jährigen Hilfeempfangen<strong>de</strong>n,• Schwangeren,• Personen, die in absehbarer Zeit kosten<strong>de</strong>cken<strong>de</strong> Einkünfte haben,• Personen in ambulanten Wohnformen (z. B. BEW, therapeutische WG)• Neuanmietung durch Wohnungslose, von Wohnungslosigkeit bedrohte Menscheno<strong>de</strong>r Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind.Son<strong>de</strong>rregelungen gelten auch <strong>für</strong>• Personen mit einem individuell höheren Heizkostenbedarf,• behin<strong>de</strong>rtengerechte Wohnungen• chronisch Kranke (z.B. AIDS-Kranke); i.d.R. Berücksichtigung <strong>de</strong>s Richtwertes <strong>für</strong> eineum eine Person vergrößerte BG• die Unterbringung von Wohnungslosen; angemessen sind die tatsächlichenAufwendungen (Tagessätze)• Leistungsempfänger, die regelmäßig ihr Umgangsrecht mit Kin<strong>de</strong>rn, die sich bei <strong>de</strong>mgetrennt leben<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Elternteil aufhalten, ausüben; hier gilt i.d.R. <strong>de</strong>r Richtwert<strong>für</strong> die Bedarfsgemeinschaftsgröße mit diesen Kin<strong>de</strong>rn.<strong>Die</strong> Angaben <strong>für</strong> Berlin bei <strong>de</strong>n weiteren Unterpunkten beziehen sich, wenn nichtan<strong>de</strong>rs angegeben, auf die aktuelle AV Wohnen vom 6. August 201311.4.3 Wenn die Wohnungskosten unangemessen hoch sindÜbersteigen die Aufwendungen <strong>für</strong> die Unterkunft und Heizung <strong>de</strong>n angemessenen Umfang,sind sie so lange zu berücksichtigen, wie es unter Berücksichtigung <strong>de</strong>s Einzelfalls nichtmöglich o<strong>de</strong>r nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten o<strong>de</strong>r auf


an<strong>de</strong>re Weise die Aufwendungen zu senken, in <strong>de</strong>r Regel jedoch längstens <strong>für</strong> sechs Monate- § 22 Abs. 1 Satz 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Eine Absenkung <strong>de</strong>r unangemessenen Aufwendungen muss nichtgefor<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n, wenn diese unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r bei einem Wohnungswechsel zuerbringen<strong>de</strong>n Leistungen unwirtschaftlich wäre - § 22 Abs. 1 Satz 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Maßgaben <strong>für</strong> Berlin• <strong>Die</strong> Frist <strong>de</strong>r sechs Monate beginnt mit <strong>de</strong>r Auffor<strong>de</strong>rung zur Kostensenkung, wennnach Anhörung <strong>de</strong>r Betroffenen die individuelle Unangemessenheit festgestelltwur<strong>de</strong>. <strong>Die</strong> Anhörung soll bereits im Zuge <strong>de</strong>r Antragsbearbeitung erfolgen. Inbeson<strong>de</strong>rs begrün<strong>de</strong>ten Einzelfällen kann die Frist erweitert wer<strong>de</strong>n, wenn z.B. trotzintensiver nachgewiesener Suche <strong>de</strong>r Leistungsempfänger angemessener Wohnraumnicht zur Verfügung steht o<strong>de</strong>r angemietet wer<strong>de</strong>n kann – Nummer 4.1 Absatz 1 <strong>de</strong>rAV Wohnen.Nach einer Leistungsunterbrechung von weniger als zwölf Monaten beginnt die Fristnicht erneut, außer, <strong>de</strong>r erneute Leistungsbezug war zu Beginn <strong>de</strong>rLeistungsunterbrechung nicht vorhersehbar und <strong>de</strong>r Betroffene hat während <strong>de</strong>rLeistungsunterbrechung die Miete regelmäßig und vollständig gezahlt – Nummer 4.1Absatz 2 <strong>de</strong>r AV Wohnen.• In <strong>de</strong>r Regel sollen Maßnahmen zur Senkung <strong>de</strong>r Wohnungskosten nicht verlangtwer<strong>de</strong>n - Nummer 4 Absatz 3 <strong>de</strong>r AV Wohnen, beia) Einschränkungen aufgrund schwerer Krankheit, Behin<strong>de</strong>rung o<strong>de</strong>rPflegebedürftigkeit, sofern <strong>de</strong>r Schweregrad insbeson<strong>de</strong>re einen Umzug unmöglichmacht,b) über 60 Jahre alten Hilfeempfangen<strong>de</strong>n nach längerer Wohndauer, wenn zukünftigevorrangige Ansprüche, z.B. Rentenansprüche, eine weitere Hilfebedürftigkeitunwahrscheinlich sein lassen,c) einmaligen o<strong>de</strong>r kurzfristigen Hilfen,d) Alleinerziehen<strong>de</strong>n mit zwei und mehr Kin<strong>de</strong>rn,sofern die Miete <strong>de</strong>n Richtwert nicht so erheblich überschreitet, dass ein Verzicht aufkostensenken<strong>de</strong> Maßnahmen unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren Situation <strong>de</strong>rBetroffenen ungerechtfertigt wäre.• Ist die Miete <strong>für</strong> eine Wohnung als unangemessen bewertet wor<strong>de</strong>n, ist vomLeistungsträger vor <strong>de</strong>r Auffor<strong>de</strong>rung zur Kostensenkung eineWirtschaftlichkeitsberechnung anzustellen – Nummer 4.2 <strong>de</strong>r AV Wohnen. Hierbeiwird <strong>de</strong>r unangemessene Teil <strong>de</strong>r Mietkosten <strong>für</strong> die voraussichtliche Dauer <strong>de</strong>sLeistungsbezuges von maximal zwölf Monaten <strong>de</strong>n durch einen Wohnungswechselausgelösten Kosten gegenübergestellt. Bei letzteren sind auch die unvermeidbarenMietkosten <strong>für</strong> zwei Wohnungen zu berücksichtigen.Übersteigen die durch <strong>de</strong>n Umzug ausgelösten Kosten <strong>de</strong>n Differenzbetrag, so wirddie weiter oben beschriebene Frist auf zwölf Monate verlängert. Erst nach Ablaufdieser ergeht eine Kostensenkungsauffor<strong>de</strong>rung. Neu seit August 2013: Wenn in 12Monaten nicht mit <strong>de</strong>m Ausschei<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>m Leistungsbezug zu rechnen ist, ist <strong>für</strong>die Berechnung von einer Dauer von 36 Monaten auszugehen. <strong>Die</strong>s ist eineVerschlechterung zur vorausgegangenen AV Wohnen.149


150• Ist die Miete nach Prüfung <strong>de</strong>s Einzelfalls als unangemessen bewertet wor<strong>de</strong>n, ergehtan <strong>de</strong>n Hilfebedürftigen eine Auffor<strong>de</strong>rung zur Kostensenkung innerhalb einesZeitraums von sechs – bzw. zwölf (siehe vorstehend) Monaten. Nach diesem Zeitraumreduziert <strong>de</strong>r Leistungsträger die Kosten auf das angemessene Maß. EineKostensenkung kann z.B. erfolgen durch Untervermietung o<strong>de</strong>r auch Verhandlung mit<strong>de</strong>m Vermieter über eine Mietsenkung (<strong>de</strong>r Grundmiete). Möglich ist auch, nach <strong>de</strong>rSenkung auf das angemessene Maß durch <strong>de</strong>n Leistungsträger, <strong>de</strong>n Differenzbetragselbst zu tragen.Achtung!Eine Auffor<strong>de</strong>rung, kostensenken<strong>de</strong> Maßnahmen zu ergreifen, stellt keinenVerwaltungsakt dar, ist also nicht mit einem Rechtsbehelf – Wi<strong>de</strong>rspruch – anfechtbar.So auch das BSG in seiner Entscheidung vom 7.11.2006 – B 7b AS 10/06 ERRechtsmittel können also erst gegen eine in einem Leistungsbescheid ausgewiesenetatsächlich erfolgte Kostensenkung eingelegt wer<strong>de</strong>n.11.4.4 Was gilt <strong>für</strong> einen Umzug?Vor Abschluss eines neuen Mietvertrages soll die Zusicherung zur Übernahme <strong>de</strong>r neuenMiete vom Leistungsträger eingeholt wer<strong>de</strong>n, zuständig ist <strong>de</strong>r bisherige zuständige Träger.Er ist aber nur zur Zusicherung verpflichtet, wenn <strong>de</strong>r Umzug erfor<strong>de</strong>rlich ist und dieAufwendungen <strong>für</strong> die neue Miete angemessen sind - § 22 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Maßgaben <strong>für</strong> BerlinErfor<strong>de</strong>rlich ist ein Umzug – Nummer 8.1 und 8.2 <strong>de</strong>r AV Wohneno wenn er vom zuständigen Träger veranlasst (als Maßnahme zur Senkungunangemessener Kosten <strong>für</strong> die Zukunft) wird o<strong>de</strong>ro <strong>de</strong>r Umzug aus an<strong>de</strong>ren Grün<strong>de</strong>n notwendig ist.Es ist weiterhin zu prüfen, ob <strong>de</strong>r Umzug während <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r Hilfebedürftigkeitrealisiert wer<strong>de</strong>n muss.Erfor<strong>de</strong>rlich kann ein Umzug nach Nummer 8.2 Absatz 5 z.B. seina) im Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Aufnahme einer Erwerbstätigkeit außerhalb <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>sBerlin,b) im Ausnahmefall im Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Aufnahme einer Erwerbstätigkeitinnerhalb <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s Berlin (z.B. bei Schichtarbeit mit Nachtdiensten und ungünstigenVerkehrsbedingungen, langen Arbeitswegen und festgelegten Abholzeiten <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>rbei Alleinerziehen<strong>de</strong>n),


c) Bei Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r familiären Situation (z.B. Trennung <strong>de</strong>r Ehe- o<strong>de</strong>r Lebenspartnereiner Bedarfsgemeinschaft, wenn einer <strong>de</strong>r Partner neuen Wohnraum benötigt;Gründung einer Familie, auch zukünftig entstehen<strong>de</strong>r Bedarf),d) wenn die Sicherung <strong>de</strong>s Wohnraums mit <strong>de</strong>r Übernahme von Mietschul<strong>de</strong>n beiwie<strong>de</strong>rholt aufgetretenen Mietschul<strong>de</strong>n nicht mehr gewährleistet ist undWohnungslosigkeit einzutreten droht,e) bei gesundheitlicher Gefährdung (z.B. durch schlechte Wohnverhältnisse, die nicht invertretbarer Zeit durch <strong>de</strong>n Vermieter behoben wer<strong>de</strong>n, o<strong>de</strong>r bei drohen<strong>de</strong>r GewaltDritter),f) wegen unzumutbar beengter Wohnverhältnisse. Es ist zu beachten, dass Kin<strong>de</strong>rneigener Wohnraum zur Verfügung stehen muss. Ob Geschwistern eine gemeinsameNutzung eines Raumes zumutbar ist, hängt von <strong>de</strong>n Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>s Einzelfallswie Größe <strong>de</strong>s Raumes, Altersunterschie<strong>de</strong> und Geschlecht ab. Auch zukünftigentstehen<strong>de</strong>r Wohnraummehrbedarf ist zu berücksichtigen, z.B. bei Schwangerschaftab <strong>de</strong>r 13. Woche.g) aus krankheits-, behin<strong>de</strong>rungs- und / o<strong>de</strong>r altersbedingten Grün<strong>de</strong>n, wenn sich darausein Wohnraum(mehr)bedarf ergibt, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r vorhan<strong>de</strong>nen Wohnung nicht ge<strong>de</strong>cktwer<strong>de</strong>n kann.Grundsätzlich nicht erfor<strong>de</strong>rlich ist ein Umzug nach <strong>de</strong>r Nummer 8.2 Abs. 6 <strong>de</strong>r AV Wohnena) bis zur Vollendung <strong>de</strong>s 25. Lebensjahres (siehe aber weiter unten unter 11.4.8)b) wegen schlechter Ausstattung einer WohnungAber: Eine Wohnung ohne Bad, auch <strong>für</strong> einen Alleinstehen<strong>de</strong>n, erreicht zur heutigen Zeitnicht mehr <strong>de</strong>n Standard <strong>de</strong>s Angemessenen, ist also unzumutbar, so dasSozialgericht Dortmund, Beschluss vom 22.12.2005 – S 31 AS 562/05 ER.c) bei Wunsch nach an<strong>de</strong>rer Wohnumgebung.Folgen eines nicht als erfor<strong>de</strong>rlich eingestuften Umzugso Es wer<strong>de</strong>n keinerlei Kosten, die mit <strong>de</strong>m Umzug verbun<strong>de</strong>n sind, übernommen und:o Erhöhen sich nach einem nicht erfor<strong>de</strong>rlichen Umzug die angemessenenAufwendungen <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung, wird nur <strong>de</strong>r bisherige Bedarf anerkannt- § 22 Abs. 1 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.151Aus <strong>de</strong>r Praxis:Probleme gibt es in Fällen eines als nicht erfor<strong>de</strong>rlich eingestuften Umzuges, wenn <strong>für</strong>eine Betriebskostenjahresabrechnung eine Nachzahlung fällig ist, die Jobcenterverweigern dann nach meiner Erfahrung grundsätzlich eine Übernahme. Dann bleibtnur <strong>de</strong>r Weg vor das Sozialgericht, aber auch hier gibt es unterschiedlicheEntscheidungen, von ebenfalls Ablehnungen über einen Vergleich mit <strong>de</strong>m Jobcenterbis hin zur Verpflichtung <strong>de</strong>r vollständigen Übernahme.Bei Neuanmietung von Wohnraum sind die Richtwerte grundsätzlich einzuhalten.


Ausnahme: Eine Überschreitung um bis zu 10 % ist in <strong>de</strong>r Regel zulässig beiNeuanmietung durch Wohnungslose o<strong>de</strong>r von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen,sowie von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen, wenn nur so eine Unterbringung inkostenintensiveren gewerblichen o<strong>de</strong>r kommunalen Einrichtungen been<strong>de</strong>t o<strong>de</strong>rverhin<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n kann – § 6 Abs. 7 <strong>de</strong>r WAV (!).Wer trägt die Umzugskosten?• Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherungdurch <strong>de</strong>n bis zum Umzug örtlich zuständigen Leistungsträger übernommen wer<strong>de</strong>n.<strong>Die</strong> Zusicherung soll erteilt wer<strong>de</strong>n, wenn <strong>de</strong>r Umzug durch <strong>de</strong>n Leistungsträgerveranlasst o<strong>de</strong>r aus an<strong>de</strong>ren Grün<strong>de</strong>n notwendig ist und wenn ohne die Zusicherungeine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n kann - §22 Abs. 6 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• Eine Mietkaution kann bei vorheriger Zusicherung (durch <strong>de</strong>n bisherigenLeistungsträger) durch <strong>de</strong>n am Ort <strong>de</strong>r neuen Unterkunft zuständigen Trägerübernommen wer<strong>de</strong>n. Sie soll als Darlehen erbracht wer<strong>de</strong>n – § 22 Abs. 6 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Maßgaben <strong>für</strong> Berlin – Nummer 8.2 und 8.3 <strong>de</strong>r AV Wohnen• Auch hier gilt, dass vor <strong>de</strong>m Umzug die Zusicherung zur Kostenübernahme <strong>für</strong> dieneue Wohnung beim Leistungsträger eingeholt wer<strong>de</strong>n soll!• In <strong>de</strong>r Regel sollen Genossenschaftsanteile als Wohnungsbeschaffungskosten o<strong>de</strong>reine Mietkaution bei einem notwendigen Umzug übernommen wer<strong>de</strong>n.• Im Einzelfall sind auch doppelte Mietzahlungen als Wohnungsbeschaffungskosten zuberücksichtigen – Nummer 8.3 Absatz 4.• Mietkautionen und Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht wer<strong>de</strong>n. Mit<strong>de</strong>m Darlehensvertrag sind die Rückzahlungsansprüche an das Land Berlinabzutreten, bis das Darlehen nach § 42a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> von <strong>de</strong>n Leistungsberechtigten getilgtwur<strong>de</strong> (durch monatliche Aufrechnung).• <strong>Die</strong> Umzugskosten sollen ebenfalls bei einem notwendigen Umzug übernommenwer<strong>de</strong>n. Der Umzug soll weitestgehend in Selbsthilfe durchgeführt wer<strong>de</strong>n. In diesemFall wer<strong>de</strong>n die marktüblichen Kosten eines Mietfahrzeugs sowie Kosten <strong>für</strong> dieBeköstigung mithelfen<strong>de</strong>r Personen (pauschal 20 Euro pro Person bis zu maximal 4Personen abhängig von <strong>de</strong>r Haushaltsgröße) und sonstiger <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Umzugnotwendiger Hilfsmittel (z.B. Umzugskartons) übernommen. Kosten <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Umzugdurch eine Umzugsfirma wer<strong>de</strong>n nur beim Vorliegen notwendiger Grün<strong>de</strong> (z.B. Alter,Behin<strong>de</strong>rung, unzureichen<strong>de</strong> körperliche Konstitution), wenn <strong>de</strong>r Umzug nichteigenständig realisiert wer<strong>de</strong>n kann, übernommen. Hier<strong>für</strong> ist die Vorlage von 3Kostenvoranschlägen von Umzugsunternehmen notwendig – Nummer 8.2 Absatz 9.152


11.4.5 Zur Frage von notwendigen Schönheitsreparaturen / Einzugs- undAbschlussrenovierungenIm Gesetz gibt es keinen ausdrücklichen Hinweis. Aber § 22 Abs. 1 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>: „Bedarfe <strong>für</strong>Unterkunft und Heizung wer<strong>de</strong>n in Höhe <strong>de</strong>r tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweitdiese angemessen sind.“- beschränkt sich nicht auf laufen<strong>de</strong> Leistungen <strong>für</strong> die Unterkunftund bietet hiermit auch eine Rechtsgrundlage <strong>für</strong> die Übernahme einmaliger Leistungen wiedie in <strong>de</strong>r Überschrift genannten. So auch Berlit in LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5. Aufl., zu § 22 , Rn. 33, 35, inRn. 34 auch <strong>für</strong> wohnungsbezogene Kleinreparaturen.Maßgaben <strong>für</strong> Berlin – Nummer 9 <strong>de</strong>r AV WohnenKosten <strong>für</strong> notwendige Renovierungen / Schönheitsreparaturen sind als mietvertraglichgeschul<strong>de</strong>te Leistung während <strong>de</strong>r Laufzeit <strong>de</strong>s Mietvertrages o<strong>de</strong>r bei berechtigterFor<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Vermieters bei Auszug im Rahmen <strong>de</strong>r Kosten <strong>für</strong> die Wohnung zuübernehmen, soweit sie angemessen sind. <strong>Die</strong>s kann sowohl einmalige als auch laufen<strong>de</strong>Leistungen betreffen. <strong>Die</strong> vorrangige Verpflichtung <strong>de</strong>s Vermieters ist zu beachten.• Eine notwendige Renovierung ist in <strong>de</strong>r Regel in Eigenleistung zu erbringen.• Für <strong>de</strong>n Materialaufwand sind min<strong>de</strong>stens drei Kostenvoranschläge einzuholen. Wirddie Renovierung mit Nachbarschaftshilfe durchgeführt, erhalten die mithelfen<strong>de</strong>nPersonen Pauschalbeträge <strong>für</strong> ihre Beköstigung – <strong>für</strong> einen Raum 30 Euro, <strong>für</strong> je<strong>de</strong>nweiteren Raum 15 Euro.• Wenn eine Fachfirma die Renovierung durchführen muss, müssen <strong>für</strong> die Ermittlung<strong>de</strong>s Kostenumfanges ebenfalls min<strong>de</strong>stens drei Kostenvoranschläge vorgelegtwer<strong>de</strong>n.Bis Anfang 2009 hatte die Senatsverwaltung eine Übernahme <strong>de</strong>r Kosten <strong>für</strong> notwendigeRenovierungen / Schönheitsreparaturen verneint, sie hat sich aber nun <strong>de</strong>rhöchstrichterlichen Rechtsprechung angeschlossen:BSG in seiner Entscheidung vom 19.03.2008 – B 11b AS 31/06 R:<strong>Die</strong> Revision <strong>de</strong>r Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat zutreffen<strong>de</strong>ntschie<strong>de</strong>n, dass die mietverträglich vereinbarten Zuschläge <strong>für</strong> Schönheitsreparaturenzu <strong>de</strong>n Kosten im Sinne <strong>de</strong>s § 22 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> gehören und dass insoweit kein in <strong>de</strong>rRegelleistung enthaltener Anteil <strong>für</strong> „Instandsetzung und Reparatur <strong>de</strong>r Wohnung“ inAbzug zu bringen ist.BSG in seiner Entscheidung vom 16.12.2008 – B 4 AS 49/07 R:Ist die Einzugsrenovierung mietvertraglich vereinbart, han<strong>de</strong>lt es sich um Nebenkosten,die vom kommunalen Träger in tatsächlicher Höhe, begrenzt durch das Maß <strong>de</strong>rAngemessenheit, zu übernehmen sind. Angemessen sind die Kosten <strong>de</strong>rEinzugsrenovierung dann, wenn die Maßnahme / Renovierung erfor<strong>de</strong>rlich ist, um dieBewohnbarkeit <strong>de</strong>r Wohnung herzustellen, die Einzugsrenovierung ortsüblich ist, weilkeine renovierten Wohnungen im unteren Wohnsegment in nennenswertem Umfang zurVerfügung stehen und soweit sie zur Herstellung <strong>de</strong>s Standards einer Wohnung imunteren Wohnsegment erfor<strong>de</strong>rlich sind.153


15411.4.6 Wann erfolgt die Mietzahlung direkt an <strong>de</strong>n Vermieter?<strong>Die</strong> Kosten <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung sind vom kommunalen Träger direkt an <strong>de</strong>nVermieter zu zahlen auf Antrag <strong>de</strong>r leistungsberechtigten Person - § 22 Abs. 7 Satz 1Sie sollen direkt an <strong>de</strong>n Vermieter gezahlt wer<strong>de</strong>n, wenn die zweckentsprechen<strong>de</strong>Verwendung durch <strong>de</strong>n Hilfebedürftigen nicht sichergestellt ist. Das ist insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>rFall, wenn1. Mietrückstän<strong>de</strong> bestehen, die zu einer außeror<strong>de</strong>ntlichen Kündigung <strong>de</strong>sMietverhältnisses berechtigen,2. Energiekostenrückstän<strong>de</strong> bestehen, die zu einer Unterbrechung <strong>de</strong>rEnergieversorgung berechtigen,3. konkrete Anhaltspunkte <strong>für</strong> ein krankheits- o<strong>de</strong>r suchtbedingtes Unvermögen <strong>de</strong>rleistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zuverwen<strong>de</strong>n, o<strong>de</strong>r4. konkrete Anhaltspunkte da<strong>für</strong> bestehen, dass die im Schuldnerverzeichniseingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechendverwen<strong>de</strong>t- § 22 Abs. 7 Sätze 2 und 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Maßgaben <strong>für</strong> Berlin – Nummer 10.1 <strong>de</strong>r AV WohnenWenn <strong>de</strong>r Hilfeempfangen<strong>de</strong> die direkte Überweisung nicht selbst beantragt, bedarf eskonkreter Anhaltspunkte, die <strong>de</strong>r zweckentsprechen<strong>de</strong>n Verwendung entgegenstehen. Neben<strong>de</strong>n bereits im Gesetzestext in § 22 Abs. 7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> genannten Tatbestän<strong>de</strong>n, siehe weiter oben,liege diese zum Beispiel vora) wenn bereits in <strong>de</strong>r Vergangenheit Mietrückstän<strong>de</strong> aufgetreten sind o<strong>de</strong>r aktuellbestehen,b) wenn bereits bei Antragstellung aus <strong>de</strong>n Unterlagen erkennbar ist, dass in <strong>de</strong>rVergangenheit die Miete nicht regelmäßig und pünktlich entrichtet wur<strong>de</strong>,c) wenn auf <strong>de</strong>m Konto, das <strong>für</strong> die Überweisung <strong>de</strong>r Geldleistung angegeben wur<strong>de</strong>,bereits bei Antragstellung Überziehungskredite in Anspruch genommen wur<strong>de</strong>n,d) bei Bestehen sonstiger Schuldverpflichtungen,e) wenn auf Grund von Gutachten / Stellungnahmen von zuständigen Stellen diePersönlichkeit <strong>de</strong>s Betroffenen die eigenständige Sicherstellung von finanziellenVerpflichtungen (noch) nicht ermöglicht,f) bei betreuten Wohnformeng) in Fällen, in <strong>de</strong>nen Wohnungen aus <strong>de</strong>m „Geschützten Marktsegment“ angemietetwur<strong>de</strong>n,Mit <strong>de</strong>m "Geschützten Marktsegment" wird <strong>de</strong>r zwischen <strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong>samt <strong>für</strong>Gesundheit und Soziales Berlin, <strong>de</strong>n Bezirksämtern und <strong>de</strong>r Wohnungswirtschaft 1993,neugefasst 2003, geschlossene Vertrag zur Wohnungsversorgung bezeichnet, <strong>de</strong>r dasZiel hat, Personen, die von Wohnungslosigkeit bedroht bzw. betroffen sind zu helfen undihnen die Einglie<strong>de</strong>rung in ein geregeltes Leben zu ermöglichen.h) wenn Sanktionen ab <strong>de</strong>r zweiten Stufe gemäß § 31 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> verhängt wur<strong>de</strong>n.


15511.4.7 Wann wer<strong>de</strong>n Miet- bzw. Energieschul<strong>de</strong>n übernommen?Zunächst Grundsätzliches: Nicht alle Kostennachfor<strong>de</strong>rungen sind Schul<strong>de</strong>n!Han<strong>de</strong>lt es sich um fällige Nachzahlungen von Betriebskosten o<strong>de</strong>r Heizungsenergie, die auszu niedrig veranschlagten Vorauszahlungen o<strong>de</strong>r erhöhten Energiepreisen beruhen, sind sieals reguläre Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zu übernehmen, vgl. BSG in seinerEntscheidung vom 22.09.2009 – B 4 AS 18/09 R und vom 22.03.2010 – B 4 AS 62/09 R.Zuständig ist <strong>de</strong>r <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Träger, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Leistungsberechtigten zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Fälligkeit<strong>de</strong>r Nachfor<strong>de</strong>rung Leistungen erbringt.Davon abzugrenzen sind Nachfor<strong>de</strong>rungen, die aus Zeiträumen vor Eintritt in <strong>de</strong>n Alg <strong>II</strong> -Bezug stammen und schon vorher fällig gewor<strong>de</strong>n sind o<strong>de</strong>r Nachfor<strong>de</strong>rungen, die daraufberuhen, dass es <strong>de</strong>r Leistungsberechtigte unterlassen hat, die turnusmäßigen Abschläge zuentrichten. Hierbei han<strong>de</strong>lt es sich um Schul<strong>de</strong>n, vgl. Geiger in: Unterkunfts- und Heizkostennach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 2. Aufl., S. 276.Zur Übernahme von Schul<strong>de</strong>n• Sofern Leistungen <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung erbracht wer<strong>de</strong>n, können auch Schul<strong>de</strong>nübernommen wer<strong>de</strong>n, soweit dies zur Sicherung <strong>de</strong>r Unterkunft o<strong>de</strong>r zur Behebung einervergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen wer<strong>de</strong>n, wenn diesgerechtfertigt und notwendig ist und wenn sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht -§ 22 Abs. 8 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. <strong>Die</strong> Anwendung dieser Vorschrift setzt also <strong>de</strong>n Bezug von Leistungennach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> – also Hilfebedürftigkeit im Sinne <strong>de</strong>s § 9 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> voraus. Fehlt es andieser Voraussetzung, besteht <strong>für</strong> Nicht-Leistungsbezieher nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> dieMöglichkeit, dass <strong>de</strong>r Sozialhilfeträger die Mietschul<strong>de</strong>n nach § 34 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> übernimmt.• Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht wer<strong>de</strong>n - § 22 Abs. 8 Satz 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• <strong>Die</strong> Gerichte sind nach § 22 Abs. 9 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> verpflichtet, <strong>de</strong>n örtlich zuständigen Träger <strong>de</strong>r<strong>Grundsicherung</strong> o<strong>de</strong>r die von ihm beauftragte Stelle zu informieren, wenn eine Klage aufRäumung von Wohnraum eingegangen ist, damit dieser eine Übernahme vonMietschul<strong>de</strong>n prüfen kann.Sperrung <strong>de</strong>r Energie-, Wasser- o<strong>de</strong>r Heizungszufuhr als eine vergleichbare NotlageAls eine mit drohen<strong>de</strong>r Wohnungslosigkeit vergleichbare Notlage im Sinne von § 22 Abs. 8Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist in diesem Zusammenhang anzusehen, wenn die Sperrung <strong>de</strong>r Energie-,Wasser- o<strong>de</strong>r Heizungszufuhr konkret droht, auch hier können die Schul<strong>de</strong>n als Darlehenübernommen wer<strong>de</strong>n – es han<strong>de</strong>lt sich also um eine Ermessensentscheidung. Dazu folgen<strong>de</strong> Rechtsprechung:• Ein unabweisbarer Bedarf im Sinne <strong>de</strong>s § 23 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> liegt vor, wenn die Ab<strong>de</strong>ckung<strong>de</strong>s fraglichen Bedarfs keinen Aufschub dul<strong>de</strong>t und eine erhebliche Beeinträchtigung <strong>de</strong>r


Bedarfe vorliegt, die nicht aufgefangen wer<strong>de</strong>n kann. Hierunter fallen auch Kosten <strong>für</strong>Haushaltsenergie, soweit diese nicht durch die Regelleistung abge<strong>de</strong>ckt sind.LSG Nie<strong>de</strong>rsachsen-Bremen Beschluss vom 24.9.2005 - ZfSH/<strong>SGB</strong> 2006 S. 153 (info also2006 S. 187)• <strong>Die</strong> Übernahme von Stromschul<strong>de</strong>n, die aufgrund nicht geleisteter Vorauszahlungenentstan<strong>de</strong>n sind, stellt je<strong>de</strong>nfalls dann einen unabweisbaren Bedarf dar, wenn dieWärmeversorgung einer Wohnung wie bei einer Etagenheizung von <strong>de</strong>r Versorgung mitStrom abhängig ist.SG Darmstadt Beschluss vom 15.12.2005 – info also 2006 S. 182• Stromschul<strong>de</strong>n stellen eine <strong>de</strong>m Verlust <strong>de</strong>r Unterkunft vergleichbare Notlage dar, dieauch dann unter § 22 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> in <strong>de</strong>r Fassung <strong>de</strong>s Än<strong>de</strong>rungsgesetzes vom24.03.2006 fallen, wenn sie vor <strong>de</strong>ssen Inkrafttreten am 1.4.2006 entstan<strong>de</strong>n sind. Nachdieser Entscheidung ist das Ermessen auf Null reduziert, wenn es sich um erstmaligeStromschul<strong>de</strong>n han<strong>de</strong>lt und <strong>de</strong>r Stromversorger keine Ratenzahlung akzeptiert. Dasbe<strong>de</strong>utet, dass <strong>de</strong>r zuständige Leistungsträger unter diesen Voraussetzungen dieSchul<strong>de</strong>n übernehmen muss.LSG Berlin-Bran<strong>de</strong>nburg Beschluss vom 22.6.2006 – L 25 B 459/06 AS ER - info also 2006S. 180Maßgaben <strong>für</strong> Berlin – Nummer 10.2 <strong>de</strong>r AV Wohnen156• Bei <strong>de</strong>r Übernahme <strong>de</strong>r Schul<strong>de</strong>n zur Sicherung <strong>de</strong>r Wohnung (Mietschul<strong>de</strong>n) o<strong>de</strong>rBehebung einer vergleichbaren Notlage (z.B. Sperrung <strong>de</strong>r Energie, Wasser- o<strong>de</strong>rHeizungszufuhr) han<strong>de</strong>lt es sich jeweils um eine Ermessensentscheidung, die <strong>de</strong>nbeson<strong>de</strong>ren Umstän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Einzelfalls Rechnung zu tragen hat. Grundsätzlich sinddabei auch Wirtschaftlichkeitsaspekte zu beachten.• Ist die Übernahme von Mietschul<strong>de</strong>n zur Verhin<strong>de</strong>rung von Wohnungslosigkeitgerechtfertigt und notwendig, ist das Ermessen soweit eingeschränkt, dass imRegelfall die Hilfe wegen <strong>de</strong>r erheblichen Folgen von Wohnungslosigkeit zu gewährenist.• Für die Frage, ob die Hilfeleistung gerechtfertigt ist, sind auch das bisherige Verhalten<strong>de</strong>r Hilfesuchen<strong>de</strong>n sowie die Selbsthilfemöglichkeiten zur Beseitigung <strong>de</strong>r Notlage zubeachten, z.B. <strong>de</strong>r vorrangige Einsatz geschützten Vermögens.• <strong>Die</strong> Übernahme soll als Darlehen erfolgen. Bei <strong>de</strong>r Festlegung <strong>de</strong>rRückzahlungsmodalitäten ist sicherzustellen, dass die Möglichkeit <strong>de</strong>r Betroffenen,unabhängig von Leistungen zum Lebensunterhalt zu leben, insbeson<strong>de</strong>re ein – auch inAussicht stehen<strong>de</strong>s Beschäftigungsverhältnis -durch die Rückzahlung nicht gefähr<strong>de</strong>twird. Eine Beeinträchtigung <strong>de</strong>s Lebensunterhaltes <strong>de</strong>r im Haushalt leben<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rist zu verhin<strong>de</strong>rn.


Anmerkung: Im Rechtskreis <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> können Mietschul<strong>de</strong>n gemäß § 34 Absatz 1 Satz 2<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> als Beihilfe o<strong>de</strong>r als Darlehen erbracht wer<strong>de</strong>n.11.4.8 Son<strong>de</strong>rregelung <strong>für</strong> junge Erwachsene unter 25 Jahren - § 22 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Für diesen Personenkreis wer<strong>de</strong>n Bedarfe <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung nur dannübernommen, wenn vorher vom kommunalen Träger eine Zusicherung <strong>für</strong> dieKostenübernahme erteilt wur<strong>de</strong>. Zur Erteilung <strong>de</strong>r Zusicherung ist <strong>de</strong>r kommunale Trägerverpflichtet, wenn• <strong>de</strong>r junge Erwachsene aus schwerwiegen<strong>de</strong>n sozialen Grün<strong>de</strong>n nicht auf dieWohnung <strong>de</strong>r Eltern o<strong>de</strong>r eines Elternteils verwiesen wer<strong>de</strong>n kann. Beispiele aus <strong>de</strong>r Rechtsprechung:o Das Lan<strong>de</strong>ssozialgericht Hamburg, Beschluss vom 02.05.2006 – L 5 B 160/06 ERAS - bejaht das Vorliegen eines schwerwiegen<strong>de</strong>n sozialen Grun<strong>de</strong>s <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Fall,dass eine 18-jährige schwangere Hilfebedürftige in ständigem Streit mit ihrerMutter lebt und diese zu<strong>de</strong>m die Schwangerschaft ablehnt. <strong>Die</strong> Hilfebedürftigekann dann nicht auf die Elternwohnung verwiesen wer<strong>de</strong>n.o Das Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 07.04.2006 – S 53 AS 2004/06 ER - siehtdas Vorliegen schwerwiegen<strong>de</strong>r sozialer Grün<strong>de</strong> bestätigt, wenn diemuslimischen Eltern keinen männlichen Besuch ihrer Tochter dul<strong>de</strong>n, ihr esverbieten, das Kopftuch abzulegen und zu<strong>de</strong>m beengte räumliche Verhältnissevorliegen, die eine Geschlechtertrennung nicht möglich machen.• <strong>de</strong>r Bezug <strong>de</strong>r Unterkunft zur Einglie<strong>de</strong>rung in <strong>de</strong>n Arbeitsmarkt erfor<strong>de</strong>rlich ist o<strong>de</strong>r• ein sonstiger, ähnlich schwerwiegen<strong>de</strong>r Grund vorliegt.Wenn es <strong>de</strong>m jungen Erwachsenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, dieZusicherung einzuholen, kann von ihrem Erfor<strong>de</strong>rnis abgesehen wer<strong>de</strong>n. Nach Berlit in LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5. Aufl., zu § 22 , Rn. 155 ist die Einholung <strong>de</strong>r Zusicherung dann aus wichtigem Grundunzumutbar, wenn „eine Entscheidung <strong>de</strong>s Leistungsträgers wegen <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>renDringlichkeit <strong>de</strong>s Auszugs nicht rechtzeitig eingeholt wer<strong>de</strong>n kann. Bei angespannterWohnungsmarktlage, ..., ist die Zusicherung dann aus wichtigem Grund nicht einzuholen,wenn zu erwarten ist, dass <strong>de</strong>r Vermieter sein Abschlussangebot zurücknehmen o<strong>de</strong>r dieWohnung an Dritte vermieten wird.“Rechtsfolgen:Wie bereits erwähnt, wer<strong>de</strong>n Bedarfe <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung bis zur Vollendung <strong>de</strong>s 25.Lebensjahres nicht übernommen, wenn:• ein Umzug ohne Zusicherung <strong>de</strong>s kommunalen Trägers, die Kosten <strong>de</strong>r neuenWohnung zu übernehmen, durchgeführt wird - dies setzt Leistungsbezug <strong>de</strong>s nochnicht 25-Jährigen voraus - § 22 Abs. 5 Satz 1,157


• jemand, <strong>de</strong>r noch nicht 25 Jahre alt ist, vor <strong>de</strong>r Beantragung von Leistungen in <strong>de</strong>rAbsicht umzieht, die Voraussetzungen <strong>für</strong> die Gewährung von Leistungenherbeizuführen - § 22 Abs. 5 Satz 4.Hinzu kommt weiter:• <strong>de</strong>r Regelbedarf wird bis zur Vollendung <strong>de</strong>s 25. Lebensjahres auf die Bedarfsstufe 3(299 Euro) abgesenkt - § 20 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>,• es besteht kein Anspruch auf Leistungen <strong>für</strong> die Erstausstattung <strong>de</strong>r Wohnung - § 24Abs. 6 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Maßgaben <strong>für</strong> Berlin – Nummer 8.1 Absatz 5:• Als Beispiele <strong>für</strong> schwerwiegen<strong>de</strong> soziale Grün<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n genannt familiäre Gewalt,bereits vorangegangene Jugendhilfemaßnahmen und Familiensituationen, die dasMaß üblicher Generationskonflikte überschreiten.• Sonstige, ähnlich schwerwiegen<strong>de</strong> Grün<strong>de</strong> liegen z.B. vor bei Maßnahmen <strong>für</strong>Betreutes Einzel- o<strong>de</strong>r Gruppenwohnen gemäß <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> o<strong>de</strong>r <strong>SGB</strong> V<strong>II</strong>I, die bereits durch<strong>de</strong>n Sozialhilfe- bzw. Jugendhilfeträger bewilligt wur<strong>de</strong>n; Schwangerschaft; Gründungeiner Familie.158Ob und unter welchen Voraussetzungen Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>, die Berufsausbildungsbeihilfeo<strong>de</strong>r Ausbildungsgeld nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I o<strong>de</strong>r Leistungen nach <strong>de</strong>m BAföG beziehen, einenZuschuss zu <strong>de</strong>n angemessenen Aufwendungen <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung erhalten, siehedazu im nächsten Kapitel unter 12.8.2.


159Kapitel 12: <strong>Die</strong> Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts -Teil <strong>II</strong>: Abweichen<strong>de</strong> Leistungserbringung und weitere LeistungenSeite12.1 Darlehen <strong>für</strong> einen vom Regelbedarf umfassten, im Einzelfallnicht ge<strong>de</strong>ckten unabweisbaren Bedarf 16012.1.1 Allgemeines zur Gewährung und zur anschließen<strong>de</strong>n Aufrechnung 16012.1.2 Wann ist ein Bedarf unabweisbar? 16012.1.3 Wenn Vermögen vorhan<strong>de</strong>n ist 16112.1.4 Verweis auf Gebrauchtwarenlager o<strong>de</strong>r Klei<strong>de</strong>rkammern 16212.2 Leistungserbringung bei nicht zweckmäßigem Ausgabeverhalten 16212.3 Leistungen <strong>für</strong> einmalige Bedarfe 16212.3.1 In welchen Fällen wer<strong>de</strong>n Leistungen <strong>für</strong> einmalige Bedarfe gewährt? 16212.3.2 Leistungen <strong>für</strong> einmalige Bedarfe auch <strong>für</strong> Geringverdiener, die keinArbeitslosengeld <strong>II</strong> erhalten 16412.4 Leistungen als Darlehen bei zu erwarten<strong>de</strong>m Einkommen 16512.5 Leistungen als Darlehen bei Vermögen 16512.6 Leistungen bei medizinischer Rehabilitation <strong>de</strong>r Rentenversicherungund bei Anspruch auf Verletztengeld aus <strong>de</strong>r Unfallversicherung 16612.7 Zuschuss zu Versicherungsbeiträgen 16612.8 Leistungen <strong>für</strong> Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> 16712.8.1 Auf welche Leistungen besteht Anspruch? 16712.8.2 Der Zuschuss zu <strong>de</strong>n unge<strong>de</strong>ckten angemessenen Aufwendungen <strong>für</strong>Unterkunft und Heizung 169• Übersicht über die Zuschussberechtigten• Berechnung <strong>de</strong>s Zuschusses mit Beispielen


16012 DIE LEISTUNGEN ZUR SICHERUNG DES LEBENSUNTERHALTS -TEIL <strong>II</strong>: ABWEICHENDE LEISTUNGSERBRINGUNG UND WEITERE LEISTUNGEN12.1 DARLEHEN FÜR EINEN VOM REGELBEDARF UMFASSTEN, IM EINZELFALL NICHTGEDECKTEN UNABWEISBAREN BEDARF - § 24 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>12.1.1 Allgemeines zur Gewährung und zur anschließen<strong>de</strong>n AufrechnungKann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts umfasster undnach <strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n unabweisbarer Bedarf we<strong>de</strong>r durch Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1Nr. 1, 1a und 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> noch auf an<strong>de</strong>re Weise ge<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n (vgl. § 42a Abs. 1 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>),erbringt die Agentur <strong>für</strong> Arbeit bei entsprechen<strong>de</strong>m Nachweis <strong>de</strong>n Bedarf als Sachleistungo<strong>de</strong>r als Geldleistung und gewährt ein entsprechen<strong>de</strong>s Darlehen.<strong>Die</strong> Darlehen können an einzelne Mitglie<strong>de</strong>r von Bedarfsgemeinschaften o<strong>de</strong>r an mehreregemeinsam vergeben wer<strong>de</strong>n.Das Darlehen wird während <strong>de</strong>s Leistungsbezugs durch monatliche Aufrechnung in Höhe von10% <strong>de</strong>s maßgeben<strong>de</strong>n Regelbedarfs <strong>de</strong>r Darlehensnehmer getilgt. <strong>Die</strong> Aufrechnung erfolgtab <strong>de</strong>m Monat, <strong>de</strong>r auf die Auszahlung folgt. <strong>Die</strong> Aufrechnung ist gegenüber <strong>de</strong>nDarlehensnehmern schriftlich durch Verwaltungsakt zu erklären - § 42a Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Nach Beendigung <strong>de</strong>s Leistungsbezugs ist <strong>de</strong>r noch nicht getilgte Darlehensbetrag nach § 42aAbs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sofort fällig. Über die Rückzahlung soll unter Berücksichtigung <strong>de</strong>rwirtschaftlichen Verhältnisse eine Vereinbarung getroffen wer<strong>de</strong>n.Bei Vorliegen <strong>de</strong>r tatbestandlichen Voraussetzungen besteht eine Leistungsverpflichtung.<strong>Die</strong> Art und Weise <strong>de</strong>r Leistungsgewährung – Geldleistung o<strong>de</strong>r Sachleistung - steht dagegenim Ermessen <strong>de</strong>s Leistungsträgers.12.1.2 Wann ist ein Bedarf unabweisbar?Ein Bedarf ist unabweisbar,• wenn er nicht aufschiebbar, daher zur Vermeidung einer akuten Notsituationunvermeidlich ist und• nicht erwartet wer<strong>de</strong>n kann, dass <strong>de</strong>r Leistungsberechtigte diesen Bedarf mit <strong>de</strong>nnächsten Leistungen zur Deckung <strong>de</strong>s Regelbedarfs ausgleichen kann.(Vgl. Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 24 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.11.2012,Rn. 24.5)


161Beispiel:Wenn im Haushalt einer alleinerziehen<strong>de</strong>n 25-jährigen Mutter mit zwei kleinen Kin<strong>de</strong>rn dieWaschmaschine irreparabel ausfällt, han<strong>de</strong>lt es sich, da es sich um eine Ersatzbeschaffunghan<strong>de</strong>lt, um einen aus <strong>de</strong>r Regelleistung zu finanzieren<strong>de</strong>n Bedarf.Anm.: Der Begriff Ersatzbeschaffung ist in Abgrenzung zum Begriff <strong>de</strong>r Erstbeschaffung zusehen, da letztere im Rahmen <strong>de</strong>r Erstausstattung nach § 24 Abs. 3 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> alseinmalige Leistung zu gewähren ist.<strong>Die</strong>ser Bedarf ist unabweisbar, weil die Mutter nicht auf Handwäsche <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Zeitraum, in<strong>de</strong>m sie durch künftiges Ansparen aus <strong>de</strong>r Regelleistung <strong>de</strong>n Betrag <strong>für</strong> eine neueWaschmaschine aufbringen könnte, verwiesen wer<strong>de</strong>n darf.Wenn kein Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1, 1a und 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vorhan<strong>de</strong>n ist, liegt ein vomLeistungsträger als Pflichtleistung zu <strong>de</strong>cken<strong>de</strong>r Son<strong>de</strong>rbedarf vor, <strong>de</strong>r als Geldleistung o<strong>de</strong>rSachleistung zu erbringen ist, allerdings mit <strong>de</strong>r Folge <strong>de</strong>r Aufrechnung in Höhe von 10% <strong>de</strong>smaßgeben<strong>de</strong>n Regelbedarfs, wobei sich die Aufrechnung in dieser Höhe auch auf <strong>de</strong>nRegelbedarf <strong>für</strong> die Kin<strong>de</strong>r bezieht. Auf diese Weise wird auch mangeln<strong>de</strong> Vermögensbildungdurch Ansparen <strong>für</strong> notwendige Anschaffungen sanktioniert, obwohl die Muttermöglicherweise – weil erst kurz im Bezug von Alg <strong>II</strong> – noch gar keine Möglichkeit zumAnsparen hatte.<strong>Die</strong> Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 24 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.11.2012,führen als Beispielsfälle <strong>für</strong> einen unabweisbaren Bedarf unter <strong>de</strong>r Rn. 24.5 an:• Notwendige Reparaturen,• notwendige Anschaffungen, z.B. neue Winterbekleidung bei heranwachsen<strong>de</strong>nKin<strong>de</strong>rn,• <strong>Die</strong>bstahl, Brand, Verlust.Unter <strong>de</strong>r Randnummer 24.2 führen die Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeitzu § 24 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.11.2012, zur Haushaltsenergie Folgen<strong>de</strong>s aus: EineDarlehensgewährung kommt in Betracht, wenn eine Sperrung <strong>de</strong>r Stromversorgung drohtund die Notlage nicht an<strong>de</strong>rs abgewen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n kann.12.1.3 Wenn Vermögen vorhan<strong>de</strong>n istWie unter 12.1.1 gezeigt, gehört zu <strong>de</strong>n Tatbestandsmerkmalen <strong>für</strong> eineDarlehensgewährung nach § 24 Abs. 1 i.V.m. § 42a Abs. 1 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, dass <strong>de</strong>r Bedarfwe<strong>de</strong>r durch das Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1, 1a und 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> noch auf an<strong>de</strong>re Weisege<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n kann.Vorrangig sind bei einem Bedarf also einzusetzen:• die Vermögensgrundfreibeträge in Höhe von 150 Euro je vollen<strong>de</strong>tem Lebensjahr <strong>für</strong>je<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong> volljährige Person und <strong>de</strong>ren Partner bzw.die beson<strong>de</strong>ren Freibeträge <strong>für</strong> bestimmte Geburtsjahrgänge (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 <strong>SGB</strong><strong>II</strong>),


• die Vermögensgrundfreibeträge in Höhe von 3.100 Euro <strong>für</strong> je<strong>de</strong>sleistungsberechtigte min<strong>de</strong>rjährige Kind (§ 12 Abs. 2 Nr. 1a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>),• die notwendigen Anschaffungsfreibeträge in Höhe von 750 Euro <strong>für</strong> je<strong>de</strong> in <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong> leistungsberechtigte Person nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 <strong>SGB</strong><strong>II</strong> un<strong>de</strong>s ist zu prüfen, ob <strong>de</strong>r Bedarf an<strong>de</strong>rs, z.B. durch Verweis auf Gebrauchtwarenlager o<strong>de</strong>rKlei<strong>de</strong>rkammern – siehe aber nächster Punkt-, ge<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n kann.12.1.4 Verweis auf Gebrauchtwarenlager o<strong>de</strong>r Klei<strong>de</strong>rkammern?Geht es nach <strong>de</strong>r Gesetzesbegründung, kann – wenn es um Mobiliar o<strong>de</strong>r Bekleidung geht -eine Bedarfs<strong>de</strong>ckung auf an<strong>de</strong>re Weise durch Verweis auf Gebrauchtwarenlager o<strong>de</strong>rKlei<strong>de</strong>rkammern erfolgen.Dem kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt wer<strong>de</strong>n, insbeson<strong>de</strong>re nicht, wenn es umentsprechen<strong>de</strong> Einrichtungen <strong>de</strong>r freien Wohlfahrtspflege geht, da es Aufgabe <strong>de</strong>söffentlichen Leistungsträgers ist, einen <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> – Bedarf selbst zu <strong>de</strong>cken und die Träger <strong>de</strong>rfreien Wohlfahrtspflege nach ihrem Selbstverständnis nur Leistungen als Ergänzung zu<strong>de</strong>nen <strong>de</strong>s öffentlichen Trägers zur Verfügung stellen wollen. Siehe dazu insbeson<strong>de</strong>reMün<strong>de</strong>r in LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5. Aufl., zu § 24 Rn. 13 ff..12.2 LEISTUNGSERBRINGUNG BEI NICHT ZWECKMÄßIGEM AUSGABEVERHALTEN -§ 24 ABS. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Solange sich Leistungsberechtigte, insbeson<strong>de</strong>re bei Drogen- o<strong>de</strong>r Alkoholabhängigkeitsowie im Falle unwirtschaftlichen Verhaltens, als ungeeignet erweisen, mit <strong>de</strong>n Leistungen<strong>für</strong> <strong>de</strong>n Regelbedarf nach § 20 ihren Bedarf zu <strong>de</strong>cken, kann das Arbeitslosengeld <strong>II</strong> bis zurHöhe <strong>de</strong>s Regelbedarfs <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Lebensunterhalt in voller Höhe o<strong>de</strong>r anteilig in Form vonSachleistungen erbracht wer<strong>de</strong>n.12.3 LEISTUNGEN FÜR EINMALIGE BEDARFE - § 24 ABS. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>12.3.1 In welchen Fällen wer<strong>de</strong>n Leistungen <strong>für</strong> einmalige Bedarfe gewährt?Solche Leistungen sind nur noch <strong>für</strong> drei Fallgestaltungen vorgesehen, und zwar bei• Erstausstattungen <strong>für</strong> die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten,• Erstausstattungen <strong>für</strong> Bekleidung und Erstausstattung bei Schwangerschaft undGeburt,• Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen vontherapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischenGeräten<strong>Die</strong> Leistungen <strong>für</strong> Erstausstattungen können als Sachleistung o<strong>de</strong>r Geldleistung, letztereauch in Form von Pauschalbeträgen erbracht wer<strong>de</strong>n - § 24 Abs. 3 Satz 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Für die Leistungen <strong>de</strong>r Erstausstattungen sind die kommunalen Träger zuständig, vgl. § 6Abs. 1 Nr. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.162


Für Berlin sind die Einzelheiten, was Umfang und Höhe <strong>de</strong>r Gewährung <strong>de</strong>r einmaligenBedarfe <strong>für</strong> Erstausstattungen angeht, <strong>de</strong>m Rundschreiben I Nr. 05 / 2011 <strong>de</strong>rSenatsverwaltung <strong>für</strong> Gesundheit und Soziales in <strong>de</strong>r Fassung vom 01.03.2012 zuentnehmen.Beispiel: Erstausstattung bei Schwangerschaft und GeburtPauschale <strong>für</strong> Schwangerschaftsbekleidung: 142 EuroPauschale <strong>für</strong> Babyerstausstattung: 311 EuroZusätzlich: Kin<strong>de</strong>rwagen (gebraucht) mit Matratze (neu): 100 EuroKin<strong>de</strong>rbett (gebraucht) mit Matratze (neu): 100 EuroHochstuhl: 15 EuroBeispiel: Erstausstattung <strong>de</strong>r WohnungAb 01.05.2011 wer<strong>de</strong>n <strong>für</strong> die Erstausstattung Pauschalen gewährt, z. B. <strong>für</strong> einen 1-Personenhaushalt 1.073 Euro, <strong>für</strong> einen 2-Personenhaushalt mit 2 Erwachsenen 1.359 Euround <strong>für</strong> einen 2-Personenhaushalt mit 1 Erwachsenen und 1 Kind 1.417 Euro. Nicht in dieserPauschale sind die elektrischen Geräte, Gardinen und u.U. Teppichbö<strong>de</strong>n. Hier ist in je<strong>de</strong>mEinzelfall zu prüfen, welche Gegenstän<strong>de</strong> notwendig sind.163Anm.: Das BSG hat in einer Entscheidung vom 24.02.2011 – B 14 AS 75/10 R – festgestellt,dass ein Fernsehgerät nicht zur Erstausstattung <strong>de</strong>r Wohnung gehört, da es we<strong>de</strong>r einEinrichtungsgegenstand noch ein Haushaltsgerät ist. <strong>Die</strong> Sicherstellung von Freizeit-,Informations- und Unterhaltungsbedürfnissen, <strong>de</strong>r das Fernsehen dient, soll grundsätzlichaus <strong>de</strong>r Regelleistung erfolgen. Insoweit erfor<strong>de</strong>rliche Konsumgegenstän<strong>de</strong>, die wie dasFernsehgerät entsprechend verbreitet sind, aber nicht zur Erstausstattung einer Wohnungzählen, können - im Gegensatz zum Rechtszustand unter <strong>de</strong>m BSHG - nur nochdarlehensweise erbracht wer<strong>de</strong>n.Beispiele <strong>für</strong> Fallgestaltungen <strong>für</strong> Erstausstattungen <strong>de</strong>r Wohnung sind• <strong>de</strong>r erstmalige Bezug einer eigenen Wohnung, aber auch <strong>de</strong>r Neubezug einerWohnung nach Partnertrennung, o<strong>de</strong>r aus einem Untermietverhältnis heraus,• nach einem Wohnungsbrand,• nach einer Haftentlassung.Bei einem Umzug in eine angemessene größere Wohnung, weil sich z.B. die Anzahl <strong>de</strong>rPersonen <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft erhöht hat, kommt auch eine Erstausstattung <strong>für</strong> diezusätzlichen Räume in Frage.Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 01.07.2009 – B 4 AS 77/08 R– klargestellt, dassein Anspruch auf eine (Teil-)Erstausstattung auch umzugsbedingt bestehen kann, wenn beieinem durch <strong>de</strong>n Leistungsträger veranlassten Umzug Ausstattungsgegenstän<strong>de</strong>unbrauchbar gewor<strong>de</strong>n sind.Bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollen<strong>de</strong>t haben und die umziehen, wer<strong>de</strong>nLeistungen <strong>für</strong> die Erstausstattung <strong>für</strong> die Wohnung nur erbracht, wenn <strong>de</strong>r kommunale


Träger die Übernahme <strong>de</strong>r Leistungen <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung zugesichert hat o<strong>de</strong>r gem.<strong>de</strong>r Regelung <strong>de</strong>s § 22 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vom Erfor<strong>de</strong>rnis <strong>de</strong>r Zusicherung abgesehen wer<strong>de</strong>nkonnte - § 24 Abs. 6 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Zu <strong>de</strong>n Bedarfen <strong>für</strong> Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen,Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete vontherapeutischen Geräten• Übernommen wer<strong>de</strong>n bei orthopädischen Schuhen die Eigenanteile <strong>für</strong> dieAnschaffung, <strong>für</strong> <strong>de</strong>ren Reparatur / Än<strong>de</strong>rung und ggf. <strong>für</strong> die notwendigeErsatzbeschaffung• Was genau unter <strong>de</strong>n Begriffen „therapeutische Geräte und Ausrüstungen“ zuverstehen ist, erschließt sich we<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r Gesetzesbegründung, noch nehmen dieFachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>,Stand 20.11.2012, dazu weiter Stellung.12.3.2 Leistungen <strong>für</strong> einmalige Bedarfe auch <strong>für</strong> Geringverdiener, die kein Alg <strong>II</strong> erhalten -§ 24 Abs. 3 Sätze 3, 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Wenn das Einkommen zur Sicherung <strong>de</strong>s durch <strong>de</strong>n Regelbedarf zu finanzieren<strong>de</strong>nLebensunterhalts einschließlich <strong>de</strong>r angemessenen Kosten <strong>für</strong> Unterkunft und Heizungausreichend ist, die Personen also keinen Anspruch auf Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> haben,können sie, wenn sie aus eigenen Kräften und Mitteln notwendige einmalige Bedarfe nichto<strong>de</strong>r nicht ausreichend <strong>de</strong>cken können, diese auch erhalten. Dabei kann ihr Einkommen, das<strong>de</strong>n Regelbedarf übersteigt, <strong>für</strong> die Dauer von maximal 7 Monaten berücksichtigt wer<strong>de</strong>n(„innerhalb eines Zeitraums von bis zu sechs Monaten nach Ablauf <strong>de</strong>s Monats..., in <strong>de</strong>müber die Leistung entschie<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n ist“ – Satz 4)– es ist also eine Ermessensentscheidungzu treffen.Beispiel:Hat <strong>de</strong>r alleinstehen<strong>de</strong> Herr A. einen Bedarf von 712 Euro (391 Euro Regelbedarf und 321Euro Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft und Heizung) und verfügt er über ein bereinigtes Einkommenvon 752 Euro, kann <strong>de</strong>r Überschuss von Herrn A. von 40 Euro monatlich <strong>für</strong> die Dauer vonmaximal 7 Monaten (Entscheidungsmonat und anschließen<strong>de</strong>r Zeitraum von 6 Monaten)berücksichtigt wer<strong>de</strong>n.Der Spielraum, in welcher Höhe <strong>de</strong>r Überschuss berücksichtigt wer<strong>de</strong>n kann, bewegt sich indiesem Beispiel mithin zwischen 0 Euro und 280 Euro. Als Kriterien <strong>für</strong> dieErmessensausübung kann insbeson<strong>de</strong>re auf die Vorhersehbarkeit <strong>de</strong>s Bedarfs, seineAufschiebbarkeit, die Höhe <strong>de</strong>s Bedarfs und die Höhe <strong>de</strong>s Einkommensüberschusseszurückgegriffen wer<strong>de</strong>n.164Dazu aus <strong>de</strong>m weiter oben genannten Berliner Rundschreiben 05/2011 unter Punkt „1.Allgemeines“:„Hierbei ist zu prüfen, in welchem Umfang im jeweiligen Monat eine Eigenbeteiligungzumutbar ist (z.B. bei verän<strong>de</strong>rten wirtschaftlichen Verhältnissen). Grundsätzlich kann auch


ein geringerer Einsatz <strong>de</strong>s Einkommens gefor<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n, wenn das Einkommen <strong>für</strong> <strong>de</strong>ngleichen Zeitraum bereits <strong>für</strong> einen an<strong>de</strong>ren anzuerkennen<strong>de</strong>n Bedarf eingesetzt wor<strong>de</strong>n isto<strong>de</strong>r wenn <strong>de</strong>r Antragsteller unabweisbare Belastungen zu tragen hat. Bei gleichzeitigauftreten<strong>de</strong>m Bedarf (z.B. Erstausstattung <strong>für</strong> Möbel, Haushaltsgeräte und Bekleidung) kanndie gefor<strong>de</strong>rte Eigenbeteiligung nur einmal berücksichtigt wer<strong>de</strong>n.“12.4 LEISTUNGEN ALS DARLEHEN BEI ZU ERWARTENDEM EINKOMMEN- § 24 ABS. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts können als Darlehen erbracht wer<strong>de</strong>n,soweit in <strong>de</strong>m Monat, <strong>für</strong> <strong>de</strong>n die Leistungen erbracht wer<strong>de</strong>n, voraussichtliche Einnahmenanfallen.Unter diese Regelung fallen vor allen Dingen erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die ihreArbeitslosigkeit durch eine <strong>de</strong>mnächst beginnen<strong>de</strong> Ausbildung o<strong>de</strong>r Erwerbstätigkeitbeen<strong>de</strong>n, die erste Ausbildungs- o<strong>de</strong>r die Arbeitsvergütung aber erst am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s erstenMonats <strong>de</strong>r begonnenen Ausbildung bzw. Erwerbstätigkeit erhalten, bei <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Anspruchauf Arbeitslosengeld <strong>II</strong> also mit Beginn <strong>de</strong>r Ausbildung o<strong>de</strong>r Arbeit en<strong>de</strong>t.Nach <strong>de</strong>n Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 24 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.11.2012,Rn. 24.29, ist die Notwendigkeit <strong>de</strong>s Darlehens vom Leistungsberechtigten darzulegen.Vorrangig sind an<strong>de</strong>re finanzielle Möglichkeiten wie das Schonvermögen o<strong>de</strong>r ein Vorschussvom Arbeitgeber zu nutzen.12.5 LEISTUNGEN ALS DARLEHEN BEI VERMÖGEN - § 24 ABS. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Soweit Leistungsberechtigten <strong>de</strong>r sofortige Verbrauch o<strong>de</strong>r die sofortige Verwertung von zuberücksichtigen<strong>de</strong>m Vermögen nicht möglich ist o<strong>de</strong>r <strong>für</strong> sie eine beson<strong>de</strong>re Härte be<strong>de</strong>utenwür<strong>de</strong>, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen. Sie können davon abhängig gemachtwer<strong>de</strong>n, dass <strong>de</strong>r Anspruch auf Rückzahlung dinglich o<strong>de</strong>r auf an<strong>de</strong>re Weise gesichert wird.165Nicht immer ist ein<strong>de</strong>utig, ob eine Verwertungsmöglichkeit besteht,zum Beispielbei Besitz eines Hauses, das nicht selbst bewohnt wer<strong>de</strong>n kann, weil eine an<strong>de</strong>re Person einlebenslanges Nießbrauch- bzw. Dauerwohnrechtrecht hat, es muss individuell geprüft wer<strong>de</strong>n:BSG vom 15.04.2008 – B 14/7b AS 6/07 R: Eine absehbare Verwertungsmöglichkeit wur<strong>de</strong> durchdas LSG nicht gesehen. An diese Entscheidung sah sich das BSG gebun<strong>de</strong>n, darum müssen dieLeistungen als Zuschuss geleistet wer<strong>de</strong>n, das heißt, hier liegt kein Fall <strong>de</strong>s § 24 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vor,aberBSG vom 12.07.2012 – B 14 AS 158/11 R: Es liegt nicht grundsätzlich eine Unverwertbarkeit vor,die Auffassung <strong>de</strong>s LSG in diesem Fall, dass eine Verwertungsmöglichkeit etwa durch Beleihungbesteht, war <strong>für</strong> das BSG rechtlich nicht zu beanstan<strong>de</strong>n, daher hier nur Anspruch auf Darlehen.Achtung!Leistungen, die nur als Darlehen gewährt wer<strong>de</strong>n, begrün<strong>de</strong>n keine Versicherungspflicht! Ist <strong>de</strong>rVersicherungsschutz nicht auf an<strong>de</strong>re Weise gesichert, z. B. aufgrund eines Arbeitsverhältnisses o<strong>de</strong>reiner Familienversicherung, können die Beiträge zur freiwilligen Kranken-/Pflegeversicherung


ebenfalls als Darlehen gewährt wer<strong>de</strong>n, so auch die Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong>Arbeit zu § 24 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.11.2012, Rn. 24.35.166Näheres zu verwertbarem bzw. nicht zu verwertbarem Vermögen siehe im Kapitel 15.12.6 LEISTUNGEN BEI MEDIZINISCHER REHABILITATION DER RENTENVERSICHERUNGUND BEI ANSPRUCH AUF VERLETZTENGELD AUS DER UNFALLVERSICHERUNG - § 25<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Haben Leistungsberechtigte <strong>de</strong>m Grun<strong>de</strong> nach Anspruch auf die o.g. Leistungen, erhalten sieweiterhin als Vorschuss auf diese Leistungen die bisherigen <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>- Leistungen.12.7 ZUSCHUSS ZU VERSICHERUNGSBEITRÄGEN - § 26 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Arbeitslosengeld <strong>II</strong>- und Sozialgeldbezieher können einen Zuschuss zu <strong>de</strong>nKrankenversicherungsbeiträgen erhalten.Voraussetzung da<strong>für</strong> ist, dass sie• nicht in <strong>de</strong>r gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig und• nicht familienversichertsind.Den Zuschuss <strong>für</strong> Beiträge <strong>für</strong> eine private Krankenversicherung o<strong>de</strong>r eine freiwilligeVersicherung in <strong>de</strong>r gesetzlichen Krankenversicherung können auch Personen erhalten,<strong>de</strong>ren Bedarf durch vorhan<strong>de</strong>nes Einkommen ge<strong>de</strong>ckt ist, die aber aufgrund <strong>de</strong>rAufwendungen <strong>für</strong> eine Krankenversicherung hilfebedürftig wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>n.Der Beitrag wird auch <strong>für</strong> Personen übernommen, die in <strong>de</strong>r gesetzlichenKrankenversicherung versicherungspflichtig sind und die allein durch <strong>de</strong>nKrankenversicherungsbeitrag hilfebedürftig wür<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong>s kann z.B. Rentner, Stu<strong>de</strong>nten,Praktikanten o<strong>de</strong>r selbständige Künstler und Publizisten betreffen<strong>Die</strong> Regelungen gelten analog <strong>für</strong> die Beiträge zur Pflegeversicherung.Nach § 26 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist eine Übernahme <strong>de</strong>s Zusatzbeitrages nach § 242 <strong>SGB</strong> V <strong>für</strong>versicherungspflichtige Personen möglich, die durch die Tragung <strong>de</strong>s Zusatzbeitrageshilfebedürftig wür<strong>de</strong>n. Bei Arbeitslosengeld <strong>II</strong>- / Sozialgeldbeziehern ist keine Übernahme<strong>de</strong>s Zusatzbeitrages möglich. In diesen Fällen kann <strong>de</strong>r Beitrag nur, wenn in <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft Einkommen vorhan<strong>de</strong>n ist, als Pflichtbeitrag gemäß § 11b Abs. 1 Satz 1Nr. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vom Einkommen abgesetzt wer<strong>de</strong>n.Ausführlich zur Kranken-, Pflege-, Unfall- und Rentenversicherung siehe imLeitfa<strong>de</strong>n zum Arbeitslosengeld <strong>II</strong>, 9. Aufl., S. 615 ff.


16712.8 LEISTUNGEN FÜR AUSZUBILDENDEAuszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>, <strong>de</strong>ren Ausbildung im Rahmen <strong>de</strong>s BAföG o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r §§ 51, 57 und 58 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I<strong>de</strong>m Grun<strong>de</strong> nach för<strong>de</strong>rungsfähig ist, haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungenzur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> - § 7 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Zum Leistungsausschluss bei Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n und Studieren<strong>de</strong>n siehe auch in Kapitel 5unter 5.5In bestimmten Fällen können sie jedoch ergänzen<strong>de</strong> Leistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong>Arbeitssuchen<strong>de</strong> erhalten. <strong>Die</strong>se Leistungen wer<strong>de</strong>n im § 27 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zusammengefasst. Siegelten aber nicht als Arbeitslosengeld <strong>II</strong>, es wird also durch ihren Bezug keineSozialversicherungspflicht ausgelöst. Zu berücksichtigen<strong>de</strong>s Einkommen und Vermögen istvorrangig einzusetzen.12.8.1 Auf welche Leistungen besteht Anspruch?Im Einzelnen besteht bei Bedarf Anspruch auf folgen<strong>de</strong> Leistungen:1. Mehrbedarfe wegen Schwangerschaft, Alleinerziehung, kostenaufwändiger Ernährungaus medizinischen Grün<strong>de</strong>n und / o<strong>de</strong>r eines im Einzelfall unabweisbaren, laufen<strong>de</strong>n,nicht nur einmaligen beson<strong>de</strong>ren Bedarfes - § 27 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>,Anm. zum Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> – Mehrbedarf <strong>für</strong> Behin<strong>de</strong>rte: <strong>Die</strong>serMehrbedarf wird als ausbildungsgeprägt angesehen und gilt darum mit <strong>de</strong>rAusbildungsför<strong>de</strong>rung als ge<strong>de</strong>ckt, so die Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong>Arbeit zu § 27 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.09.2012, Rn. 27.5.2. Bedarf <strong>für</strong> Erstausstattungen <strong>für</strong> Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaftund Geburt - § 27 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>,3. in bestimmten Fällen ein Zuschuss zu <strong>de</strong>n unge<strong>de</strong>ckten Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft undHeizung - § 27 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Näheres hierzu siehe weiter unten unter 12.8.24. In beson<strong>de</strong>ren Härtefällen können Leistungen <strong>für</strong> Regelbedarfe, Bedarfe <strong>für</strong> Unterkunftund Heizung und notwendige Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung als Darlehenerbracht wer<strong>de</strong>n - § 27 Abs. 4 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Wann es sich um einen beson<strong>de</strong>ren Härtefall han<strong>de</strong>lt, kann <strong>de</strong>r Rechtsprechung zumfrüheren § 26 Abs. 1 Satz 2 BSHG entnommen wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r die gleiche Regelung enthieltmit <strong>de</strong>m Unterschied, dass auch zuschussweise Leistungen vorgesehen waren. In <strong>de</strong>n


Durchführungshinweisen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zum § 27 fin<strong>de</strong>t sich in <strong>de</strong>rAnlage 1 eine – nicht abschließen<strong>de</strong> – Übersicht über die Rechtsprechung zum BSHG.Daraus folgen<strong>de</strong>s Zitat:„Ein beson<strong>de</strong>rer Härtefall ist gemeinhin zu bejahen, soweit die Folgen <strong>de</strong>sAnspruchsausschlusses• <strong>de</strong>utlich über das Maß hinausgehen, welches regelmäßig mit <strong>de</strong>r Versagung vonHLU [=Hilfe zum Lebensunterhalt] <strong>für</strong> eine Ausbildung verbun<strong>de</strong>n ist und• auch mit Rücksicht auf <strong>de</strong>n Gesetzeszweck, die Sozialhilfe von <strong>de</strong>n finanziellenLasten einer Ausbildungsför<strong>de</strong>rung freizuhalten, als übermäßig hart erscheinen.“<strong>Die</strong> Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 27 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.09.2012,gehen unter <strong>de</strong>r Rn. 27.13 davon aus, dass Alleinerziehen<strong>de</strong>n neben <strong>de</strong>m Studium eineErwerbstätigkeit in <strong>de</strong>r Regel nicht möglich ist ohne ihr Kind zu vernachlässigen; indiesen Fällen wird das Vorliegen eines Härtefalles angenommen.<strong>Die</strong> Rückzahlung <strong>de</strong>s Darlehens ist nach § 42a Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> erst nach Abschluss <strong>de</strong>rAusbildung fällig. <strong>Die</strong> wirtschaftlichen Verhältnisse <strong>de</strong>s Darlehensnehmers sollen dabeiberücksichtigt wer<strong>de</strong>n.5. Für <strong>de</strong>n Monat <strong>de</strong>r Aufnahme einer Ausbildung können Leistungen entsprechend § 24Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> als Darlehen erbracht wer<strong>de</strong>n - § 27 Abs. 4 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.§ 24 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>: „Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts können als Darlehenerbracht wer<strong>de</strong>n, soweit in <strong>de</strong>m Monat, <strong>für</strong> <strong>de</strong>n die Leistungen erbracht wer<strong>de</strong>n,voraussichtlich Einnahmen anfallen.“<strong>Die</strong> Leistung sieht nicht vor, dass Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts schonvor <strong>de</strong>m Ausbildungsbeginn bezogen wur<strong>de</strong>n, so Thie in LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5. Aufl., zu § 27, Rn.14.<strong>Die</strong> Rückzahlung <strong>de</strong>s Darlehens ist nach § 42a Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> erst nach Abschluss <strong>de</strong>rAusbildung fällig. <strong>Die</strong> wirtschaftlichen Verhältnisse <strong>de</strong>s Darlehensnehmers sollen dabeiberücksichtigt wer<strong>de</strong>n.6. Unter <strong>de</strong>n Voraussetzungen <strong>de</strong>s § 22 Abs. 8 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> können auch Leistungen <strong>für</strong> dieÜbernahme von Schul<strong>de</strong>n zur Sicherung <strong>de</strong>r Unterkunft o<strong>de</strong>r bei einer vergleichbarenNotlage (z.B. Stromschul<strong>de</strong>n) erbracht wer<strong>de</strong>n.Nach Thie in LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5. Aufl., zu § 27, Rn.16, sind die Voraussetzungen <strong>de</strong>s § 22 Abs. 8<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>für</strong> Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> erfüllt, wenn ihnen nach § 27 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> Leistungen <strong>für</strong> Unterkunftund Heizung gewährt wer<strong>de</strong>n – also entwe<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Zuschuss nach § 27 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> o<strong>de</strong>rein Darlehen <strong>für</strong> die Bedarfe <strong>de</strong>r Unterkunft und Heizung nach § 27 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.168


16912.8.2 Der Zuschuss zu <strong>de</strong>n angemessenen Aufwendungen <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung- § 27 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Allgemeine Voraussetzungen• Es muss ein Antrag gestellt wer<strong>de</strong>n. Da <strong>de</strong>r Zuschuss kein Arbeitslosengeld <strong>II</strong> ist, wirkt<strong>de</strong>r Antrag nicht auf <strong>de</strong>n Ersten <strong>de</strong>s Monats zurück!• Der Antragsteller erhält Bafög- o<strong>de</strong>r BAB-Leistungen nach <strong>de</strong>n in § 27 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>genannten Vorschriften o<strong>de</strong>r erhält sie nur nicht wegen <strong>de</strong>r Berücksichtigung vonEinkommen und/o<strong>de</strong>r Vermögen.• Dem Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n selbst entstehen überhaupt Kosten <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung,und diese sind nach Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen unge<strong>de</strong>ckt.Unangemessene Kosten wer<strong>de</strong>n nicht – auch nicht <strong>für</strong> eine Übergangszeit –berücksichtigt.• Es liegt kein Fall <strong>de</strong>r „Nestflucht“ nach § 22 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vor.Noch einmal an dieser Stelle: Wenn <strong>de</strong>r Zuschuss zusteht, tritt dadurch keineSozialversicherungspflicht ein, <strong>de</strong>nn nach § 27 Abs. 1 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> gelten die Leistungen <strong>für</strong>Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> nicht als Arbeitslosengeld <strong>II</strong>.Rückwirkung <strong>de</strong>r Antragstellung nach § 28 <strong>SGB</strong> X bis zu einem Jahr zurück gilt:• Wenn zunächst Wohngeld beantragt und dies abgelehnt wur<strong>de</strong>. Voraussetzung da<strong>für</strong>ist aber, dass <strong>de</strong>r Antrag innerhalb von 6 Monaten gestellt wur<strong>de</strong>, nach<strong>de</strong>m dieAblehnung rechtskräftig gewor<strong>de</strong>n ist.• Wenn ein rechtzeitiger Antrag aus Unkenntnis über <strong>de</strong>ssenAnspruchsvoraussetzungen unterlassen wur<strong>de</strong>.So Geiger in: Unterkunfts- und Heizkosten nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 2. Aufl., S. 172Übersicht über die ZuschussberechtigtenVorschrift und Zielgruppe Grundbedarf Wohnbedarf MaximaleAufstockung<strong>de</strong>sWohnbedarfsum§ 61 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I i.V.m. § 13 Abs. 1Nr. 1 BAföGBAB beziehen<strong>de</strong> Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> beiberuflicher Ausbildung,o nicht bei <strong>de</strong>n Eltern wohnend348 Euro 149 Euro 75 Euro


170§ 62 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>IBAB beziehen<strong>de</strong> Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> beiberufsvorbereiten<strong>de</strong>n Bildungsmaßnahmeno nicht bei <strong>de</strong>n Eltern wohnend333 Euro 58 Euro 74 Euro§ 116 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>IBAB beziehen<strong>de</strong> behin<strong>de</strong>rteAuszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> bei beruflicherAusbildungbei <strong>de</strong>n Eltern wohnendo nicht verheiratet / keinLebenspartner / 21. Lebensjahrnicht vollen<strong>de</strong>t316 EurokeineBerücksichtigungnichtaufzustockeno verheiratet o<strong>de</strong>rLebenspartner o<strong>de</strong>r 21.Lebensjahr vollen<strong>de</strong>t397 EurokeineBerücksichtigungnichtaufzustocken§ 123 Abs. 1 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>IAusbildungsgeld beziehen<strong>de</strong>behin<strong>de</strong>rte Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> beiberuflicher Ausbildungbei <strong>de</strong>n Eltern wohnendo nicht verheiratet / keinLebenspartner / 21. Lebensjahrnicht vollen<strong>de</strong>t316 EurokeineBerücksichtigungnichtaufzustockeno verheiratet o<strong>de</strong>rLebenspartner o<strong>de</strong>r 21.Lebensjahr vollen<strong>de</strong>t397 EurokeineBerücksichtigungnichtaufzustocken§ 123 Abs. 1 Nr. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I i.V.m. § 13Abs. 1 Nr. 1 BAföGAusbildungsgeld beziehen<strong>de</strong>behin<strong>de</strong>rte Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> beiberuflicher Ausbildungo nicht bei <strong>de</strong>n Eltern wohnend348 Euro 149 Euro 75 Euro


171§ 124 Abs. 1 Nr. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>IAusbildungsgeld beziehen<strong>de</strong>behin<strong>de</strong>rte Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> beiberufsvorbereiten<strong>de</strong>n Bildungsmaßnahmenund Grundausbildungo nicht bei <strong>de</strong>n Eltern wohnend333 Euro 58 Euro 74 Euro§ 12 Abs. 1 Nr. 2 BAföGBAföG beziehen<strong>de</strong> Schüler vonAbendhauptschulen, Berufsaufbauschulen,Abendrealschulen undFachoberschulklassen, <strong>de</strong>ren Besucheine abgeschlossene Berufsausbildungvoraussetzto bei <strong>de</strong>n Eltern wohnend391 Euro keineBerücksichtigungnichtaufzustocken§ 12 Abs. 2 Nr. 1 BAföGBAföG beziehen<strong>de</strong> Schüler vonweiterführen<strong>de</strong>n allgemeinbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nSchulen und Berufsfachschulen sowieFach- und Fachoberschulen, wenn <strong>de</strong>rBesuch keine abgeschlosseneBerufsaus-bildung voraussetzt,o nicht bei <strong>de</strong>n Eltern wohnend(notwendige auswärtigeUnterbringung!)465 Euro Darin Pauschalein Höhe von 132Euro*nichtaufzustocken§ 12 Abs. 2 Nr. 2 BAföGBAföG beziehen<strong>de</strong> Schüler von Abendhaupt-und Abendrealschulen,Berufsaufbauschulen, Fachoberschulklassen,<strong>de</strong>ren Besuch eineabgeschlossene Berufsausbildungvoraussetzto nicht bei <strong>de</strong>n Eltern wohnend543 Euro Darin Pauschalein Höhe von 132Euro*nichtaufzustocken§ 13 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1BAföGBAföG beziehen<strong>de</strong> Studieren<strong>de</strong> inFachschulklassen, <strong>de</strong>ren Besuch eine348 Euro 49 Euro nichtaufzustocken


172abgeschlossene Berufsausbildungvoraussetzt, Abendgymnasien, Kollegsbei <strong>de</strong>n Eltern wohnend§ 13 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1BAföGBAföG beziehen<strong>de</strong> Studieren<strong>de</strong> vonHöheren Fachschulen, Aka<strong>de</strong>mien,Hochschuleno bei <strong>de</strong>n Eltern wohnend373 Euro 49 Euro nichtaufzustocken* Für diejenigen, die sich fragen, wie es zu <strong>de</strong>m pauschalen Wohnkostenbedarf von 132 Eurokommt, hier die Antwort <strong>de</strong>s BMBF (Bun<strong>de</strong>sministerium <strong>für</strong> Bildung und Forschung) aufmeine Anfrage vom 25.10.2011:„Der neue einheitliche Bedarfssatz (465 Euro bzw. 543 Euro) ergibt sich rechnerisch durch dieAddition <strong>de</strong>s bisherigen Bedarfssatzes (383 + 72 = 455; 359 + 72 = 531), bei<strong>de</strong>s angepasstdurch die im 23. BAföGÄndG vorgesehene generelle Steigerung <strong>de</strong>r Bedarfssätze um 2% (455+ 9,19 (2%) = 461,1; 531 + 10,62 (2%) = 541,62). Der rechnerische Wohnkostenanteil imneuen einheitlichen Bedarfssatz ist zwar nicht mehr geson<strong>de</strong>rt ausgewiesen, setzt sich abernach wie vor aus <strong>de</strong>n 57 Euro Bagatellgrenze und <strong>de</strong>n 72 Euro Zuschlag zusammen; ebenfallsangepasst durch die generelle Steigerung <strong>de</strong>r Bedarfssätze um 2%. Er beträgt damit gerun<strong>de</strong>t132 Euro (129 + 2,58 (2%) = 131,58).“<strong>Die</strong> Aufzählung ist abschließend, Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>, die nicht unter die angegebenenVorschriften fallen, können keinen Zuschuss beantragen.Berechnung <strong>de</strong>s ZuschussesNach Einführung <strong>de</strong>s Zuschusses zum Januar 2007 war die Berechnungsweise völlig unklar.In seiner Entscheidung vom 22.03.2010 – B 4 AS 69/09 R– hat das BSG dazu Stellunggenommen:Danach wird <strong>de</strong>r Zuschuss ermittelt durch die Gegenüberstellung <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Bedarfs in Höhe<strong>de</strong>r Regelleistung plus <strong>de</strong>r angemessenen Unterkunftskosten (bis En<strong>de</strong> 2010 ggf. unterAbzug <strong>de</strong>r Warmwasserpauschale) mit <strong>de</strong>m nach <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Grundsätzen bereinigtenGesamteinkommen <strong>de</strong>s Schülers, Stu<strong>de</strong>nten; Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n.Der Zuschuss ist nach <strong>de</strong>m Urteil ge<strong>de</strong>ckelt durch die Differenz zwischen <strong>de</strong>mUnterkunftsbedarf nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> und <strong>de</strong>m in <strong>de</strong>r Ausbildungsför<strong>de</strong>rung enthaltenenUnterkunftsanteil.


173Folgen<strong>de</strong> Rechenschritte sind <strong>für</strong> die Berechnung <strong>de</strong>s Zuschusses notwendig:(Quelle: Udo Geiger: Unterkunfts- und Heizkosten nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 2. Aufl., S. 178)1. Feststellung <strong>de</strong>r angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten2. Feststellung <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Bedarfs3. Feststellung <strong>de</strong>s nach <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Maßstäben anrechenbaren Einkommens und damit <strong>de</strong>sunge<strong>de</strong>ckten Bedarfs (=„rechnerischer Zuschuss nach § 27 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>“)4. Deckelung <strong>de</strong>s Mietzuschusses auf die Differenz zwischen angemessenenUnterkunfts- und Heizkosten und <strong>de</strong>m Wohnkostenanteil in <strong>de</strong>rAusbildungsför<strong>de</strong>rungZur Bereinigung von Leistungen nach <strong>de</strong>m BAföGNicht als Einkommen zu berücksichtigen sind 20% <strong>de</strong>s jeweiligen maßgeben<strong>de</strong>nbedarfs<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>n För<strong>de</strong>rungssatzes, unabhängig von <strong>de</strong>r zustehen<strong>de</strong>n individuellenFör<strong>de</strong>rleistung. <strong>Die</strong>ser Teil wird als zweckbestimmt <strong>für</strong> die Ausgaben <strong>für</strong> Lernmittel undFahrkosten angesehen. Liegen diese Kosten tatsächlich höher, können diese Kostenzusätzlich geltend gemacht wer<strong>de</strong>n -Das be<strong>de</strong>utet:bei Leistungen nach BAföG För<strong>de</strong>rhöchstsatz Absetzbetrag§ 12 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2* 543 Euro 108,60 Euro§ 12 Abs. 2 Nr. 1 465 Euro 93,00 Euro§ 12 Abs. 2 Nr. 2 543 Euro 108,60 Euro§ 13 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2** 572 Euro 114,40 Euro§ 13 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2** 597 Euro 119,40 Euro* Der För<strong>de</strong>rhöchstsatz entspricht <strong>de</strong>m Bedarf, <strong>de</strong>n ein Schüler hat, wenn er nicht bei <strong>de</strong>nEltern wohnt - nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 sind das 543 Euro. In diesem ist eine Pauschale <strong>für</strong> <strong>de</strong>nWohnbedarf in Höhe von 132 Euro enthalten.** Der Höchstsatz errechnet sich aus <strong>de</strong>m Grundbedarf (348 bzw. 373 Euro) und <strong>de</strong>mWohnbedarf, wenn <strong>de</strong>r Studieren<strong>de</strong> nicht bei <strong>de</strong>n Eltern wohnt, nach § 13 Abs. 2 Nr. 2jeweils 224 Euro.Wer<strong>de</strong>n <strong>für</strong> Fahrkosten und Ausbildungsmaterial insgesamt höhere Kosten nachgewiesen,können die Kosten zusätzlich geltend gemacht wer<strong>de</strong>n, soweit sie die 20%-Pauschaleübersteigen (§ 1 Abs. 1 Nr. 10 Alg <strong>II</strong>-V).Von <strong>de</strong>m anzurechnen<strong>de</strong>n Einkommen nach <strong>de</strong>m BAföG sind weiterhin dieVersicherungspauschale und ggf. Kosten <strong>für</strong> eine KFZ-Haftpflicht abzusetzen, so auch dieFachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 11 ff. <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 22.07.2013,Rn. 11.93 (7).Der Kin<strong>de</strong>rbetreuungszuschlag nach § 14b BAföG wird nicht als Einkommen angerechnet, daer zweckbestimmt ist.


174Zur Bereinigung bei BAB-LeistungenBei <strong>de</strong>r BAB erfolgt die Anrechnung als Einkommen in voller Höhe. Ausgenommen davonwer<strong>de</strong>n nur die Fahrkosten und sonstigen ausbildungsbedingten Aufwendungen, die nach<strong>de</strong>n §§ 63 und 64 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I erstattet wer<strong>de</strong>n.Bei Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n, die zusätzlich eine Ausbildungsvergütung erhalten, ist eineDoppelberücksichtigung von Fahrkosten und Ausbildungsmaterial ausgeschlossen. Dennnach § 1 Abs. 1 Nr. 10 zweiter Halbsatz Alg <strong>II</strong>-V gilt, dass, wenn bereits min<strong>de</strong>stens ein Betragnach § 11b Abs. 2 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> abgesetzt wur<strong>de</strong> („Grundfreibetrag von 100 Euro“), eineweitere Absetzung nur <strong>für</strong> <strong>de</strong>n darüber hinaus gehen<strong>de</strong>n Betrag – also wenn 100 Euroüberschritten wer<strong>de</strong>n – möglich ist, so die Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeitzu <strong>de</strong>n §§ 11 ff. <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 22.07.2013, Rn. 11.93 (9).An<strong>de</strong>rs die Auffassung von Geiger:Er sieht die nach BAB gewährten Mittel <strong>für</strong> Arbeitskleidung und Fahrkosten alszweckbestimmtes Einkommen i.S.v. § 11a Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> („zweckgerichtete Leistungen aufGrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften“ – „lex spezialis“) an und damit alsanrechnungsfrei, vgl. Bsp. 5 in Unterkunfts- und Heizkosten nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 2. Aufl., S. 188f.Beispiel 1:Benjamin, 27 Jahre alt, ist in Berlin Stu<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Ökotrophologie und wohnt noch bei seinenEltern. Für die 4-Zimmerwohnung fällt eine Gesamtmiete von 630 Euro an. Benjamin erhältnach § 13 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 Leistungen nach <strong>de</strong>m BAföG. <strong>Die</strong>se betragen 422Euro, darin sind 49 Euro <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Unterkunftsbedarf vorgesehen. Kin<strong>de</strong>rgeld erhält er nichtmehr. (Das Problem <strong>de</strong>r Krankenversicherung sei an dieser Stelle zur Vereinfachungweggelassen.)Schritte 1 und 2: Feststellung <strong>de</strong>r angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten sowie <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong><strong>II</strong>-Bedarfs:Benjamins Bedarf nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> beträgt 391 Euro als Regelbedarf und210 Euro (630 Euro : 3 Personen) <strong>für</strong> die Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft. <strong>Die</strong> Kosten<strong>de</strong>r Unterkunft sind angemessen. Also beträgt sein Gesamtbedarf 601 Euro.Schritt 3: Feststellung <strong>de</strong>s nach <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Maßstäben anrechenbaren Einkommens und <strong>de</strong>s sichdaraus ergeben<strong>de</strong>n „rechnerischen Zuschusses“:Sein Einkommen beträgt: 422 Euro Leistungen nach <strong>de</strong>m BAföG, dieBereinigung erfolgt durch einen Betrag in Höhe von 20% <strong>de</strong>s <strong>für</strong> die jeweilige Art <strong>de</strong>rAusbildung maßgeben<strong>de</strong>n bedarfs<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>n För<strong>de</strong>rungssatzes – hier also <strong>für</strong> Stu<strong>de</strong>nten, dienicht im Haushalt <strong>de</strong>r Eltern wohnen inklusive Wohnpauschale. <strong>Die</strong> Höhe beträgt nach § 13Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr. 2 BAföG 597 Euro (373 Euro Grundbedarf + 224 EuroWohnbedarf), 20% hiervon sind 119,40 Euro.Von <strong>de</strong>n BAföG-Leistungen wer<strong>de</strong>n also zunächst 422 – 119,40 Euro = 302,60 Euro alsEinkommen angerechnet. Es erfolgt noch <strong>de</strong>r Abzug <strong>de</strong>r


Versicherungspauschale in Höhe von 30 Euro, als anrechenbares Einkommen verbleiben272,60 Euro:<strong>Die</strong> Differenz zwischen <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Bedarf und <strong>de</strong>m anzurechnen<strong>de</strong>n Einkommen beträgtalso 601 – 272,60 Euro = 328,40 Euro („rechnerischer Zuschuss“).Schritt 4: Deckelung <strong>de</strong>s Mietzuschusses auf die Differenz zwischen angemessenenUnterkunfts- und Heizkosten und <strong>de</strong>m Wohnkostenanteil in <strong>de</strong>r Ausbildungsför<strong>de</strong>rung:Der Zuschuss ist ge<strong>de</strong>ckelt durch die Differenz zwischen <strong>de</strong>m Unterkunftsbedarf nach <strong>de</strong>m<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (hier: 210 Euro) und <strong>de</strong>m in <strong>de</strong>r Ausbildungsför<strong>de</strong>rung enthaltenen Unterkunftsanteil(hier 49 Euro) = hier: 161 Euro.Benjamin erhält einen Zuschuss nach § 27 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zu <strong>de</strong>n angemessenenKosten <strong>de</strong>r Unterkunft in Höhe von 161 Euro.175Beispiel 2 (angelehnt an Bsp. 1 von Geiger, Unterkunfts- und Heizkosten, S. 185 f.):Silja, 17 Jahre alt, ist Schülerin. Von <strong>de</strong>r elterlichen Wohnung wür<strong>de</strong> ihr Schulweg 2 Stun<strong>de</strong>nbetragen, darum hat sie eine eigene Wohnung. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 BAföG wür<strong>de</strong> siemonatlich 465 Euro erhalten, auf das Bafög angerechnet wer<strong>de</strong>n aber 140 Euro Unterhalt<strong>de</strong>s Vaters. An Miete zahlt sie 310 Euro, Warmwasser wird zentral erzeugt. Ihre Elternüberweisen ihr Kin<strong>de</strong>rgeld. Silja zahlt 25 Euro monatlich <strong>für</strong> einen Sportverein und 10 Euro<strong>für</strong> eine Unfallversicherung.Schritte 1 und 2: Feststellung <strong>de</strong>r angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten sowie <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong><strong>II</strong>-Bedarfs:Regelbedarf:391,00 Euro+ Teilhabebedarf 10,00 Euro+ angemessene Unterkunftskosten 310,00 Euro+ Warmwasserpauschale 8,79 Euro719,79 EuroSchritt 3: Feststellung <strong>de</strong>s nach <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Maßstäben anrechenbaren Einkommens und <strong>de</strong>s sichdaraus ergeben<strong>de</strong>n „rechnerischen Zuschusses“:Einkommen:Bafög-Zahlbetrag 345 € – 20% Bereinigung von 465 € (93 €) 252,00 Euro+ Unterhalt vom Vater 140,00 Euro+ Kin<strong>de</strong>rgeld – Versicherungspauschale(30 Euro! - § 6 Abs. 1 Nr. 2 Alg <strong>II</strong>-V) 154,00 Euro546,00 EuroBedarf – Einkommen = rechnerischer Zuschuss: 173,79 Euro


Schritt 4: Deckelung <strong>de</strong>s Mietzuschusses auf die Differenz zwischen angemessenenUnterkunfts- und Heizkosten und <strong>de</strong>m Wohnkostenanteil in <strong>de</strong>r Ausbildungsför<strong>de</strong>rung:310 € (angemessene KdU) – 132 € (Bafög-Wohnanteil) = 178 Euro (> 173,79 Euro), darum :Silja erhält <strong>de</strong>n errechneten Zuschuss in Höhe von 173,79 Euro.176


177Kapitel 13: <strong>Die</strong> Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts -Teil <strong>II</strong>I: Leistungen <strong>für</strong> Bildung und TeilhabeSeite13.1 Allgemeines 17813.2 Umfang <strong>de</strong>r Leistungen 17813.3 Antragsnotwendigkeit 17913.4 Feststellung <strong>de</strong>r allgemeinen Anspruchsberechtigung 18013.5 Zuständigkeit <strong>de</strong>r kommunalen Träger und zur Umsetzung in Berlin 180Anhang: 2 Jahre praktische Erfahrungen mit <strong>de</strong>m Bildungspaket 185


178Kapitel 13: <strong>Die</strong> Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts -Teil <strong>II</strong>I: Leistungen <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe - §§ 28 ff. <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>13.1 ALLGEMEINESLeistungsberechtigte Kin<strong>de</strong>r, Jugendliche und junge Erwachsene haben bei Vorliegen <strong>de</strong>rgesetzlichen Voraussetzungen neben <strong>de</strong>m Regelbedarf Anspruch auf Leistungen <strong>für</strong> Bildungund Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in <strong>de</strong>r Gemeinschaft, soweit sie keinenAnspruch auf Leistungen nach <strong>de</strong>m 4. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> haben. Bildungsbedarfe(nachfolgend unter 1. bis 5.) wer<strong>de</strong>n <strong>für</strong> Schülerinnen und Schüler unter 25 Jahrenanerkannt, wenn sie eine allgemein- o<strong>de</strong>r berufsbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Schule besuchen und keineAusbildungsvergütung erhalten. Leistungen <strong>für</strong> Teilhabeleistungen <strong>für</strong> die Bereiche Kultur,Sport und Freizeit (unter 6.) wer<strong>de</strong>n nur <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche unter 18 Jahrenbewilligt.13.2 UMFANG DER LEISTUNGEN<strong>Die</strong> Bedarfe <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe umfassen folgen<strong>de</strong> Leistungen:1. Schulausflüge und mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen schulrechtlicherBestimmungen - § 28 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Gleiches gilt entsprechend <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r, die eine Kin<strong>de</strong>rtagesstätte besuchen. Für dieseLeistungen wer<strong>de</strong>n die tatsächlichen Kosten übernommen.2. Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf - § 28 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><strong>Die</strong> Leistung wird durch eine Pauschale erbracht: 70 Euro zum 1. August und 30 Euro zum1. Februar <strong>de</strong>s Jahres.3. Schülerbeför<strong>de</strong>rungskosten - § 28 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Bei Schülern, die <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Besuch <strong>de</strong>r nächstgelegenen Schule <strong>de</strong>s gewähltenBildungsgangs auf Schülerbeför<strong>de</strong>rung angewiesen sind, wer<strong>de</strong>n die da<strong>für</strong> erfor<strong>de</strong>rlichentatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommenwer<strong>de</strong>n und es <strong>de</strong>r leistungsberechtigten Person nicht zugemutet wer<strong>de</strong>n kann, dieAufwendungen aus <strong>de</strong>m Regelbedarf zu bestreiten. Als zumutbare Eigenleistung gilt in<strong>de</strong>r Regel ein Betrag in Höhe von 5 Euro monatlich.4. Ergänzen<strong>de</strong> angemessene Lernför<strong>de</strong>rung.- § 28 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Es wird eine schulische Angebote ergänzen<strong>de</strong> angemessene Lernför<strong>de</strong>rungberücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erfor<strong>de</strong>rlich ist, um die nach <strong>de</strong>nschulischen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen.5. Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung <strong>für</strong> Schüler und Kin<strong>de</strong>r, dieeine Tageseinrichtung besuchen o<strong>de</strong>r <strong>für</strong> die Kin<strong>de</strong>rtagespflege geleistet wird. - § 28 Abs.6 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>


Erstattet wer<strong>de</strong>n die tatsächlichen Kosten unter Abzug <strong>de</strong>r nach § 9 RBEG genanntenSelbstbeteiligung von 1 Euro pro Tag <strong>für</strong> die ersparten häuslichen Verbrauchsausgaben.6. Bedarf zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in <strong>de</strong>r Gemeinschaft <strong>für</strong>Leistungsberechtigte bis zur Vollendung <strong>de</strong>s 18. Lebensjahres in Höhe von bis zuinsgesamt 10 Euro monatlich <strong>für</strong>• Mitgliedsbeiträge in <strong>de</strong>n Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,• Unterricht in künstlerischen Fächern (z.B. Musikunterricht) und vergleichbareangeleitete Aktivitäten <strong>de</strong>r kulturellen Bildung und• Teilnahme an FreizeitenDarüber hinaus können weitere Aufwendungen berücksichtigt wer<strong>de</strong>n, wenn sie inZusammenhang mit <strong>de</strong>r Teilnahme an <strong>de</strong>n zuvor genannten Aktivitäten stehen, zumBeispiel Ausrüstungsgegenstän<strong>de</strong>, Leihgebühren.- § 28 Abs. 7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><strong>Die</strong> Leistungen <strong>für</strong> Ausflüge / Fahrten, Lernför<strong>de</strong>rung, Mittagsverpflegung und Teilhabewer<strong>de</strong>n erbracht durch Sach- und <strong>Die</strong>nstleistungen, insbeson<strong>de</strong>re in Form vonpersonalisierten Gutscheinen o<strong>de</strong>r Direktzahlungen an <strong>de</strong>n Anbieter. Für Ausflüge / Fahrtensind auch Geldleistungen möglich. <strong>Die</strong> Kosten <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Schulbedarf und dieSchülerbeför<strong>de</strong>rungskosten sind Geldleistungen - § 29 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>13.3 ANTRAGSNOTWENDIGKEITMit Ausnahme <strong>de</strong>r Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf wer<strong>de</strong>n alle an<strong>de</strong>renLeistungen nur auf jeweils geson<strong>de</strong>rten Antrag erbracht - § 37 Abs. 1 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. <strong>Die</strong>Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf wird von <strong>de</strong>r Antragstellung auf Leistungen zurSicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts umfasst.Der Antrag wirkt jeweils auf <strong>de</strong>n Ersten <strong>de</strong>s Monats zurück - § 37 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Ausnahme:Nach § 37 Abs. 2 Satz 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> wirkt <strong>de</strong>r Antrag auf Leistungen <strong>für</strong> die Bedarfe nach § 28 Abs.7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, soweit an<strong>de</strong>re Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts erbracht wer<strong>de</strong>n, auf<strong>de</strong>n Beginn <strong>de</strong>s aktuellen Bewilligungszeitraums nach § 41 Abs. 1 Satz 4 bzw. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> dieserLeistungen zurück.Berechtigte Selbsthilfe - § 30 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Vom Leistungsberechtigten verauslagte Kosten wer<strong>de</strong>n nachträglich erstattet, wenn dieVoraussetzungen zur Leistungsgewährung im Zeitpunkt <strong>de</strong>r Selbsthilfe vorlagen und dieErbringung als Sach- o<strong>de</strong>r <strong>Die</strong>nstleistung ohne eigenes Verschul<strong>de</strong>n nicht o<strong>de</strong>r nichtrechtzeitig zu erreichen bzw. die rechtzeitige Antragstellung nicht möglich war.179


18013.4 FESTSTELLUNG DER ALLGEMEINEN ANSPRUCHSBERECHTIGUNG<strong>Die</strong> Leistungen <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe wer<strong>de</strong>n zusätzlich zu <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Leistungen <strong>für</strong><strong>de</strong>n Lebensunterhalt erbracht. Ist nach <strong>de</strong>r Deckung <strong>de</strong>r vorrangigen Bedarfe <strong>für</strong> <strong>de</strong>nLebensunterhalt (Regelbedarf – Mehrbedarfe – Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft) in <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft bzw. bei <strong>de</strong>r leistungsberechtigten Person noch anrechenbaresEinkommen und Vermögen vorhan<strong>de</strong>n, wer<strong>de</strong>n die Bedarfe in <strong>de</strong>r Reihenfolge <strong>de</strong>r Absätze 2bis 7 <strong>de</strong>s § 28 ge<strong>de</strong>ckt. - § 19 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Sind mehrere Personen nur im Umfang <strong>de</strong>rLeistungen <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe leistungsberechtigt, wird das übersteigen<strong>de</strong> Einkommenkopfteilig bei je<strong>de</strong>r Person berücksichtigt - § 9 Abs. 2 Satz 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Für die Prüfung <strong>de</strong>r Hilfebedürftigkeit sieht § 5a <strong>de</strong>r Alg <strong>II</strong>-V folgen<strong>de</strong> Beträge vor:1. <strong>für</strong> Schulausflüge 3 Euro monatlich,2. <strong>für</strong> die mehrtägigen Klassenfahrten <strong>de</strong>n Betrag, <strong>de</strong>r sich bei <strong>de</strong>r Teilung <strong>de</strong>rtatsächlichen Aufwendungen auf einen Zeitraum von sechs Monaten ab Beginn <strong>de</strong>sauf <strong>de</strong>n Antrag folgen<strong>de</strong>n Monats ergibt,3. <strong>für</strong> die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung die tatsächlichen Kosten unter Abzug<strong>de</strong>r nach § 9 RBEG genannten Selbstbeteiligung von 1 Euro pro Tag <strong>für</strong> die erspartenhäuslichen Verbrauchsausgaben.13.5 ZUSTÄNDIGKEIT DER KOMMUNALEN TRÄGER UND ZUR UMSETZUNG IN BERLINZuständigkeit <strong>de</strong>r kommunalen TrägerFür die Leistungen <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> die kommunalenTräger zuständig. Daher gibt es keine einheitlichen Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur<strong>für</strong> Arbeit.Achtung:Der Gesetzestext enthält eine ganze Anzahl unbestimmter Rechtsbegriffe. Inwieweit diekommunalen Vorschriften zur Umsetzung in je<strong>de</strong>m Einzelfall als rechtskonform angesehenwer<strong>de</strong>n können, wird erst die Rechtsprechung <strong>de</strong>r Gerichte in <strong>de</strong>n nächsten Jahren zeigen.Umsetzung in BerlinIm Folgen<strong>de</strong>n die wichtigsten Regelungen zur Umsetzung <strong>für</strong> Berlin in Bezug auf das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.<strong>Die</strong> Grundlage sind die von <strong>de</strong>r Senatsverwaltung <strong>für</strong> Soziales erlassenen„Ausführungsvorschriften über die Gewährung <strong>de</strong>r Leistungen <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe nach<strong>de</strong>n §§ 28, 29, 30 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> und <strong>de</strong>n §§ 33, 34a, 34b <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> (AV-BuT)“ vom 06. Dezember 2011(ABl. S. 3044) in <strong>de</strong>r Fassung vom 09. Juli 2013 (ABl. S. )<strong>Die</strong> AV-BuT ist zu fin<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r Internetseite <strong>de</strong>r Berliner Senatsverwaltung <strong>für</strong>Soziales unter „Berliner Recht“. Verfahrensregelungen und Formulare <strong>für</strong> Eltern, Kitas,


Schulen und Freien Träger fin<strong>de</strong>n sich auf <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>r Senatsverwaltung <strong>für</strong> Bildung, Jugendund Forschung, unter <strong>de</strong>m Stichwort Bildungspaket zu fin<strong>de</strong>n.181Allgemeine ZuständigkeitZuständig <strong>für</strong> die Entgegennahme <strong>de</strong>r Anträge, die Feststellung <strong>de</strong>r Leistungsberechtigung,die Beschei<strong>de</strong>rteilung und die Durchführung <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rspruchs- und Klageverfahrens ist dasjeweils im Einzelfall zuständige Jobcenter:Feststellungsbescheid und „berlinpass-BuT“Das Jobcenter prüft die Hilfebedürftigkeit <strong>für</strong> die beantragten Leistungen und erlässt einenzeitlich befristeten (in <strong>de</strong>r Regel übereinstimmend mit <strong>de</strong>m Leistungsbescheid über dieLeistungen zum Lebensunterhalt) Feststellungsbescheid <strong>für</strong> Leistungsberechtigte. NachAblauf sind eine erneute Antragstellung und <strong>de</strong>r Nachweis <strong>de</strong>r Anspruchsberechtigung durch<strong>de</strong>n Leistungsberechtigten erfor<strong>de</strong>rlich.Zusammen mit <strong>de</strong>m Feststellungsbescheid erhalten Berechtigte einen sogenannten„berlinpass-BuT“. Mit diesem können sie ihre Hilfebedürftigkeit bei <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nenLeistungserbringern nachweisen. <strong>Die</strong> Leistungserbringer prüfen, ob die fachlich-rechtlichenVorgaben vorliegen. Der „berlinpass-BuT“ ist zeitlich befristet, in <strong>de</strong>r Regel stimmt <strong>de</strong>rZeitraum mit <strong>de</strong>m <strong>de</strong>s Feststellungsbeschei<strong>de</strong>s überein. Bei Vorliegen <strong>de</strong>rLeistungsvoraussetzungen wird er verlängert. Mit <strong>de</strong>m „berlinpass-BuT“ wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>nleistungsberechtigten Personen bei <strong>de</strong>n Schulen bzw. Kitas die eintägigen Ausflügebeantragt, bei <strong>de</strong>n BVG-Betrieben das beson<strong>de</strong>re Schülerticket, bei <strong>de</strong>n Schulen dieergänzen<strong>de</strong> angemessene Lernför<strong>de</strong>rung und bei <strong>de</strong>n Caterern, Schulen bzw. Kitas diegemeinschaftliche Mittagsverpflegung.Zu <strong>de</strong>n mehrtägigen Klassenfahrten nach schulrechtlichen BestimmungenInsbeson<strong>de</strong>re wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>m Begriff erfasst:• Schülerfahrten im engeren Sinne (klassische Klassenfahrten)• Ge<strong>de</strong>nkstättenfahrten• Schullandheimfahrten• Schüleraustauschfahrten bei Schulpartnerschaften• Schüleraustauschfahrten in Verantwortung <strong>de</strong>r Berliner Schule• Fahrten im Rahmen <strong>de</strong>r ergänzen<strong>de</strong>n Betreuung an Grundschulen• die Teilnahme von Schülergruppen an Wettbewerben• Fahrten einzelner Kurse o<strong>de</strong>r Arbeitsgemeinschaften• ProjektfahrtenKosten <strong>für</strong> mehrtägige Fahrten im Rahmen <strong>de</strong>r Schulhortbetreuung wer<strong>de</strong>n ebenfallsübernommen, wenn sie schulrechtlichen Bestimmungen bzw. <strong>de</strong>r Schulaufsicht unterliegen.<strong>Die</strong> Schule erstellt einen entsprechen<strong>de</strong>n Nachweis über die Kosten <strong>für</strong> die Fahrt,Unterbringung und Verpflegung sowie gemeinsame Veranstaltungen und Besichtigungen.<strong>Die</strong> Kosten <strong>für</strong> die Fahrt sind in tatsächlicher Höhe zu übernehmen. <strong>Die</strong> mit <strong>de</strong>r Klassenfahrt


verbun<strong>de</strong>nen persönlichen Kosten wie z.B. Taschengeld, sind aus <strong>de</strong>m Regelbedarf zufinanzieren.Entsprechen<strong>de</strong>s gilt <strong>für</strong> mehrtägige Fahrten mit <strong>de</strong>r Kita.Der Anspruch auf die Leistung <strong>für</strong> mehrtägige Klassenfahrten ist nicht auf eine Fahrt im Jahrbeschränkt.Zur Schülerbeför<strong>de</strong>rungLeistungsvoraussetzung ist, dass die Schule nicht fußläufig erreicht wer<strong>de</strong>n kann. Alszumutbarer Fußweg zwischen Hauptwohnung und besuchter Schule gelten bei Grundschülern1 km, ansonsten 3 km. Im Einzelfall, z.B. bei Krankheit o<strong>de</strong>r Behin<strong>de</strong>rung, kann dieZumutbarkeit darunter liegen.Für die Ermittlung <strong>de</strong>r Länge <strong>de</strong>s Schulweges ist nicht die Luftlinie, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r tatsächlichzurückgelegte Fußweg zu Grun<strong>de</strong> zu legen. So können ein nachvollziehbarer Grund <strong>für</strong> einenlängeren tatsächlichen Schulweg auch Sicherheitsbe<strong>de</strong>nken sein, wenn zum Beispiel <strong>de</strong>rkürzeste Schulweg mitten durch einen Park führt.Für Berlin galt bis 31.07.2012, dass grundsätzlich die <strong>de</strong>rzeit besuchte Schule dienächstgelegene Schule im Sinne <strong>de</strong>s Gesetzes war. Ab August 2012 erfolgt nun aber einePrüfung <strong>für</strong> Schulwechsler und Neuaufnahmen, ob eine Grundschule als nächstgelegeneSchule <strong>de</strong>s gewählten Bildungsganges anzusehen ist. Sofern Erziehungsberechtigte einenPlatz in <strong>de</strong>r nächstgelegenen Schule beantragt haben, das zuständige Schulamt auf Grundvon mangeln<strong>de</strong>n Platzkapazitäten aber eine an<strong>de</strong>re Schule zugewiesen hat, gilt diesezugewiesene Schule als nächstgelegene im Sinne <strong>de</strong>s Gesetzes. Als nächstgelegeneGrundschule gelten auch Schulen mit beson<strong>de</strong>rem Bildungsgang, dies soll aber nicht <strong>für</strong>konfessionelle Schulen gelten. Wegen <strong>de</strong>s schulrechtlichen Anspruchs <strong>de</strong>rErziehungsberechtigten, weiterführen<strong>de</strong> und berufliche Schulen frei zu wählen, gelten diesegenerell als nächstgelegene Schule im Sinne <strong>de</strong>s Gesetzes.Kann die im Sinne <strong>de</strong>s Gesetzes gelten<strong>de</strong> nächstgelegene Schule nicht fußläufig erreichtwer<strong>de</strong>n, erhält die leistungsberechtigte Person vom Jobcenter auf seinen „berlinpass-BuT“einen speziellen Hologrammaufkleber, <strong>de</strong>r mit einer bestimmten Gültigkeitsdauer versehenist. Damit kann sie bei <strong>de</strong>n Berliner Verkehrsbetrieben seit 01.08.2011 ein speziellesSchülerticket (AB) erwerben, das im Abo monatlich 12,08 Euro und als Monatsticket 15 Eurokostet.Auch wenn <strong>de</strong>r Schulweg unter 3 km beträgt, besteht ein Anspruch auf das ermäßigteSchülerticket beim Besuch einer im Rahmen <strong>de</strong>s Schulbesuchs vorgesehenen Praktikumsstellesowie bei ggf. notwendiger Beför<strong>de</strong>rung im Rahmen <strong>de</strong>s Schulsports o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>sSchwimmunterrichts. Zu <strong>de</strong>n Einzelheiten sei an dieser Stelle auf die AV BuT, Nr. 4 Abs. 9a)verwiesen.Zur Lernför<strong>de</strong>rung<strong>Die</strong> ergänzen<strong>de</strong> angemessene Lernför<strong>de</strong>rung soll als <strong>Die</strong>nstleistung durch externe Anbietererbracht wer<strong>de</strong>n, die mit <strong>de</strong>n Schulen entsprechen<strong>de</strong> Kooperationsverträge abgeschlossenhaben. <strong>Die</strong> Schulen müssen die Notwendigkeit <strong>de</strong>s För<strong>de</strong>rbedarfs zum Erreichen <strong>de</strong>r182


wesentlichen Lernziele auf einem Formblatt bestätigen. In <strong>de</strong>r Regel soll die Lernför<strong>de</strong>rungmit 2 Doppelstun<strong>de</strong>n wöchentlich in Gruppen von 6 zu för<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Schülern erfolgen.Eine Notwendigkeit liegt vor bei folgen<strong>de</strong>n Punkten (Quelle: Antragsformular auf ergänzen<strong>de</strong>Lernför<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Senatsverwaltung <strong>für</strong> Bildung, Jugend und Forschung vom Dezember2011):Das Erreichen wesentlicher Lernziele ist gefähr<strong>de</strong>t, weil• das Notenzeugnis mangelhafte o<strong>de</strong>r ungenügen<strong>de</strong> Leistungen in min<strong>de</strong>stens einemFach ausweist o<strong>de</strong>r dies bei einer verbalen Beurteilung in vergleichbarer Weisedokumentiert o<strong>de</strong>r <strong>für</strong> das kommen<strong>de</strong> Zeugnis zu erwarten ist.Grün<strong>de</strong> hier<strong>für</strong> können zum Beispiel sein• eine längere Erkrankung, die die Teilnahme am Unterricht über min<strong>de</strong>stens vierSchulwochen verhin<strong>de</strong>rt hat, o<strong>de</strong>r• eine <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Schüler / die Schülerin nicht vorhersehbare Belastung, die zu einerLeistungsbeeinträchtigung geführt hat (z.B. Trennung <strong>de</strong>r Eltern, familiärer To<strong>de</strong>sfall),und<strong>Die</strong> Voraussetzungen <strong>für</strong> die Notwendigkeit liegen insbeson<strong>de</strong>re nicht vor, wenn• unentschuldigte Fehlzeiten o<strong>de</strong>r• anhalten<strong>de</strong>s Fehlverhalten o<strong>de</strong>r• die Nichtannahme geeigneter Angebote schulischer För<strong>de</strong>rungUrsache <strong>de</strong>r Gefährdung <strong>de</strong>s Erreichen wesentlicher Lernziele sind o<strong>de</strong>r• die Lernför<strong>de</strong>rung zum Erreichen eines höherwertigen Schulabschlusses o<strong>de</strong>r zurVerbesserung <strong>de</strong>s Notendurchschnitts beantragt wur<strong>de</strong>.Bei <strong>de</strong>r Bedürftigkeitsprüfung wird nach fachlicher Vorgabe <strong>de</strong>r Senatsverwaltung <strong>für</strong>Bildung, Jugend und Forschung ein monatlicher Betrag in Höhe von 71,30 Euroberücksichtigt.Zur gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung<strong>Die</strong> Eltern zahlen 1 Euro pro Mittagessen an <strong>de</strong>n Essensanbieter (Caterer), dieser erhält dieDifferenz vom Schulträger bzw. <strong>de</strong>m Jugendamt erstattet.Bei <strong>de</strong>n Kitas bezahlen die Eltern monatlich 20 Euro, die Kitas verauslagen die auf das Kin<strong>de</strong>ntfallen<strong>de</strong>n Mehraufwendungen und stellen sie <strong>de</strong>m Jugendamt in Rechnung.Für die Bedürftigkeitsprüfung wird von 20 Tagen <strong>de</strong>r Teilnahme am gemeinschaftlichenMittagessen ausgegangen. Der durchschnittliche Preis beträgt <strong>für</strong> Schulen mit OGB (OffenerGanztagsbetrieb), Grundschulen mit GGB (Gebun<strong>de</strong>ner Ganztagsbetrieb) und Kitas 23 Euro,<strong>für</strong> die an<strong>de</strong>ren Schulen 45 Euro.Zu <strong>de</strong>n Leistungen auf soziale und kulturelle TeilhabeDer Bedarf umfasst insbeson<strong>de</strong>re solche Aufwendungen wie z.B.• Mitgliedschaft in vereinen im Bereich Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit, ,• Musikunterricht,183


184• vergleichbare Kurse o<strong>de</strong>r Aktivitäten kultureller Bildung sowie• die Teilnahme an Freizeiten.Unter die Angebote <strong>de</strong>r kulturellen Bildung fallen insbeson<strong>de</strong>re• Angebote von Volkshochschulen,• Angebote von öffentlichen Musikschulen (auch Einzelunterricht),• Angebote von Jugendkunstschulen,• öffentliche Angebote <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- und Jugendför<strong>de</strong>rung,• Angebote von Sportvereinen• Angebote von anerkannten Trägern <strong>de</strong>r freien JugendhilfeEine Einzelfallprüfung über die Eignung ist in <strong>de</strong>n vorgenannten Fällen nicht erfor<strong>de</strong>rlich.Auch privat-gewerbliche Angebote können berücksichtigt wer<strong>de</strong>n, wenn sie gruppenbezogenstrukturiert sind und die Vermittlung sozialer Gemeinschaftsstrukturen beinhalten.För<strong>de</strong>rfähig sind z.B.• regelmäßig wie<strong>de</strong>rkehren<strong>de</strong> Mitgliedsbeiträge in Vereinen und Jugendverbän<strong>de</strong>n, dieAngebote <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche vorhalten,• einmalige Veranstaltungen <strong>de</strong>r Vereine,• Einzelveranstaltungen <strong>de</strong>r anerkannten Träger <strong>de</strong>r freien Jugendhilfe,• mehrmonatige Kurse, die sich gezielt an etwa gleichaltrige Kin<strong>de</strong>r und Jugendlicherichten, z.B. Schwimmkurse, hierzu zählen auch Angebote <strong>für</strong> Babys und Kleinkin<strong>de</strong>rwie PEKIP-Kurse, musikalische Früherziehung etc.• Teilnahme an Freizeiten, die Veranstaltung setzt aber eine organisierte Form voraus,z.B. museumspädagogische Angebote und ausgestaltete Führungen z.B. im Zoo• Freizeitfahrten, die insbes. von Jugendverbän<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n anerkannten Trägern <strong>de</strong>rfreien Jugendhilfe organisiert wer<strong>de</strong>n,• <strong>de</strong>r vom Jugendkulturservice ausgegebene „Superferienpass“.Nicht för<strong>de</strong>rfähig sind hingegen z.B.• Angebote von Veranstaltern, die <strong>für</strong> ihr Angebot nur eine entsprechen<strong>de</strong>Nutzungsgebühr erheben, z.B. Fitnessclub• Kosten <strong>für</strong> Teilnahmegebühren <strong>für</strong> reine Wettbewerbe,• Angebote, die kin<strong>de</strong>s- o<strong>de</strong>r jugendwohlgefähr<strong>de</strong>nd sind.Es erfolgt eine Direktzahlung an die Anbieter.Neben <strong>de</strong>r Berücksichtigung <strong>de</strong>r Teilnahmebeiträge wer<strong>de</strong>n weitere notwendigeAufwendungen berücksichtigt, wenn diese im kausalen Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Teilnahme anför<strong>de</strong>rfähigen gemeinschaftlichen Aktivitäten stehen. Hierbei han<strong>de</strong>lt es sich um dieAnschaffung erfor<strong>de</strong>rlicher Ausrüstungsgegenstän<strong>de</strong> sowie anfallen<strong>de</strong>r Leihgebühren.• Das zur Verfügung stehen<strong>de</strong> Budget beträgt innerhalb eines Jahres bis zu 120 Euro.Der Jahreszeitraum beginnt mit <strong>de</strong>r Antragstellung auf diese Leistung und istunabhängig vom Bewilligungszeitraum <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Bedarfe zur Teilhabe.• Als zumutbarer Eigenanteil ist ein einmaliger Betrag von 30 Euro zu berücksichtigen.• In <strong>de</strong>r Regel erfolgt die Übernahme <strong>de</strong>r Kosten nach Vorlage <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>nRechnungen bzw. <strong>de</strong>r Quittungen.


185Achtung:<strong>Die</strong> Leistungen <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe stehen nicht nur Leistungsberechtigten nach <strong>de</strong>r<strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> Arbeitssuchen<strong>de</strong> zu, son<strong>de</strong>rn auch Empfängern von Kin<strong>de</strong>rzuschlag und /o<strong>de</strong>r Wohngeld (§ 6b BKGG), von Sozialhilfe o<strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> (§§ 34,34a, 34b <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>) sowie Personen, die Leistungen nach <strong>de</strong>m Asylbewerberleistungsgesetz(über § 2 bzw. § 6 AsylbewLG) bekommen. Für Berlin gilt, dass die Anträge dort gestelltwer<strong>de</strong>n, wo die Leistungen bisher schon beantragt wur<strong>de</strong>n.ANHANG2 Jahre praktische Erfahrungen mit <strong>de</strong>m BildungspaketAus <strong>de</strong>r Praxis:Nach einem Jahr praktischer Erfahrungen hat sich meines Erachtens die Be<strong>für</strong>chtung vielerbestätigt, dass das Bildungspaket ungeeignet ist, um die Armut von Kin<strong>de</strong>rn undJugendlichen zu bekämpfen und einen besseren Zugang zu Bildung und Teilhabe zuermöglichen.Ich war beteiligt an <strong>de</strong>r Ausarbeitung eines Schreibens <strong>de</strong>s Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Beirat <strong>für</strong> Integration und Migration, an Frau Dr. Ursula von <strong>de</strong>r Leyen. <strong>Die</strong>s wirdhier im Folgen<strong>de</strong>n abgedruckt, da es die erlebte aktuelle Umsetzung zeigt und ein Fazit miteiner For<strong>de</strong>rung beinhaltet.Auf das Schreiben gab es eine höfliche Antwort <strong>de</strong>s Staatssekretärs Gerd Hoofe, diesefin<strong>de</strong>t sich im Anschluss.Ganz am Schluss <strong>de</strong>s Kapitels dann noch einige Zahlen.


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190Noch einige Zahlen:Nach 1 Jahr Bildungspaket:Nach Umfragen <strong>de</strong>s Deutschen Städtetages und <strong>de</strong>s Landkreistages nutzen► 56% bzw. 53% Leistungen <strong>de</strong>s BildungspaketsInformiert über die Leistungen sind nach einer Befragung <strong>de</strong>s Instituts <strong>für</strong> Sozialforschungund Gesellschaftspolitik (ca. 2.300 Familien)► 71% <strong>de</strong>r Familien, bei Familien ohne Migrationshintergrund: 79%, bei Familien mitMigrationshintergrund: 57%,Häufigkeit <strong>de</strong>r genutzten Komponenten:► 35% Mittagessen, 36% Klassenfahrten, 23% Teilhabeangebote, 20% eintägige Ausflüge,7% Schülerbeför<strong>de</strong>rung, 5% Lernför<strong>de</strong>rungEinschätzung von Antragstellern zur Gewährung:► 65% leicht, 19% mittel, 16% schwierigVorgesehene Kosten <strong>de</strong>s BildungspaketsKosten <strong>für</strong> Verwaltungsaufwandpro Jahr:pro Jahr:640 Millionen 163 Millionen► 2011 wur<strong>de</strong> nur ein Fünftel <strong>de</strong>s Gel<strong>de</strong>s abgerufen.Nach 2 Jahren Bildungspaket:Tatsächlicher Erhalt von Leistungen bezogen auf leistungsberechtigte Kin<strong>de</strong>r und Jugendlicheunter 18 Jahren (mit Mehrfachnennungen): 73%Tatsächlicher Erhalt nach Leistungskomponenten:• Eintägige Ausflüge: 26%• Mehrtägige Klassenfahrten:36%• Schülerbeför<strong>de</strong>rung: 10%• Lernför<strong>de</strong>rung: 5%• Mittagessen: 38%• Teilhabe: 26%• Persönlicher Schulbedarf: 84%Quelle: Bun<strong>de</strong>sministerium <strong>für</strong> Arbeit und Soziales: Zwei Jahre Bildungspaket(http://www.bmas.<strong>de</strong>/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Pressemitteilungen/2013/BuT-Repraesentativbefragung-2013.pdf?__blob=publicationFile)


Kapitel 14:<strong>Die</strong> Einkommensberücksichtigung191Seite14.1 Allgemeines 19214.2 Nicht zu berücksichtigen<strong>de</strong>s Einkommen 19314.3 Zu berücksichtigen<strong>de</strong>s Einkommen 19714.3.1 Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit 197• Laufen<strong>de</strong> Einnahmen• Einmalige Einnahmen• Bereitgestellte Vollverpflegung durch <strong>de</strong>n Arbeitgeber• Sonstige Sachbezüge(kostenfreier Strom innerhalb einer Haushaltsgemeinschaft)14.3.2 Einkommen aus selbständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb sowie Land- undForstwirtschaft 19914.3.3 Einkommen in sonstigen Fällen 201• Allgemeines• Beson<strong>de</strong>rheiten bei einigen Einkommen aus Sozialleistungen14.4 <strong>Die</strong> Einkommensbereinigung 20514.4.1 Vom Einkommen abzusetzen<strong>de</strong> Beträge 20514.4.2 Der Erwerbstätigenfreibetrag nach § 11b Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 21014.4.3 Berechnungsbeispiele 21114.5 Berücksichtigung <strong>de</strong>s Einkommens an<strong>de</strong>rer Personen 21314.5.1 Bei Personen, bei <strong>de</strong>nen eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne <strong>de</strong>s 213§ 7 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> besteht14.5.2 Bei Personen, zwischen <strong>de</strong>nen eine Haushaltsgemeinschaft im Sinne <strong>de</strong>s 214§ 9 Abs.5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> besteht14.6 Beson<strong>de</strong>rheiten bei <strong>de</strong>r Einkommensberücksichtigung von Kin<strong>de</strong>rn 21614.7 Ein ausführliches Beispiel <strong>für</strong> die Berechnung von Ansprüchen aufArbeitslosengeld <strong>II</strong> und Sozialgeld (einschl. Schema zur Einkommensverteilung) 218• Mit Vergleich <strong>de</strong>r Verteilung <strong>de</strong>s Einkommens nach <strong>de</strong>r Bedarfsanteil- undProportionalmetho<strong>de</strong> 221


19214 DIE EINKOMMENSBERÜCKSICHTIGUNG14.1 ALLGEMEINES<strong>Die</strong> gesetzlichen Grundlagen <strong>für</strong> die Einkommensberücksichtigung befin<strong>de</strong>n sich in <strong>de</strong>n §§11, 11a, 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> und in <strong>de</strong>r Alg <strong>II</strong>-V = Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowiezur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld<strong>II</strong>/Sozialgeld (Arbeitslosengeld <strong>II</strong>/Sozialgeld-Verordnung – ALG <strong>II</strong>-V) vom 17.12.2007, BGBl. IS. 2942 ff., zuletzt geän<strong>de</strong>rt durch Artikel 10 <strong>de</strong>s Gesetzes vom 21.03.2013, BGBl. I S. 556.Um <strong>de</strong>n individuellen Anspruch auf Geldleistungen – Arbeitslosengeld <strong>II</strong> bzw. Sozialgeld –ermitteln zu können,muss<strong>de</strong>m individuellen Bedarfdas berücksichtigungsfähige Einkommenin anrechenbarer, d.h. bereinigter Höhegegenübergestellt wer<strong>de</strong>n.Wenn dieses Einkommen zur Bedarfs<strong>de</strong>ckung nicht ausreicht und auch kein einzusetzen<strong>de</strong>sVermögen vorhan<strong>de</strong>n ist, besteht ein Anspruch auf die Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Zunächst geht es um das eigene Einkommen <strong>de</strong>s Leistungsberechtigten.Lebt <strong>de</strong>r Leistungsberechtigte jedoch in einer Bedarfsgemeinschaft o<strong>de</strong>r einerHaushaltsgemeinschaft, wird auch das Einkommen (und Vermögen) <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Personenberücksichtigt.Was zählt als Einkommen?→ alle Einnahmen in Geld o<strong>de</strong>r Gel<strong>de</strong>swert, die <strong>de</strong>m Leistungsberechtigten und / o<strong>de</strong>r<strong>de</strong>n Mitglie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Bedarfs- bzw. Haushaltsgemeinschaft im BewilligungszeitraumzufließenBeispiele:• Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit (Lohn, Gehalt)• Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit• Renten, Pensionen• Lohnersatzleistungen wie Krankengeld und Arbeitslosengeld I• Unterhaltsansprüche• Elterngeld• Ausbildungsleistungen• Zinsen aus Sparguthaben und Kapitalerträge


Der Zeitpunkt, wann die Einnahmen zufließen, ist also entschei<strong>de</strong>nd <strong>für</strong> die Abgrenzung zumBegriff Vermögen:Grundsätzlich ist alles Einkommen, „was jemand nach <strong>de</strong>r Antragstellung beim<strong>Grundsicherung</strong>sträger wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was er vor <strong>de</strong>rAntragstellung beim Träger <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> bereits hatte“, so zitiert aus <strong>de</strong>rEntscheidung <strong>de</strong>s BSG vom 30. Juli 2008, B 14/7b AS 12/07 R, Randziffer 20.193Es gibt Einkommen, das• gar nicht,• vollständig o<strong>de</strong>r• nur zum Teilberücksichtigt wird.14.2 NICHT ZU BERÜCKSICHTIGENDES EINKOMMENNicht alle Einkommensarten, die unter <strong>de</strong>n Einkommensbegriff fallen, sindberücksichtigungsfähig.Nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind:• Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (dient nur <strong>de</strong>r Klarstellung) - § 11a Abs. 1 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• Grundrenten nach <strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>sversorgungsgesetz (BVG) und nach <strong>de</strong>n Gesetzen, dieeine entsprechen<strong>de</strong> Anwendung <strong>de</strong>s BVG vorsehen - § 11a Abs. 1 Nr. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Das BVG ist das „Gesetz über die Versorgung <strong>de</strong>s Krieges“ in <strong>de</strong>r Erstfassung von1960.• Renten o<strong>de</strong>r Beihilfen, die nach <strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>sentschädigungsgesetz <strong>für</strong> Scha<strong>de</strong>n anLeben sowie an Körper o<strong>de</strong>r Gesundheit erbracht wer<strong>de</strong>n, bis zur Höhe <strong>de</strong>rvergleichbaren Grundrente nach <strong>de</strong>m BVG - § 11a Abs. 1 Nr. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Grundrenten, die eine entsprechen<strong>de</strong> Anwendung <strong>de</strong>s BVG vorsehen, sind zumBeispiel Renten <strong>für</strong>:o Wehrdienstopfer - §§ 80 ff. <strong>de</strong>s Soldatenversorgungsgesetzes (SVG),o Zivildienstopfer - § 50 <strong>de</strong>s Zivildienstgesetzes (ZDG),o Opfer von Gewalttaten - das Opferentschädigungsgesetz (OEG),o Impfgeschädigte - § 60 Abs. 1 <strong>de</strong>s Infektionsschutzgesetzes (IfSG)• Entschädigungen, die wegen eines Scha<strong>de</strong>ns, <strong>de</strong>r kein Vermögensscha<strong>de</strong>n ist, nach §253 Abs. 2 BGB geleistet wer<strong>de</strong>n - § 11a Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Damit ist Schmerzensgeld bei Verletzung <strong>de</strong>s Körpers, <strong>de</strong>r Gesundheit, <strong>de</strong>r Freiheito<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r sexuellen Selbstbestimmung gemeint.


• Leistungen, soweit sie nach spezialgesetzlicher Regelung nicht als Einkommen zuberücksichtigen sind, z.B.o Leistungen <strong>de</strong>r Stiftung „Mutter und Kind“,o Leistungen <strong>de</strong>r Stiftung „Behin<strong>de</strong>rtes Kind“,o Pflegegeld nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> XI (§ 13 Abs. 5 Satz 1 <strong>SGB</strong> XI),o Leistungen nach <strong>de</strong>m HIV-Hilfe-Gesetz,o Kin<strong>de</strong>rbetreuungszuschlag nach § 14b Abs. 2 BAföG,o Stipendium nach <strong>de</strong>m Stipendienprogrammgesetz bis zu 300 Euro (§ 5 Abs. 3Satz 1 StipG)• Zweckbestimmte Einnahmen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften - § 11a Abs. 3Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Zu <strong>de</strong>n zweckbestimmten Einnahmen, die einem an<strong>de</strong>ren Zweck als die Leistungennach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> dienen, gehören u.a.o die Arbeitnehmersparzulage - § 13 Abs. 3 Fünftes Vermögensbildungsgesetzo das Ausbildungsgeld nach § 125 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I <strong>für</strong> Teilnehmer an Maßnahmen imEingangsbereich und Berufsbildungsbereich einer Werkstatt <strong>für</strong> behin<strong>de</strong>rteMenschen,o das Arbeitsför<strong>de</strong>rungsgeld nach § 43 <strong>SGB</strong> IX,o die Elternrente nach § 49 BVG,o Blin<strong>de</strong>ngeld nach <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>sblin<strong>de</strong>ngesetzen,o <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>-Leistungen <strong>de</strong>r Hilfe in beson<strong>de</strong>ren Lebenslagen (§§ 47 bis 74 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>)Son<strong>de</strong>rregelung zum Pflegegeld nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> V<strong>II</strong>I - § 11a Abs. 3 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> und.Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 11, 11a, 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand22.07.2013, Rn. 11.97 ff.o Das Pflegegeld bei Vollzeitpflege (§ 33 <strong>SGB</strong> V<strong>II</strong>I) und bei Tagespflege (§ 23 <strong>SGB</strong> V<strong>II</strong>I)setzt sich aus Pflegegeld (Aufwendungsersatz) und einem Erziehungsbeitrag(Anerkennungsbetrag <strong>für</strong> <strong>de</strong>n erzieherischen Einsatz) zusammen.o Der Aufwendungsersatz stellt kein Einkommen <strong>de</strong>r Pflegeperson dar.o Der Teil <strong>de</strong>s Pflegegel<strong>de</strong>s <strong>für</strong> <strong>de</strong>n erzieherischen Aufwand wird- <strong>für</strong> das erste und zweite Pflegekind nicht,- <strong>für</strong> das dritte Pflegekind zu 75 %,- <strong>für</strong> das vierte und je<strong>de</strong>s weitere Pflegekind in voller Höhe angerechnet.Anm.:Wenn Pflegeeltern <strong>für</strong> das Pflegekind / die Pflegekin<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rgeld erhalten, wir<strong>de</strong>so <strong>für</strong> das erste Pflegekind <strong>de</strong>r Pflegefamilie in Höhe <strong>de</strong>r Hälfte, wenn esgleichzeitig das älteste Kind in <strong>de</strong>r Pflegefamilie ist undo ansonsten bzw. <strong>für</strong> weitere Pflegekin<strong>de</strong>r in Höhe eines Viertelsauf das Pflegegeld angerechnet. Eine Anrechnung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rgel<strong>de</strong>s ist daher nur<strong>für</strong> <strong>de</strong>n Teil vorzunehmen, <strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r Bewilligung <strong>de</strong>s Pflegegel<strong>de</strong>s noch nichtberücksichtigt wur<strong>de</strong> – im ersten Fall also 92 Euro, im zweiten Fall <strong>für</strong> das 2.Pflegekind 138 Euro, <strong>für</strong> das 3. Pflegekind 144 Euro.194


195• Zuwendungen <strong>de</strong>r freien Wohlfahrtspflege, soweit sie die Lage <strong>de</strong>s Empfängers nichtso günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nichtgerechtfertigt wären - § 11a Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• Zuwendungen Dritter ohne rechtliche bzw. sittliche Verpflichtung, soweit ihreBerücksichtigung bei <strong>de</strong>n Leistungsberechtigten grob unbillig wäre o<strong>de</strong>r sie die Lage<strong>de</strong>s Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach <strong>de</strong>m<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nicht gerechtfertigt wären - § 11a Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Hierzu gehören zum Beispiel nach Rn. 11.108 und 11.110a <strong>de</strong>r Fachlichen Hinweise<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 11, 11a, 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 22.07.2013,o Gesellschaftliche Preise zur Ehrung von Zivilcourage,o Ehrengaben aus öffentlichen Mitteln,o Spen<strong>de</strong>n aus Tombolas <strong>für</strong> bedürftige Menschen (insbes. in <strong>de</strong>rVorweihnachtszeit),o Begrüßungsgel<strong>de</strong>r <strong>für</strong> Neugeborene,o Zuwendungen aus <strong>de</strong>n Fonds Heimerziehung West o<strong>de</strong>r Ost zum Ausgleichvon Folgeschä<strong>de</strong>n aus einer Heimunterbringung in <strong>de</strong>n Jahren 1949 – 1975 /90,o Allgemein übliche Zuwendungen von Verwandten an min<strong>de</strong>rjährige Kin<strong>de</strong>r(z.B. kleinere monatliche Taschengel<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Oma, Geld- o<strong>de</strong>r Sachgeschenkezu Weihnachten o<strong>de</strong>r zum Geburtstag). <strong>Die</strong> Entscheidung hat insbeson<strong>de</strong>re<strong>de</strong>n Anlass, die Höhe und <strong>de</strong>n Zweck <strong>de</strong>r Zuwendung zu berücksichtigen.Wenn die Oma z.B. zum 18. Geburtstag ihrem Enkel einen Führerschein mit2.000 Euro finanziert, kann dieses Geld nicht auf <strong>de</strong>n Lebensunterhaltangerechnet wer<strong>de</strong>n, da es zweckgerichtet erbracht wird.<strong>Die</strong> Arbeitslosengeld <strong>II</strong> / Sozialgeld-Verordnung (Alg <strong>II</strong>-V)* bestimmt in § 1, welche weitereEinnahmen darüber hinaus nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind; dazu gehören:* Alg <strong>II</strong>-V = Verordnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beimArbeitslosengeld <strong>II</strong>/Sozialgeld (Arbeitslosengeld <strong>II</strong>/Sozialgeld-Verordnung – Alg <strong>II</strong>-V) vom 17.12.2007, BGBl. I S.2942 ff., zuletzt geän<strong>de</strong>rt durch Artikel 10 <strong>de</strong>s Gesetzes vom 21.03.2013, BGBl. I S. 556• Einnahmen, wenn sie innerhalb eines Kalen<strong>de</strong>rmonats 10 Euro nicht übersteigen –Abs. 1 Nr. 1,• Leistungen, die ausdrücklich <strong>für</strong> die bei <strong>de</strong>r Leistung nach § 19 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. §28 Abs. 6 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zu berücksichtigen<strong>de</strong>n ersparten häuslichen Verbrauchsausgabenerbracht wer<strong>de</strong>n, bis zur Höhe <strong>de</strong>s Betrages nach § 5a Nr. 3 Alg <strong>II</strong>-V (betrifft dieErsparnis bei Inanspruchnahme <strong>de</strong>r gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung an Kitas /Schulen),• nicht steuerpflichtige Einnahmen einer Pflegeperson <strong>für</strong> Leistungen <strong>de</strong>r Grundpflegeund <strong>de</strong>r hauswirtschaftlichen Versorgung – Abs. 1 Nr. 4,• bei Soldaten <strong>de</strong>r Auslandsverwendungszuschlag und <strong>de</strong>r Leistungszuschlag – Abs. 1Nr. 5,


196• die aus Mitteln <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s gezahlte Überbrückungsbeihilfe an ehemaligeArbeitnehmer bei <strong>de</strong>n Stationierungsstreitkräften und bei <strong>de</strong>n alliierten Streitkräftenin Berlin nach <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Gesetzen – Abs. 1 Nr. 6,• die Eigenheimzulage, soweit sie nachweislich zur Finanzierung einer nach § 12 Abs. 3Satz 1 Nr. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nicht als Vermögen zu berücksichtigen<strong>de</strong>n Immobilie verwen<strong>de</strong>twird – Abs. 1 Nr. 7,• Kin<strong>de</strong>rgeld <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Leistungsberechtigten, soweit es nachweislich an das nichtim Haushalt <strong>de</strong>s Leistungsberechtigten leben<strong>de</strong> Kind weiter geleitet wird – Abs. 1 Nr.8,• bei Sozialgel<strong>de</strong>mpfängern, die das 15. Lebensjahr noch nicht vollen<strong>de</strong>t haben,Einnahmen aus Erwerbstätigkeit, soweit sie einen Betrag von 100 Euro monatlichnicht übersteigen – Abs. 1 Nr. 9.• Leistungen <strong>de</strong>r Ausbildungsför<strong>de</strong>rung (BAföG, BAB), soweit sie <strong>für</strong> Fahrkosten zurAusbildung o<strong>de</strong>r <strong>für</strong> Ausbildungsmaterialien verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n; ist bereitsmin<strong>de</strong>stens ein Betrag nach § 11b Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> von <strong>de</strong>r Ausbildungsvergütungabsetzbar, gilt dies nur <strong>für</strong> <strong>de</strong>n darüber hinausgehen<strong>de</strong>n über die 100 Euro – Abs. 1Nr. 10,• Verpflegung, die außerhalb <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n §§ 2,3 und 4 Nummer 4 <strong>de</strong>r Alg <strong>II</strong>-V genanntenEinkommensarten, also aus nichtselbständiger Tätigkeit, aus selbständiger Arbeit,Gewerbebetrieb o<strong>de</strong>r Land- und Forstwirtschaft o<strong>de</strong>r aus Wehr-, Ersatz- undFreiwilligendienstverhältnissen, bereitgestellt wird – Abs. 1 Nr. 11.o Nach Einführung <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> rechneten viele Leistungsträger diese Verpflegung alsEinkommen an. In <strong>de</strong>r zu <strong>de</strong>r Zeit gültigen Fassung <strong>de</strong>r Alg <strong>II</strong>-V gab es keinenVerweis dazu. Am 18.06.2008 hat das Bun<strong>de</strong>ssozialgericht zu dieser altenGesetzeslage zwei Entscheidungen getroffen – B 14 AS 46/07 R zur häuslichenVerpflegung und B 14 AS 22/07 R zur Krankenhausverpflegung – in <strong>de</strong>nen es dieAnrechnung als rechtswidrig bezeichnete. Mit <strong>de</strong>r Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Alg <strong>II</strong>-V vom17.12.2007 hatte <strong>de</strong>r Verordnungsgeber aber inzwischen bestimmt, dass dieVerpflegung anzurechnen sei, wenn sie eine sogenannte Bagatellgrenzeüberschritt. In seinen o.g. Urteilen hatte das BSG zwar zur alten Rechtslageentschie<strong>de</strong>n, aber erhebliche Zweifel an <strong>de</strong>r neuen geäußert. Der Punkt 11 wur<strong>de</strong>mit <strong>de</strong>r Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Alg <strong>II</strong>-V vom 18.12.2008 aufgenommen. Das heißt also nun:Verpflegung, die während eines Krankenhausaufenthalts (o<strong>de</strong>r einer JVA) bzw.im Rahmen einer Haushaltsgemeinschaft zur Verfügung gestellt wird, ist nicht alsEinkommen anzurechnen, so jetzt auch die Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>rBun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 11, 11a, 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 22.07.2013, Rn.11.81.• Geldgeschenke an Min<strong>de</strong>rjährige anlässlich <strong>de</strong>r Firmung, Kommunion, Konfirmationo<strong>de</strong>r vergleichbarer religiöser Feste sowie anlässlich <strong>de</strong>r Jugendweihe, soweit sie <strong>de</strong>n


in § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> genannten Betrag nicht überschreiten (3.100Euro) – Abs. 1 Nr. 12,• vom Taschengeld nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 <strong>de</strong>s Jugendfreiwilligendienstgesetzes o<strong>de</strong>r § 2Nr. 4 <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sfreiwilligendienstgesetzes, das ein Teilnehmer erhält, ein Betrag inHöhe von 200 Euro – Abs. 7.• Son<strong>de</strong>rregelung <strong>für</strong> Ferienarbeit von Schülern - § 1 Abs. 4 Alg <strong>II</strong>-VEinnahmen von Schülern allgemein- o<strong>de</strong>r berufsbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Schulen, die das 25.Lebensjahr noch nicht vollen<strong>de</strong>t haben und die Erwerbstätigkeiten in <strong>de</strong>n Ferien <strong>für</strong>höchstens vier Wochen je Kalen<strong>de</strong>rjahr ausüben, bleiben anrechnungsfrei, wenn sieeinen Betrag von 1.200 Euro kalen<strong>de</strong>rjährlich nicht überschreiten. <strong>Die</strong> Regelung giltnicht <strong>für</strong> Schüler, die eine Ausbildungsvergütung erhalten (Satz 3).14.3 ZU BERÜCKSICHTIGENDES EINKOMMEN14.3.1 Einkommen aus nichtselbständiger ArbeitBei <strong>de</strong>r Berechnung <strong>de</strong>s Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit ist von <strong>de</strong>nBruttoeinnahmen auszugehen - § 2 Abs. 1 Alg <strong>II</strong>-V.Laufen<strong>de</strong> EinnahmenEinnahmen sind <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Monat zu berücksichtigen, in <strong>de</strong>m sie zufließen (sog. Zuflusstheorie).Hierzu zählen auch Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund vonkurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt wer<strong>de</strong>n - § 11 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Es spielt alsokeine Rolle, <strong>für</strong> welchen Zeitraum das Geld ist. Wird zum Beispiel Gehalt <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Monat Maiam 15. Juni gezahlt, wird es <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Monat Juni angerechnet.Ist bei laufen<strong>de</strong>n Einnahmen im Bewilligungszeitraum zu erwarten, dass diese inunterschiedlicher Höhe zufließen, kann als Einkommen ein monatlichesDurchschnittseinkommen zu Grun<strong>de</strong> gelegt wer<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong>ses ergibt sich aus <strong>de</strong>r Teilung <strong>de</strong>sGesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl <strong>de</strong>r Monate imBewilligungszeitraum - § 2 Abs. 3 Alg <strong>II</strong>-V.• Da die genaue monatliche Höhe <strong>de</strong>r Einnahmen in diesen Fällen bei <strong>de</strong>r Entscheidungmeist nicht bekannt ist, soll <strong>de</strong>r Leistungsträger zunächst vorläufig entschei<strong>de</strong>n (§ 40Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> i.V.m. § 328 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I). Für die Berechnung wird also auf ein zuerwarten<strong>de</strong>s Einkommen abgestellt. Nach En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Bewilligungszeitraums erfolgt indiesen Fällen eine Nachberechnung und abschließen<strong>de</strong> Entscheidung. Lag dastatsächlich erzielte Einkommen niedriger, erhält <strong>de</strong>r Leistungsberechtigte eineNachzahlung, lag es höher, muss er einen Teil <strong>de</strong>r Leistungen erstatten.• Bagatellgrenze bei endgültiger Berechnung: Wenn das tatsächliche monatlicheDurchschnittseinkommen das bei <strong>de</strong>r vorläufigen Entscheidung berücksichtigtemonatliche Durchschnittseinkommen um nicht mehr als 20 Euro übersteigt, verbleibtes bei <strong>de</strong>m als vorläufiges Einkommen angerechneten Betrag - § 2 Abs. 3 Satz 3 Alg <strong>II</strong>-V.197


198Einmalige Einnahmen - § 11 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• sind von <strong>de</strong>m Monat an zu berücksichtigen, in <strong>de</strong>m sie zufließen.• Abweichend davon ist eine Berücksichtigung <strong>de</strong>r Einnahmen ab <strong>de</strong>m Monat, <strong>de</strong>r auf<strong>de</strong>n Monat <strong>de</strong>s Zuflusses folgt, zulässig, wenn Leistungen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Monat <strong>de</strong>sZuflusses bereits erbracht wor<strong>de</strong>n sind.• Entfiele <strong>de</strong>r Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist dieeinmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilenund monatlich mit einem entsprechen<strong>de</strong>n Teilbetrag anzusetzen. <strong>Die</strong>se Regelung istentsprechend anzuwen<strong>de</strong>n bei laufen<strong>de</strong>n Einnahmen, die in größeren alsmonatlichen Zeitabstän<strong>de</strong>n - wie z.B. Weihnachts- o<strong>de</strong>r Urlaubsgeld.Der nicht verbrauchte Anteil <strong>de</strong>r einmaligen Einnahme ist danach im Rahmen <strong>de</strong>rVermögensprüfung zu berücksichtigen.<strong>Die</strong> Aufteilung auf sechs Monate erfolgt auch dann, wenn die Leistungsberechtigungabsehbar innerhalb einer kürzeren Frist en<strong>de</strong>t, so die Fachliche Hinweise <strong>de</strong>rBun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 11, 11a, 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 22.07.2013, Rn. 11.14.Nach Auffassung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>ssozialgerichts wird <strong>de</strong>r Verteilzeitraum we<strong>de</strong>r durch dasEn<strong>de</strong> eines Bewilligungsabschnitts noch durch eine kurzzeitige Unterbrechung <strong>de</strong>sLeistungsbezugs begrenzt. So das BSG vom 30.09.2008 – B 4 AS 29/07 R, Rz. 11:„Der so genannte Verteilzeitraum wird we<strong>de</strong>r durch <strong>de</strong>n Ablauf einesBewilligungszeitraums, noch durch die erneute Antragstellung begrenzt. DerVerteilzeitraum wird vielmehr nur dann unterbrochen, wenn <strong>für</strong> min<strong>de</strong>stens einenMonat die Hilfebedürftigkeit - ohne Berücksichtigung <strong>de</strong>r einmaligen Einnahme -entfällt.“Bereitgestellte Vollverpflegung durch <strong>de</strong>n Arbeitgeber - § 2 Abs. 5 Alg <strong>II</strong>-V• ist pauschal in Höhe von täglich 1% <strong>de</strong>s nach § 20 maßgeben<strong>de</strong>n monatlichenRegelbedarfs als Einkommen zu berücksichtigen.• Bei Teilverpflegung gelten folgen<strong>de</strong> Werte:<strong>für</strong> das Frühstück ein Anteil von 20% und<strong>für</strong> das Mittag- und Aben<strong>de</strong>ssen Anteile von je 40%<strong>de</strong>r sich nach <strong>de</strong>m Vorstehen<strong>de</strong>m ergebenen Werte.• Für die Berücksichtigung als Einkommen ist die Bereitstellung <strong>de</strong>r Verpflegungausreichend, es kommt nicht darauf an, ob die bereitgestellte Verpflegung auchtatsächlich in Anspruch genommen wird, vgl. Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur<strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 11, 11a, 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 22.07.2013, Rn. 11.21.


199Sonstige Sachbezüge,die unentgeltlich zur Verfügung gestellt wer<strong>de</strong>n, sind mit <strong>de</strong>m um übliche Preisnachlässegemin<strong>de</strong>rten üblichen Endpreis am Abgabeort anzusetzen. Ist die Einnahme in Gel<strong>de</strong>swertauch Teil <strong>de</strong>s Regelbedarfs nach § 20 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, ist höchstens <strong>de</strong>r Betrag zu berücksichtigen, <strong>de</strong>r<strong>für</strong> diesen Teil im maßgeben<strong>de</strong>n Regelbedarf enthalten ist - § 2 Abs. 6 Alg <strong>II</strong>-V.Beispiel, vgl. Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 11, 11a, 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>,Stand 22.07.2013, Rn. 11.22:Ein Beschäftigter erhält von seinem Arbeitgeber jeweils zum Monatsersten ein Monatsticket<strong>für</strong> Öffentlichen Nahverkehr. Der Wert <strong>de</strong>s Tickets ist als Einkommen zu berücksichtigen.Strom (Haushaltsenergie)Für Strom, <strong>de</strong>r in einer Haushaltsgemeinschaft kostenfrei zur Verfügung gestellt und <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Gel<strong>de</strong>swert nicht feststellbar ist, erfolgt grundsätzlich keine Berücksichtigung, so dieFachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 11, 11a, 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand22.07.2013, Rn. 11.23.Das Einkommen kann nach Anhörung <strong>de</strong>s Beziehers geschätzt wer<strong>de</strong>n, wenna) Leistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> Arbeitssuchen<strong>de</strong> einmalig o<strong>de</strong>r <strong>für</strong> kurze Zeit zuerbringen sind o<strong>de</strong>r Einkommen nur <strong>für</strong> kurze Zeit zu berücksichtigen ist o<strong>de</strong>rb) die Entscheidung über die Erbringung von Leistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong>Arbeitssuchen<strong>de</strong> keinen Aufschub dul<strong>de</strong>t- § 2 Abs. 7 Alg <strong>II</strong>-V.Bei <strong>de</strong>r Frage <strong>de</strong>r Schätzung han<strong>de</strong>lt es sich also um eine Ermessensentscheidung, die <strong>de</strong>rPraxis Spielraum lässt, beispielsweise auf <strong>de</strong>r Grundlage von § 40 Abs. 2 Nr. 1 eine vorläufigeEntscheidung zu treffen und nach erfolgter Einkommensfeststellung abzurechnen.14.3.2 Einkommen aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb o<strong>de</strong>r Land- und Forstwirtschaft- § 3 Alg <strong>II</strong>-VAus <strong>de</strong>r Praxis:<strong>Die</strong> Anrechnung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit ist äußerst kompliziert, an dieserStelle können nur die wichtigsten grundlegen<strong>de</strong>n Regeln vorgestellt wer<strong>de</strong>n. Häufig müssendie Gerichte entschei<strong>de</strong>n, was im Einzelfall Einkommen und notwendige Ausgaben sind.• Bei <strong>de</strong>r Berechnung dieses Einkommens ist von <strong>de</strong>n Betriebseinnahmen auszugehen.<strong>Die</strong>se sind alle erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum tatsächlichzufließen. Wird eine entsprechen<strong>de</strong> Erwerbstätigkeit nur während eines Teils <strong>de</strong>s


Bewilligungszeitraums ausgeübt, ist das Einkommen nur <strong>für</strong> diesen Zeitraum zuberechnen.In <strong>de</strong>r Praxis muss je<strong>de</strong>r Leistungsberechtigte <strong>für</strong> je<strong>de</strong>n Bewilligungsabschnitt imVoraus eine Prognose über das erwartete monatliche Einkommen abgeben. NachEn<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Bewilligungsabschnittes müssen dann die tatsächlichen Einkommennachgewiesen wer<strong>de</strong>n.• Von <strong>de</strong>n Betriebseinnahmen sind die im Bewilligungszeitraum (i.d.R.sechsmonatigen) tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme <strong>de</strong>rnach § 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> abzusetzen<strong>de</strong>n Beträge ohne Rücksicht auf steuerliche Vorschriftenabzusetzen.• Bei <strong>de</strong>r Nutzung eines Kraftfahrzeugs gilt (§ 3 Abs. 7 Alg <strong>II</strong>-V):200<strong>Die</strong> Kosten <strong>für</strong> ein Betriebs–Kraftfahrzeug (Versicherung, Steuer, Betriebsstoffe) sindin tatsächlicher Höhe als Ausgabe abzusetzen. Für private Fahrten mit diesemFahrzeug sind die Ausgaben um 0,10 Euro je gefahrenen Kilometer zu vermin<strong>de</strong>rn.Ein Kraftfahrzeug gilt als überwiegend betrieblich genutzt, wenn <strong>de</strong>r betrieblicheNutzungsanteil bei min<strong>de</strong>stens 50% liegt. Dabei sind die Fahrten von <strong>de</strong>r Wohnungzur Betriebsstätte und zurück <strong>de</strong>m privaten Anteil zuzuordnen, so die FachlichenHinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 11, 11a, 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand22.07.2013, Rn. 11.31.Wird ein Kraftfahrzeug überwiegend privat genutzt, sind die tatsächlichen Ausgabenkeine Betriebsausgaben. Für je<strong>de</strong>n gefahrenen Kilometer können aber bei Benutzungeines privaten Kraftfahrzeugs <strong>für</strong> ausschließlich betriebliche Fahrten 0,10 Euroabgesetzt wer<strong>de</strong>n. Bei entsprechen<strong>de</strong>m Nachweis können höhere Kosten abgesetztwer<strong>de</strong>n.• Tatsächliche Ausgaben sollen nicht abgesetzt wer<strong>de</strong>n, soweit diese ganz o<strong>de</strong>rteilweise vermeidbar sind o<strong>de</strong>r offensichtlich nicht <strong>de</strong>n Lebensumstän<strong>de</strong>n während<strong>de</strong>s Bezuges von Leistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> entsprechen.Beispiel, vgl. Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 11, 11a, 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>,Stand 22.07.2013, Rn. 11.33:Ein Selbständiger benötigt einen PC lediglich <strong>für</strong> das Schreiben einfacher Angebote undRechnungen. Ein einfaches Mo<strong>de</strong>ll ist da<strong>für</strong> ausreichend, ein Hochleistungscomputer wür<strong>de</strong>nicht mit seinem vollen Preis abgesetzt wer<strong>de</strong>n können.Aber:Ist <strong>de</strong>r PC zu einem Zeitpunkt erworben wor<strong>de</strong>n, zu <strong>de</strong>m mit <strong>de</strong>m Eintritt <strong>de</strong>rHilfebedürftigkeit nicht zu rechnen war, sind unvermeidbare Ratenzahlungen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n PCabzusetzen.


• Ist anzunehmen, dass die nachgewiesene Höhe <strong>de</strong>r Einnahmen offensichtlich nicht<strong>de</strong>n tatsächlichen Einnahmen entspricht, können die nachgewiesenen Einnahmen bei<strong>de</strong>r Berechnung angemessen erhöht wer<strong>de</strong>n.• Das Verhältnis <strong>de</strong>r Ausgaben zu <strong>de</strong>n jeweiligen Erträgen darf nicht in einemauffälligen Missverhältnis stehen, an<strong>de</strong>rnfalls können die Ausgaben bei <strong>de</strong>rBerechnung nicht abgesetzt wer<strong>de</strong>n.• Für das monatlich zu berücksichtigen<strong>de</strong> Einkommen ist das Gesamteinkommen imBewilligungszeitraum durch die Anzahl <strong>de</strong>r Monate zu teilen. Wird eineErwerbstätigkeit nur während eines Teils <strong>de</strong>s Bewilligungszeitraums ausgeübt, gilt alsmonatliches Einkommen <strong>de</strong>rjenige Teil <strong>de</strong>s Einkommens, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r Monate,in <strong>de</strong>nen die Erwerbstätigkeit ausgeübt wur<strong>de</strong>, entspricht. Von <strong>de</strong>m Einkommen sinddie Beträge nach § 11 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> abzusetzen.• Ist auf Grund <strong>de</strong>r Erwerbstätigkeit eine jährliche Berechnung <strong>de</strong>s Einkommensangezeigt, soll in die Berechnung <strong>de</strong>s Einkommens auch Einkommen ausselbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb o<strong>de</strong>r Land- und Forstwirtschaft einbezogenwer<strong>de</strong>n, das <strong>de</strong>r Leistungsberechtigte innerhalb von 6 Monaten vor wie<strong>de</strong>rholterAntragstellung erzielt hat, wenn er darauf hingewiesen wor<strong>de</strong>n ist - § 3 Abs. 5 <strong>de</strong>r Alg<strong>II</strong>-V. <strong>Die</strong>se Regelung betrifft vor allem Personen, die sog. saisonale Tätigkeiten, z.B.Eisverkäufer, Strandkorbverleiher, ausüben.• Soweit über die Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt nach § 40 Abs. 2Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vorläufig entschie<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>, kann das Einkommen imBewilligungszeitraum <strong>für</strong> die abschließen<strong>de</strong> Entscheidung geschätzt wer<strong>de</strong>n, wenndas tatsächliche Einkommen nicht innerhalb eines Zeitraums von 2 Monaten nachEn<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Bewilligungszeitraums nachgewiesen wird.14.3.3 Einkommen in sonstigen Fällen - § 4 Alg <strong>II</strong>-VAllgemeinesFür die Berechnung <strong>de</strong>s Einkommens in sonstigen Fällen gelten die Hinweise zur Berechnung<strong>de</strong>s Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit (§ 2 Alg <strong>II</strong>-V) entsprechend.Hierzu gehören• Einkommen aus Sozialleistungen (z.B. Kin<strong>de</strong>rgeld, Unterhaltsvorschuss, Wohngeld,Arbeitslosengeld nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I, „Meister-BAföG“)• Einkommen aus Vermietung und Verpachtung• Einkommen aus Kapitalvermögen• Einkommen aus Wehr-, Ersatz- und Freiwilligendienstverhältnissen• Sonstiges Einkommen, z.B. Bezüge von Gefangenen, Einkommensteuererstattung)201


202Beson<strong>de</strong>rheiten bei einigen Einkommen aus SozialleistungenAnmerkung: Bei <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Beispielen wird bereits mehrmals dieVersicherungspauschale nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg <strong>II</strong>-V in Höhe von 30 Euro erwähnt,Genaueres hierzu siehe unter 14.4.Zum Kin<strong>de</strong>rgeldKin<strong>de</strong>rgeld <strong>für</strong> zur Bedarfsgemeinschaft gehören<strong>de</strong> Kin<strong>de</strong>r ist <strong>de</strong>m Kind als Einkommenzuzuordnen, soweit es <strong>für</strong> die Sicherung seines Lebensunterhalts benötigt wird, mit Ausdarfe<strong>de</strong>r Bedarfe nach § 28 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> - § 11 Abs. 1 Satz 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Wird <strong>de</strong>r Bedarf <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s z.B. durchUnterhaltsleistungen und / o<strong>de</strong>r weiterem eigenen Einkommen ganz o<strong>de</strong>r teilweise ge<strong>de</strong>ckt,ist <strong>de</strong>r die Bedarfs<strong>de</strong>ckung übersteigen<strong>de</strong> Teil <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rgel<strong>de</strong>s <strong>de</strong>m Kin<strong>de</strong>rgeldberechtigtenals Einkommen zuzuordnen.Beispiel:Frau A. lebt mit ihrer 8-jährigen Tochter Sandra zusammen. Sie haben eine Wohnung, <strong>für</strong> diemonatlich 420 Euro Warmmiete anfallen – mit zentraler Warmwasserversorgung. Sandraerhält von ihrem Vater monatlich 350 Euro Unterhalt, daneben wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>rFamilienkasse 184 Euro an Kin<strong>de</strong>rgeld gezahlt. Sandras Bedarf beträgt als Regelleistung 261Euro plus die Hälfte <strong>de</strong>r Warmmiete, also 210 Euro, gesamt also 471 Euro. Sie benötigt damitneben <strong>de</strong>m Unterhalt 121 Euro von <strong>de</strong>m Kin<strong>de</strong>rgeld zur Deckung ihres Bedarfs. EinenAnspruch auf ergänzen<strong>de</strong> <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungen hat sie damit nicht. Von <strong>de</strong>m Kin<strong>de</strong>rgeld wer<strong>de</strong>nvon Sandra also 63 Euro nicht benötigt. <strong>Die</strong>se 63 Euro wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Mutter als Einkommenzugeordnet. Sollten diese 63 Euro das einzige Einkommen <strong>de</strong>r Mutter darstellen, wür<strong>de</strong> vonihnen noch die Versicherungspauschale nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg <strong>II</strong>-V in Höhe von 30 Euroabgezogen wer<strong>de</strong>n, so dass in diesem Fall 33 Euro angerechnet wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>n.→ Kin<strong>de</strong>rgeld <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r, die das 25. Lebensjahr vollen<strong>de</strong>t haben, ist grundsätzlich alsEinkommen <strong>de</strong>m Kin<strong>de</strong>rgeldberechtigten zuzuordnen.Aber:<strong>Die</strong>se Regelung gilt nicht, wenn das Kin<strong>de</strong>rgeld nachweislich an ein nicht im Haushaltleben<strong>de</strong>s Kind weitergeleitet wird - § 1 Abs. 1 Nr. 8 Alg <strong>II</strong>-V. Liegt bei diesem KindHilfebedürftigkeit vor, ist es <strong>de</strong>m Kind als Einkommen zuzuordnen. Der Nachweis kann ineinfachster Form, z. B. durch Überweisungsbeleg, Kopie eines Dauerauftrages, Erklärung<strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s, Abzweigung durch Familienkasse, erbracht wer<strong>de</strong>n, so auch die FachlichenHinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 11, 11a, 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 22.07.2013,Rn. 11.53.


203Zum UnterhaltsvorschussWenn ein Kind vor Vollendung <strong>de</strong>s 12. Lebensjahres einen Anspruch auf Unterhalt hat, <strong>de</strong>rvon <strong>de</strong>m Unterhaltsverpflichteten nicht o<strong>de</strong>r nur teilweise erfüllt wird, kann es Anspruch aufeinen Unterhaltsvorschuss haben. Zuständig da<strong>für</strong> ist die Unterhaltsvorschusskasse <strong>de</strong>szuständigen Jugendamtes. Der Unterhaltsvorschuss min<strong>de</strong>rt als Einkommen ausschließlich<strong>de</strong>n Bedarf <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s!Zum „Meister-BAföG“:<strong>Die</strong>se Leistung wird nach <strong>de</strong>n Vorschriften <strong>de</strong>s Aufstiegsfortbildungsgesetzes (AFBG) gezahlt.Es setzt sich aus einem Maßnahme- und einem Unterhaltsbetrag sowie unter Umstän<strong>de</strong>n <strong>für</strong>Alleinerziehen<strong>de</strong> aus einem Zuschuss zu <strong>de</strong>n notwendigen Kosten <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rbetreuungzusammen. Auf die Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist nur <strong>de</strong>r Unterhaltsbetrag - aberausschließlich auf <strong>de</strong>n Bedarf <strong>de</strong>s Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n! – anzurechnen. Dabei ist unerheblich,dass ein Teil <strong>de</strong>s Unterhaltsbetrags als Darlehen geleistet wird.Zum ElterngeldNach § 10 Abs. 1 bzw. Abs. 3 BEEGAber:• ist Elterngeld bis zur Höhe von monatlich 300 Euro pro Kind anrechnungsfrei (Abs. 1).• Wird Elterngeld aufgrund <strong>de</strong>r Verlängerungsoption (§ 6 Satz 2 BEEG) <strong>für</strong> die doppelteZeit in halber Höhe bezogen, bleiben 150 Euro pro Kind monatlich anrechnungsfrei(Abs. 3).Zum 01.01.2011 wur<strong>de</strong> mit § 10 Abs. 5 BEEG eine Son<strong>de</strong>rregelung <strong>für</strong> die Leistungen nach<strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> und § 6a BKGG (betrifft <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rzuschlag) eingeführt. Danach bleibtdas Einkommen aus Elterngeld in <strong>de</strong>n oben genannten Höhen nur noch dannunberücksichtigt, wenn es sich aus <strong>de</strong>m durchschnittlich erzielten Einkommen vor <strong>de</strong>rGeburt errechnet. <strong>Die</strong>s soll im Folgen<strong>de</strong>n an Beispielen erklärt wer<strong>de</strong>n:Wenn sich das Elterngeld vollständig aus vorhergehen<strong>de</strong>r Erwerbstätigkeit berechnet► wird es bis zur Höhe von 300 Euro nicht angerechnet (wer das Elterngeld auf 2 Jahrestreckt - bis zu 150 Euro) und► von <strong>de</strong>r verbleiben<strong>de</strong>n anzurechnen<strong>de</strong>n Summe wird die 30 Euro-Versicherungspauschaleabgezogen, ggf. auch hier noch weitere Beträge wie KFZ-Haftpflichtversicherung o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>rBetrag <strong>für</strong> die Riester-RenteBeispiel:Frau G. hat vor <strong>de</strong>r Geburt ihres Kin<strong>de</strong>s gearbeitet und erhält nun ein daraus berechnetesElterngeld in monatlicher Höhe von 670 Euro.


Sie erhält dann <strong>de</strong>n maximalen Elterngeldfreibetrag von 300 Euro. Von <strong>de</strong>n verbliebenen 370Euro wird die Versicherungspauschale - 30 Euro - abgezogen. Von <strong>de</strong>m Elterngeld von FrauG. wer<strong>de</strong>n also nur 340 Euro angerechnet.204Wenn sich das Elterngeld nur zum Teil aus vorhergehen<strong>de</strong>r Erwerbstätigkeit berechnet undauf <strong>de</strong>n Min<strong>de</strong>stbetrag von 300 Euro aufgestockt wird► wird <strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>m Erwerbseinkommen errechnete Teil <strong>de</strong>s Elterngel<strong>de</strong>s nicht angerechnetund► vom anzurechnen<strong>de</strong>n Aufstockungsbetrag wird die 30 Euro-Versicherungspauschaleabgezogen, ggf. auch hier noch weitere Beträge wie KFZ-Haftpflichtversicherung o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>rBetrag <strong>für</strong> die Riester-Rente.Beispiel:Frau S. hatte vor <strong>de</strong>r Geburt ihres Kin<strong>de</strong>s einen Minijob und erhielt da<strong>für</strong> 160 Euromonatlich. In diesem Fall erhält sie 160 Euro Elterngeld aus <strong>de</strong>m Minijob berechnet und - dadas Elterngeld min<strong>de</strong>stens 300 Euro beträgt - 140 Euro aufstockend.<strong>Die</strong> 160 Euro wer<strong>de</strong>n nicht angerechnet, von <strong>de</strong>m aufgestockten Betrag von 140 Euro wirddie Versicherungspauschale - 30 Euro - abgezogen. Von <strong>de</strong>m Elterngeld von Frau G.(insgesamt 300 Euro) wer<strong>de</strong>n also nur 110 Euro angerechnet.Wenn das Elterngeld ohne vorherige Erwerbstätigkeit gezahlt wird - also <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>stbetragvon 300 Euro► wird die 30 Euro-Versicherungspauschale abgezogen, ggf. auch hier noch weitere Beträgewie KFZ-Haftpflichtversicherung o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Betrag <strong>für</strong> die Riester-Rente. Es wer<strong>de</strong>n also imAllgemeinen 270 Euro angerechnet.Ergänzen<strong>de</strong> Anmerkung:• Der Geschwisterbonus nach § 2 Abs. 4 BEEG ist nicht anrechnungsfrei.Zum BetreuungsgeldDas Betreuungsgeld, das zum 01.08.2013 eingeführt wur<strong>de</strong>, ist wie das Elterngeld auch imBEEG geregelt. Auch hier gilt nach § 10 Abs. 1 BEEG, dass es bei an<strong>de</strong>ren Sozialleistungen biszu einer Höhe von monatlich 300 Euro anrechnungsfrei bleibt, <strong>für</strong> Leistungsempfänger vonLeistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> o<strong>de</strong>r § 6a BKGG aber nach § 10 Abs. 5 BEEG vollangerechnet wird.


20514.4 DIE EINKOMMENSBEREINIGUNG14.4.1 Vom Einkommen abzusetzen<strong>de</strong> BeträgeNicht das gesamte zu berücksichtigen<strong>de</strong> Einkommen wird angerechnet. Vom Einkommenabzusetzen<strong>de</strong> Beträge nach § 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sind:Nach Nr. 1: Auf das Einkommen entrichtete Steuern ,• Lohn- / Einkommenssteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer, Gewerbesteuer,Kapitalertragssteuer• Aber nicht: sog. Verkehrssteuern, z.B. MehrwertsteuerNach Nr. 2: Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich <strong>de</strong>r Beiträge zurArbeitsför<strong>de</strong>rung,• Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung aufgrund <strong>de</strong>r gesetzlichenVersicherungspflicht (§ 4 <strong>SGB</strong> I): Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung, Beiträge zurArbeitsför<strong>de</strong>rung, Beiträge zur Alterssicherung <strong>de</strong>r Landwirte• die von versicherungspflichtigen Selbständigen im Rahmen <strong>de</strong>r Sozialversicherunggezahlten Pflichtbeiträge <strong>für</strong> die Handwerker- und Unfallversicherung• Pflichtbeiträge nach § 20 Abs. 3 <strong>SGB</strong> XI (Pflegeversicherung) von freiwilligKrankenversichertenNach Nr. 3: Beiträge zu öffentlichen o<strong>de</strong>r privaten Versicherungen, soweit diese Beiträgegesetzlich vorgeschrieben o<strong>de</strong>r nach Grund und Höhe angemessen sind,Dazu gehören Beiträgea) zur Vorsorge <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Fall <strong>de</strong>r Krankheit und <strong>de</strong>r Pflegebedürftigkeit <strong>für</strong> Personen, diein <strong>de</strong>r gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig sind,b) zur Altersvorsorge von Personen, die von <strong>de</strong>r Versicherungspflicht in <strong>de</strong>r gesetzlichenRentenversicherung befreit sind,soweit die Beiträge nicht nach § 26 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bezuschusst wer<strong>de</strong>n.• Gesetzlich vorgeschrieben sind zum Beispiel:o die Kfz-Haftpflichtversicherung. Da das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> je<strong>de</strong>m erwerbsfähigenHilfebedürftigen <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft ein angemessenes Kraftfahrzeugzubilligt – siehe § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, im Wert von bis zu 7.500 Euro (BSG, Entscheidung vom 06.09.2007 – B 14/7b AS 66/06 R) – muss dieseVersicherung absetzbar sein – so auch die Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur<strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 11, 11a, 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 22.07.2013, Rn. 11.132.o Berufshaftpflicht- und Vermögensscha<strong>de</strong>nhaftpflichtversicherung <strong>für</strong> bestimmteBerufsgruppen, z. B. Rechtsanwälte und Notare.• Nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber als <strong>de</strong>m Grun<strong>de</strong> nach angemessen wer<strong>de</strong>nangesehen zum Beispiel eine private Familienhaftpflichtversicherung, eineHausratversicherung o<strong>de</strong>r auch eine Sterbegeldversicherung bei älteren Menschen.


Allerdings bleibt kaum ein Spielraum <strong>für</strong> die Prüfung <strong>de</strong>r Angemessenheit. Denn § 6Abs. 1 Nr. 1 Alg <strong>II</strong>-V begrenzt die Höhe <strong>de</strong>r absetzbaren Beiträge auf monatlich 30Euro vom Einkommen volljähriger Leistungsberechtigter, die pauschal abgesetztwer<strong>de</strong>n (sogenannte Versicherungspauschale). Das BSG hat die Pauschalisierung alsermächtigungskonform bestätigt ( z. B. BSG, Entscheidung vom 16.08.2008 – B 14AS 55/07 R). <strong>Die</strong> 30 Euro sind pauschal unabhängig vom tatsächlichen Abschluss einerVersicherung abzusetzen, vgl. auch Geiger in LPK <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5. Aufl. zu § 11b, Rn. 6206Achtung!Da die Pauschale <strong>für</strong> angemessene private Versicherungen also vom Einkommeneines je<strong>de</strong>n volljährigen Mitglieds einer Bedarfsgemeinschaft monatlich abgesetztwer<strong>de</strong>n kann, kann diese Pauschale also auch vom Kin<strong>de</strong>rgeld <strong>de</strong>r 18- bis 24-jährigenKin<strong>de</strong>r abgesetzt wer<strong>de</strong>n, zur Zuordnung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rgel<strong>de</strong>s vgl. unter 14.3.3.Vom Einkommen min<strong>de</strong>rjähriger Kin<strong>de</strong>r ist diese Pauschale nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Alg<strong>II</strong>-V nur absetzbar, wenn diese tatsächlich eine entsprechen<strong>de</strong> Versicherungabgeschlossen haben, unabhängig von <strong>de</strong>ren Höhe.Nicht unter die vorgenannte Pauschale fallen die Beiträge <strong>für</strong> die weiter oben untera) und b) genannten Versicherungen, die die Gesundheits- und Altersvorsorge <strong>de</strong>rMitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft sichern, die nicht <strong>de</strong>r gesetzlichenKrankenversicherungspflicht unterliegen und die von <strong>de</strong>r gesetzlichenRentenversicherung befreit sind. <strong>Die</strong>se Beiträge können in nachgewiesener Höheabgesetzt wer<strong>de</strong>n.Nach Nr. 4: geför<strong>de</strong>rte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 EStG, soweit sie <strong>de</strong>n Min<strong>de</strong>steigenbetragnach § 86 EStG nicht übersteigen,• Es han<strong>de</strong>lt sich um die nach <strong>de</strong>m EStG geför<strong>de</strong>rten Beiträge zu einemAltersvorsorgevertrag <strong>de</strong>r sog. Riester-Rente. Der Min<strong>de</strong>steigenbetrag betrug 20052%, höchstens aber 1.050 Euro, ab 2006 3%, höchstens aber 1.575 Euro und ab <strong>de</strong>mJahr 2008 jährlich 4%, höchstens aber 2.100 Euro <strong>de</strong>r Summe <strong>de</strong>r imvorangegangenen Kalen<strong>de</strong>rjahr erzielten beitragspflichtigen Einnahmen im Sinne <strong>de</strong>s<strong>SGB</strong> VI, davon sind folgen<strong>de</strong> Beträge, um die sich <strong>de</strong>r zu leisten<strong>de</strong> Eigenanteilverringert, abzuziehen, vgl. die Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu<strong>de</strong>n §§ 11, 11a, 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 22.07.2013, Rn. 11.139:JahrGrundzulage Zulage je Kind2005ab 2006ab 2008(jährlich)76 €114 €154 €(jährlich)92 €138 €185 €300 €<strong>für</strong> ab 01.01.2008geborene Kin<strong>de</strong>r


207Nach Nr. 5: die mit <strong>de</strong>r Erzielung <strong>de</strong>s Einkommens verbun<strong>de</strong>nen notwendigen Ausgaben,steuerrechtlich die Werbungskosten, z. B.• Beiträge zu Berufsverbän<strong>de</strong>n und Gewerkschaften• Kin<strong>de</strong>rbetreuungskostenAnm.: Gebühren und Beiträge zu Kin<strong>de</strong>rtagesstätten sind jedoch vorrangig imRahmen <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- und Jugendhilfe nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> V<strong>II</strong>I zu übernehmen(§ 90 Abs. 3 <strong>SGB</strong> V<strong>II</strong>I).• Aufwendungen <strong>für</strong> Berufskleidung, Arbeitsmittel• Fahrtkosten, Reisekosten• Bewerbungskosten, Fachliteratur, Fortbildung• Kosten einer notwendigen doppelten Haushaltsführung.• Mehraufwendungen <strong>für</strong> Verpflegung, die während einer auswärtigenErwerbstätigkeit auftreten können, können unabhängig vom Steuerrecht bei einerAbwesenheitsdauer von mehr als 12 Stun<strong>de</strong>n abgezogen wer<strong>de</strong>n. Je Kalen<strong>de</strong>rtagkann hier<strong>für</strong> eine Pauschale von 6 Euro vom Einkommen abgesetzt wer<strong>de</strong>n: - § 6 Abs.3 <strong>de</strong>r Alg <strong>II</strong>-VNach § 6 Abs. 1 Nr. 3a) Alg <strong>II</strong>-V sind vom Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit<strong>für</strong> die Aufwendungen monatlich pauschal 15,33 Euro abzusetzen, soweit nicht höhereAusgaben nachgewiesen wer<strong>de</strong>n. Bei selbständiger Tätigkeit erfolgt <strong>de</strong>r Abzug bereits imRahmen <strong>de</strong>r Berechnung <strong>de</strong>s Einkommens.Zusätzlich sind bei allen Formen <strong>de</strong>r Erwerbstätigkeit als Wegstreckenentschädigung beiBenutzung eines Kraftfahrzeuges <strong>für</strong> Wegstrecken zwischen Wohnung und Arbeitsstättezur Ausübung <strong>de</strong>r Erwerbstätigkeit 0,20 Euro <strong>für</strong> je<strong>de</strong>n Entfernungskilometer <strong>de</strong>rkürzesten Straßenverbindung abzusetzen - § 6 Abs. 1 Nr. 3b) Alg <strong>II</strong>-V.Beispiel:Bei einer Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 12 Kilometern und einer5-Tagewoche, bei <strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweisen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu<strong>de</strong>n §§ 11, 11a, 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 22.07.2013, Rn. 11.153, 19 Arbeitstage zugrun<strong>de</strong> zulegen sind, ergibt sich so ein Betrag von 45,60 Euro.Aber: Begrenzung <strong>de</strong>r Wegstreckenentschädigung:Sofern die Berücksichtigung <strong>de</strong>s Pauschbetrages im Vergleich zu <strong>de</strong>n bei Benutzung eineszumutbaren öffentlichen Verkehrsmittels anfallen<strong>de</strong>n Fahrtkosten unangemessenhoch ist, sind nur diese als Pauschbetrag abzusetzen. - § 6 Abs. 2 Alg <strong>II</strong>-VBeispiel:Frau K. wohnt in Berlin-Hohenschönhausen und fährt je<strong>de</strong>n Tag nach Berlin-Spandau zurArbeit. <strong>Die</strong> Fahrstrecke zur Arbeitsstelle beträgt ca. 25 km. Bei Anwendung <strong>de</strong>r


Pauschalregelung wür<strong>de</strong>n sich also 25 (km) x 19 (Tage) x 0,20 (Euro) = 95 Euro zuberücksichtigen<strong>de</strong> Fahrtkosten ergeben.Wenn die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels zumutbar ist, was in <strong>de</strong>nmeisten Fällen <strong>de</strong>r Fall ist, wür<strong>de</strong> nur <strong>de</strong>r <strong>für</strong> das Sozialticket in Berlin anfallen<strong>de</strong>Betrag von 36 Euro anerkannt wer<strong>de</strong>n.208Bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sind aber in je<strong>de</strong>m Fall die tatsächlichennotwendigen nachgewiesenen Kosten in Abzug zu bringen.Nach Nr. 6: <strong>für</strong> Erwerbsfähige ist ferner ein so genannter Erwerbstätigenfreibetrag nach§ 11b Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> abzusetzen,Genaueres zum Erwerbstätigenfreibetrag siehe weiter unten unter 14.4.2Nach Nr. 7: Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu <strong>de</strong>min einem Unterhaltstitel o<strong>de</strong>r in einer notariell beurkun<strong>de</strong>tenUnterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag,Nach Nr. 8: bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, <strong>de</strong>ren Einkommen nach <strong>de</strong>m ViertenAbschnitt <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sausbildungsför<strong>de</strong>rungsgesetzes o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r §§ 71 o<strong>de</strong>r 108<strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I bei <strong>de</strong>r Berechnung <strong>de</strong>r Leistungen <strong>de</strong>r Ausbildungsför<strong>de</strong>rung <strong>für</strong>min<strong>de</strong>stens ein Kind berücksichtigt wird, <strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>n Vorschriften <strong>de</strong>rAusbildungsför<strong>de</strong>rung berücksichtigte Betrag.Beispiel:Ergibt sich aus <strong>de</strong>m BAföG-Bescheid <strong>für</strong> das studieren<strong>de</strong> Kind, dass auf seinen Bedarf aus<strong>de</strong>m Einkommen seines Vaters 210 Euro angerechnet wer<strong>de</strong>n, ist dieser Betrag bei <strong>de</strong>rBereinigung <strong>de</strong>s Einkommens <strong>de</strong>s Vaters abzusetzen.Generelle Pauschalisierung zu <strong>de</strong>n Positionen 3. bis 5. bei Erwerbstätigkeit( so genannterGrundfreibetrag):„Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die erwerbstätig sind, ist an Stelle <strong>de</strong>r Beträgenach Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 ein Betrag von insgesamt 100 Euro monatlich abzusetzen.Beträgt das monatliche Einkommen mehr als 400 Euro, gilt Satz 1 nicht, wenn die o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>rerwerbsfähige Leistungsberechtigte nachweist, dass die Summe <strong>de</strong>r Beträge nach Satz 1 Nr.3 bis 5 <strong>de</strong>n Betrag von 100 Euro übersteigt.“ - § 11b Abs. 2 Sätze 2, 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• Das be<strong>de</strong>utet, dass bis zu einem Einkommen von 400 Euro immer pauschal (nur) 100Euro abgesetzt wer<strong>de</strong>n können, unabhängig davon, ob Beträge o<strong>de</strong>r Pauschalen nachNr. 3 bis 5 konkret geltend gemacht wer<strong>de</strong>n können und falls ja, wie hoch diese imEinzelfall sind.


• Dasselbe gilt auch, wenn das Einkommen – es geht immer um das Bruttoeinkommen– <strong>de</strong>n Betrag von 400 Euro übersteigt. Wenn aber in diesem Fall <strong>de</strong>r erwerbsfähigeLeistungsberechtigte nachweisen kann, dass die Summe <strong>de</strong>r Beträge nach Nr. 3 bis 5<strong>de</strong>n Betrag von 100 Euro übersteigt, ist dieser höhere Betrag abzusetzen!Beispiel:<strong>Die</strong> Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beträgt 20 km an 19Arbeitstagen im Monat – öffentliche Verkehrsmittel sind nicht vorhan<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r nichtzumutbar - dazu existiert eine Hausratversicherung und eine privateHaftpflichtversicherung.→ <strong>Die</strong> Entfernungspauschale beträgt 76 Euro (20 (km) x 19 (Tage) x 0,20 (Euro),→ die Pauschale <strong>für</strong> Versicherungen 30 Euro,→ die Werbungskostenpauschale 15,33 Euro= zusammen 121,33 Euro – also ist dieser Betrag anstelle <strong>de</strong>r Pauschale von 100 Euroabsetzbar.209• Nach <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweisen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 11, 11a, 11b<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 22.07.2013, Rn. 11.167, kann auch bei Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n in einerberuflichen betrieblichen o<strong>de</strong>r überbetrieblichen Ausbildung, <strong>de</strong>renAusbildungsvergütung unter 400 Euro monatlich liegt, auch ein 100 Euroübersteigen<strong>de</strong>r Betrag abgesetzt wer<strong>de</strong>n, wenn die Kosten <strong>für</strong> Ausbildungsmaterialund Fahrtkosten notwendig entstehen und nachgewiesen wer<strong>de</strong>n. Eine gesetzlicheGrundlage fehlt hier<strong>für</strong> allerdings.• Son<strong>de</strong>rregelung zur sogenannten Übungsleiterpauschale - § 11b Abs. 2 Satz 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>:Erhält eine Person min<strong>de</strong>stens aus einer Tätigkeit Bezüge o<strong>de</strong>r Einnahmen, die nach §3 Einkommensteuergesetz (EStG)o Nummer 12 (als Aufwandsentschädigung gezahlte Bezüge einer Bun<strong>de</strong>s- o<strong>de</strong>rLan<strong>de</strong>skasse),o Nummer 26 (Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter,Ausbil<strong>de</strong>r, Erzieher, Betreuer o<strong>de</strong>r vergleichbaren nebenberuflichenTätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>rnebenberuflichen Pflege alter, kranker o<strong>de</strong>r behin<strong>de</strong>rter Menschen im <strong>Die</strong>nsto<strong>de</strong>r im Auftrag einer juristischen Person <strong>de</strong>s öffentlichen Rechts)o Nummer 26a (Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten im <strong>Die</strong>nst o<strong>de</strong>rAuftrag einer juristischen Person <strong>de</strong>s öffentlichen Rechts zur För<strong>de</strong>runggemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke) o<strong>de</strong>ro Nummer 26b (Aufwandsentschädigungen nach § 1835a BGB –Aufsatzentschädigung <strong>für</strong> Vormün<strong>de</strong>r)steuerfrei sind, erhöht sich <strong>de</strong>r abzusetzen<strong>de</strong> Pauschalbetrag von 100 Euro auf bis zu200 Euro. Höhere Aufwendungen können bei Nachweis abgesetzt wer<strong>de</strong>n, hier giltalso nicht die 400-Euro-Grenze.


210Ein Beispiel zur Berechnung siehe unter 14.4.3 – Berechnungsbeispiel 2.Es besteht ein sachlicher Zusammenhang zu <strong>de</strong>r Freibetragsregelung <strong>de</strong>s § 11b Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>,bereits erwähnt vorgehend unter Nummer 6:14.4.2 Der Erwerbstätigenfreibetrag nach § 11b Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>§ 11b Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> enthält in seiner jetzigen Fassung folgen<strong>de</strong> Regelung:Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die erwerbstätig sind, ist von <strong>de</strong>m monatlichenEinkommen aus Erwerbstätigkeit ein weiterer Betrag abzusetzen.• <strong>Die</strong>ser beläuft sich <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Teil <strong>de</strong>s monatlichen (Brutto)Einkommens, das 100 Euroübersteigt und nicht mehr als 1.000 Euro beträgt, auf 20% (d.h. die ersten 100 Eurofallen im Rahmen <strong>de</strong>s § 11b Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sozusagen unter <strong>de</strong>n Tisch, weil sie jabereits nach § 11b Abs. 2 Satz 2/3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> – <strong>de</strong>r Grundfreibetrag - berücksichtigtwor<strong>de</strong>n sind) und• <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Teil <strong>de</strong>s monatlichen Einkommens, das 1.000 Euro übersteigt und nicht mehrals 1.200 Euro beträgt, auf 10%.• An Stelle <strong>de</strong>s Betrages von 1.200 Euro tritt <strong>für</strong> erwerbsfähige Leistungsberechtigte,die entwe<strong>de</strong>r mit min<strong>de</strong>stens einem min<strong>de</strong>rjährigen Kind in Bedarfsgemeinschaftleben, o<strong>de</strong>r die min<strong>de</strong>stens ein min<strong>de</strong>rjähriges Kind haben, ein Betrag von 1.500Euro. (Hier steht die Beschränkung auf min<strong>de</strong>rjährige Kin<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Ausweitung <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft auf Kin<strong>de</strong>r, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollen<strong>de</strong>t haben,in Wi<strong>de</strong>rspruch.)Damit beträgt <strong>de</strong>r Höchstbetrag, <strong>de</strong>r nach § 11b Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> absetzbar ist:• ohne Kind 200 Euro:20% von 900 Euro = 180 Euro plus 10% von 200 Euro = 20 Euro• mit min<strong>de</strong>rjährigem Kind 230 Euro:20% von 900 Euro = 180 Euro plus 10% von 500 Euro = 50 EuroBei Erwerbstätigkeit sind also immer min<strong>de</strong>stens 100 Euro absetzbar; in diesen Sockelbetraggehen die Beträge nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> auf, es sei <strong>de</strong>nn, das Einkommenist höher als 400 Euro und die Summe <strong>de</strong>r Beträge nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>ist nachweislich höher als 100 Euro (bzw. die weiter oben genannte Son<strong>de</strong>rregelung zursogenannten „Übungsleiterpauschale“ trifft zu).Ist das nicht <strong>de</strong>r Fall, ist – abgesehen von Steuern und Beiträgen zur Sozialversicherungsowie Arbeitsför<strong>de</strong>rung – ohne Kin<strong>de</strong>r ein Maximalbetrag von 300 Euro absetzbar, d.h. nichtauf <strong>de</strong>n Bedarf anzurechnen, mit min<strong>de</strong>rjährigen Kin<strong>de</strong>rn ein Maximalbetrag von 330 Euro.Ist die Summe <strong>de</strong>r Beträge nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nachweislich höher als100 Euro, erhöhen sich die Maximalbeträge um <strong>de</strong>n Betrag, um <strong>de</strong>n diese Summe <strong>de</strong>nBetrag von 100 Euro übersteigt.


211Der Erwerbstätigenfreibetrag steht nach Rn. 161 f. <strong>de</strong>r Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>rBun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 11, 11a, 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 22.07.2013, auch zu• während <strong>de</strong>r Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, nicht aber <strong>für</strong> <strong>de</strong>n anschließen<strong>de</strong>nBezug von Krankengeld,• Alg I-Beziehern <strong>für</strong> Einkommen aus einer Nebentätigkeit, nicht jedoch <strong>für</strong> dasArbeitslosengeld,• Beziehern eines Zuschusses zum Mutterschaftsgeld, jedoch nicht <strong>für</strong> dasMutterschaftsgeld,• Beziehern von Insolvenzgeld und• Beziehern von Kurzarbeitergeld.Aus <strong>de</strong>r Praxis:Anfänger tun sich nach meiner Erfahrung häufig bei <strong>de</strong>r Berechnung <strong>de</strong>s anzurechnen<strong>de</strong>nEinkommens schwer. Darum hier einige Ver<strong>de</strong>utlichungen:• Der Erwerbstätigenfreibetrag errechnet sich nach <strong>de</strong>m Bruttoeinkommen,Erwerbstätigenfreibetrag und Grundfreibetrag (im allgemeinen die 100 Euro) wer<strong>de</strong>ndann vom Nettoeinkommen abgezogen.• Bei mehreren Ewerbseinkommen wer<strong>de</strong>n diese zusammen gezählt und nicht einzelnberechnet.• Bei sogenanntem „mühelosen“ Einkommen, z.B. Arbeitslosengeld I, Krankengeld,Kin<strong>de</strong>rgeld, Rente – hier<strong>für</strong> wird ja keine Arbeitsleistung erbracht – kann<strong>de</strong>mentsprechend <strong>de</strong>r Erwerbstätigenfreibetrag nicht geltend gemacht wer<strong>de</strong>n. ZumAbzug können hier nur kommen die Versicherungspauschale in Höhe von monatlich 30Euro und ggf. zusätzlich die Beiträge <strong>für</strong> eine KFZ-Haftpflicht und Riesterrente.14.4.3 BerechnungsbeispieleBerechnungsbeispiel 1:Frau B. hat einen Minijob mit 400 Euro monatlich.• Zunächst bleiben 100 Euro frei (generelle Pauschalisierung zu <strong>de</strong>n Positionen 3. bis5.) bei Erwerbstätigkeit = Grundfreibetrag - § 11b Abs. 2 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• Dann noch einmal 20% von 300 Euro = 60 Euro (Erwerbstätigenfreibetrag nach § 11bAbs. 3 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)→ insgesamt also 160 Euro;→ auf <strong>de</strong>n Bedarf von Frau B. sind 240 Euro als bereinigtes Einkommen anzurechnen.


212Anmerkung:Wer einen Minijob ausführt, kann sich von <strong>de</strong>r Rentenversicherungspflicht befreien lassen.Wenn Frau B. aber Beiträge bezahlen wür<strong>de</strong> – was ich auch <strong>de</strong>n meisten empfehlen wür<strong>de</strong> –sind diese Beiträge auch als Pflichtbeitrag nach § 11b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vomEinkommen abzusetzen, so auch die Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu §§11, 11a, 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 22.07.2013, Rn. 11.130.Berechnungsbeispiel 2:Frau B. hat einen Minijob mit 400 Euro monatlich. Hinzu kommt eine Übungsleitertätigkeit,<strong>für</strong> die sie 200 Euro monatlich erhält.• Das Gesamteinkommen von Frau B. beträgt 600 Euro.• Der Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> beträgt 200 Euro.• Der Erwerbstätigenfreibetrag nach § 11b Abs. 3 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> beträgt 20% von 500Euro = 100 Euro→ insgesamt also 300 Euro;→ auf <strong>de</strong>n Bedarf von Frau B. sind 300 Euro als bereinigtes Einkommen anzurechnen.Berechnungsbeispiel 3:Ein Ehepaar wohnt mit zwei kleinen Kin<strong>de</strong>rn im Alter von 2 und 4 Jahren in Berlin. <strong>Die</strong>Ehefrau ist erwerbsfähig, aber nicht erwerbstätig. Mit Blick auf § 10 Abs. 1 Nr. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist ihreine Erwerbstätigkeit <strong>de</strong>rzeit nicht zumutbar. Der Ehemann und Vater <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r erzielt einEinkommen aus abhängiger Beschäftigung von 1.651 Euro brutto im Monat. Es besteheneinige private Versicherungen und <strong>de</strong>r Weg von <strong>de</strong>r Wohnung zur Arbeitsstätte beträgt 20Kilometer.<strong>Die</strong> Einkommensbereinigung nach § 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vollzieht sich wie folgt schrittweise:Das Einkommen ist nach § 11b Abs. 1 Nr. 1 bis 6 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> i.V.m. § 11b Abs. 3 Nr. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zubereinigen:• Einkommenssteuern und Solidaritätszuschlag fallen in Steuerklasse <strong>II</strong>I, in <strong>de</strong>r sich <strong>de</strong>rEhemann befin<strong>de</strong>t, bei seinem Bruttoverdienst noch nicht an. Bei einemBruttoverdienst von 1.651 Euro monatlich kommt § 11b Abs. 1 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> also nichtzum Tragen.


• Sodann sind nach § 11b Abs. 1 Nr. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherungund die Beiträge zur Arbeitsför<strong>de</strong>rung abzuziehen. In <strong>de</strong>r Praxis geschieht dies imLohnabzugsverfahren durch <strong>de</strong>n Arbeitgeber, so dass die Vorlage vonVerdienstabrechnungen <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Aufschluss gibt. In <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>llrechnungbietet es sich an, <strong>für</strong> diese Arbeitnehmeranteile eine Pauschale von 21% <strong>de</strong>sBruttoverdienstes abzuziehen. <strong>Die</strong>se Sozialversicherungspauschale ist § 153 Abs. 1Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I entnommen. Es ergibt sich ein Abzugsbetrag von 346,71 Euro – damitverbleiben 1.304,29 Euro als arbeitsrechtlicher Nettobetrag.• <strong>Die</strong> Beträge nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bleiben unter 100 Euro (30Euro <strong>für</strong> Versicherungen, 15,33 Euro als Werbungskostenpauschale und statt <strong>de</strong>r76,00 Euro - <strong>für</strong> 19 Tage, vgl. die Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeitzu <strong>de</strong>n §§ 11, 11a, 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 22.07.2013, Rn. 11.153 - Entfernungspauschalenur 36 Euro <strong>für</strong> das Sozialticket entsprechend § 6 Abs. 2 Alg <strong>II</strong>-V = 81,33 Euro), so dassnach § 11b Abs. 2 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>de</strong>r Betrag von 100 Euro abzusetzen ist.• Der Freibetrag nach § 11b Abs. 3 Nr. 1 und 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> errechnet sich wie folgt:20% von 900 Euro = 180 Europlus 10% von 500 Euro = 50 Euro (da mit Kin<strong>de</strong>rn, 1.500 Euro Höchstgrenze)= 230 Euro→ Insgesamt ergeben sich 330 Euro als Absetzungsbetrag vom arbeitsrechtlichen Netto;→ Das bereinigte Einkommen beträgt 1.304,29 Euro – 330 Euro = 974,29 Euro.21314.5 BERÜCKSICHTIGUNG DES EINKOMMENS ANDERER PERSONEN14.5.1 Bei Personen, zwischen <strong>de</strong>nen eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne <strong>de</strong>s § 7 Abs. 3<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> besteht:• Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen undVermögen <strong>de</strong>s Partners zu berücksichtigen - § 9 Abs. 2 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• Haben Eltern o<strong>de</strong>r Elternteile sowie <strong>de</strong>ren Partner Einkommen, ist das Einkommenzur Bedarfs<strong>de</strong>ckung ihrer noch nicht 25 Jahre alten, unverheirateten Kin<strong>de</strong>reinzusetzen - § 9 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>..• Mit <strong>de</strong>r Einbeziehung von Partnern durch das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> – Fortentwicklungsgesetz ist dieGrundlage da<strong>für</strong> geschaffen wor<strong>de</strong>n, dass auch das Einkommen von Stiefelternteileno<strong>de</strong>r von Partnern im Sinne <strong>de</strong>s § 7 Abs. 3 Nr. 3b) und c) <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zur Bedarfs<strong>de</strong>ckungvon noch nicht 25 Jahre alten Kin<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren Ehepartners o<strong>de</strong>r Partnersherangezogen wird.Das Bun<strong>de</strong>ssozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 13.11.2008 – B 14 AS 2/08 Rentschie<strong>de</strong>n, dass ein Stiefkind keinen Anspruch auf Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> beiausreichen<strong>de</strong>m Einkommen <strong>de</strong>s neuen Partners <strong>de</strong>r Mutter in einer Patchworkfamilie


hat. Der Senat hält zwar die im Schrifttum und in <strong>de</strong>r Rechtsprechung <strong>de</strong>r Instanzengeäußerten verfassungsrechtlichen Be<strong>de</strong>nken gegen § 9 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>für</strong>beachtenswert, letztlich aber nicht durchgreifend. Das Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht hatam 29.05.2013 eine Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> zu dieser Problematik wegenUnzulässigkeit nicht zur Entscheidung angenommen – 1 BvR 1083/09.214Ausführlich zu <strong>de</strong>r Problematik <strong>de</strong>s Stiefelternunterhalts siehe Exkurs im Kapitel7.1.2• <strong>Die</strong> Berücksichtigung von Einkommen von Eltern, Elternteilen sowie <strong>de</strong>ren Partnernerfolgt nicht bei einem Kind, das schwanger ist o<strong>de</strong>r sein Kind bis zur Vollendung <strong>de</strong>s6. Lebensjahres betreut.Nach <strong>de</strong>r Gesetzesbegründung BT-Drucksache 15/1516, 53 dient diese Einschränkung<strong>de</strong>m Schutz <strong>de</strong>s ungeborenen Lebens. Sie soll sicherstellen, dass schwangere Kin<strong>de</strong>rnicht wegen <strong>de</strong>s ansonsten üblichen Einsatzes <strong>de</strong>s Elterneinkommens <strong>für</strong> die in <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>r zu einem Schwangerschaftsabbruch veranlasstwer<strong>de</strong>n.• Wenn noch nicht 25 Jahre alte, unverheiratete Kin<strong>de</strong>r über Einkommen verfügen, dasihren Bedarf übersteigt, fin<strong>de</strong>t also im Verhältnis zu bedürftigen Eltern o<strong>de</strong>rElternteilen keine Einkommensberücksichtigung über § 9 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> statt.• Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht <strong>de</strong>r gesamte Bedarf aus eigenen Kräften undMitteln ge<strong>de</strong>ckt, so gilt je<strong>de</strong> Person <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis <strong>de</strong>seigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig - § 9 Abs. 2 Satz 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Ausführlich zu <strong>de</strong>r Problematik <strong>de</strong>r Verteilung <strong>de</strong>s Einkommens innerhalb <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft siehe Exkurs im Kapitel 6.3 und im Beispiel unter 14.7. Unter14.7 fin<strong>de</strong>t sich auch ein allgemeines Schema zur Einkommensverteilung.14.5.2 Bei Personen, zwischen <strong>de</strong>nen eine Haushaltsgemeinschaft im Sinne <strong>de</strong>s § 9 Abs. 5<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> besteht:• Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten o<strong>de</strong>rVerschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweitdies nach <strong>de</strong>ren Einkommen (o<strong>de</strong>r Vermögen) erwartet wer<strong>de</strong>n kann - § 9 Abs. 5 <strong>SGB</strong><strong>II</strong>.• <strong>Die</strong>se Regelung betrifft:


- z.B. volljährige Kin<strong>de</strong>r, die im Haushalt wohnen, das 25. Lebensjahr vollen<strong>de</strong>thaben und bei <strong>de</strong>nen sich ein Einkommensüberschuss ergibt, im Verhältnis zubedürftigen min<strong>de</strong>rjährigen Geschwistern o<strong>de</strong>r im Verhältnis zu bedürftigenEltern o<strong>de</strong>r Elternteilen,- im Übrigen beim Zusammenleben mit Verwandten o<strong>de</strong>r Verschwägerten, dienicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören.• <strong>Die</strong> Vermutung ist wi<strong>de</strong>rlegbar – davon geht auch die Gesetzesbegründung aus. Fürdie Wi<strong>de</strong>rlegung <strong>de</strong>r Vermutung reicht im Regelfall eine Glaubhaftmachung – eineBenennung geeigneter Tatsachen - o<strong>de</strong>r zweifelsfreie Versicherung aus, einGegenbeweis braucht nicht geführt wer<strong>de</strong>n, vgl. so auch Schoch in LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5.Aufl., zu § 9, Rn. 58.• <strong>Die</strong> Anwendung <strong>de</strong>s § 9 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist <strong>für</strong> zur Haushaltsgemeinschaft gehören<strong>de</strong>,bedürftige Schwangere sowie bedürftige Mütter und Väter, die ihr Kind bis zumErreichen <strong>de</strong>s 6. Lebensjahres betreuen, ausgeschlossen – <strong>de</strong>r in § 9 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>enthaltene Schutzgedanke muss auch <strong>für</strong> die Haushaltsgemeinschaft greifen, so auchSchoch in LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5. Aufl., zu § 9, Rn. 51.Wie erfolgt die Anrechnung? Welcher Selbstbehalt bleibt Verwandten o<strong>de</strong>rVerschwägerten? - § 1 Abs. 2 <strong>de</strong>r Alg <strong>II</strong> – V• Zunächst sind die zu berücksichtigen<strong>de</strong>n Einkommen um die Absetzbeträge nach §11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zu min<strong>de</strong>rn.• Soweit sie einen Freibetrag in Höhe <strong>de</strong>s doppelten Betrages <strong>de</strong>s nach § 20 Abs. 2 Satz1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> maßgeben<strong>de</strong>n Regelbedarfs zuzüglich <strong>de</strong>r anteiligen Aufwendungen <strong>für</strong>Unterkunft und Heizung sowie darüber hinausgehend 50 Prozent <strong>de</strong>r diesenFreibetrag übersteigen<strong>de</strong>n bereinigten Einnahmen nicht überschreiten, sind sie in <strong>de</strong>rRegel nicht als Einkommen zu berücksichtigen.215Berechnungsbeispiel:Frau A. ist alleinerziehend und wohnt mit ihren Kin<strong>de</strong>rn im Alter von 3 und 5 Jahren in Berlin.Im gleichen Haushalt lebt auch die Mutter von Frau A, die Großmutter <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r. <strong>Die</strong>angemessene Miete einschließlich <strong>de</strong>r Heizkosten beträgt 520 Euro. Frau A ist <strong>für</strong> sich unddie Kin<strong>de</strong>r auf Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> angewiesen.<strong>Die</strong> Großmutter G. verfügt über ein im Sinne <strong>de</strong>s § 11b Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bereinigtes Einkommenvon 1.180 Euro.• Der Selbstbehalt <strong>für</strong> die Großmutter errechnet sich wie folgt:→ doppelter Satz <strong>de</strong>s nach § 20 Abs. 2 Satz 1 maßgeben<strong>de</strong>n Regelbedarfs:2 x 391 Euro = 782 Euro +→ anteilige Aufwendungen <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung:1/4 von 520 Euro Warmmiete = 130 Euro =


216→ Freibetrag: 912 Euro→ übersteigen<strong>de</strong> bereinigten Einnahmen:1.180 Euro – 912 Euro = 268 Euro,→ davon 50 % = 134 Euro• <strong>Die</strong> gesetzliche Vermutung lautet, dass die Großmutter also in Höhe von 134 Eurozum Unterhalt <strong>für</strong> ihre Tochter und ihre Enkelkin<strong>de</strong>r beiträgt. Es sei <strong>de</strong>nn, sieentkräftet die gesetzliche Vermutung.Achtung!Aufgrund individueller Beson<strong>de</strong>rheiten kommt auch eine abweichen<strong>de</strong> Berechnung inBetracht, die zu einem höheren Selbstbehalt führen kann. Als beson<strong>de</strong>re Belastungen, dievom Einkommen abgezogen wer<strong>de</strong>n können, können z.B. gelten, vgl. Fachliche Hinweise <strong>de</strong>rBun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 9 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 21.01.2013, Rn. 9.32:• Unterhaltszahlungen an Unterhaltsberechtigte außerhalb <strong>de</strong>r Haushaltsgemeinschaft• Beiträge zu Versicherungen (Hun<strong>de</strong>haftpflicht, Rechtsschutzversicherung, etc.)• Kosten <strong>für</strong> die eigene Fort- und Weiterbildung,• Son<strong>de</strong>rbedarfe, beispielsweise <strong>für</strong> orthopädische Hilfen in <strong>de</strong>r Höhe, wie sie beim Bezugvon Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> übernommen wür<strong>de</strong>n,• Zinsen und Tilgungsbeiträge aus Schuldverpflichtungen,• Bedarfe <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe entsprechend § 28 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.14.6 BESONDERHEITEN BEI DER EINKOMMENSBERÜCKSICHTIGUNG VON KINDERNEs gilt <strong>de</strong>r Grundsatz, dass das Einkommen bei <strong>de</strong>r Person zu berücksichtigen ist, die dasEinkommen erzielt, die also Anspruch auf die jeweilige Leistung hat, und auf <strong>de</strong>ren Bedarfanzurechnen ist.Bei Leistungen im Zusammenhang mit Kin<strong>de</strong>rn ist zu unterschei<strong>de</strong>n zwischen:• originärem Einkommen <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r und• ihnen zuzurechnen<strong>de</strong>m Einkommen.Zum originären Einkommen von Kin<strong>de</strong>rngehört typischerweise gezahlter Kin<strong>de</strong>sunterhalt, eine Halbwaisenrente o<strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>rUnterhaltsvorschuss nach <strong>de</strong>m UVG, aber auch z.B. aus einer Erwerbstätigkeit <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s.<strong>Die</strong>se Einkommensarten dürfen nicht, auch wenn sie <strong>de</strong>n Bedarf <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s übersteigen, beibedürftigen Eltern o<strong>de</strong>r Elternteilen angerechnet wer<strong>de</strong>n!Bei zwei an<strong>de</strong>ren Leistungen im Zusammenhang mit Kin<strong>de</strong>rn ordnet <strong>de</strong>r Gesetzgeber an,dass diese Leistungen auf <strong>de</strong>n Bedarf <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r anzurechnen sind, obwohl diese keinenAnspruch auf die Leistungen haben:


• <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rzuschlag nach § 6 a BKGG ist als Einkommen <strong>de</strong>s jeweiligen Kin<strong>de</strong>s zubehan<strong>de</strong>ln - § 11 Abs. 1 Satz 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• das Kin<strong>de</strong>rgeld <strong>für</strong> zur Bedarfsgemeinschaft gehören<strong>de</strong> Kin<strong>de</strong>r – also bis zurVollendung <strong>de</strong>s 25. Lebensjahres - ist als Einkommen <strong>de</strong>s jeweiligen Kin<strong>de</strong>s zubehan<strong>de</strong>ln, soweit es zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s benötigt wird,mit Ausnahme <strong>de</strong>r Bedarfe <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe nach § 28. Soweit das nicht <strong>de</strong>rFall ist, bleibt es Einkommen <strong>de</strong>r bezugsberechtigten Person - § 11 Abs. 1 Satz 4 <strong>SGB</strong><strong>II</strong>.• Bei <strong>de</strong>r Anrechnung auf <strong>de</strong>n Bedarf hat die Berücksichtigung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rzuschlagsVorrang vor <strong>de</strong>r Berücksichtigung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>sgelds – nur soweit unter Anrechnung <strong>de</strong>sKin<strong>de</strong>rzuschlags <strong>de</strong>r Bedarf <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s noch nicht vollständig ge<strong>de</strong>ckt ist, istKin<strong>de</strong>rgeld ganz o<strong>de</strong>r teilweise darauf anzurechnen.Beispiel:<strong>Die</strong> geschie<strong>de</strong>ne Frau B wohnt mit ihren zwei Kin<strong>de</strong>rn – 5 und 8 Jahre alt – in Berlin – dieWarmmiete beträgt 420 Euro.Für das 8-jährige Kind erhält die Mutter monatlich 180 Euro Unterhaltsvorschuss. DerKin<strong>de</strong>svater zahlt <strong>für</strong> das 5-jährige Kind monatlich 280 Euro Unterhalt.217→ Der Bedarf <strong>de</strong>s 8-jährigen Kin<strong>de</strong>s beträgt: 261 Euro Regelbedarf + 140 Euro anteiligeWarmmiete = 401 Euro.Nach Abzug <strong>de</strong>s Unterhaltsvorschusses verbleibt bei <strong>de</strong>m 8 Jahre alten Kind ein nichtge<strong>de</strong>ckter Bedarf von 221 Euro.→ Bei <strong>de</strong>m 8 Jahre alten Kind wird so das auf es entfallen<strong>de</strong> Kin<strong>de</strong>rgeld – 184 Euro – involler Höhe zur restlichen Bedarfs<strong>de</strong>ckung benötigt, es verbleibt noch ein Restbedarfvon 37 Euro.→ Der Bedarf <strong>de</strong>s 5-jährigen Kin<strong>de</strong>s beträgt: 229 Euro Regelbedarf + 140 Euro anteiligeWarmmiete = 369 Euro.Nach Abzug <strong>de</strong>s Unterhalts verbleibt bei <strong>de</strong>m 5 Jahre alten Kind ein nicht ge<strong>de</strong>ckterBedarf von 89 Euro.→ Bei <strong>de</strong>m 5 Jahre alten Kind wird <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong> Kin<strong>de</strong>rgeldbetrag darum nur inHöhe von 89 Euro zur Bedarfs<strong>de</strong>ckung benötigt, es bleiben 95 Euro übrig. <strong>Die</strong>se 95Euro wer<strong>de</strong>n als Einkommen <strong>de</strong>r Mutter zugeordnet. Ist dies ihr einziges Einkommen,wird es um die Versicherungspauschale in Höhe von 30 Euro nach § 6 Abs. Abs. 1 Nr.1 Alg <strong>II</strong>-V bereinigt, so dass nur 65 Euro auf ihre <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungen angerechnetwer<strong>de</strong>n.Anmerkung:Es fragt sich allerdings, ob nicht zunächst von <strong>de</strong>n 95 Euro <strong>de</strong>s 5-jährigen Kin<strong>de</strong>s die beim 8-jährigen Kind noch bestehen<strong>de</strong> Bedarfslücke von 37 Euro zu verringern ist und vomKin<strong>de</strong>rgeld so weniger Einkommen <strong>de</strong>r Mutter verbleibt. Dagegen spricht <strong>de</strong>r Wortlaut <strong>de</strong>sGesetzes:


Das Kin<strong>de</strong>rgeld ist als Einkommen <strong>de</strong>m jeweiligen Kind zuzurechnen, „soweit es bei <strong>de</strong>mjeweiligen Kind zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts, mit Ausnahme <strong>de</strong>r Bedarfe nach § 28,benötigt wird“, so dass die Bedarfslücke <strong>de</strong>s einen Kin<strong>de</strong>s nicht mit einemKin<strong>de</strong>rgeldüberschuss <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren Kin<strong>de</strong>s ge<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n kann. - § 11 Abs. 1 Satz 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.14.7 EIN AUSFÜHRLICHES BEISPIEL FÜR DIE BERECHNUNG VON ANSPRÜCHEN AUFARBEITSLOSENGELD <strong>II</strong> UND SOZIALGELDAllgemeines Schema: Einkommensverteilung innerhalb <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft<strong>Die</strong> Einkommensverteilung erfolgt nach <strong>de</strong>r so genannten „Bedarfsanteilmetho<strong>de</strong>“ gemäߧ 9 Abs. 2 Satz 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Schritte:1. Feststellung <strong>de</strong>s anrechenbaren, also bereinigten Einkommens <strong>für</strong> je<strong>de</strong> Person2. Berechnung <strong>de</strong>r individuellen Bedarfe (BuT-Leistungen wer<strong>de</strong>n nach § 9 Abs. 2 Satz 32. HS <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> hier nicht einbezogen.)3. Min<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Bedarfes <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r um <strong>de</strong>ren Einkommen• Ist das Einkommen eines Kin<strong>de</strong>s ge<strong>de</strong>ckt, gehört es nicht mehr zurBedarfsgemeinschaft <strong>de</strong>r Eltern nach § 9 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, da es nichthilfebedürftig ist.• Auf eventuell überschüssiges Kin<strong>de</strong>rgeld achten! <strong>Die</strong>ses wür<strong>de</strong> auf daskin<strong>de</strong>rgeldberechtigte Elternteil übertragen wer<strong>de</strong>n (folgt aus § 11 Abs. 1Sätze 3,4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)4. Feststellen <strong>de</strong>r verbleiben<strong>de</strong>n individuellen Bedarfe und <strong>de</strong>s Gesamtbedarfs <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft5. Feststellung <strong>de</strong>s individuellen prozentualen Bedarfsanteils am Gesamtbedarf(Berechnungsprogramm <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit rechnet mit 4Nachkommastellen)6. Feststellen <strong>de</strong>s noch übrigen anrechenbares individuellen Einkommens undErrechnung daraus <strong>de</strong>s Gesamteinkommens7. Verteilung <strong>de</strong>s Gesamteinkommens (nach 6.) nach <strong>de</strong>m prozentualen Anteil (nach 5.)auf die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft8. Ausrechnung <strong>de</strong>r verbleiben<strong>de</strong>n individuellen Bedarfe<strong>Die</strong> Schritte 4-7 – also nach Zuordnung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>reinkommens! - lassen sich auch durchfolgen<strong>de</strong> Formel zusammenfassen, aus <strong>de</strong>r sich <strong>de</strong>r individuelle Anteil je<strong>de</strong>s Mitglie<strong>de</strong>s <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft am anrechenbaren Gesamteinkommen ergibt:Individueller Bedarf x anrechenbares GesamteinkommenGesamtbedarf218


219Fall:Ein Ehepaar wohnt mit zwei kleinen Kin<strong>de</strong>rn im Alter von 2 und 4 Jahren in Berlin. <strong>Die</strong>Ehefrau ist erwerbsfähig, aber nicht erwerbstätig. Mit Blick auf § 10 Abs. 1 Nr. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist ihreine Erwerbstätigkeit <strong>de</strong>rzeit nicht zumutbar. Der Ehemann und Vater <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r erzielt einEinkommen aus abhängiger Beschäftigung von 1.100 Euro brutto im Monat, 231 EuroSozialversicherungsbeiträge fallen dabei an. Es bestehen einige private Versicherungen und<strong>de</strong>r Weg von <strong>de</strong>r Wohnung zur Arbeitsstätte beträgt 20 Kilometer. <strong>Die</strong> angemesseneWarmmiete soll 520 Euro monatlich betragen, darin ist eine Heizkostenvorauszahlung von80 Euro enthalten.Notwendige Vorberechnungen, um das Schema anwen<strong>de</strong>n zu können:→ Der Bedarf <strong>de</strong>s Vaters (V) beträgt 353 Euro (§ 20 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>; Regelbedarfsstufe 2) + 130Euro (ein Viertel <strong>de</strong>r Warmmiete) = 483 Euro→ Der Bedarf <strong>de</strong>r Mutter (M) besteht in <strong>de</strong>rselben Höhe.→ Der Bedarf <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r (K 1 und K 2) beträgt jeweils 229 Euro (§ 23 Nr. 1 erste Alternative<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>; Regelbedarfsstufe 6) + 130 Euro anteilige Warmmiete = 359 Euro.→ Das bereinigte Einkommen <strong>de</strong>s Vaters errechnet sich nach § 11b Abs. 1 Nr. 1 – 6 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>wie folgt:• Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag fallen bei diesem Einkommen nicht an.• Für soziale Sicherung erfolgt ein Abzug von 231 Euro; damit verbleiben alsarbeitsrechtlicher Nettobetrag 869 Euro.• Nach § 11b Abs. 2 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> beträgt <strong>de</strong>r pauschale Grundfreibetrag 100 Euro (30Euro-Versicherungspauschale + 15,33 Euro-Werbekostenpauschale + 36 Euro-Sozialticket wegen zumutbarer Nutzung <strong>de</strong>s ÖPNV)• Der Freibetrag nach § 11 b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> errechnet sich wie folgt:20% von 900 Euro = 180 Europlus 10% von 100 Euro = 10 Euro= 190 EuroInsgesamt ergeben sich 290 Euro als Absetzungsbetrag vom arbeitsrechtlichen Netto;Das bereinigte Einkommen beträgt also 869 Euro – 290 Euro = 579 Euro→ Es steht Kin<strong>de</strong>rgeld in Höhe von 2x184 = 368 Euro zur Verfügung; das Kin<strong>de</strong>rgeld ist nachMaßgabe von § 11 Abs. 1 Satz 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> jeweils auf <strong>de</strong>n Bedarf <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r anzurechnen, sodass bei K 1 und K 2 ein jeweils unge<strong>de</strong>ckter Bedarf von 359 – 184 = 175 Euro verbleibt.


<strong>Die</strong> Verteilung <strong>de</strong>s Einkommens durch das Programm <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit erfolgtnach <strong>de</strong>r Bedarfsanteilmetho<strong>de</strong>. Verwiesen sei an dieser Stelle noch einmal auf <strong>de</strong>n Exkurszur Problematik <strong>de</strong>r Verteilung im Kapitel 6.3.:Lösung nach <strong>de</strong>m Schema:Schritt Vater Mutter Kind – 4 J. Kind – 2 J.1579,- - 184,- KG 184,- KGAnrechenb. Eink.2Indiv. Bedarfe:RegelbedarfKdU u. Hz.353,-+130,-353,-+130,-229,-+130,-229,-+130,-2203Kin<strong>de</strong>sbedarf -Kin<strong>de</strong>seinkommen4Verbleiben<strong>de</strong>indiv. Bedarfe:Indiv.Gesamtbed.483,-483,-359,-359,--184,-175,-359,-359,--184,-175,-483,- 483,- 175- 175,-Verbleiben<strong>de</strong>rGesamtbedarf: 1.316,-5Prozent. Anteil amGesamtbedarf:6Übrigesanrechenbaresindiv.Einkommen:ÜbrigesGesamteink.:7Verteil. <strong>de</strong>sGesamteink. nachproz. Anteil:8Verbleiben<strong>de</strong>indiv. Bedarfe:579,-36,7021% 36,7021% 13,2979% 13,2979%579,-212,51 212,51 76,99 76,99483,--212,51270,49483,--212,51270,49175,-- 76,9998,01175,-- 76,9998,01


221Bei Anwendung <strong>de</strong>r Formel Individueller Bedarf x anrechenbares GesamteinkommenGesamtbedarf<strong>für</strong> die Schritte 4-7:<strong>für</strong> <strong>de</strong>n<strong>für</strong> dieVater und die Mutter jeweils: 483 x 579 Kin<strong>de</strong>r jeweils: 175 x 5791.316 = 212,51 1.316 = 76,99Ergebnis:Vater und Mutter haben jeweils 270,49 Euro Anspruch auf Arbeitslosengeld <strong>II</strong>, die Kin<strong>de</strong>r aufjeweils 98,01 Euro Sozialgeld.<strong>Die</strong> Gesamtsumme <strong>de</strong>r Ansprüche auf Arbeitslosengeld <strong>II</strong> / Sozialgeld beträgt <strong>für</strong> die Familie737 Euro. Daneben stehen ihr zur Verfügung 869 Euro Nettoeinkommen <strong>de</strong>s Vaters und <strong>für</strong>bei<strong>de</strong> Kin<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rgeld in Höhe von insgesamt 368 Euro.Für beson<strong>de</strong>rs Wissbegierige...Der Vergleich <strong>de</strong>r Bedarfsanteil- undEinkommensProportionalmetho<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>r Verteilung <strong>de</strong>sUnter 6.3 wur<strong>de</strong> in einem Exkurs als „strittig“ die Verteilungsmetho<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagenturdargestellt und die von mehreren Sozialrechtlern vorgezogene Proportionalmetho<strong>de</strong>vorgestellt, <strong>de</strong>r auch meiner Meinung nach wegen <strong>de</strong>r dort aufgeführten Argumente <strong>de</strong>rVorrang einzuräumen ist. Darum soll im Folgen<strong>de</strong>n <strong>für</strong> Interessierte aufgezeigt wer<strong>de</strong>n, wiedie Berechnung bei <strong>de</strong>r Anwendung <strong>de</strong>r Proportionalmetho<strong>de</strong> aussehen und zu welchenErgebnissen sie führen wür<strong>de</strong>. Es wird Bezug genommen auf das vorherstehen<strong>de</strong> Beispiel:→ Nach <strong>de</strong>r Proportionalmetho<strong>de</strong> ist in diesem Fall das überschüssige Einkommen <strong>de</strong>sVaters auf <strong>de</strong>n unge<strong>de</strong>ckten Bedarf <strong>de</strong>r übrigen Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaftaufzuteilen.Der Überschuss ergibt sich aus <strong>de</strong>r Differenz zwischen <strong>de</strong>m bereinigten Einkommen undseinem Bedarf: 579 – 483 = 96 Euro→ <strong>Die</strong> Ermittlung <strong>de</strong>s Überschussanteils <strong>für</strong> die an<strong>de</strong>ren Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschafterfolgt nach folgen<strong>de</strong>r Formel:Individuelle Bedarfslücke x EinkommensüberschussSumme aller individuellen Bedarfslücken→ Wie gezeigt beträgt <strong>de</strong>r Einkommensüberschuss beim Vater 96 Euro, bei <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn trittkein Einkommensüberschuss auf, da das Kin<strong>de</strong>rgeld jeweils zu ihrer Bedarfs<strong>de</strong>ckungbenötigt wird.


222→ <strong>Die</strong> Summe aller individuellen Bedarfslücken berechnet sich folgen<strong>de</strong>r Maßen: <strong>Die</strong> Mutter hat eine Lücke von 483 Euro, die Kin<strong>de</strong>r jeweils von 175 Euro (nachAbzug <strong>de</strong>s anzurechnen<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rgel<strong>de</strong>s) insgesamt also 833 Euro. Der Vater hat keinen Leistungsanspruch.→ Für die Mutter ergibt sich danach als Anteil vom Überschuss:483 x 96833 = 55,66 Euro<strong>Die</strong>ser Anteil muss nun von ihrem Bedarf abgezogen wer<strong>de</strong>n, so ergibt sich als ihrAnspruch auf Arbeitslosengeld <strong>II</strong>: 483 – 55,66 = 427,34 Euro.→ Für die Kin<strong>de</strong>r ergibt sich als Anteil vom Überschuss jeweils:175 x 96833 = 20,17 Euro<strong>Die</strong>sen Anteil vom Bedarf abgezogen, ergibt einen Anspruch auf Sozialgeld von jeweils:175 – 20,17 = 154,83 Euro→ Summe <strong>de</strong>r Ansprüche: = 737 Euro<strong>Die</strong> Summe <strong>de</strong>r Ansprüche ist nach bei<strong>de</strong>n Berechnungsarten i<strong>de</strong>ntisch.Warum also hier die Darstellung <strong>de</strong>r Proportionalmetho<strong>de</strong>?• Zunächst sei noch einmal auf die rechtlichen Be<strong>de</strong>nken hingewiesen, die im Exkursunter 6.3 dargestellt wur<strong>de</strong>n.• Durch diesen direkten Vergleich ist auch <strong>de</strong>utlich gewor<strong>de</strong>n, dass <strong>de</strong>rRechenvorgang, nach <strong>de</strong>r Metho<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur komplizierter ist als nach <strong>de</strong>rProportionalmetho<strong>de</strong> und mit dazu führt, dass die Beschei<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong>die Leistungsbezieher undurchsichtig und in keiner Weise nachvollziehbar sind – undim Ergebnis nach hiesiger Auffassung gegen das Bestimmtheitsgebot <strong>de</strong>s § 33 Abs. 1<strong>SGB</strong> X verstoßen.• An dieser Stelle auch noch einmal die Frage nach <strong>de</strong>r politischen Dimension:In § 19 Abs. 3 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bestimmt das Gesetz, dass das zu berücksichtigen<strong>de</strong>Einkommen und Vermögen die Geldleistungen <strong>de</strong>r Agentur <strong>für</strong> Arbeit vermin<strong>de</strong>rt(„zunächst die Bedarfe nach §§ 20, 21 und 23“); soweit Einkommen und Vermögendarüber hinaus zu berücksichtigen ist, min<strong>de</strong>rt es die Geldleistungen <strong>de</strong>rkommunalen Träger, wird also auf die Kosten <strong>für</strong> Unterkunft und Heizungangerechnet („darüber hinaus die Bedarfe nach § 22“).


Nach <strong>de</strong>r hier vertretenen Ansicht – Überschussverteilung nach <strong>de</strong>rProportionalmetho<strong>de</strong> – ergibt sich danach folgen<strong>de</strong>s Ergebnis:[<strong>Die</strong> tabellarische Darstellung geht zurück auf Kievel 2005, Zeitschrift <strong>für</strong>Fürsorgewesen, Seite 217 ff. und wur<strong>de</strong> hier an die aktuellen Regelbedarfsstufenangepasst.]223V M K 1 K2Individueller Bedarf:Regelbedarf – Alg <strong>II</strong> / Sog 353,00 € 353,00 € 229,00 € 229,00 €+ anteilige Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft u. Heiz. + 130,00 € + 130,00 € + 130,00 € +130,00 €Zusammen 1.684,00 Euro 483,00 € 483,00 € 359,00 € 359,00 €Anzurechnen<strong>de</strong>s Einkommen 579,00 € 0,00 € - 184,00 € - 184,00 €Überschuss bzw. Restbedarf 96,00 € 483,00 € 175,00 € 175,00 €Überschuss Restbedarf Restbedarf RestbedarfÜberschussverteilung nach <strong>de</strong>rProportionalmetho<strong>de</strong>- 55,66 € - 20,17 € - 20,17 €Anspruch - Summe: 737,00 € 427,34 € 154,83 € 154,83 €Verteilung auf die Geldleistungen <strong>de</strong>rAgentur <strong>für</strong> Arbeit und <strong>de</strong>n kommunalenTräger:Regelbedarf 353,00 € 229,00 € 229,00 €Eigenes Einkommen 0,00 € -184,00 € -184,00 €Einkommen aus Überschuss 55,66 € - 20,17 € - 20,17 €Ergibt einen Restbedarf 297,34 € 24,83 € 24,83 €Zu Lasten <strong>de</strong>r Agentur <strong>für</strong> Arbeit 297,34 € 24,83 € 24,83 €zusammen: 347,00 €zu Lasten <strong>de</strong>s Kommunalen Trägers(Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft)– zusammen 390,00 €130,00 € 130,00 € 130,00 €Summe 737,00 €


224Nach <strong>de</strong>r Bedarfsanteilsmetho<strong>de</strong> – die die aktuelle Berechnungsweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong>Arbeit ist - ergibt sich das nachfolgen<strong>de</strong> Ergebnis:Individueller BedarfRegelbedarf – Alg <strong>II</strong> / Sog+ anteilige Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft u. Heiz.Zusammen 1.684,00 EuroV M K 1 K 2353,00 €+130,00 €483,00 €353,00 €+ 130,00 €483,00 €229,00 €+130,00 €359,00 €229,00 €+130,00 €359,00 €Anzurechnen<strong>de</strong>s Einkommen 579,00 € 0,00 € 184,00 € 184,00 €Verbleiben<strong>de</strong>r Bedarf 483,00 € 175,00 € 175,00 €Verteilung <strong>de</strong>s Einkommens von 579,00 €nach <strong>de</strong>r Bedarfsanteilsmetho<strong>de</strong> 212,51 € 212,51 € 76,99 € 76,99 €Verteilung auf die Geldleistungen <strong>de</strong>rAgentur <strong>für</strong> Arbeit und <strong>de</strong>n kommunalenTräger:Regelbedarf353,00 €353,00 €229,00 €229,00 €Kin<strong>de</strong>rgel<strong>de</strong>inkommenEinkommensanteile von <strong>de</strong>n 579 €- 212,51 €-212,51 €-184,00 €- 76,99 €-184,00 €- 76,99 €Restbedarf bzw. Überhang- 140,49 €- 140,49 €+ 31,99 €+ 31,99 €Zu Lasten <strong>de</strong>r Agentur <strong>für</strong> Arbeit140,49 €140,49 €0.00 €0.00 €zusammen: 280,98 €Zu Lasten <strong>de</strong>s Kommunalen Trägers(Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft)130,00 €130,00 €98,01 €98,01 €– zusammen 456,02 €Summe 737,00 €Bei <strong>de</strong>r Bedarfsanteilsmetho<strong>de</strong> betragen also die Kosten <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung, die diekommunalen Träger tragen, im vorliegen<strong>de</strong>n Beispiel 456,02 Euro, im Vergleich dazu wärenes bei <strong>de</strong>r Proportionalmetho<strong>de</strong> nur 390 Euro. Durch die von <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeitangewandte Bedarfsanteilmetho<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n so die Kommunen im Ergebnis um 66,02 Euromehr belastet.


225Kapitel 15:<strong>Die</strong> VermögensberücksichtigungSeite15.1 Allgemeines 226• Was zählt als Vermögen?• Abgrenzung Einkommen – Vermögen• Welches Vermögen und in welcher Höhe ist Vermögen zuberücksichtigen?15.2 Absetzungsbeträge vom berücksichtigungsfähigen Vermögen 227• Absetzungsbeträge• Zurechnung <strong>de</strong>s Vermögens / <strong>de</strong>r Vermögenswerte nach <strong>de</strong>nFachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit auf die einzelnen Mitglie<strong>de</strong>r<strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft:15.3 Das Schonvermögen 23015.4 Bewertung <strong>de</strong>s Vermögens 23215.5 Berücksichtigung <strong>de</strong>s Vermögens an<strong>de</strong>rer Personen 23215.6 Darlehen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts bei nicht sofortverwertbarem Vermögen 233


22615 DIE VERMÖGENSBERÜCKSICHTIGUNG15.1 ALLGEMEINESUm <strong>de</strong>n individuellen Anspruch auf Geldleistungen zu ermitteln, muss neben undunabhängig von <strong>de</strong>r Frage, ob Einkommen auf <strong>de</strong>n Bedarf anzurechnen ist, geprüft wer<strong>de</strong>n,ob Vermögen vorhan<strong>de</strong>n ist, auf <strong>de</strong>ssen Verbrauch die erwerbsfähige leistungsberechtigtePerson bzw. die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong>n Angehörigen zur Bestreitung ihresLebensunterhalts zu verweisen sind. Das gilt natürlich nur, soweit dieEinkommensberücksichtigung nicht zur vollen Bedarfs<strong>de</strong>ckung ausreicht:Was zählt als Vermögen?Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstän<strong>de</strong> - § 12 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Abgrenzung Einkommen – Vermögen• Einkommen ist alles das, was jemand im Bedarfszeitraum wertmäßig dazu erhält,• Vermögen ist das, was er vor Beginn <strong>de</strong>s Bedarfszeitraums bereits hat.Aus <strong>de</strong>r Entscheidung <strong>de</strong>s BSG vom 30. Juli 2008, B 14/7b AS 12/07 R, Randziffer 20 dazu:Da die Bedarfszeit erst mit <strong>de</strong>r wirksamen Antragstellung beginnt, ist grundsätzlich allesEinkommen, „was jemand nach <strong>de</strong>r Antragstellung beim <strong>Grundsicherung</strong>sträger wertmäßigdazu erhält und Vermögen das, was er vor <strong>de</strong>r Antragstellung beim Träger <strong>de</strong>r<strong>Grundsicherung</strong> bereits hatte“.• Einkommen kann zu Vermögen wer<strong>de</strong>n.Entfiele <strong>de</strong>r Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist dieeinmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilenund monatlich mit einem entsprechen<strong>de</strong>n Teilbetrag anzusetzen. <strong>Die</strong>se Regelung istentsprechend anzuwen<strong>de</strong>n bei laufen<strong>de</strong>n Einnahmen, die in größeren alsmonatlichen Zeitabstän<strong>de</strong>n - wie z.B. Weihnachts- o<strong>de</strong>r Urlaubsgeld.<strong>Die</strong> Aufteilung auf sechs Monate erfolgt auch dann, wenn die Leistungsberechtigungabsehbar innerhalb einer kürzeren Frist en<strong>de</strong>t, so die Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>rBun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 11, 11a, 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 22.07.2013, Rn. 11.14.Der nicht verbrauchte Anteil <strong>de</strong>r einmaligen Einnahme ist danach im Rahmen <strong>de</strong>rVermögensprüfung zu berücksichtigen.Nach Auffassung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>ssozialgerichts wird <strong>de</strong>r Verteilzeitraum we<strong>de</strong>r durch dasEn<strong>de</strong> eines Bewilligungsabschnitts noch durch eine kurzzeitige Unterbrechung <strong>de</strong>sLeistungsbezugs begrenzt. So das BSG vom 30.09.2008 – B 4 AS 29/07 R, Rz. 11:


„Der so genannte Verteilzeitraum wird we<strong>de</strong>r durch <strong>de</strong>n Ablauf einesBewilligungszeitraums, noch durch die erneute Antragstellung begrenzt. DerVerteilzeitraum wird vielmehr nur dann unterbrochen, wenn <strong>für</strong> min<strong>de</strong>stens einenMonat die Hilfebedürftigkeit - ohne Berücksichtigung <strong>de</strong>r einmaligen Einnahme -entfällt.“Welches Vermögen und in welcher Höhe ist Vermögen zu berücksichtigen?Das Gesetz unterschei<strong>de</strong>t zwischen• vom nicht geschonten Vermögen abzusetzen<strong>de</strong>n Beträgen, alsoVermögensbestandteilen, die auf diese Weise geschont wer<strong>de</strong>n - § 12 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>und• Schonvermögen, also Vermögen, das gar nicht zu berücksichtigen ist - § 12 Abs. 3 <strong>SGB</strong><strong>II</strong>.15.2 ABSETZUNGSBETRÄGE VOM BERÜCKSICHTIGUNGSFÄHIGEN VERMÖGENVom berücksichtigungsfähigen Vermögen sind nach § 12 Abs. 2 abzusetzen:227Nr. 1: ein Grundfreibetrag in Höhe von 150 Euro je vollen<strong>de</strong>tem Lebensjahr <strong>für</strong> je<strong>de</strong> in <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong> volljährige Person und <strong>de</strong>ren Partnerin o<strong>de</strong>r Partner,min<strong>de</strong>stens aber jeweils 3.100 Euro;<strong>de</strong>r Grundfreibetrag darf <strong>für</strong> je<strong>de</strong> volljährige Person und <strong>de</strong>ren Partnerin o<strong>de</strong>r ihrenPartner einen maßgeben<strong>de</strong>n Höchstbetrag nicht übersteigen:• <strong>für</strong> Personen, die vor <strong>de</strong>m 01.01.1958 geboren sind: jeweils 9.750 Euro• <strong>für</strong> Personen, die nach <strong>de</strong>m 31.12.1957 und vor <strong>de</strong>m01.01.1964 geboren sind: jeweils 9.900 Euro• <strong>für</strong> Personen, die nach <strong>de</strong>m 31.12.1963 geboren sind: jeweils 10.050 Euro(<strong>Die</strong> unterschiedlichen Werte hängen zusammen mit <strong>de</strong>r schrittweisen Heraufsetzung <strong>de</strong>sRentenalters auf 67 Jahre.)Übergangsregelung<strong>für</strong> Personen, die vor <strong>de</strong>m 01.01.1948 geboren sind (§ 65 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>):• Grundfreibetrag je vollen<strong>de</strong>tem Lebensjahr:Höchstbetrag:520 Euro33.800 EuroAnm.: Seit Februar 2013 spielt diese Regelung <strong>für</strong> aktuelle Berechnungen keine Rollemehr, da alle Betroffenen die Altersgrenze nach § 7a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> erreicht haben.Nr. 1a: ein Grundfreibetrag in Höhe von 3.100 Euro <strong>für</strong> je<strong>de</strong>s leistungsberechtigtemin<strong>de</strong>rjährige Kind,


Nr. 2: Altersvorsorge in Höhe <strong>de</strong>s nach Bun<strong>de</strong>srecht ausdrücklich als Altersvorsorgegeför<strong>de</strong>rten Vermögens einschließlich seiner Erträge und <strong>de</strong>r geför<strong>de</strong>rten laufen<strong>de</strong>nAltersvorsorgebeiträge, soweit <strong>de</strong>r Inhaber das Altersvorsorgevermögen nicht vorzeitigverwen<strong>de</strong>t,• sogen. „Riesterrente“Der Höchstbetrag <strong>de</strong>r staatlichen För<strong>de</strong>rung richtet sich nach § 10aEinkommenssteuergesetz und beträgt ab 2008 2.100 Euro.228Nr. 3: geldwerte Ansprüche, die <strong>de</strong>r Altersvorsorge dienen, soweit <strong>de</strong>r Inhaber sie vor <strong>de</strong>mEintritt in <strong>de</strong>n Ruhestand auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kannund <strong>de</strong>r Wert <strong>de</strong>r geldwerten Ansprüche 750 € je vollen<strong>de</strong>tem Lebensjahr <strong>de</strong>rerwerbsfähigen leistungsberechtigten Person und <strong>de</strong>ren Partnerin o<strong>de</strong>r Partner nichtübersteigt;Der Wert <strong>de</strong>r geldwerten Ansprüche darf <strong>für</strong> die erwerbsfähige leistungsberechtigtePerson und <strong>de</strong>ren Partnerin o<strong>de</strong>r Partner einen maßgeben<strong>de</strong>n Höchstbetrag nichtübersteigen :• <strong>für</strong> Personen, die vor <strong>de</strong>m 01.01.1958 geboren sind: jeweils 48.750 Euro• <strong>für</strong> Personen, die nach <strong>de</strong>m 31.12.1957 und vor <strong>de</strong>m01.01.1964 geboren sind: jeweils 49.500 Euro• <strong>für</strong> Personen, die nach <strong>de</strong>m 31.12.1963 geboren sind: jeweils 50.250 Euro(<strong>Die</strong> unterschiedlichen Werte hängen wie<strong>de</strong>r zusammen mit <strong>de</strong>r schrittweisenHeraufsetzung <strong>de</strong>s Rentenalters auf 67 Jahre.)Eine Übergangsregelung, wie sie <strong>für</strong> die Beträge nach Nr. 1 gilt, ist bei diesem Punkt nichtvorgesehen.Wird <strong>de</strong>r Altersvorsorgevertrag vorzeitig gekündigt, entfällt <strong>de</strong>r Schutz als privilegiertesVermögen, es wird zu nicht privilegiertem Vermögen. Überschreitet die Höhe nicht dienach Nr. 1 und 5 genannten Grundfreibeträge bleibt es weiterhin geschützt nach § 12Abs. 2 Nr. 1 und 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Nr. 4: Ein Freibetrag <strong>für</strong> notwendige Anschaffungen in Höhe von 750 € <strong>für</strong> je<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong>n Leistungsberechtigten.Zurechnung <strong>de</strong>s Vermögens / <strong>de</strong>r Vermögenswerte nach <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweisen <strong>de</strong>rBun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 12 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.08.2012, Rn. 12.10, auf die einzelnenMitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft:• <strong>Die</strong> Grundfreibeträge nach 1. wer<strong>de</strong>n <strong>für</strong> <strong>de</strong>n erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und<strong>de</strong>ssen Partner addiert und <strong>de</strong>m gemeinsamen vorhan<strong>de</strong>nen Vermögen / Vermögenswertgegenübergestellt, unabhängig davon, wer von bei<strong>de</strong>n Inhaber <strong>de</strong>s Vermögens ist.• <strong>Die</strong>s gilt auch <strong>für</strong> die Freibeträge zur Altersvorsorge nach 3. und 4.


• <strong>Die</strong> Freibeträge <strong>für</strong> notwendige Anschaffungen nach 5. wer<strong>de</strong>n <strong>für</strong> alle Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft addiert. Wenn also Kin<strong>de</strong>r ihren Freibetrag nicht ausschöpfen, kanndieser <strong>de</strong>n Eltern zugerechnet wer<strong>de</strong>n und umgekehrt.• Aber:Der Grundfreibetrag von 3.100 Euro <strong>für</strong> min<strong>de</strong>rjährige Kin<strong>de</strong>r ist ausschließlich <strong>de</strong>meigenen Vermögen von Kin<strong>de</strong>rn zuzuordnen ohne die Möglichkeit <strong>de</strong>r Übertragung nichtausgeschöpfter Freibeträge <strong>de</strong>r Eltern auf das Vermögen von Kin<strong>de</strong>rn bzw. nichtausgeschöpfter Freibeträge von Kin<strong>de</strong>rn auf das Vermögen <strong>de</strong>r Eltern.229<strong>Die</strong>se Auffassung war zunächst strittig, wur<strong>de</strong> aber durch das4 AS 58/08 R bestätigt.BSG vom 13.05.2009 – BBeispiel 1Bei einer vierköpfigen Familie – bestehend aus Vater (32 Jahre alt), Mutter (30 Jahre alt) undzwei min<strong>de</strong>rjährigen Kin<strong>de</strong>rn im Alter von 8 und 5 Jahren – ergeben sich personenbezogenfolgen<strong>de</strong> Vermögensfreibeträge:► Grundfreibetrag <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Vater von► Grundfreibetrag <strong>für</strong> die Mutter von► Grundfreibetrag <strong>für</strong> K 1 von► Grundfreibetrag <strong>für</strong> K 2 von4.800 Euro (32 x 150 Euro) + 750 Euro4.500 Euro (30 x150 Euro) + 750 Euro3.100 Euro + 750 Euro3.100 Euro + 750 EuroWenn nur <strong>de</strong>r Vater Vermögen hat, beträgt <strong>de</strong>r Vermögensfreibetrag beim Vater mithin12.300 Euro (4.800 + 4.500 + 4x750).Beispiel 2 (ab Februar 2013 nur noch zur Berechnung/ Überprüfung von älteren Ansprüchen,da die Betroffenen inzwischen die Altersgrenze nach § 7a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> erreicht haben)Für <strong>de</strong>n am 15.01.1947 geborenen Herrn X und seine am 15.02.1952 geborene Ehefrauergaben sich – bezogen auf November 2011 – folgen<strong>de</strong> Vermögensfreibeträge:Nach <strong>de</strong>r Übergangsregelung in § 65 Abs. 5 gilt <strong>für</strong> Herrn X ein Grundfreibetrag von 520 Europro vollen<strong>de</strong>tem Lebensjahr, Frau X fällt nicht unter diese Übergangsregelung:► Grundfreibetrag <strong>für</strong> Herrn X von 33.280 Euro (64 x 520 Euro) + 750 Euro► Grundfreibetrag <strong>für</strong> Frau X von 8.850 Euro (59 x 150 Euro) + 750 EuroDaraus errechnet sich <strong>für</strong> bei<strong>de</strong> ein Grundfreibetrag von zusammen 42.130 Euro.Mit <strong>de</strong>m Betrag <strong>für</strong> notwendige Anschaffungen von 1.500 Euro ergibt sich <strong>de</strong>r Gesamtbetragvon 43.630 Euro.


23015.3 DAS SCHONVERMÖGENNicht als Vermögen sind nach 12 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zu berücksichtigen:1. angemessener Hausrat,2. ein angemessenes Kraftfahrzeug <strong>für</strong> je<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft leben<strong>de</strong>erwerbsfähige Person,►die Prüfung <strong>de</strong>r Angemessenheit ist entbehrlich, wenn <strong>de</strong>r Verkaufserlös abzüglich ggf.noch bestehen<strong>de</strong>r Kreditverbindlichkeiten 7.500 Euro nicht übersteigt – vgl. BSG vom07.09.2007 – B 14/7b AS 66/06 R und Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu§ 12 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.08.2012, Rn. 12.24.3. vom Inhaber als <strong>für</strong> die Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstän<strong>de</strong> inangemessenem Umfang, wenn die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>renPartnerin o<strong>de</strong>r Partner von <strong>de</strong>r Versicherungspflicht in <strong>de</strong>r gesetzlichenRentenversicherung befreit ist,4. ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe o<strong>de</strong>r eine entsprechen<strong>de</strong>Eigentumswohnung,• die Prüfung <strong>de</strong>r Angemessenheit ist entbehrlich, wenn die Wohnfläche folgen<strong>de</strong>Größen nicht überschreitet – vgl. BSG vom 07.11.2006 – B 7b AS 2/05 R undFachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 12 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.08.2012, Rn.12.26:Bewohnt mit ...PersonenEigentumswohnungin m²Familienheimin m²1-2 80 903 100 1104 120 130Für Familien mit mehr als 4 Personen gilt eine Erhöhung um 20m² pro Person• Eine Grundstücksfläche im städtischen Bereich von 500 m² und im ländlichen Bereichvon 800 m² sind in <strong>de</strong>r Regel als angemessen anzusehen. Wobei aber auch höhereWerte als angemessen angesehen wer<strong>de</strong>n können, wenn diese in Bebauungsplänenfestgelegt sind, so die Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 12 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>,Stand 20.08.2012, Rn. 12.27.• <strong>Die</strong> genannten Größen sind nicht als Grenzwerte zu verstehen, maßgeblich sind dieLebensumstän<strong>de</strong> im Einzelfall, z.B. Familienplanung o<strong>de</strong>r voraussichtliche Dauer <strong>de</strong>rHilfebedürftigkeit.


5. Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung o<strong>de</strong>r Erhaltung einesHausgrundstücks von angemessener Größe bestimmt ist, soweit dieses zu Wohnzweckenbehin<strong>de</strong>rter o<strong>de</strong>r pflegebedürftiger Menschen dient o<strong>de</strong>r dienen soll und dieser Zweckdurch <strong>de</strong>n Einsatz o<strong>de</strong>r die Verwertung <strong>de</strong>s Vermögens gefähr<strong>de</strong>t wür<strong>de</strong>,6. Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist o<strong>de</strong>r einebeson<strong>de</strong>re Härte be<strong>de</strong>uten wür<strong>de</strong>.• <strong>Die</strong> Verwertung von Sachen und Rechten ist nicht offensichtlich unwirtschaftlich, wennim Ergebnis unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r Verwertungskosten <strong>de</strong>r Verkehrswert nurgeringfügig (bis 10%) unter <strong>de</strong>m Substanzwert <strong>de</strong>r eingezahlten Beträge liegt.Zukünftige Gewinn- / Renditeaussichten können nicht berücksichtigt wer<strong>de</strong>n, so dieFachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 12 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.08.2012,Rn. 12.37.Nach <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweisen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 12 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand20.08.2012, Rn. 12.37a, ist eine Prüfung <strong>de</strong>r Verwertung von Lebensversicherungenerst im letzten Fünftel <strong>de</strong>r Laufzeit vorzunehmen, vorher dürfte <strong>de</strong>r Auszahlungsbetragdurch die Zinsbelastung so stark gemin<strong>de</strong>rt sein, dass eine Wirtschaftlichkeit nichtgegeben ist.• <strong>Die</strong> beson<strong>de</strong>re Härte kann sich sowohl aus <strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>ren Lebensumstän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>sHilfebedürftigen als auch aus <strong>de</strong>r Herkunft <strong>de</strong>s Vermögens ergeben, z.B. nach <strong>de</strong>nFachlichen Hinweisen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 12 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.08.2012,Rn. 12.38:o beson<strong>de</strong>re Familien- und Erbstücke,o Verkauf einer selbstbewohnten Eigentumswohnung von nicht angemessener Größe,o Vermögensrückstellungen <strong>für</strong> eine würdige Beerdigung und Grabpflege,o Ersparnisse <strong>für</strong> die Altersvorsorge, die trotz lückenhafter Rentenversicherung, z.B.wegen früherer Selbständigkeit, kurz vor <strong>de</strong>m Rentenalter eingesetzt wer<strong>de</strong>nmüssten.Hierzu gehören auch kapitalisierte Schmerzensgeldbeträge nach § 253 Abs. 2 BGB,soweit sie nach <strong>de</strong>m Zuflussmonat als Vermögen zu behan<strong>de</strong>ln sind. SoweitSchmerzensgeld, wenn es als Einkommen in Form einer monatlichen Rente gezahltwird, nach § 11a Abs.1 Nr. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> geschont ist, kann das nicht an<strong>de</strong>rs sein, wenn dasSchmerzensgeld als einmaliger Kapitalbetrag geleistet wird. <strong>Die</strong> Funktionen <strong>de</strong>sSchmerzensgel<strong>de</strong>s – Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion – sind unabhängig von <strong>de</strong>ro<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Zahlungsmodalitäten. Sie sind i<strong>de</strong>ntisch bei ratierlicher Zahlung undEinmalzahlung. Daher wäre es <strong>für</strong> Betroffene eine beson<strong>de</strong>re Härte, wenn sie auf dieVerwertung von Vermögen verwiesen wer<strong>de</strong>n könnten, das aus kapitalisiertemSchmerzensgeld stammt, so auch BSG vom 15.04.2008 – B 14/7b AS 6/07 R.Für die Angemessenheit sind nach § 12 Abs. 3 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> die Lebensumstän<strong>de</strong> während<strong>de</strong>s Bezugs <strong>de</strong>r Leistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> Arbeitssuchen<strong>de</strong> maßgeblich.231


232Weiteres Schonvermögen nach § 7 Abs. 1 <strong>de</strong>r Alg <strong>II</strong>-V*:* Alg <strong>II</strong>-V = Verordnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beimArbeitslosengeld <strong>II</strong>/Sozialgeld (Arbeitslosengeld <strong>II</strong>/Sozialgeld-Verordnung – Alg <strong>II</strong>-V) vom 17.12.2007, BGBl. I S.2942 ff., zuletzt geän<strong>de</strong>rt durch Artikel 10 <strong>de</strong>s Gesetzes vom 21.03.2013, BGBl. I S. 556►Vermögensgegenstän<strong>de</strong>, die zur Aufnahme o<strong>de</strong>r Fortsetzung <strong>de</strong>r Berufsausbildung o<strong>de</strong>r<strong>de</strong>r Berufstätigkeit erfor<strong>de</strong>rlich sind,o so soll vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, dass Vermögensgegenstän<strong>de</strong> verwertet wer<strong>de</strong>n, diespäter ggf. über Leistungen zur beruflichen Einglie<strong>de</strong>rung wie<strong>de</strong>r beschafft wer<strong>de</strong>nmüssten, z.B. eine teure Friseurschere,o dies gilt grundsätzlich auch <strong>für</strong> selbst geschaffene Kunstwerke, aber nur <strong>für</strong>diejenigen, die tatsächlich zur Fortführung <strong>de</strong>r Erwerbstätigkeit benötigt wer<strong>de</strong>n, z.B.zu Ausstellungszwecken.So die Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 12 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand20.08.2012, Rn. 12.39 f.15.4 BEWERTUNG DES VERMÖGENS• Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen (ohne Rücksicht aufsteuerrechtliche Vorschriften - § 8 Alg <strong>II</strong>-V). Für die Bewertung ist <strong>de</strong>r Zeitpunktmaßgebend, in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Antrag auf Bewilligung o<strong>de</strong>r erneute Bewilligung <strong>de</strong>rLeistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> Arbeitssuchen<strong>de</strong> gestellt wird, bei späteremErwerb <strong>de</strong>r Zeitpunkt <strong>de</strong>s Erwerbs. Wesentliche Än<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Verkehrswerts sindzu berücksichtigen - § 12 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• Unter <strong>de</strong>m Verkehrswert ist <strong>de</strong>r Geldbetrag zu verstehen, <strong>de</strong>r durch eine Verwertung<strong>de</strong>s Vermögensgegenstan<strong>de</strong>s im freien Geschäftsverkehr zu erzielen ist,z.B. bei kapitalbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Lebensversicherungen <strong>de</strong>r aktuelle Rückkaufswert(Auszahlungsbetrag unter Berücksichtigung von Gebühren und Kosten), so dieFachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 12 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.08.2012,Rn. 12.40 f.15.5 BERÜCKSICHTIGUNG DES VERMÖGENS ANDERER PERSONEN• Für die Berücksichtigung von Vermögen an<strong>de</strong>rer Personen im Rahmen <strong>de</strong>r Bedarfs-/Einsatzgemeinschaft bzw. Haushaltsgemeinschaft gelten dieselben Modalitäten wiebei <strong>de</strong>r Berücksichtigung von Einkommen an<strong>de</strong>rer Personen - § 9 Abs. 2 und Abs. 5<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• Soweit es um <strong>de</strong>n Einsatz von Vermögen im Rahmen von § 9 Abs. 2 S. 1 und 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>geht, ist das Vermögen in <strong>de</strong>m Umfang geschützt, wie sich das aus § 12 Abs. 2 und 3<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ergibt.• Entsprechen<strong>de</strong>s gilt <strong>für</strong> Mitglie<strong>de</strong>r einer Haushaltsgemeinschaft im Sinne <strong>de</strong>s § 9 Abs.5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Letzteres wird durch § 7 Abs. 2 <strong>de</strong>r Alg <strong>II</strong> - Verordnung mit <strong>de</strong>r Formulierung


klar gestellt, dass bei <strong>de</strong>r § 9 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zugrun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong>n Vermutung, dassVerwandte und Verschwägerte an mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft leben<strong>de</strong>Leistungsberechtigte Leistungen erbringen, Vermögen nicht zu berücksichtigen ist,das nach § 12 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> abzusetzen o<strong>de</strong>r nach § 12 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nicht zuberücksichtigen ist.15.6 DARLEHEN ZUR SICHERUNG DES LEBENSUNTERHALTS BEI NICHT SOFORTVERWERTBAREM VERMÖGEN• Wenn berücksichtigungsfähiges, nicht geschontes Vermögen vorhan<strong>de</strong>n ist, sich aberergibt, dass <strong>de</strong>r sofortige Verbrauch o<strong>de</strong>r die sofortige Verwertung nicht möglich isto<strong>de</strong>r <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Inhaber <strong>de</strong>s Vermögens eine beson<strong>de</strong>re Härte be<strong>de</strong>uten wür<strong>de</strong>, sind dieLeistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts als Darlehen zu erbringen - § 24 Abs.5 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• Sie können davon abhängig gemacht wer<strong>de</strong>n, dass <strong>de</strong>r Anspruch auf Rückzahlungdinglich o<strong>de</strong>r in an<strong>de</strong>rer Weise gesichert wird, z.B. durch eine Abtretungserklärung -§ 24 Abs. 5 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• Das Darlehen min<strong>de</strong>rt das zu berücksichtigen<strong>de</strong> Vermögen fiktiv. Das heißt, dieLeistungen sind nur so lange als Darlehen zu erbringen, als das Vermögen unterBerücksichtigung <strong>de</strong>r darlehensweise erbrachten Leistungen noch oberhalb <strong>de</strong>rFreibeträge liegt. Danach besteht ein Anspruch auf zuschussweise Leistungen, vgl.Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 24 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.11.2012,Rn. 24.32 Nr. 1a).• Das Darlehen wird zinslos gewährt.• Leistungen, die nur als Darlehen gewährt wer<strong>de</strong>n, begrün<strong>de</strong>n keineVersicherungspflicht! Ist <strong>de</strong>r Versicherungsschutz nicht auf an<strong>de</strong>re Weise gesichert, z.B. aufgrund eines Arbeitsverhältnisses o<strong>de</strong>r einer Familienversicherung, können dieBeiträge zur freiwilligen Kranken-/Pflegeversicherung ebenfalls als Darlehen gewährtwer<strong>de</strong>n, so auch die Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 24 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>,Stand 20.11.2012, Rn.. 24.35.• Zur Rückzahlung <strong>de</strong>s DarlehensNach § 42a Abs. 3 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist die Rückzahlung nach erfolgter Verwertung sofortin voller Höhe fällig. Deckt <strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r Vermögensverwertung erlangte Betrag nicht<strong>de</strong>n gesamten Darlehensbetrag, soll über die Rückzahlung <strong>de</strong>s noch ausstehen<strong>de</strong>nBetrages eine Vereinbarung unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r wirtschaftlichen Verhältnisse<strong>de</strong>s Darlehensnehmers abgeschlossen wer<strong>de</strong>n - § 42a Abs. 3 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.233Achtung!/ Nicht immer ist ein<strong>de</strong>utig, ob eine Verwertungsmöglichkeit besteht,z.B.bei Besitz eines Hauses, das nicht selbst bewohnt wer<strong>de</strong>n kann, weil eine an<strong>de</strong>re Person einlebenslanges Nießbrauch- bzw. Dauerwohnrechtrecht hat, es muss individuell geprüft wer<strong>de</strong>n:BSG vom 15.04.2008 – B 14/7b AS 6/07 R: Eine absehbare Verwertungsmöglichkeit wur<strong>de</strong> durchdas LSG nicht gesehen. An diese Entscheidung sah sich das BSG gebun<strong>de</strong>n, darum müssen die


Leistungen als Zuschuss geleistet wer<strong>de</strong>n, das heißt, hier liegt kein Fall <strong>de</strong>s § 24 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vor,aberBSG vom 12.07.2012 – B 14 AS 158/11 R: Es liegt nicht grundsätzlich eine Unverwertbarkeit vor,die Auffassung <strong>de</strong>s LSG in diesem Fall, dass eine Verwertungsmöglichkeit etwa durch Beleihungbesteht, war <strong>für</strong> das BSG rechtlich nicht zu beanstan<strong>de</strong>n, daher hier nur Anspruch auf Darlehen.234


235Kapitel 16:Sanktionen / Mitwirkungsobliegenheiten sowie Absenkung undWegfall <strong>de</strong>s Arbeitslosengel<strong>de</strong>s <strong>II</strong> bzw. Sozialgel<strong>de</strong>s16.1 Allgemeines 237• Sanktion und Rechtsfolgenbelehrung• Grundlage <strong>für</strong> die Ermittlung <strong>de</strong>s Absenkungsbetrages• Auswirkungen auf <strong>de</strong>n Zugang zu Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit• Was ist ein wichtiger Grund?16.2 <strong>Die</strong> Sanktionstatbestän<strong>de</strong> nach § 31 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 23916.2.1 Verstoß gegen in <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung o<strong>de</strong>rin <strong>de</strong>m diese ersetzen<strong>de</strong>n Verwaltungsakt festgelegte Pflichten 23916.2.2 Ablehnung einer zumutbaren Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit nach§ 16d <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> o<strong>de</strong>r eines nach § 16e <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> geför<strong>de</strong>rten Arbeitsverhältnisses 24016.2.3 Nichtantritt, Abbruch o<strong>de</strong>r Anlass <strong>für</strong> Abbruch einer zumutbaren Maßnahme 24016.3 <strong>Die</strong> Sanktionstatbestän<strong>de</strong> nach § 31 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 24016.3.1 Vermin<strong>de</strong>rung von Einkommen und Vermögen 24016.3.2 Unwirtschaftliches Verhalten 24016.3.3 Sanktionen bei Eintritt einer Sperrzeit nach <strong>de</strong>n §§ 159 o<strong>de</strong>r 161 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I 24116.3.4 Sanktionen bei Sperrzeitfiktion 24116.4 Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen nach § 31 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 24216.4.1 Bei erstmaliger Pflichtverletzung 24216.4.2 Bei wie<strong>de</strong>rholter Pflichtverletzung 24216.4.3 Bei je<strong>de</strong>r weiteren Pflichtverletzung 24316.4.4 Son<strong>de</strong>rregelung in Bezug auf die Rechtsfolgen <strong>de</strong>r Pflichtverletzungen nach§ 31 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>für</strong> erwerbsfähige Leistungsberechtigte zwischen vollen<strong>de</strong>tem15. Lebensjahr und noch nicht vollen<strong>de</strong>tem 25. Lebensjahr 24316.4.5 Absenkung und Wegfall von Sozialgeld 244Seite


16.5 <strong>Die</strong> Sanktionstatbestän<strong>de</strong> nach § 32 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> – Mel<strong>de</strong>versäumnisse –und <strong>de</strong>ren Rechtsfolgen 24416.6 Eintritt und Dauer <strong>de</strong>r einzelnen Sanktion 24516.7 <strong>Die</strong> wie<strong>de</strong>rholte Pflichtverletzung 24616.8 Ergänzen<strong>de</strong> Sachleistungen 24616.9 Sozialversicherungspflicht 24816.10 Verfahrensrechtliches 24816.11 Beispiele 249Anhang: <strong>Die</strong> maßgeben<strong>de</strong>n Vorschriften <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I im Wortlaut -§§ 159, 161 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I 252236


16 SANKTIONEN / MITWIRKUNGSOBLIEGENHEITEN SOWIE ABSENKUNG UNDWEGFALL DES ARBEITSLOSENGELDES <strong>II</strong> BZW. SOZIALGELDES16.1 ALLGEMEINESSanktion und RechtsfolgenbelehrungEine Sanktion tritt bei einer Pflichtverletzung <strong>de</strong>s Leistungsbeziehers ein. Voraussetzung ist,dass <strong>de</strong>r Leistungsberechtigte über die Rechtsfolgen, einschließlich mit Hinweis auf dieverschärften Folgen wie<strong>de</strong>rholter Pflichtverletzungen, schriftlich belehrt wur<strong>de</strong> o<strong>de</strong>rKenntnis von diesen hat und kein wichtiger Grund <strong>für</strong> sein Verhalten vorliegt – siehe § 31Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.<strong>Die</strong> Rechtsfolgenbelehrung muss konkret, ein<strong>de</strong>utig, verständlich, verbindlich und rechtlichzutreffend sein. Es reicht nicht eine bloße Formalie o<strong>de</strong>r formelhafte Wie<strong>de</strong>rholung <strong>de</strong>sGesetzestextes in einem allgemeinen Merkblatt. So auch das BSG vom 17.12.2009 – B 4AS 30/09 R. Sie erfüllt eine „Warn- und Signalfunktion“.Durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Zweiten undZwölften Buches Sozialgesetzbuch wur<strong>de</strong> zum April 2011 <strong>de</strong>r schriftlichen Belehrung überdie Rechtsfolgen <strong>de</strong>s Pflichtverstoßes die Kenntnis gleichgestellt. Nach Berlit in LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5.Aufl., zu § 31, Rn. 84, kann die Kenntnis sowohl durch frühere Hinweise /Rechtsfolgenbelehrungen als auch durch mündliche Belehrungen vermittelt wor<strong>de</strong>n sein.<strong>Die</strong> objektive Beweislast <strong>für</strong> die Tatbestandsvoraussetzungen eines Sanktionstatbestan<strong>de</strong>strägt die Behör<strong>de</strong>. Nach Berlit in LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5. Aufl., zu § 31, Rn. 81, hat <strong>de</strong>r Leistungsträgerauch die Kenntnis darzulegen bzw. zu beweisen. Einen wichtigen Grund muss <strong>de</strong>rLeistungsberechtigte nachweisen.Grundlage <strong>für</strong> die Ermittlung <strong>de</strong>s Absenkungsbetrages ist237• <strong>de</strong>r Sanktionstatbestand,• die Frage, ob es sich um eine erstmalige o<strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>rholte Pflichtverletzung han<strong>de</strong>ltund• <strong>de</strong>r am Tag <strong>de</strong>r Entscheidung über die Sanktion maßgeben<strong>de</strong> Regelbedarf nach § 20<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>für</strong> <strong>de</strong>n erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, das heißt, <strong>de</strong>r tatsächlicheZahlbetrag ist unerheblich.Eine Än<strong>de</strong>rung in <strong>de</strong>n persönlichen Verhältnissen <strong>de</strong>s Hilfebedürftigen während <strong>de</strong>sSanktionszeitraums, z. B. ein Wechsel <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft, hat keineAuswirkungen auf die Höhe <strong>de</strong>s einmal festgesetzten Kürzungsbetrages, vgl.Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 31, 31a, 31b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand20.03.2013, Rn. 31.31.


Wenn eine Sanktion aber zum Wegfall <strong>de</strong>s gesamten Anspruchs auf Alg <strong>II</strong> bzw. zurBeschränkung <strong>de</strong>s Anspruchs auf die Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft und Heizung führt, kannsich bei einer Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r tatsächlichen Verhältnisse auch die Höhe <strong>de</strong>sMin<strong>de</strong>rungsbetrages än<strong>de</strong>rn, so auch die Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong>Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 31, 31a, 31b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.03.2013, ebenfalls Rn. 31.31.Beispiel:Der 23-jährige Herr L. lebt mit seiner Partnerin Frau S. zusammen. Am 15.10. bricht erohne wichtigen Grund eine Einglie<strong>de</strong>rungsmaßnahme ab. Seine Leistungen zumLebensunterhalt in Höhe von 353 Euro entfallen aufgrund <strong>de</strong>s Sanktionsbeschei<strong>de</strong>svom 28.10. ab 01.11., es wer<strong>de</strong>n nur noch die Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft direkt an <strong>de</strong>nVermieter gezahlt.Im Dezember trennt sich Frau S. von Herrn L. und zieht aus. Herr L. hat ab diesemZeitpunkt nun grundsätzlich Anspruch auf <strong>de</strong>n Regelbedarf als Alleinstehen<strong>de</strong>r inHöhe von 391 Euro, weiterhin erhält er <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Sanktionszeitraum bis En<strong>de</strong> Januaraber nur die Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft.238Voraussetzung <strong>für</strong> eine Sanktion ist <strong>de</strong>r Erlass eines VerwaltungsaktesDer Verwaltungsakt muss die Pflichtverletzung und <strong>de</strong>n Umfang <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Leistungfeststellen.<strong>Die</strong> Feststellung <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rung ist nach § 31b Abs. 1 Satz 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nur innerhalb von sechsMonaten ab <strong>de</strong>m Zeitpunkt <strong>de</strong>r Pflichtverletzung zulässig.Auswirkungen auf <strong>de</strong>n Zugang zu Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung in ArbeitUnabhängig vom Grad <strong>de</strong>r Sanktionen bzw. <strong>de</strong>r Inanspruchnahme von Sachleistungen bleibt<strong>de</strong>r Zugang zu Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit, also auch zu Beratungs- undBetreuungsdienstleistungen erhalten.Was ist ein wichtiger Grund?Als Orientierung ist neben bereits jetzt zum <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> erfolgter Rechtsprechung zu diesemThema, die <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>ssozialgerichtes zum Sperrzeitrecht nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I und zumehemaligen Bun<strong>de</strong>ssozialhilfegesetz heranzuziehen. Danach liegt ein wichtiger Grund vor,„wenn <strong>de</strong>m Leistungsberechtigten unter Berücksichtigung aller Umstän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Einzelfallesund unter Abwägung seiner Interessen mit <strong>de</strong>n Interessen <strong>de</strong>r Steuerzahler ein an<strong>de</strong>resVerhalten nicht zugemutet wer<strong>de</strong>n kann (vgl. BSG vom 29.11.1989 – 7 RAr 86/77)“, zit. inLeitfa<strong>de</strong>n zum Arbeitslosengeld <strong>II</strong>, 9. Aufl., S. 670. Zu berücksichtigen können berufliche undpersönliche Grün<strong>de</strong>, insbeson<strong>de</strong>re gesundheitliche und familiäre sein. Ein „ABC“ zumwichtigen Grund aus <strong>de</strong>r Rechtsprechung fin<strong>de</strong>t sich im Leitfa<strong>de</strong>n zum Arbeitslosengeld <strong>II</strong>, 9.Aufl., S. 709 ff.Verwiesen sei auch auf die Weisungen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zum Arbeitslosengeld,Stand 09/2012, zu § 159 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I, Punkt 9 (S. 24 ff.).


239Kein Anspruch auf ergänzen<strong>de</strong> Hilfe nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>Nach § 31b Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> besteht während <strong>de</strong>r Sanktionszeiträume kein Anspruch aufergänzen<strong>de</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.16.2 DIE SANKTIONSTATBESTÄNDE NACH § 31 ABS. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>16.2.1 Verstoß gegen in <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>m diese ersetzen<strong>de</strong>nVerwaltungsakt festgelegte Pflichten (Nr. 1)• Es geht dabei insbeson<strong>de</strong>re um die in <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung festgelegtenAnfor<strong>de</strong>rungen an die Eigenbemühungen. Insbeson<strong>de</strong>re soll in <strong>de</strong>rEinglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung festgelegt wer<strong>de</strong>n, wie und in welcher Häufigkeit sich<strong>de</strong>r Leistungsberechtigte um Arbeit bemühen muss. Weitere Pflichten aus <strong>de</strong>rEinglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung können aber auch sein die Teilnahme an einerbestimmten Einglie<strong>de</strong>rungsmaßnahme, die Kontaktaufnahme zu Beratungsstellenwie <strong>de</strong>r Schuldner- o<strong>de</strong>r Suchtberatung o<strong>de</strong>r die Organisation <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rbetreuung.Wie viel Bewerbungen pro Monat können gefor<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n?Es gibt keine konkrete Richtgröße in <strong>de</strong>r Rechtsprechung zum <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. <strong>Die</strong> konkreteZahl muss sich an <strong>de</strong>n Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>s Einzelfalls orientieren.Aus <strong>de</strong>r Praxis:<strong>Die</strong> Zahl <strong>de</strong>r gefor<strong>de</strong>rten Bewerbungen pro Monat liegt nach meinen Erfahrungenmeist bei fünf.Was ist mit <strong>de</strong>n Kosten <strong>für</strong> die Bewerbungen?Eine Kostenerstattungsregelung <strong>für</strong> notwendige schriftliche Bewerbungen sollte in<strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung verbindlich vereinbart wer<strong>de</strong>n. Geför<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>nkönnen diese Kosten gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> i.V.m. § 44 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I(„Vermittlungsbudget“). Es wird nun kein jährlicher För<strong>de</strong>rungshöchstbetrag <strong>für</strong>Bewerbungen mehr genannt, er sollte sich aber sicher an <strong>de</strong>m ehemaligen in Höhevon 260 Euro orientieren (§ 46 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I, alte Fassung bis En<strong>de</strong> 2008).• Es sollte aber geprüft wer<strong>de</strong>n, ob die festgelegten Pflichten u.U. unzulässigeGegenleistungen gemäß § 55 <strong>SGB</strong> X darstellen, in diesem Fall sind sie als nichtig nach§ 58 Abs. 2 Nr. 4 <strong>SGB</strong> X anzusehen. So hat das Sozialgericht Braunschweig, Beschlussvom 11.09.2006 – S 21 AS 962/06 ER, entschie<strong>de</strong>n, dass die Pflicht, bis zu einembestimmten Termin einen Psychiater aufzusuchen, eine solch unzulässigeGegenleistung darstellt und damit das Nichtnachkommen keinen Pflichtenverstoßnach § 31 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> darstellt.• Kein Sanktionsbestand liegt vor, wenn sich <strong>de</strong>r Leistungsberechtigte weigert, eineEinglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung abzuschließen. Grund hier<strong>für</strong> ist, dass in einem solchen


Fall <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Leistungsträger die Möglichkeit besteht, die Rechte und Pflichten ineinem Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> verbindlich zu regeln. DerVerstoß gegen diese Pflichten kann dann aber zu <strong>de</strong>r Sanktion führen.16.2.2 Ablehnung einer zumutbaren Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit nach § 16do<strong>de</strong>r eines nach § 16e geför<strong>de</strong>rten Arbeitsverhältnisses (Nr.2)• Ein Verstoß liegt vor, wenn sich <strong>de</strong>r Leistungsberechtigte weigert, die Arbeit o<strong>de</strong>rMaßnahme aufzunehmen, aber auch bei einer Weigerung zu ihrer Fortsetzung o<strong>de</strong>rwenn er eine Anbahnung dieser durch sein Verhalten verhin<strong>de</strong>rt.• Eine Sanktion tritt in diesen Fällen unabhängig davon ein, ob die aufgezähltenAngebote in einer Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung o<strong>de</strong>r in einem sie ersetzen<strong>de</strong>nVerwaltungsakt aufgenommen wur<strong>de</strong>n.16.2.3 Nichtantritt, Abbruch o<strong>de</strong>r Anlass <strong>für</strong> Abbruch einer zumutbaren Maßnahme (Nr. 3)• Es han<strong>de</strong>lt sich um einen Verstoß, wenn <strong>de</strong>r Leistungsberechtigte eine zumutbareMaßnahme nicht angetreten o<strong>de</strong>r abgebrochen hat, unabhängig davon, ob sie in <strong>de</strong>rEinglie<strong>de</strong>rungsvereinbarung o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>m sie ersetzen<strong>de</strong>n Verwaltungsaktaufgenommen wur<strong>de</strong>.• Es han<strong>de</strong>lt sich auch um einen Verstoß, wenn <strong>de</strong>r erwerbsfähige Leistungsberechtigtedurch sein Verhalten <strong>de</strong>n Ablauf einer Maßnahme beeinträchtigt o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>ren Erfolggefähr<strong>de</strong>t und <strong>de</strong>swegen sein Verbleib in <strong>de</strong>r Maßnahme <strong>de</strong>m Träger nichtzugemutet wer<strong>de</strong>n kann.16.3 DIE SANKTIONSTATBESTÄNDE NACH § 31 ABS. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>16.3.1 Vermin<strong>de</strong>rung von Einkommen und Vermögen (Nr. 1)• Eine Pflichtverletzung liegt vor, wenn ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter nachVollendung <strong>de</strong>s 18. Lebensjahres sein Einkommen o<strong>de</strong>r Vermögen in <strong>de</strong>r Absichtvermin<strong>de</strong>rt hat, die Voraussetzungen <strong>für</strong> die Gewährung o<strong>de</strong>r Erhöhung <strong>de</strong>s Alg <strong>II</strong>herbeizuführen.• Es muss sich hierbei um eine Handlung mit direktem Vorsatz han<strong>de</strong>ln, z.B. dieabsichtliche Aufgabe einer geringfügigen Beschäftigung, weil <strong>de</strong>mLeistungsberechtigten <strong>de</strong>r Zuverdienst nicht mehr lohnend erscheint.• Wenn ein Leistungsbezieher sein Geld am Spielautomaten verspielt, fehlt es an <strong>de</strong>rerfor<strong>de</strong>rlichen Absicht – er will sich ja nicht ärmer, son<strong>de</strong>rn reicher machen. Es dürftesich aber um unwirtschaftliches Verhalten – siehe nachstehend - han<strong>de</strong>ln.16.3.2 Unwirtschaftliches Verhalten (Nr. 2)• Eine Pflichtverletzung liegt vor, wenn ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter trotzBelehrung über die Rechtsfolgen sein unwirtschaftliches Verhalten fortsetzt.240


241• Ein erster Verstoß bleibt also folgenlos! In <strong>de</strong>r Belehrung muss <strong>de</strong>utlich aufgezeigtsein, dass und wie <strong>de</strong>r Betroffene sein unwirtschaftliches Verhalten unterlassen soll.Liegt aber z.B. krankhafte Spielsucht vor, kann die Belehrung ihre Hinweis- undWarnfunktion nicht erfüllen – es muss eine Suchtberatung nach § 16a Nr. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>erfolgen.16.3.3 Sanktion bei Eintritt einer Sperrzeit nach <strong>de</strong>n §§ 159 o<strong>de</strong>r 161 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I (Nr. 3)• Eine Pflichtverletzung liegt vor, wenn <strong>de</strong>r Anspruch eines erwerbsfähigenLeistungsberechtigten auf Arbeitslosengeld ruht o<strong>de</strong>r erloschen ist, weil die Agentur<strong>für</strong> Arbeit <strong>de</strong>n Eintritt einer Sperrzeit o<strong>de</strong>r das Erlöschen <strong>de</strong>s Anspruchs nach <strong>de</strong>nVorschriften <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I festgestellt hat („Festgestellte Sperrzeit“).• Voraussetzung hier<strong>für</strong> ist, dass es sich um einen Leistungsberechtigten mit Anspruchauf Arbeitslosengeld han<strong>de</strong>lt, <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Agentur <strong>für</strong> Arbeit einen Bescheid nach<strong>de</strong>n §§ 159 o<strong>de</strong>r 161 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I erhalten hat. Es kommt dabei nicht auf die Dauer <strong>de</strong>rSperrzeit an.• Nicht betroffen hiervon sind festgestellte Sperrzeiten nach § 159 Abs. 1 Nr. 6 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Iwegen Mel<strong>de</strong>versäumnissen sowie nach § 159 Abs. 1 Nr. 7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I wegen verspäteterArbeitsuchendmeldung, so auch die Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeitzu <strong>de</strong>n §§ 31, 31a, 31b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.03.2013, Rn. 31.25 f.Der Wortlaut <strong>de</strong>r §§ 159 und 161 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I befin<strong>de</strong>t sich im Anhang am En<strong>de</strong> diesesKapitels.16.3.4 Sanktion bei Sperrzeitfiktion (Nr. 4)• Eine Pflichtverletzung liegt vor, wenn ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter die im<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I genannten Voraussetzungen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Eintritt einer Sperrzeit erfüllt, die dasRuhen o<strong>de</strong>r Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begrün<strong>de</strong>n(„Sperrzeitfiktion“).• Das be<strong>de</strong>utet: Der erwerbsfähige Leistungsberechtigte erfüllt <strong>de</strong>m Grun<strong>de</strong> nach dieVoraussetzungen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Eintritt einer Sperrzeit o<strong>de</strong>r das Erlöschen <strong>de</strong>s Anspruchsauf Arbeitslosengeld nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I – Tatbestän<strong>de</strong> nach <strong>de</strong>n §§ 159, 161 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I -,die Agentur <strong>für</strong> Arbeit ist <strong>für</strong> ihn aber nicht zuständig, weil er sich nicht imLeistungsbezug von Arbeitslosengeld befin<strong>de</strong>t o<strong>de</strong>r er nicht die Anwartschaftszeiterfüllt. Daher muss <strong>de</strong>r zuständige Träger <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> in eigenerZuständigkeit prüfen, ob und inwieweit die Voraussetzungen nach <strong>de</strong>n §§ 159, 161<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Eintritt einer Sperrzeit o<strong>de</strong>r das Erlöschen eines Anspruchs aufArbeitslosengeld tatsächlich gegeben sind. Nicht anwendbar sind auch hier dieSperrzeiten nach § 159 Abs. 1 Nr. 6 bzw. Nr. 7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I, vgl. unter 16.3.3. DerHauptanwendungsfall von § 31 Abs. 2 Nr. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> dürfte <strong>de</strong>r Sperrzeittatbestand i.S.von § 159 Abs. 1 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I sein bei einem Leistungsberechtigten, <strong>de</strong>r seine


Arbeitslosigkeit durch vorsätzliches o<strong>de</strong>r grob fahrlässiges Verhalten herbeigeführthat, ohne da<strong>für</strong> einen wichtigen Grund zu haben, <strong>de</strong>r aber mangels Erfüllung <strong>de</strong>rAnwartschaftszeit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat.16.4 RECHTSFOLGEN DER PFLICHTVERLETZUNGEN NACH § 31 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><strong>Die</strong> Rechtsfolgen <strong>de</strong>r Pflichtverletzungen nach § 31 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sind im § 31a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> geregelt.16.4.1 Bei erstmaliger Pflichtverletzung• Es erfolgt eine Min<strong>de</strong>rung in Höhe von 30% <strong>de</strong>s <strong>für</strong> die erwerbsfähigeleistungsberechtigte Person nach § 20 maßgeblichen Regelbedarfs- § 31a Abs. 1 Satz1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Wenn <strong>de</strong>r maßgebliche Regelleistung also z. B. 391 Euro beträgt, wer<strong>de</strong>n117,30 Euro einbehalten.• <strong>Die</strong> Sanktion ist begrenzt auf die Höhe <strong>de</strong>s tatsächlichen Auszahlungsbetrages.• Für <strong>de</strong>n Fall, dass die ausgezahlte Leistung <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Regelbedarf wegen <strong>de</strong>rAnrechnung von Einkommen und / o<strong>de</strong>r Vermögen niedriger als <strong>de</strong>rMin<strong>de</strong>rungsbetrag ist, sind auch die an<strong>de</strong>ren Leistungen wie Mehrbedarfe, Kosten<strong>de</strong>r Unterkunft und Heizung von <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rung betroffen. Aber: Da die Leistungennach § 24 („Abweichen<strong>de</strong> Erbringung von Leistungen“), 27 (Leistungen <strong>für</strong>Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>) und § 28 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> („Bedarfe <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe“) nicht zumArbeitslosengeld <strong>II</strong> gehören, können sie nicht gemin<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n, so auch dieFachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 31, 31a, 31b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>,Stand 20.03.2013, Rn. 31.29.16.4.2 Bei erster wie<strong>de</strong>rholter Pflichtverletzung• Es erfolgt eine Min<strong>de</strong>rung in Höhe von 60% <strong>de</strong>s <strong>für</strong> die erwerbsfähigeleistungsberechtigte Person nach § 20 maßgeblichen Regelbedarfs- § 31a Abs. 1 Satz2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• Zu beachten dabei ist, dass, wenn sich die Dauer <strong>de</strong>r 1. Sanktion mit <strong>de</strong>r Dauer <strong>de</strong>rzweiten Sanktion überschnei<strong>de</strong>t, <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Überlappungszeitraum die Kürzung nur 60%beträgt (nicht 60% plus 30%)!Beispiel:Herr G. lehnt am 26.03. ein zumutbares Arbeitsangebot ohne wichtigen Grund ab. Am 15.04.erhält er <strong>de</strong>n Sanktionsbescheid, die Min<strong>de</strong>rung um 30% erfolgt <strong>für</strong> die Monate Mai bis Juli.Am 14.06. tritt Herr G. ohne wichtigen Grund eine Einglie<strong>de</strong>rungsmaßnahme nicht an. DerSanktionsbescheid ergeht am 24.06., die Min<strong>de</strong>rung um 60% erfolgt <strong>für</strong> die Monate Juli bisSeptember.→ Auch im Überlappungsmonat Juli erfolgt eine Min<strong>de</strong>rung um 60%, nicht 30% + 60%.242Aber:


Sanktionen nach § 32 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> - siehe nachfolgend unter 16.5 – treten zu <strong>de</strong>nen nach§ 31a hinzu, das heißt, hier wird <strong>für</strong> Überschneidungsmonate addiert - § 32 Abs. 2Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.16.4.3 Bei je<strong>de</strong>r weiteren wie<strong>de</strong>rholten Pflichtverletzung• Das Arbeitslosengeld <strong>II</strong> fällt vollständig weg, das heißt, sowohl die Leistungen <strong>für</strong> <strong>de</strong>nRegelbedarf als auch die Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft und Heizung sowie ein ggf.zustehen<strong>de</strong>r Mehrbedarf fällt <strong>für</strong> <strong>de</strong>njenigen weg, <strong>de</strong>r seine Pflichten erneut verletzthat.• Auch trotz <strong>de</strong>r durch § 31a Abs. 1 Satz 6 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bestehen<strong>de</strong>n Möglichkeit, die Kürzungauf 60% zu begrenzen – siehe nachstehend – verstößt die obligatorische Regelung,die zum 100%-igen Wegfall aller Leistungen führt, nach Auffassung einigerSozialrechtler gegen <strong>de</strong>n verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, soBerlit in LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5. Aufl., zu § 31a, Rn. 25.• <strong>Die</strong> Kürzung kann auf 60% <strong>de</strong>s maßgeben<strong>de</strong>n Regelbedarfs begrenzt wer<strong>de</strong>n, wenn<strong>de</strong>r erwerbsfähige Leistungsberechtigte sich nachträglich bereit erklärt, seinenPflichten nachzukommen - § 31a Abs. 1 Satz 6 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Nach <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweisen<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 31, 31a, 31b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.03.2013, Rn.31.34, muss <strong>de</strong>r Leistungsberechtigte glaubhaft darlegen, dass er gewillt ist, künftigalles zu tun, um seine Hilfebedürftigkeit zu been<strong>de</strong>n.Wenn die Min<strong>de</strong>rung mehr als 30% <strong>de</strong>s nach § 20 maßgeben<strong>de</strong>n Regelbedarfs beträgt, kann<strong>de</strong>r Träger auf Antrag ergänzen<strong>de</strong> Sachleistungen o<strong>de</strong>r geldwerte Leistungen erbringen(§ 31a Abs. 3 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>), er hat sie zu erbringen, wenn min<strong>de</strong>rjährige Kin<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft leben (§ 31a Abs. 3 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>). Es ist also eineErmessensentscheidung zu treffen, bei <strong>de</strong>r im Ausgangsfall – kann – alle Umstän<strong>de</strong> <strong>de</strong>sEinzelfalles einzufließen haben. Wenn min<strong>de</strong>rjährige Kin<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaftleben, ist das Ermessen gebun<strong>de</strong>n, also „auf Null reduziert“: im Regelfall sind dannergänzen<strong>de</strong> Sachleistungen o<strong>de</strong>r geldwerte Leistungen zu erbringen.243Vgl. dazu im Weiteren unter 16.8 – Ergänzen<strong>de</strong> Sachleistungen16.4.4 Son<strong>de</strong>rregelung in Bezug auf die Rechtsfolgen <strong>de</strong>r Pflichtverletzungen nach § 31 <strong>für</strong>erwerbsfähige Leistungsberechtigte zwischen vollen<strong>de</strong>tem 15. Lebensjahr und nochnicht vollen<strong>de</strong>tem 25. Lebensjahr - § 31 a Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• Bei erstmaliger Pflichtverletzung nach § 31 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> erhalten die Leistungsberechtigtenkeinerlei Geldleistungen mehr. Ausnahme: Kosten <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung, diedirekt an <strong>de</strong>n Vermieter o<strong>de</strong>r einen an<strong>de</strong>ren Empfangsberechtigten gezahlt wer<strong>de</strong>nsollen. <strong>Die</strong>se Son<strong>de</strong>rregelung <strong>für</strong> junge Leistungsberechtigte ist durch Art. 3 Abs. 1GG nicht ge<strong>de</strong>ckt und auch sonst unverhältnismäßig, so Berlit in LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5. Aufl.,zu § 31a, Rn. 6.


• Maßgeblich <strong>für</strong> die Feststellung <strong>de</strong>s Alters ist <strong>de</strong>r Tag <strong>de</strong>s sanktionsbegrün<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nEreignisses. Wenn <strong>de</strong>r junge Leistungsberechtigte bei einer erneutenPflichtverletzung innerhalb <strong>de</strong>r Jahresfrist inzwischen das 25. Lebensjahr vollen<strong>de</strong>that, ist diese nach § 31a Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zu beurteilen. Soweit die Fachlichen Hinweise<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 31, 31a, 31b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.03.2013, Rn.31.43 und 31.44.• Bei wie<strong>de</strong>rholter Pflichtverletzung nach § 31 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> fällt das Arbeitslosengeld <strong>II</strong>vollständig weg, also auch die Kosten <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung (§ 31a Abs. 2 Satz 2<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>). In diesem Fall kann <strong>de</strong>r Träger die Kosten <strong>für</strong> Unterkunft und Heizungerbringen, wenn sich <strong>de</strong>r Betroffene nachträglich bereit erklärt, seinen Pflichtennachzukommen.(§ 31a Abs. 2 Satz 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>).• Der Träger kann auch hier – wie vorgehend unter 16.4.3 beschrieben, ergänzen<strong>de</strong>Sachleistungen o<strong>de</strong>r geldwerte Leistungen erbringen, wenn die Min<strong>de</strong>rung mehr als30% beträgt.• <strong>Die</strong> Absenkung und <strong>de</strong>r Wegfall <strong>de</strong>s Arbeitslosengel<strong>de</strong>s <strong>II</strong> kann unter <strong>de</strong>rBerücksichtigung aller Umstän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Einzelfalls auf sechs Wochen verkürzt wer<strong>de</strong>n(§ 31b Abs. 1 Satz 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>). Ein Grund kann hier<strong>für</strong> z.B. sein, dass ein Min<strong>de</strong>rjährigeraufgrund seines Alters und seiner Reife nicht die Tragweite seines Verhaltenserkannte, auch Verschuldungsproblematiken o<strong>de</strong>r drohen<strong>de</strong>r Wohnungsverlust, soauch nach <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweisen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 31, 31a,31b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.03.2013, Rn. 31.59.16.4.5 Absenkung und Wegfall von SozialgeldNach § 31a Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> gelten die Rechtsfolgen <strong>für</strong> Pflichtverletzungen nach § 31 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>eingeschränkt auch <strong>für</strong> nicht erwerbsfähige Angehörige <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft, dieSozialgeld beziehen. Als abschließen<strong>de</strong> Sanktionstatbestän<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n genannt Verstößenach § 31 Abs. 2 Nr. 1 und 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, also wenn Sozialgel<strong>de</strong>mpfänger• nach Vollendung <strong>de</strong>s 18. Lebensjahres Einkommen o<strong>de</strong>r Vermögen in <strong>de</strong>r Absichtvermin<strong>de</strong>rn, die Voraussetzungen <strong>für</strong> die Erhöhung <strong>de</strong>s Sozialgel<strong>de</strong>s herbeizuführeno<strong>de</strong>r• trotz Belehrung über die Rechtsfolgen ein unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen.16.5 DIE SANKTIONSTATBESTÄNDE NACH § 32 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> – MELDEVERSÄUMNISSE – UNDDEREN RECHTSFOLGENAls Sanktionstatbestand gilt ein Mel<strong>de</strong>versäumnis <strong>de</strong>s erwerbsfähigen Leistungsberechtigteno<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s nicht erwerbsfähigen Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft trotz schriftlicherBelehrung über die Rechtsfolgen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>ren Kenntnis und ohne wichtigen Grund• beim zuständigen Leistungsträger (Jobcenter) bzw.• bei einem ärztlichen o<strong>de</strong>r psychologischen Untersuchungstermin.244


245Gemäß § 59 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sind die Vorschriften über die allgemeine Mel<strong>de</strong>pflicht nach § 309 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Ientsprechend anzuwen<strong>de</strong>n.Bei erstmaliger Pflichtverletzung:• Es erfolgt eine Min<strong>de</strong>rung in Höhe von 10% <strong>de</strong>r <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Leistungsberechtigten nach§ 20 maßgeben<strong>de</strong>n Regelbedarfs. Wenn die maßgebliche Regelleistung also 391 Eurobeträgt, wer<strong>de</strong>n 39,10 Euro einbehalten.Auch hier gilt:Ist die gezahlte Regelleistung wegen <strong>de</strong>r Anrechnung von Einkommen und / o<strong>de</strong>rVermögen niedriger als <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rungsbetrag, sind auch die an<strong>de</strong>ren Leistungen wieMehrbedarfe, Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft und Heizung von <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rung betroffen.Bei je<strong>de</strong>r weiteren wie<strong>de</strong>rholten Pflichtverletzung:• erfolgt eine jeweils weitere Kürzung um 10%.• Im Unterschied zu <strong>de</strong>n Sanktionen nach § 31a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> laufen Sanktionen nach § 32 <strong>SGB</strong><strong>II</strong> zueinan<strong>de</strong>r parallel ab, wer<strong>de</strong>n also in Überschneidungsmonaten addiert.• Außer<strong>de</strong>m treten Sanktionen nach § 32 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zu <strong>de</strong>nen nach § 31a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> hinzu, dasheißt, auch hier wird <strong>für</strong> Überschneidungsmonate addiert - § 32 Abs. 2 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• <strong>Die</strong> Vorschriften nach § 31a Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> über die Gewährung von Sachleistungengelten entsprechend - § 32 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.16.6 EINTRITT UND DAUER DER EINZELNEN SANKTIONEN - § 31b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Das Folgen<strong>de</strong> gilt sowohl <strong>für</strong> Sanktionen nach § 31a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> als über § 32 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>auch <strong>für</strong> die Sanktionen (Mel<strong>de</strong>versäumnisse) nach § 32 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• Der Auszahlungsanspruch min<strong>de</strong>rt sich mit Beginn <strong>de</strong>s Kalen<strong>de</strong>rmonats, <strong>de</strong>r auf dasWirksamwer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Verwaltungsakts folgt, <strong>de</strong>r die Pflichtverletzung und <strong>de</strong>nUmfang <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Leistung feststellt. <strong>Die</strong>ser Verwaltungsakt hat <strong>für</strong> dasWirksamwer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Sanktion konstitutive Be<strong>de</strong>utung. Ein Verwaltungsakt wirdwirksam mit seiner Bekanntgabe. Ein schriftlicher Verwaltungsakt gilt bei <strong>de</strong>rÜbermittlung durch die Post im Inland am dritten Tag nach <strong>de</strong>r Aufgabe zur Post alsbekannt gegeben. Im Zweifel hat die Behör<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Zugang und <strong>de</strong>n Zeitpunkt <strong>de</strong>sZugangs zu beweisen - § 37 Abs. 2 <strong>SGB</strong> X.• <strong>Die</strong> Feststellung <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rung ist nach § 31b Abs. 1 Satz 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nur innerhalb vonsechs Monaten ab <strong>de</strong>m Zeitpunkt <strong>de</strong>r Pflichtverletzung zulässig.• In <strong>de</strong>n Fällen <strong>de</strong>s § 31 Absatzes 2 Nr. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> treten Absenkung und Wegfall mitBeginn <strong>de</strong>r Sperrzeit o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Erlöschen <strong>de</strong>s Anspruchs nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I ein - § 31bAbs. 1 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.


246Aber:Eine Sanktion nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> darf nicht länger dauern als die Sperrzeit nach <strong>de</strong>m<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I. Da die Sperrzeit nach § 159 Abs. 3 bis 6 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I ein, zwei, drei, sechs o<strong>de</strong>rzwölf Wochen dauern kann, darf auch nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nur <strong>für</strong> diesen Zeitraumgekürzt wer<strong>de</strong>n. So die Auffassung von Geiger, vgl. Leitfa<strong>de</strong>n zum Arbeitslosengeld <strong>II</strong>,9. Aufl., S. 700. An<strong>de</strong>rs die Auffassung <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur, vgl. Fachliche Hinweise <strong>de</strong>rBun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 31, 31a, 31b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.03.2013, Rn. 31.57.Sie sieht als Sanktionszeitraum unabhängig von <strong>de</strong>r Dauer <strong>de</strong>r Sperrzeit ebenfalls dreiMonate an.• Es besteht eine Ausnahme <strong>für</strong> Leistungsberechtigte, die das 15., aber noch nicht das25. Lebensjahr vollen<strong>de</strong>t haben: Bei diesem Personenkreis kann die Absenkung bzw.<strong>de</strong>r Wegfall auf 6 Wochen verkürzt wer<strong>de</strong>n, vgl. unter 16.4.4.16.7 DIE WIEDERHOLTE PFLICHTVERLETZUNG<strong>Die</strong> folgen<strong>de</strong>n Ausführungen gelten nur <strong>für</strong> die Sanktionen nach § 31 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, die nach § 32<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sind extra zu betrachten.• Eine Pflichtverletzung gilt als wie<strong>de</strong>rholt, wenn sie innerhalb eines Jahres ab Beginn<strong>de</strong>s vorangegangenen Sanktionszeitraums stattfin<strong>de</strong>t - § 31a Abs. 1 Satz 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• Eine wie<strong>de</strong>rholte Pflichtverletzung liegt nur vor, wenn bereits zuvor eine Min<strong>de</strong>rungfestgestellt wur<strong>de</strong> - § 31a Abs. 1 Satz 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• Achtung: Je<strong>de</strong> Sanktion, also auch eine Sanktion wegen wie<strong>de</strong>rholterPflichtverletzung, löst eine eigene Zählwirkung (Jahresfrist) aus! (Zur Klarstellungnoch einmal: das betrifft nicht die Sanktionen nach § 32 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> –Mel<strong>de</strong>versäumnisse!)• <strong>Die</strong> Jahresfrist läuft kalen<strong>de</strong>rmäßig ab, Unterbrechungen <strong>de</strong>s Leistungsbezugs wirkensich nicht fristverlängernd aus.16.8 ERGÄNZENDE SACHLEISTUNGEN• Wie unter 16.4.3 dargestellt, können bei Kürzungen um mehr als 30% vom Träger <strong>de</strong>r<strong>Grundsicherung</strong> Sachleistungen, insbeson<strong>de</strong>re Lebensmittelgutscheine, gewährtwer<strong>de</strong>n:„Bei einer Min<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Arbeitslosengel<strong>de</strong>s <strong>II</strong> um mehr als 30 Prozent <strong>de</strong>s nach § 20maßgeben<strong>de</strong>n Regelbedarfs kann <strong>de</strong>r Träger auf Antrag in angemessenem Umfangergänzen<strong>de</strong> Sachleistungen o<strong>de</strong>r geldwerte Leistungen erbringen. Der Träger hatLeistungen nach Satz 1 zu erbringen, wenn Leistungsberechtigte mit min<strong>de</strong>rjährigenKin<strong>de</strong>rn in einem Haushalt leben.“ ( § 31a Abs. 3, Sätze 1,2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>).


• Da erst ab einer höheren Absenkung als um 30% die Möglichkeit besteht, ergänzen<strong>de</strong>Sachleistungen o<strong>de</strong>r geldwerte Leistungen zu erbringen, sollen sich diese Leistungennach <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweisen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 31, 31a, 31b<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.03.2013, Rn. 31.48 <strong>de</strong>m Volumen nach ausschließlich auf <strong>de</strong>n über30% hinausgehen<strong>de</strong>n Min<strong>de</strong>rungsbetrag beziehen! <strong>Die</strong> Lebensmittelgutscheine sindauf <strong>de</strong>n <strong>für</strong> Ernährung, Gesundheitspflege, Hygiene und Körperpflege vorgesehenenAnteil <strong>de</strong>s maßgeblichen Regelbedarfs zu beschränken. <strong>Die</strong> Berechnungsgrundlagezur Bestimmung <strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>r angemessenen ergänzen<strong>de</strong>n Sachleistungen aus <strong>de</strong>mRegelbedarf sind die regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus <strong>de</strong>nAbteilungen Ernährung (01), Gesundheitspflege (06) und Hygiene und Körperpflege(12) <strong>de</strong>r Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2008, vgl. 11.2.2. <strong>Die</strong>serAnteil beträgt ca. 46%, bei einem Regelbedarf von 391 Euro sind dies also gerun<strong>de</strong>t180 Euro.• Weiterhin gilt nach <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweisen, dass <strong>de</strong>m Leistungsberechtigten alsSumme aus verbleiben<strong>de</strong>m Regelbedarf und <strong>de</strong>m Wert <strong>de</strong>r Sachleistungenmin<strong>de</strong>stens <strong>de</strong>r <strong>für</strong> Ernährung Gesundheitspflege, Hygiene und Körperpflegevorgesehene Anteil verbleiben soll, das heißt, er sollte nach <strong>de</strong>r erfolgten Min<strong>de</strong>rungin <strong>de</strong>r Summe von verbleiben<strong>de</strong>m Regelbedarf und gewährten Sachleistungenwenigstens auf die Höhe von 180 Euro kommen. <strong>Die</strong> folgen<strong>de</strong>n Beispiele orientierensich an <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 31,31a, 31b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.03.2013, Rn. 31.48, sind aber an die <strong>für</strong> 2014 gültigenRegelbedarfe angepasst wor<strong>de</strong>n:Beispiel 1:Wenn <strong>für</strong> einen maßgeblichen Regelbedarf in Höhe von 391 Euro eine Min<strong>de</strong>rung um 60%erfolgt, übersteigt <strong>de</strong>r Prozentsatz <strong>de</strong>r Absenkung die ersten 30% um weitere 30%. Alsobeträgt <strong>de</strong>r Wert <strong>de</strong>r möglichen Sachleistungen 30% von 180 Euro gleich 54 Euro. In diesemFall verbleibt <strong>de</strong>m Leistungsberechtigten ein 40%-iger Anteil von seinem Regelbedarf von391 Euro. <strong>Die</strong>s sind 156,40 Euro als Geldleistung zuzüglich <strong>de</strong>r gerun<strong>de</strong>ten 54 Euro in Formvon Lebensmittelgutscheinen, in <strong>de</strong>r Summe also 210,40 Euro – mehr als <strong>de</strong>r im Regelbedarfenthaltenen Anteil <strong>für</strong> Ernährung, Gesundheitspflege, Hygiene und Körperpflege.247Beispiel 2:Wenn bei einem maßgeblichen Regelbedarf in Höhe von 391 Euro eine Absenkung um 60%(z.B. 2 abgelehnte Arbeitsangebote) + 30% (z.B. 3 Mel<strong>de</strong>versäumnisse) erfolgt, übersteigt<strong>de</strong>r Prozentsatz <strong>de</strong>r Absenkung die ersten 30% um 60%. Also beträgt <strong>de</strong>r Wert <strong>de</strong>r möglichenSachleistungen 60% von 180 Euro gleich 108 Euro. Da <strong>de</strong>r verbleiben<strong>de</strong> Regelbedarf - 10%von 391 Euro= 39,10 Euro zusammen mit <strong>de</strong>n 108 Euro nur eine Summe von 147,10 Euroergibt, können die Sachleistungen in diesem Fall um 32,90 Euro auf 180 Euro aufgestocktwer<strong>de</strong>n, die Gesamtgutscheinhöhe beträgt also gerun<strong>de</strong>t 141 Euro.Das Jobcenter kann während <strong>de</strong>s Min<strong>de</strong>rungszeitraums zusätzlich die Abschläge <strong>für</strong>Stromzahlungen als Zuschuss direkt an <strong>de</strong>n Energieversorger zahlen, wenn dieser auf Grundvon offenen Zahlungen die Stromabstellung ankündigt, so auch die Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>rBun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 31, 31a, 31b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.03.2013, Rn. 31.49a


248In <strong>de</strong>r Anlage 3 <strong>de</strong>r Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 31,31a, 31b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.03.2013, befin<strong>de</strong>n sich Tabellen zur Berechnung <strong>de</strong>r ergänzen<strong>de</strong>nSachleistungen (allerdings natürlich nur <strong>für</strong> 2013), in <strong>de</strong>r Anlage 4 die Berechnungsgrundlagezur Bestimmung <strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>r angemessenen ergänzen<strong>de</strong>n Sachleistungen aus <strong>de</strong>mRegelbedarf.16.9 SOZIALVERSICHERUNGSPFLICHTWer<strong>de</strong>n die Leistungen um 100% gemin<strong>de</strong>rt, entfällt <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Träger auch die Pflicht zurKranken- und Pflegeversicherung. Wer<strong>de</strong>n Sach- o<strong>de</strong>r geldwerte Leistungen erbracht, trittdie Versicherungspflicht wie<strong>de</strong>r ein. Wer<strong>de</strong>n keine Sachleistungen gewährt, bleibt <strong>de</strong>rLeistungsberechtigte beitragspflichtig, das heißt, er muss während dieser Zeit dieanfallen<strong>de</strong>n Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge selbst tragen. Ist er hierzu nicht in<strong>de</strong>r Lage, entstehen Beitragsrückstän<strong>de</strong>. Während <strong>de</strong>r Dauer <strong>de</strong>r Hilfebedürftigkeit habendiese keine negativen Auswirkungen hinsichtlich <strong>de</strong>r Leistungen durch die gesetzlicheKrankenversicherung, jedoch bei Beendigung <strong>de</strong>r Hilfebedürftigkeit, vgl. Fachliche Hinweise<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 31, 31a, 31b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.03.2013, Rn. 31.50.Während <strong>de</strong>r Absenkung bzw. <strong>de</strong>s Wegfalls <strong>de</strong>r Leistungen besteht kein Anspruch aufergänzen<strong>de</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>. Das hat <strong>de</strong>r Gesetzgeber durch§ 31b Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> noch einmal ausdrücklich klargestellt, obwohl sich das bereits aus § 5Abs. 2 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> und § 21 Satz 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> ergibt.16.10 VERFAHRENSRECHTLICHES• Nach <strong>de</strong>r Feststellung <strong>de</strong>s Sanktionstatbestan<strong>de</strong>s erlässt <strong>de</strong>r zuständigeLeistungsträger einen Feststellungsbescheid. In ihm muss geregelt sein, von wann biswann in welcher Höhe die bewilligte Leistung gekürzt wird. Der Bescheid wird mit <strong>de</strong>rBekanntgabe wirksam. Ein schriftlicher Verwaltungsakt gilt bei <strong>de</strong>r Übermittlungdurch die Post im Inland am dritten Tag nach <strong>de</strong>r Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Im Zweifel hat die Behör<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Zugang und <strong>de</strong>n Zeitpunkt <strong>de</strong>s Zugangs zubeweisen - § 37 Abs. 2 <strong>SGB</strong> X. .• <strong>Die</strong> Feststellung <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rung ist nur innerhalb von sechs Monaten ab <strong>de</strong>mZeitpunkt <strong>de</strong>r Pflichtverletzung zulässig - § 31b Abs. 1 Satz 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• <strong>Die</strong> Kürzung wegen eines zweiten und weiteren Sanktionsbeschei<strong>de</strong>s setzt <strong>de</strong>nZugang eines ersten und bzw. darauf folgen<strong>de</strong>r Sanktionsbeschei<strong>de</strong> voraus - § 31aAbs. 1 Satz 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• Vor Erlass <strong>de</strong>s Feststellungsbeschei<strong>de</strong>s muss <strong>de</strong>r Leistungsberechtigte nach § 24 <strong>SGB</strong>X angehört wer<strong>de</strong>n. Bei einer wie<strong>de</strong>rholten Pflichtverletzung muss <strong>de</strong>rLeistungsberechtigte auch auf die Möglichkeit, ergänzen<strong>de</strong> Leistungen in Gestalt vonSachleistungen o<strong>de</strong>r geldwerten Hilfen zu beantragen, hingewiesen wer<strong>de</strong>n,ebenfalls auf die Folgen <strong>für</strong> die Kranken- und Pflegeversicherung, vgl. die Fachlichen


Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 31, 31a, 31b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand20.03.2013, Rn. 31.51.Eine im Verwaltungsverfahren versäumte Anhörung kann nach § 41 Abs. 2 Nr. 3<strong>SGB</strong> X bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor <strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong>ssozialgerichtnachgeholt wer<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong> Nachholung ist aber nicht wirksam, wenn <strong>de</strong>r Leistungsträgerdie Anhörungspflicht vorsätzlich, rechtsmissbräuchlich o<strong>de</strong>r durchOrganisationsverschul<strong>de</strong>n verletzt hat, so im Leitfa<strong>de</strong>n zum Arbeitslosengeld <strong>II</strong>, 9.Aufl., S. 703 f..• Dem Leistungsträger steht hinsichtlich <strong>de</strong>r Entscheidung über ergänzen<strong>de</strong>Sachleistungen und über die Min<strong>de</strong>rung von Sanktionen ein Ermessen zu. Wenn eineVerkürzung o<strong>de</strong>r Mil<strong>de</strong>rung in Betracht kommt, muss <strong>de</strong>r Träger darlegen, welcheTatsachen und welche Überlegungen seiner Entscheidung zugrun<strong>de</strong> liegen. <strong>Die</strong>s giltauch <strong>für</strong> die Entscheidung, Sachleistungen o<strong>de</strong>r geldwerte Leistungen nicht o<strong>de</strong>r nurin geringem Umfang zu erbringen, so im Leitfa<strong>de</strong>n zum Arbeitslosengeld <strong>II</strong>, 9. Aufl. S.703.• Rechtsbehelfe:Wi<strong>de</strong>rspruch und Klage gegen <strong>de</strong>n Feststellungsbescheid haben nach § 39 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>keine aufschieben<strong>de</strong> Wirkung. <strong>Die</strong> aufschieben<strong>de</strong> Wirkung kann entwe<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>rBehör<strong>de</strong> selbst (§ 86a Abs. 3 Satz 1 SGG) o<strong>de</strong>r vom Sozialgericht (§ 86b Abs. 1 Satz 1Nr. 2 SGG) hergestellt wer<strong>de</strong>n.An<strong>de</strong>rs verhält es sich, wenn die Bewilligung <strong>de</strong>r Leistung wegen einer von <strong>de</strong>rArbeitsagentur festgesetzten Sperrzeit <strong>für</strong> die Vergangenheit aufgehoben wird und<strong>de</strong>r überzahlte Betrag rückerstattet wer<strong>de</strong>n soll. In diesem Fall haben Wi<strong>de</strong>rspruchund Klage hinsichtlich <strong>de</strong>r Rückfor<strong>de</strong>rung aufschieben<strong>de</strong> Wirkung.16.11 BEISPIELEBeispiel 1 orientiert sich an <strong>de</strong>m in <strong>de</strong>r Anlage 1 <strong>de</strong>r Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur<strong>für</strong> Arbeit zu <strong>de</strong>n §§ 31, 31a, 31b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 20.03.2013, dargestelltem Beispiel 2,angepasst an das Jahr 2014:Beispiel 1:Herr C. lebt mit seiner Frau und seinen 2 Kin<strong>de</strong>rn (5 und 7 Jahre alt) in einerBedarfsgemeinschaft.• Pflichtverletzung im April 2014 (kein Nachweis <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rungsvereinbarungfestgelegten Eigenbemühungen), Sanktionsbescheid geht am 09.05.2014 zu• Pflichtverletzung am 31.05.2014 (kommt einer schriftlich ergangenen Auffor<strong>de</strong>rungzu einem Termin ohne wichtigen Grund nicht nach); Sanktionsbescheid geht am05.06.2014 zu• Ablehnung einer zumutbaren Arbeit am 25.06.2014, Sanktionsbescheid geht am04.07.2014249


• Erneute Pflichtverletzung am 28.06.2014 (erneutes Mel<strong>de</strong>versäumnis),Sanktionsbescheid geht am 04.07.2014 zu• Erneute Ablehnung einer zumutbaren Beschäftigung am 23.07.2014;Sanktionsbescheid geht am 02.08.2014 zu• Erneutes Mel<strong>de</strong>versäumnis am 17.10.2014; Sanktionsbescheid geht am 22.11.2014zuÜber die Rechtsfolgen ist Herr C. jeweils belehrt wor<strong>de</strong>n.250→ Es ergeben sich rechnerisch folgen<strong>de</strong> Sanktionszeiträume und Min<strong>de</strong>rungsbeträge:Der maßgebliche Regelbedarf <strong>für</strong> Herrn C. beträgt 353 Euro.Rechtsgrundlage§ 31aAbs. 1§ 32Abs. 1§ 31aAbs. 1§ 32Abs. 1§ 31aAbs. 1§ 32Abs. 105/14 06/14 07/14 08/14 09/14 10/14 11/14 12/14 01/15 02/15 03/1530%105,90EuroGesamt 105,90EuroAnm.:30%105,90Euro10%35,30Euro141,20Euro30%105,90Euro10%35,30Euro60%211,80Euro10%35,30Euro282,40Euro10%35,30Euro60%211,80Euro10%35,30Euro60%211,80Euro10%35,30EuroWegfall <strong>de</strong>s gesamtenAnspruchsWegfall <strong>de</strong>s gesamtenAnspruchs10%35,30Euro35,30Euro10%35,30Euro35,30Euro10%35,30Euro35,30Euroo Sanktionszeiträume von Pflichtverletzungen nach § 32 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> treten zu <strong>de</strong>nen nach§ 31a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> hinzu, das heißt, hier wird <strong>für</strong> Überschneidungsmonate addiert. Dabeiwer<strong>de</strong>n die Min<strong>de</strong>rungsbeträge – nicht die Prozentwerte addiert.o <strong>Die</strong> Sanktionszeiträume von mehreren Pflichtverletzungen nach § 32 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>für</strong>gleiche Zeiträume laufen ebenfalls parallel ab.o Überlappen sich die Sanktionszeiträume von Pflichtverletzungen nach § 31 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, sogreift im Überlappungszeitraum nur die Sanktion wegen wie<strong>de</strong>rholterPflichtverletzung, hier z.B. <strong>für</strong> August 14.Das Beispiel 2 befand sich in <strong>de</strong>r Anlage 2 <strong>de</strong>r Fachlichen Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong>Arbeit zu § 31 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> a.F., bis einschließlich Stand 20.07.2011, wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>n FachlichenHinweisen ab Stand 20.10.2011 herausgenommen, mit <strong>de</strong>r Begründung, dass durch dieErgänzung <strong>de</strong>r Rn. 31.38 es nicht mehr erfor<strong>de</strong>rlich war. Es wird hier verwen<strong>de</strong>t, weil es m.E.die Zählwirkung <strong>de</strong>r Sanktionen sehr gut darstellt:


Beispiel 2:Wie<strong>de</strong>rholte Pflichtverletzung nach § 31 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> innerhalb <strong>de</strong>r JahresfristAn <strong>de</strong>m folgen<strong>de</strong>n Beispiel soll nochmals sichtbar wer<strong>de</strong>n, dass, wie unter 16.7 dargestellt,je<strong>de</strong> Sanktion ihre eigene Zählwirkung <strong>für</strong> die Jahresfrist auslöst, in <strong>de</strong>r eine Pflichtverletzungals wie<strong>de</strong>rholt gilt.Anmerkung: Es han<strong>de</strong>lte sich bei allen Pflichtverletzungen um solche nach § 31 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>2511. Pflichtverletzung am 10.04.2011• Sanktionszeitraum vom 01.05.2011 bis 31.07.2011• Min<strong>de</strong>rung um 30% <strong>de</strong>s Regelbedarfs• Jahresfrist / Zählwirkung 01.05.2011 bis 30.04.20122. Pflichtverletzung (= 1. wie<strong>de</strong>rholte) am 20.10.2011• Sanktionszeitraum vom 01.11.2011 bis 31.01.2012• Min<strong>de</strong>rung um 60% <strong>de</strong>s Regelbedarfs• Jahresfrist / Zählwirkung 01.11.2011 bis 31.10.20123. Pflichtverletzung (= weitere wie<strong>de</strong>rholte) am 05.05.2012• Sanktionszeitraum vom 01.06.2012 bis 31.08.2012• Wegfall <strong>de</strong>s kompletten Alg <strong>II</strong>-Anspruchs• Jahresfrist / Zählwirkung 01.06.2012 bis 31.05.20134. Pflichtverletzung (= weitere wie<strong>de</strong>rholte) am 01.10.2012• Sanktionszeitraum vom 01.11.2012 bis 31.01.2013• Wegfall <strong>de</strong>s kompletten Alg <strong>II</strong>-Anspruchs• Jahresfrist / Zählwirkung 01.11.2012 bis 31.10.20135. Pflichtverletzung (erneute erste) am 02.11.2013• Sanktionszeitraum vom 01.12.2013 bis 28.02.2014• Min<strong>de</strong>rung um 30% <strong>de</strong>s Regelbedarfs• Jahresfrist / Zählwirkung 01.12.2013 bis 30.11.2014


25216.12 ANHANG:<strong>Die</strong> maßgeben<strong>de</strong>n Vorschriften <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I im Wortlaut - §§ 159, 161 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I§ 159 Ruhen bei Sperrzeit(1) Hat die Arbeitnehmerin o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne da<strong>für</strong>einen wichtigen Grund zu haben, ruht <strong>de</strong>r Anspruch <strong>für</strong> die Dauer einer Sperrzeit.Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn1. die o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst o<strong>de</strong>r durch einarbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass <strong>für</strong> die Lösung <strong>de</strong>s Beschäftigungsverhältnissesgegeben und dadurch vorsätzlich o<strong>de</strong>r grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat(Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),2. die bei <strong>de</strong>r Agentur <strong>für</strong> Arbeit als arbeitssuchend gemel<strong>de</strong>te (§ 38 Abs. 1) o<strong>de</strong>r die arbeitslosePerson trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von <strong>de</strong>r Agentur <strong>für</strong> Arbeit unterBenennung <strong>de</strong>s Arbeitgebers und <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>r Tätigkeit angebotene Beschäftigung nichtannimmt o<strong>de</strong>r nicht antritt o<strong>de</strong>r die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses,insbeson<strong>de</strong>re das Zustan<strong>de</strong>kommen eines Vorstellungsgespräches, durch sein Verhaltenverhin<strong>de</strong>rt (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),3. die o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von <strong>de</strong>r Agentur <strong>für</strong> Arbeitgefor<strong>de</strong>rten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichen<strong>de</strong>nEigenbemühungen),4. die o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einerMaßnahme zur Aktivierung und beruflichen Einglie<strong>de</strong>rung (§ 45) o<strong>de</strong>r einer Maßnahme zurberuflichen Ausbildung o<strong>de</strong>r Weiterbildung o<strong>de</strong>r einer Maßnahme zur Teilhabe amArbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichenEinglie<strong>de</strong>rungsmaßnahme),5. die o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbrichto<strong>de</strong>r durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Ausschluss aus einer dieserMaßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Einglie<strong>de</strong>rungsmaßnahme),6. die o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Arbeitslose einer Auffor<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Agentur <strong>für</strong> Arbeit, sich zu mel<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r zueinem ärztlichen o<strong>de</strong>r psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotzBelehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt o<strong>de</strong>r nicht nachgekommen ist (Sperrzeitbei Mel<strong>de</strong>versäumnis),7. die o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Arbeitslose seiner Mel<strong>de</strong>pflicht nach § 38 Abs. 1 nicht nachgekommen ist(Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).<strong>Die</strong> Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die <strong>für</strong> die Beurteilung eineswichtigen Grun<strong>de</strong>s maßgeben<strong>de</strong>n Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn dieseTatsachen in ihrer Sphäre o<strong>de</strong>r in ihrem Verantwortungsbereich liegen.(2) <strong>Die</strong> Sperrzeit beginnt mit <strong>de</strong>m Tag nach <strong>de</strong>m Ereignis, das die Sperrzeit begrün<strong>de</strong>t, o<strong>de</strong>r, wenndieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> dieser Sperrzeit. Wer<strong>de</strong>n mehrere Sperrzeitendurch dasselbe Ereignis begrün<strong>de</strong>t, folgen sie in <strong>de</strong>r Reihenfolge <strong>de</strong>s Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 7einan<strong>de</strong>r nach.(3) <strong>Die</strong> Dauer <strong>de</strong>r Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich1. auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach <strong>de</strong>mEreignis, das die Sperrzeit begrün<strong>de</strong>t, ohne eine Sperrzeit geen<strong>de</strong>t hätte,2. auf sechs Wochen, wenna) das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach <strong>de</strong>m Ereignis, das die Sperrzeitbegrün<strong>de</strong>t, ohne eine Sperrzeit geen<strong>de</strong>t hätte o<strong>de</strong>rb) eine Sperrzeit von zwölf Wochen <strong>für</strong> die arbeitslose Person nach <strong>de</strong>n <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Eintritt <strong>de</strong>rSperrzeit maßgeben<strong>de</strong>n Tatsachen eine beson<strong>de</strong>re Härte be<strong>de</strong>uten wür<strong>de</strong>.


(4) <strong>Die</strong> Dauer <strong>de</strong>r Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichenEinglie<strong>de</strong>rungsmaßnahme o<strong>de</strong>r bei Abbruch einer beruflichen Einglie<strong>de</strong>rungsmaßnahme beträgt1. im Falle <strong>de</strong>s erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,2. im Falle <strong>de</strong>s zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,3. in <strong>de</strong>n übrigen Fällen zwölf Wochen.Im Falle <strong>de</strong>r Arbeitsablehnung o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Ablehnung einer beruflichen Einglie<strong>de</strong>rungsmaßnahmenach <strong>de</strong>r Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Abs. 1) im Zusammenhang mit <strong>de</strong>rEntstehung <strong>de</strong>s Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.(5) <strong>Die</strong> Dauer einer Sperrzeit bei unzureichen<strong>de</strong>n Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.(6) <strong>Die</strong> Dauer einer Sperrzeit bei Mel<strong>de</strong>versäumnis o<strong>de</strong>r bei verspäteter Arbeitsuchendmeldungbeträgt eine Woche.253§ 161 Erlöschen <strong>de</strong>s Anspruchs(1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld erlischt1. mit <strong>de</strong>r Entstehung eines neuen Anspruchs,2. wenn die o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Arbeitslose Anlass <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Eintritt von Sperrzeiten mit einer Dauer voninsgesamt min<strong>de</strong>stens 21 Wochen gegeben hat, über <strong>de</strong>n Eintritt <strong>de</strong>r Sperrzeiten schriftlicheBeschei<strong>de</strong> erhalten hat und auf die Rechtsfolgen <strong>de</strong>s Eintritts von Sperrzeiten mit einerDauer von insgesamt min<strong>de</strong>stens 21 Wochen hingewiesen wor<strong>de</strong>n ist; dabei wer<strong>de</strong>n auchSperrzeiten berücksichtigt, die in einem Zeitraum von zwölf Monaten vor <strong>de</strong>r Entstehung <strong>de</strong>sAnspruchs eingetreten sind und nicht bereits zum Erlöschen eines Anspruchs geführt haben.(2) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld kann nicht mehr geltend gemacht wer<strong>de</strong>n, wenn nach seinerEntstehung vier Jahre verstrichen sind.


254Kapitel 17:Allgemeine Mitwirkungsobliegenheiten und SanktionenSeite17.1 Mitwirkungsobliegenheiten bestehen in Folgen<strong>de</strong>m 255• Zur Vorlage von Kontoauszügen17.2 Folgen bei Verletzung 25617.3 Grenzen <strong>de</strong>r Mitwirkung 256


25517 ALLGEMEINE MITWIRKUNGSOBLIEGENHEITEN UND SANKTIONENNeben <strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>ren Vorschriften <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> über die Mitwirkung und die Folgen vonPflichtverletzungen gelten auch die allgemeinen Vorschriften <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> I und <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X –siehe § 40 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, soweit keine Abweichungen vorgesehen sind.Von diesen allgemeinen Vorschriften sind die wichtigsten:17.1 MITWIRKUNGSOBLIEGENHEITEN BESTEHEN IN FOLGENDEM:1. alle Tatsachen anzugeben, die <strong>für</strong> die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen <strong>de</strong>szuständigen Leistungsträgers <strong>de</strong>r Erteilung <strong>de</strong>r Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,§ 60 Abs. 1 Nr. 1 <strong>SGB</strong> I, Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen <strong>de</strong>sLeistungsträgers Beweisurkun<strong>de</strong>n vorzulegen o<strong>de</strong>r ihrer Vorlegung zuzustimmen -§ 60 Abs. 1 Nr. 3 <strong>SGB</strong> I,Zur Vorlage von KontoauszügenBSG, Entscheidung vom 19.09.2008 – B 14 AS 45/07 R:Das Vorlegen <strong>de</strong>r Kontoauszüge, zumin<strong>de</strong>st <strong>de</strong>r letzten 3 Monate, ist eineMitwirkungspflicht und nicht zu beanstan<strong>de</strong>n. Aus <strong>de</strong>n Kontoauszügen haben dieEinnahmen unbegrenzt hervorzugehen, bei <strong>de</strong>n Ausgaben können die Empfänger vonZahlungen geschwärzt o<strong>de</strong>r unkenntlich gemacht wer<strong>de</strong>n, wenn diese Zahlungenbeson<strong>de</strong>re personenbezogene Daten betreffen, z.B. Beiträge <strong>für</strong> Gewerkschaften,politische Parteien und Religionsgemeinschaften. <strong>Die</strong> Höhe <strong>de</strong>r überwiesenenBeträge muss aber auch in diesen Fällen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n <strong>Grundsicherung</strong>sträger erkennbarbleiben.Eine weiterführen<strong>de</strong> BSG-Entscheidung vom 19.02.2009 - B 4 AS 10/08 R - zurVorlage bei Folgeanträgen:Auch ohne konkrete Verdachtsmomente auf missbräuchlichen Leistungsbezug ist einAntragsteller bei je<strong>de</strong>r Beantragung von Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> - also auch beiFolgeanträgen - verpflichtet, sämtliche Kontoauszüge <strong>de</strong>r jeweils vergangenen dreiMonate vorzulegen.2. im Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Beantragung von Leistungen vollständige und richtigeAngaben zu machen,3. bei Bezug von Leistungen aufgrund eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung:Verän<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>n persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen <strong>de</strong>mLeistungsträger unverzüglich mitzuteilen - § 60 Abs. 1 Nr. 2 <strong>SGB</strong> I.


25617.2 FOLGEN BEI VERLETZUNGEN:Zu 1.: Soweit wegen fehlen<strong>de</strong>r Mitwirkung die Voraussetzungen <strong>für</strong> die Leistung nichtnachgewiesen sind, kann <strong>de</strong>r zuständige Leistungsträger unter Beachtung <strong>de</strong>sVerfahrensschritts nach § 66 Abs. 3 <strong>SGB</strong> I die Leistungen ohne weitere Ermittlungenbis zur Nachholung <strong>de</strong>r Mitwirkung ganz o<strong>de</strong>r teilweise versagen o<strong>de</strong>r entziehen -§ 66 Abs. 1 <strong>SGB</strong> I.Zu 2.: Wenn <strong>de</strong>r Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die <strong>de</strong>r Begünstigte vorsätzlich o<strong>de</strong>rgrob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig o<strong>de</strong>r unvollständig gemacht hat,darf (= kann) <strong>de</strong>r Verwaltungsakt mit Wirkung <strong>für</strong> die Vergangenheit (und Zukunft)zurückgenommen wer<strong>de</strong>n - § 45 <strong>SGB</strong> X – bereits erbrachte Geldleistungen sind zuerstatten. Sach- o<strong>de</strong>r <strong>Die</strong>nstleistungen sind in Geld zu erstatten - § 50 Abs. 1 <strong>SGB</strong> X.Zu 3.: Han<strong>de</strong>lt es sich um wesentliche Än<strong>de</strong>rungen, also solche, die zum teilweisen o<strong>de</strong>rvollständigen Wegfall <strong>de</strong>r Leistungen führen und erfolgt die Unterlassung vorsätzlicho<strong>de</strong>r grob fahrlässig, soll <strong>de</strong>r Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt <strong>de</strong>rVerän<strong>de</strong>rung – also rückwirkend aufgehoben wer<strong>de</strong>n - § 48 Abs. 1 <strong>SGB</strong> X – erbrachteLeistungen sind zu erstatten – § 50 <strong>SGB</strong> X - siehe zu 2.Zu 2. und 3.:Aufgrund <strong>de</strong>r Verweisung in § 40 Abs. 2 Nr. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> auf § 330 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I ist das „darf“ in § 45<strong>SGB</strong> X und das „soll“ in § 48 <strong>SGB</strong> X durch ein „ist“ zu ersetzen; d.h. dass auch im Bereich <strong>de</strong>s<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> die zuständigen Leistungsträger bzw. die Gemeinsame Einrichtung nach § 44b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> insolchen Fällen keine Ermessensentscheidung zu treffen haben, son<strong>de</strong>rn gebun<strong>de</strong>n sind.17.3 GRENZEN DER MITWIRKUNG (§ 65 <strong>SGB</strong> I)Zur Mitwirkung ist ein Leistungsberechtigter nicht verpflichtet, wenn• ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu <strong>de</strong>r in Anspruchgenommenen Sozialleistung steht o<strong>de</strong>r• ihre Erfüllung ihm aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet wer<strong>de</strong>n kann o<strong>de</strong>r• <strong>de</strong>r Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als <strong>de</strong>r Antragsteller o<strong>de</strong>r<strong>de</strong>r Leistungsberechtigte die erfor<strong>de</strong>rlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.


257Kapitel 18:Einige verfahrensrechtliche VorschriftenSeite18.1 Sofortige Vollziehbarkeit von Verwaltungsakten nach § 39 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 25818.2 Vom <strong>SGB</strong> X abweichen<strong>de</strong> Verfahrensvorschriften nach § 40 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 25918.3 Berechnung und Auszahlung <strong>de</strong>r Leistungen nach § 41 f. <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 26318.4 Darlehensgewährung nach § 42a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 26418.5 Aufrechnung nach § 43 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 26418.6 Verän<strong>de</strong>rungen (Erlass) von Ansprüchen nach § 44<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 265Zur Antragserfor<strong>de</strong>rnis und Antragsberechtigung wird auf das Kapitel 6.5 verwiesen.


25818 EINIGE VERFAHRENSRECHTLICHE VORSCHRIFTEN18.1 SOFORTIGE VOLLZIEHBARKEIT VON VERWALTUNGSAKTEN NACH § 39 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• Nach § 86a Abs. 1 <strong>de</strong>s Sozialgerichtsgesetzes (SGG) haben Wi<strong>de</strong>rspruch undAnfechtungsklage aufschieben<strong>de</strong> Wirkung. Aufschieben<strong>de</strong> Wirkung (Suspensiveffekt)be<strong>de</strong>utet, dass <strong>de</strong>r Verwaltungsakt so lange nicht vollzogen, insbeson<strong>de</strong>re die in ihmenthaltene Regelung nicht mit Mitteln <strong>de</strong>s Verwaltungszwangs durchgesetzt wer<strong>de</strong>ndarf, bevor er bestandskräftig gewor<strong>de</strong>n ist, also über seine Rechtmäßigkeitabschließend entschie<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n ist.• § 86a Abs. 2 SGG sieht neben an<strong>de</strong>ren Möglichkeiten das Entfallen <strong>de</strong>raufschieben<strong>de</strong>n Wirkung durch bun<strong>de</strong>sgesetzliche Regelung vor: eine solcheRegelung fin<strong>de</strong>t sich in § 39 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> mit folgen<strong>de</strong>r Formulierung:„Keine aufschieben<strong>de</strong> Wirkung haben Wi<strong>de</strong>rspruch und Anfechtungsklage gegeneinen Verwaltungsakt,1. <strong>de</strong>r Leistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong> aufhebt, zurücknimmt,wi<strong>de</strong>rruft, die Pflichtverletzung und die Min<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Auszahlungsanspruchesfeststellt o<strong>de</strong>r Leistungen zur Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit o<strong>de</strong>r Pflichtenerwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit regelt,2. <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Übergang eines Anspruchs bewirkt,3. mit <strong>de</strong>m zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefor<strong>de</strong>rt wird o<strong>de</strong>r4. mit <strong>de</strong>m nach § 59 in Verbindung mit § 309 <strong>de</strong>s Dritten Buches zur persönlichenMeldung bei <strong>de</strong>r Agentur <strong>für</strong> Arbeit aufgefor<strong>de</strong>rt wird.“Da <strong>de</strong>r in § 33 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> geregelte Anspruchsübergang durch Überleitungsanzeige (=Verwaltungsakt) durch einen gesetzlichen Anspruchsübergang ersetzt wor<strong>de</strong>n ist,geht die Regelung in Nr. 2 seit Inkrafttreten <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> – Fortentwicklungsgesetzes insLeere.• Somit ist aber im Bereich <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bei Entscheidungen über Leistungen <strong>de</strong>r<strong>Grundsicherung</strong> und zur Einglie<strong>de</strong>rung in Arbeit die Möglichkeit genommen, durchEinlegung von Rechtsbehelfen die Wirksamkeit von Verwaltungsaktenhinauszuschieben. <strong>Die</strong>s betrifft insbeson<strong>de</strong>re Beschei<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>r Grundlage von §§ 31bis 32 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> über die Absenkung und <strong>de</strong>n Wegfall <strong>de</strong>s Arbeitslosengel<strong>de</strong>s <strong>II</strong> o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>sSozialgel<strong>de</strong>s. <strong>Die</strong>ser negative Regelungsaspekt wird durch die Aufrechnungsregelungnach § 43 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ergänzt und verschärft.Achtung:Es gibt aber die Möglichkeit, bei <strong>de</strong>m Sozialgericht einen Antrag auf Anordnung <strong>de</strong>raufschieben<strong>de</strong>n Wirkung nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG zu stellen. Es ist da<strong>für</strong> nicht notwendig,vorher einen Antrag auf Aussetzung <strong>de</strong>r Vollziehung nach § 86a Abs. 3 SGG beim Jobcenterzu stellen. Letzteres ist zwar eine per Gesetz vorgesehene Möglichkeit, dürfte in <strong>de</strong>r Praxiswohl aber kaum Erfolg versprechen.


259• Nicht erfasst wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r Vorschrift:o Erstattungsansprüche nach §§ 45, 48, 50 <strong>SGB</strong> Xo Ersatzansprüche nach § 34 – 34b und Ansprüche aus Erbenhaftung nach § 35<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>o Erstattungsansprüche von Beiträgen zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungnach § 40 Abs. 2 Nr. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> i.V.m. § 335 Abs. 1,2,5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Io Entscheidungen über die Aufrechnung gegen einen Anspruch <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> –nach §§ 42a, 43 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Denn: Bei <strong>de</strong>n Entscheidungen über die vorstehend aufgeführten Ansprüche han<strong>de</strong>lt essich nicht um Verwaltungsakte, die über Leistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> entschei<strong>de</strong>n.18.2 VOM <strong>SGB</strong> X ABWEICHENDE VERFAHRENSVORSCHRIFTEN NACH § 40 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>§ 40 Abs. 1 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ordnet zunächst an, dass <strong>für</strong> das Verfahren nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> das <strong>SGB</strong>X – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – maßgeblich ist.Im Satz 2 erfolgt die erste Abweichung <strong>für</strong> die Frist <strong>de</strong>r Rücknahme eines rechtswidrigennicht begünstigen<strong>de</strong>n Verwaltungsaktes nach § 44 <strong>SGB</strong> X:• Der § 44 <strong>SGB</strong> X eröffnet die Möglichkeit, einen bereits bestandskräftigen Bescheidüberprüfen zu lassen und damit das Verfahren wie<strong>de</strong>r aufzurollen. Somit han<strong>de</strong>lt essich hier nicht um ein Rechtsmittel wie bei einem Wi<strong>de</strong>rspruch o<strong>de</strong>r einer Klage,son<strong>de</strong>rn ein reines Überprüfungsverfahren. Gegen <strong>de</strong>n Überprüfungsbescheidkönnen dann aber Rechtsmittel eingelegt wer<strong>de</strong>n. Stellt sich <strong>de</strong>r ursprünglicheLeistungsbescheid als fehlerhaft heraus, muss er von <strong>de</strong>r Behör<strong>de</strong> zurückgenommenund durch einen <strong>de</strong>r damaligen Rechts- und Sachlage entsprechen<strong>de</strong>n Beschei<strong>de</strong>rsetzt wer<strong>de</strong>n.Wegen seiner Be<strong>de</strong>utung <strong>für</strong> die Praxis hier <strong>de</strong>r genaue Wortlaut <strong>de</strong>s Abs. 1:„§ 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigen<strong>de</strong>n Verwaltungsaktes(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Rechtunrichtig angewandt o<strong>de</strong>r von einem Sachverhalt ausgegangen wor<strong>de</strong>n ist, <strong>de</strong>r sichals unrichtig erweist, und soweit <strong>de</strong>shalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrachto<strong>de</strong>r Beiträge zu Unrecht erhoben wor<strong>de</strong>n sind, ist <strong>de</strong>r Verwaltungsakt, auchnach<strong>de</strong>m er unanfechtbar gewor<strong>de</strong>n ist, mit Wirkung <strong>für</strong> die Vergangenheitzurückzunehmen. <strong>Die</strong>s gilt nicht, wenn <strong>de</strong>r Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die<strong>de</strong>r Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig o<strong>de</strong>r unvollständiggemacht hat.“Nach § 44 Abs. 4 <strong>SGB</strong> X sind sich durch korrigierte Beschei<strong>de</strong> ergebeneNachzahlungen <strong>für</strong> einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor <strong>de</strong>r Rücknahme vomLeistungsträger zu erbringen, seit <strong>de</strong>m 01.04.2011 wur<strong>de</strong> <strong>für</strong> Angelegenheiten <strong>de</strong>s<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> diese Frist auf ein Jahr verkürzt.


Weiterhin erklärt § 40 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bestimmte Vorschriften <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I, die vom <strong>SGB</strong> Xabweichen<strong>de</strong> Regelungen enthalten, <strong>für</strong> entsprechend anwendbar. Dabei geht es vor allemum folgen<strong>de</strong> Vorschriften:• <strong>für</strong> die Aufhebung eines Verwaltungsaktes ist § 330 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I entsprechendanwendbar:Hier geht es noch einmal um die Rücknahme eines rechtswidrigen nichtbegünstigen<strong>de</strong>n Verwaltungsaktes nach § 44 <strong>SGB</strong> X: Wenn die Voraussetzungen <strong>für</strong>die Rücknahme vorliegen, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass <strong>de</strong>sVerwaltungsaktes <strong>für</strong> nichtig o<strong>de</strong>r <strong>für</strong> nicht vereinbar mit <strong>de</strong>m Grundgesetz erklärto<strong>de</strong>r in ständiger Rechtsprechung an<strong>de</strong>rs als durch die Agentur <strong>für</strong> Arbeit ausgelegtwor<strong>de</strong>n ist, so ist <strong>de</strong>r Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar gewor<strong>de</strong>n ist, nur mitWirkung <strong>für</strong> die Zeit nach <strong>de</strong>r Entscheidung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverfassungsgerichts o<strong>de</strong>r ab<strong>de</strong>m Bestehen <strong>de</strong>r ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.Für das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> folgen<strong>de</strong> Ergänzung seit 2011: Auf die Zeit nach <strong>de</strong>r Entscheidung <strong>de</strong>sLan<strong>de</strong>ssozialgerichts wird abgestellt bei <strong>de</strong>r Unwirksamkeit einer Satzung o<strong>de</strong>r eineran<strong>de</strong>ren im Rang unter einem Lan<strong>de</strong>sgesetz stehen<strong>de</strong>n Rechtsvorschrift, die nach§ 22a Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (betrifft Satzungsermächtigung über die Angemessenheit <strong>de</strong>rAufwendungen <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung, wür<strong>de</strong> also z. B. eine entsprechen<strong>de</strong>Entscheidung <strong>de</strong>s LSG Berlin-Bran<strong>de</strong>nburg über die neueWohnaufwendungenverordnung – WAV, siehe unter 11.4, betreffen) und <strong>de</strong>m dazuergangenen Lan<strong>de</strong>sgesetz erlassen wor<strong>de</strong>n ist.• <strong>für</strong> die Aufhebung von Verwaltungsakten sind § 330 Abs. 2, 3 Satz 1 und 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Ientsprechend anwendbar:Hier geht es vor allem darum, dass die in §§ 45, 48 <strong>SGB</strong> X vorgesehenenErmessensentscheidungen durch die Verpflichtung <strong>de</strong>r Leistungsträger nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong><strong>II</strong> ersetzt wer<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>r Vergangenheit liegen<strong>de</strong>, bewilligen<strong>de</strong> Entscheidungen beiVorliegen <strong>de</strong>r tatbestandlichen Voraussetzungen aufzuheben;• die vorläufige Entscheidung nach § 328 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I:Danach kann über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig entschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n,wenn:o die Vereinbarkeit einer Vorschrift <strong>de</strong>s Gesetzes, von <strong>de</strong>r die Entscheidungüber <strong>de</strong>n Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand einesVerfahrens beim Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht o<strong>de</strong>r beim europäischenGerichtshof ist,o eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Be<strong>de</strong>utungGegenstand eines Verfahrens beim Bun<strong>de</strong>ssozialgericht ist, o<strong>de</strong>ro zur Feststellung <strong>de</strong>r Voraussetzungen eines Anspruchs auf Geldleistungenvoraussichtlich längere Zeit erfor<strong>de</strong>rlich ist, die Voraussetzungen <strong>für</strong> <strong>de</strong>nAnspruch mit hinreichen<strong>de</strong>r Sicherheit vorliegen und <strong>de</strong>r Leistungsberechtigte260


die Umstän<strong>de</strong>, die abschließen<strong>de</strong>n, sofortigen Entscheidungenentgegenstehen, nicht zu vertreten hat.o Ergänzung <strong>für</strong> das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ab 2011:Es kann auch vorläufig entschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, wenn die Gültigkeit einer Satzungo<strong>de</strong>r einer an<strong>de</strong>ren im Rang unter einem Lan<strong>de</strong>sgesetz stehen<strong>de</strong>nRechtsvorschrift , die nach § 22a Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (betrifft Satzungsermächtigungüber die Angemessenheit <strong>de</strong>r Aufwendungen <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung)und <strong>de</strong>m dazu ergangenen Lan<strong>de</strong>sgesetz erlassen wor<strong>de</strong>n ist, Gegenstan<strong>de</strong>ines Verfahrens bei einem Lan<strong>de</strong>ssozialgericht, <strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>ssozialgerichto<strong>de</strong>r einem Verfassungsgericht ist<strong>Die</strong> aufgrund <strong>de</strong>r vorläufigen Entscheidung erbrachten Leistungen sind auf diezustehen<strong>de</strong>n Leistungen anzurechnen. Soweit mit <strong>de</strong>r abschließen<strong>de</strong>n Entscheidungein Leistungsanspruch nicht o<strong>de</strong>r in geringerer Höhe zuerkannt wird, sind aufgrund<strong>de</strong>r vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten.• die vorläufige Zahlungseinstellung entsprechend § 331 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I:Danach kann die Zahlung einer laufen<strong>de</strong>n Leistung ohne Erteilung eines Beschei<strong>de</strong>svorläufig eingestellt wer<strong>de</strong>n, wenn die Behör<strong>de</strong> Kenntnis von Tatsachen erhält, diekraft Gesetzes zum Ruhen o<strong>de</strong>r zum Wegfall <strong>de</strong>s Anspruchs führen und wenn <strong>de</strong>rBescheid, aus <strong>de</strong>m sich <strong>de</strong>r Anspruch ergibt, <strong>de</strong>shalb mit Wirkung <strong>für</strong> dieVergangenheit aufzuheben ist.Für das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> gilt darüber hinaus, dass die Träger auch zu einer teilweisenZahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, diezu einem geringeren Leistungsanspruch führen.• die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherungentsprechend § 335 Abs. 1, 2 und 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I.Bei rückwirken<strong>de</strong>r Aufhebung und Rückfor<strong>de</strong>rung von Arbeitslosengeld <strong>II</strong> hat <strong>de</strong>rBezieher diese Leistungen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu ersetzen. Hat allerdings<strong>für</strong> <strong>de</strong>n Zeitraum, <strong>für</strong> <strong>de</strong>n die Leistung zurückgefor<strong>de</strong>rt wird, ein weiteresKrankenversicherungsverhältnis bestan<strong>de</strong>n, so erstattet die da<strong>für</strong> zuständigeKrankenkasse <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur die <strong>für</strong> diesen Zeitraum entrichteten Beiträge.§ 40 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bestimmt die Erstattung von Gutscheinen auf <strong>de</strong>r Grundlage von § 50 Abs.1 <strong>SGB</strong> X <strong>für</strong> die Bedarfe <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe nach § 28 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Da die Leistungen <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe teilweise in Gutscheinen bewilligt wer<strong>de</strong>nkönnen, wur<strong>de</strong> diese Son<strong>de</strong>rregelung 2011 in das Gesetz eingefügt. Danach sind dieGutscheine in Geld zu erstatten. <strong>Die</strong> leistungsberechtigte Person kann dieErstattungsfor<strong>de</strong>rung auch durch Rückgabe <strong>de</strong>s Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht inAnspruch genommen wur<strong>de</strong>. Eine Erstattung <strong>de</strong>r Leistungen nach § 28 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> erfolgt nicht,soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre.261


Nach Auffassung von Conradis in LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5. Aufl., zu § 40, Rn. 27, ist im Hinblick auf diesespezielle Regelung davon auszugehen, dass <strong>de</strong>r Wert von Sachleistungen nichtzurückverlangt wer<strong>de</strong>n kann, wenn es da<strong>für</strong> keine spezielle Regelung gibt. So fin<strong>de</strong>t sich in§ 24 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bei <strong>de</strong>r Abweichen<strong>de</strong>n Erbringung von Leistungen in Satz 2 eine solcheRegelung, <strong>für</strong> § 31a Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> – Sachleistungen bei Sanktionen – hingegen nicht. In <strong>de</strong>nFällen <strong>de</strong>s § 31a Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist also eine Erstattung ausgeschlossen.§ 40 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bestimmt, dass bei <strong>de</strong>r Erstattung von in <strong>de</strong>r Vergangenheit überzahltenLeistungen auf <strong>de</strong>r Grundlage von § 50 <strong>SGB</strong> X 56% <strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r Berechnung <strong>de</strong>sArbeitslosengel<strong>de</strong>s <strong>II</strong> und <strong>de</strong>s Sozialgel<strong>de</strong>s berücksichtigten Bedarfe <strong>für</strong> Unterkunft – alsoohne Kosten <strong>für</strong> Heizung und Warmwasserversorgung - nicht zu erstatten sind.Es han<strong>de</strong>lt sich dabei um <strong>de</strong>n Durchschnittswert <strong>de</strong>r Bezuschussung <strong>de</strong>r Mietkosten nach<strong>de</strong>m WoGG – <strong>de</strong>r Erstattungspflichtige wird damit so behan<strong>de</strong>lt, als wenn er Wohngeldbezogen hätte. Das gilt wie<strong>de</strong>rum nicht im Falle <strong>de</strong>s § 45 Abs. 2 Satz 3 und <strong>de</strong>s § 48 Abs. 1Satz 2 Nr. 2 und 4 <strong>SGB</strong> X, sowie in <strong>de</strong>n Fällen, in <strong>de</strong>nen die Bewilligung lediglich teilweiseaufgehoben wird, d.h. hier sind die vollen Unterkunftskosten zu erstatten.§ 40 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> regelt die Fälle i.V.m. § 28 <strong>SGB</strong> X, wenn ein Leistungsberechtigter zunächstvon <strong>de</strong>r Stellung eines Antrages auf Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> abgesehen hat, weil er beieinem an<strong>de</strong>ren Leistungsträger einen Anspruch auf an<strong>de</strong>re Sozialleistungen geltend gemachthat, diese ihm aber versagt wur<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r nun zu erstatten sind:<strong>Die</strong>se Konstellation ist in § 28 <strong>SGB</strong> X so geregelt, dass <strong>de</strong>r nachgeholte Antrag auf die ersteLeistung bis zu einem Jahr zurückwirkt, wenn er innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf<strong>de</strong>s Monats gestellt wird, in <strong>de</strong>m die Ablehnung (o<strong>de</strong>r Erstattung) <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Leistungbin<strong>de</strong>nd gewor<strong>de</strong>n ist. Nach § 40 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist § 28 <strong>SGB</strong> X mit <strong>de</strong>r Maßgabe anzuwen<strong>de</strong>n,dass <strong>de</strong>r Antrag unverzüglich* nach Ablauf <strong>de</strong>s Monats, in <strong>de</strong>m die Ablehnung o<strong>de</strong>rErstattung <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Leistung bin<strong>de</strong>nd gewor<strong>de</strong>n ist, nachzuholen ist. <strong>Die</strong> Frist wur<strong>de</strong> alsostark verkürzt.Zur Ver<strong>de</strong>utlichung an dieser Stelle noch einmal das Beispiel aus Kapitel 6 unter 6.5.3:Beispiel:Nach<strong>de</strong>m Herr A. seine jahrelange selbständige Tätigkeit wegen schlechter Auftragslageaufgegeben hat, fin<strong>de</strong>t er bei <strong>de</strong>r Firma X eine Anstellung. Lei<strong>de</strong>r gerät auch diewirtschaftliche Lage <strong>de</strong>r Firma in eine Schieflage. Darum wird Herr A. nach 10 Monaten ausbetrieblichen Grün<strong>de</strong>n von seiner Firma zum 15. September gekündigt. Am 16. Septembergeht er zur Arbeitsagentur, mel<strong>de</strong>t sich arbeitslos und beantragt Arbeitslosengeld. Am 20.Oktober erhält er <strong>de</strong>n Bescheid von <strong>de</strong>r Arbeitsagentur, dass er wegen fehlen<strong>de</strong>rAnwartschaftszeit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat. Er hat in <strong>de</strong>r maßgeblichenRahmenfrist nach § 143 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I (2 Jahre) nur 10 Monate in einemVersicherungspflichtverhältnis gestan<strong>de</strong>n. Für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld wärennach § 142 Abs. 1 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I aber wenigstens 12 Monate notwendig. Aus seinervorhergehen<strong>de</strong>n selbständigen Beschäftigung kann Herr A. keine Ansprüche ableiten, da ernicht von <strong>de</strong>r Möglichkeit Gebrauch gemacht hatte, <strong>de</strong>r freiwilligenArbeitslosenversicherung <strong>für</strong> Selbständige („Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag“ nach§ 28a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I) beizutreten.262


Herr A. lebt zunächst von seinen Ersparnissen. Da nun aber die Feiertage vor <strong>de</strong>r Tür stehen,die Ersparnisse merklich geschrumpft sind und eine neue Arbeit auch nicht in Sicht ist, gehter am 10. Dezember zum Jobcenter und stellt einen Antrag auf Arbeitslosengeld <strong>II</strong>.Der Ablehnungsbescheid <strong>de</strong>r Arbeitsagentur <strong>für</strong> das Arbeitslosengeld ist ein Verwaltungsakt.Ein Verwaltungsakt wird bestandskräftig, wenn er nicht mehr mit einem Rechtsbehelfangefochten wer<strong>de</strong>n kann, also nach einem Monat, das wäre hier also am 20. November.Herr A. könnte also bis 20. Dezember* <strong>de</strong>n Antrag auf Arbeitslosengeld <strong>II</strong> beim Jobcenternachholen, damit § 40 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> i.V.m. § 28 <strong>SGB</strong> X greifen wür<strong>de</strong>. Da er dies am 10.Dezember getan hat, gilt sein Antrag beim Jobcenter als am 16. September gestellt undwirkt über § 37 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> auf <strong>de</strong>n 01. September zurück.263*Durch die Formulierung „unverzüglich“ ist es nicht ein<strong>de</strong>utig, bis wann <strong>de</strong>r Antrag gestelltwer<strong>de</strong>n muss. Conradis in LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5. Aufl., zu § 40, Rn. 37, geht davon aus, dass dieAntragstellung innerhalb eines Monats nach Bestandskraft <strong>de</strong>r Ablehnung <strong>de</strong>r ursprünglichbeantragten Leistung noch rechtzeitig sein müsste, da die gesetzliche Regelung <strong>de</strong>rÜberlegungszeit <strong>für</strong> Rechtsbehelfe gegen Beschei<strong>de</strong> ein Monat beträgt. <strong>Die</strong>ser Auffassungwird mit <strong>de</strong>m dargestellten Beispiel gefolgt./ <strong>Die</strong> Auffassung von Conradis ist mir sympathisch, aber ob es alle Gerichte sosehen, ist fraglich. So müssen sich nach § 38 Abs. 1 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I Personen, die Kenntnis von<strong>de</strong>r Beendigung ihres Ausbildungs- o<strong>de</strong>r Arbeitsverhältnisses erhalten, wenn zwischen dieserKenntnis und <strong>de</strong>r Beendigung weniger als drei Monate liegen, innerhalb von drei Tagen bei<strong>de</strong>r Arbeitsagentur mel<strong>de</strong>n. Auch das könnte als „unverzüglich“ angesehen wer<strong>de</strong>n.18.3 BERECHNUNG UND AUSZAHLUNGEN DER GELDLEISTUNGEN NACH § 41 f. <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Berechnung <strong>de</strong>r Leistungen• Anspruch auf Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts besteht <strong>für</strong> je<strong>de</strong>nKalen<strong>de</strong>rtag. Der Monat wird unabhängig von <strong>de</strong>r Anzahl seiner tatsächlichen Tagemit 30 Tagen berechnet.• Stehen die Leistungen nicht <strong>für</strong> einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteiligerbracht.• <strong>Die</strong> Leistungen sollen jeweils <strong>für</strong> sechs Monate bewilligt und monatlich im Vorauserbracht wer<strong>de</strong>n. Der Bewilligungszeitraum kann auf bis zu zwölf Monate beiLeistungsberechtigten wer<strong>de</strong>n, bei <strong>de</strong>nen eine Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Verhältnisse indiesem Zeitraum nicht zu erwarten ist.RundungsvorschriftNach § 41 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> wer<strong>de</strong>n Berechnungen auf zwei Dezimalstellungen durchgeführt,wenn nichts Abweichen<strong>de</strong>s Bestimmt ist.


264Auszahlung <strong>de</strong>r Geldleistungen• Geldleistungen wer<strong>de</strong>n auf das im Antrag angegebene inländische Konto überwiesen.• Wer<strong>de</strong>n die Geldleistungen direkt an <strong>de</strong>n Wohnsitz <strong>de</strong>s Leistungsberechtigtenübermittelt, sind die dadurch veranlassten Kosten abzuziehen. <strong>Die</strong>s gilt nicht, wennLeistungsberechtigte nachweisen, dass ihnen die Einrichtung eines Kontos ohneeigenes Verschul<strong>de</strong>n nicht möglich ist.18.4 DARLEHENSGEWÄHRUNG NACH § 42a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• Darlehen wer<strong>de</strong>n nur erbracht, wenn ein Bedarf we<strong>de</strong>r durch Vermögen nach § 12Abs. 2 Satz 1, Nr. 1, 1a und 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (betrifft die Grundfreibeträge und <strong>de</strong>n Freibetrag<strong>für</strong> notwendige Anschaffungen) noch auf an<strong>de</strong>re Weise ge<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n kann.• Darlehen können an einzelne Mitglie<strong>de</strong>r von Bedarfsgemeinschaften o<strong>de</strong>r anmehrere gemeinsam vergeben wer<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong> Rückzahlungsverpflichtung trifft dieDarlehensnehmer.• Solange Darlehensnehmer Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts beziehen,wer<strong>de</strong>n Rückzahlungsansprüche aus Darlehen ab <strong>de</strong>m Monat, <strong>de</strong>r auf die Auszahlungfolgt, durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 10% <strong>de</strong>s maßgeben<strong>de</strong>nRegelbedarfs getilgt. <strong>Die</strong> Aufrechnung ist schriftlich durch Verwaltungsakt zuerklären.• Son<strong>de</strong>rregelungen <strong>für</strong> Darleheno nach § 24 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (Darlehen wegen unverwertbarem Vermögen o<strong>de</strong>rwenn die Verwertung eine beson<strong>de</strong>re Härte darstellt): Nach erfolgterVerwertung ist die Erstattung sofort in voller Höhe fällig.o nach § 22 Abs. 6 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (Darlehen <strong>für</strong> Mietkaution): Bei Rückzahlung durch <strong>de</strong>nVermieter ist die Rückzahlung sofort in Höhe <strong>de</strong>s noch ausstehen<strong>de</strong>n Betragesfällig. Über die Rückzahlung ist eine Vereinbarung unter Berücksichtigung <strong>de</strong>rwirtschaftlichen Verhältnisse <strong>de</strong>r Darlehensnehmer zu treffen.o nach § 27 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (Darlehen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts <strong>für</strong>Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>): <strong>Die</strong> Rückzahlung ist erst nach Abschluss <strong>de</strong>r Ausbildung fällig.Über die Rückzahlung ist eine Vereinbarung unter Berücksichtigung <strong>de</strong>rwirtschaftlichen Verhältnisse <strong>de</strong>r Darlehensnehmer zu treffen.18.5 AUFRECHNUNG NACH § 43 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Achtung:<strong>Die</strong> Aufrechnung nach § 43 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> hat nichts mit <strong>de</strong>r Rückerstattung von Darlehen nach § 42aunter <strong>de</strong>m vorhergehen<strong>de</strong>n Punkt 18.4 zu tun! Sie fin<strong>de</strong>t ausschließlich Anwendung, wenndie Jobcenter Erstattungs-o<strong>de</strong>r Ersatzansprüche gegen Leistungsberechtigte haben.


265In folgen<strong>de</strong>n Fällen können die Leistungsträger gegen Ansprüche vonLeistungsberechtigten auf Geldleistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts aufrechnen:• Erstattungsansprüche nach § 42 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> I (<strong>de</strong>n Anspruch übersteigen<strong>de</strong>geleistete Vorschüsse <strong>de</strong>s Leistungsträgers)• Erstattungsansprüche nach § 43 Abs. 2 Satz 1 <strong>SGB</strong> I (<strong>de</strong>n Anspruch übersteigen<strong>de</strong>vorläufige Leistung eines Trägers bei Trägerstreitigkeiten)• Erstattungsansprüche nach § 328 Abs. 3 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I (<strong>de</strong>n Anspruch übersteigen<strong>de</strong>geleistete Zahlungen bei vorläufigen Entscheidungen)• Erstattungsansprüche nach § 50 <strong>SGB</strong> X (also in allen Fällen nach §§ 45, 48 <strong>SGB</strong> X, auchbei „redlichen“ Leistungsberechtigten, das heißt, das die Leistungsberechtigten keineigenes Verschul<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>r Überzahlung trifft)• Ersatzansprüche nach <strong>de</strong>n §§ 34 o<strong>de</strong>r 34a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (bei sozialwidrigem Verhalten o<strong>de</strong>r<strong>für</strong> rechtswidrig erhaltene Leistungen, vgl. im Kapitel 19 unter 19.2 und 19.3)<strong>Die</strong> Jobcenter haben also ein Ermessen, ob aufgerechnet wird. <strong>Die</strong>ses Ermessen müssen siefehlerfrei ausüben. <strong>Die</strong> Höhe <strong>de</strong>r Aufrechnung ist aber zwingend vorgeschrieben.Höhe und Begrenzung <strong>de</strong>r AufrechnungBei Erstattungsansprüchen nach § 42 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> I, § 42 Abs. 2 Satz 1 <strong>SGB</strong> I, § 328 Abs.3 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I o<strong>de</strong>r § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> i.V.m. § 50 <strong>SGB</strong> X beträgt die Höhe <strong>de</strong>rAufrechnung 10% <strong>de</strong>s <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Leistungsberechtigten maßgeben<strong>de</strong>n Regelbedarfs.In <strong>de</strong>n übrigen Fällen beträgt die Höhe 30% <strong>de</strong>s <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Leistungsberechtigten maßgeben<strong>de</strong>nRegelbedarfs.<strong>Die</strong> Höhe <strong>de</strong>r monatlichen Aufrechnung ist auf 30% <strong>de</strong>s maßgeben<strong>de</strong>n Regelbedarfsbegrenzt.<strong>Die</strong> Aufrechnung ist durch Verwaltungsakt zu erklären. Sie en<strong>de</strong>t spätestens drei Jahre nach<strong>de</strong>m Monat, in <strong>de</strong>m die Erstattungs- bzw. Ersatzansprüche bestandskräftig gewor<strong>de</strong>n sind.Zeiten, in <strong>de</strong>nen die Aufrechnung nicht vollziehbar ist, verlängern die Aufrechnungszeitenentsprechend.18.6 VERÄNDERUNGEN (ERLASS) VON ANSPRÜCHEN NACH § 44<strong>Die</strong> Träger von Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> dürfen Ansprüche erlassen, wenn <strong>de</strong>renEinziehung nach Lage <strong>de</strong>s einzelnen Falles unbillig wäre.Da die Art <strong>de</strong>r Ansprüche nicht eingeschränkt ist, sind daher sämtliche Ansprüche erfasst.Nach Conradis in LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 5. Aufl., zu § 44, Rn. 5, kann sich die Beurteilung als unbilligsowohl aus <strong>de</strong>r Situation zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Einziehung, z.B. die beson<strong>de</strong>rs schlechtewirtschaftliche Lage als auch aus <strong>de</strong>r Art und <strong>de</strong>m Umfang <strong>de</strong>s Anspruchs ergeben. Nachseiner Auffassung liegt es nahe, eine Unbilligkeit zu prüfen, bei Rückfor<strong>de</strong>rungsansprüchengegen Min<strong>de</strong>rjährige, die wegen <strong>de</strong>s Verhaltens ihrer gesetzlichen Vertreter haften, vorallem auch im Hinblick auf die in § 1629a BGB vorgesehene Haftungsbeschränkung.


266Kapitel 19:Verpflichtungen An<strong>de</strong>rerSeite19.1 Übergang von Ansprüchen nach § 33 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> undAusnahmen / Einschränkungen vom Anspruchsübergang 26719.2 Ersatzansprüche bei sozialwidrigem Verhalten 27019.3 Ersatzansprüche <strong>für</strong> rechtswidrig erhaltene Leistungen 27119.4 Erbenhaftung 272


26719 Verpflichtungen An<strong>de</strong>rer19.1 ÜBERGANG VON ANSPRÜCHEN NACH § 33 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> UND AUSNAHMEN /EINSCHRÄNKUNGEN VOM ANSPRUCHSÜBERGANGÜbergang von Ansprüchen• § 33 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> stellt das Instrument zur Herstellung <strong>de</strong>r richtigen Rangverhältnisse dar,wenn vorrangige Ansprüche von Leistungsberechtigten gegenüber Dritten bestehen,diese Ansprüche aber nicht bedient wer<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>shalb Leistungen zur Sicherung<strong>de</strong>s Lebensunterhalts nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> erfor<strong>de</strong>rlich wer<strong>de</strong>n.• Nicht erfasst wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r Vorschrift Ansprüche gegenüber an<strong>de</strong>renLeistungsträgern – insoweit stellt die Erstattungsregelung nach §§ 102 ff. <strong>SGB</strong> X dasmaßgebliche Instrument zur Herstellung richtiger Rangverhältnisse dar.• Unter § 33 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> fallen in erster Linie Unterhaltsansprüche.Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> fin<strong>de</strong>t bei Ansprüchen Leistungsberechtigter gegen Dritte,die nicht Leistungsträger sind, ein gesetzlicher Anspruchsübergang statt:• „Haben Personen, die Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts beziehen, <strong>für</strong>die Zeit, <strong>für</strong> die Leistungen erbracht wer<strong>de</strong>n, einen Anspruch gegen einen An<strong>de</strong>ren,<strong>de</strong>r nicht Leistungsträger ist, geht <strong>de</strong>r Anspruch bis zur Höhe <strong>de</strong>r geleistetenAufwendungen auf die Träger <strong>de</strong>r Leistungen nach diesem Buch über, wenn beirechtzeitiger Leistung <strong>de</strong>s An<strong>de</strong>ren Leistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhaltsnicht erbracht wor<strong>de</strong>n wären.“• Unterhaltsansprüche nach bürgerlichem Recht gehen zusammen mit <strong>de</strong>munterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf die Träger <strong>de</strong>r Leistungen nach diesemBuch über. Dabei ist <strong>für</strong> die Feststellung von Unterhaltsansprüchen § 1605 Abs. 1 BGBanzuwen<strong>de</strong>n – siehe § 60 Abs. 2 Satz 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• Durch <strong>de</strong>n Anspruchsübergang fin<strong>de</strong>t ein Gläubigerwechsel statt, <strong>de</strong>r dieLeistungsträger (Jobcenter) in die Lage versetzt, <strong>de</strong>n Anspruch von Personen, dieLeistungen zur Sicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts beziehen, gegenüber <strong>de</strong>mAnspruchsgegner eigenständig geltend zu machen und notfalls – da sich <strong>de</strong>r Anspruchdurch <strong>de</strong>n Gläubigerwechsel seiner Natur nach nicht än<strong>de</strong>rt - vor <strong>de</strong>m sachlich undörtlich zuständigen Gericht einzuklagen.


Ausnahmen vom Anspruchsübergang <strong>für</strong> zivilrechtliche Unterhaltsansprüche nach § 33Abs. 2 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>268Nach <strong>de</strong>m Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) gibt es folgen<strong>de</strong> Unterhaltsansprüche:• Ehegattenunterhalt (bei Getrenntleben § 1361 BGB, nach Scheidung §§ 1569 ff. BGB),• Verwandtenunterhalt §§ 1601 BGB,• Unterhalt <strong>de</strong>s Vaters an die Mutter <strong>de</strong>s nichtehelichen Kin<strong>de</strong>s - § 1615 Abs. 1 u. 2 BGB– bzw. <strong>de</strong>r Mutter an <strong>de</strong>n Vater <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s - § 1615 Abs. 4 BGB,• Unterhaltsanspruch <strong>de</strong>s Lebenspartners einer eingetragenen Lebenspartnerschaft - §5 LPartG (Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft).§ 33 Abs. 2 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> enthält Ausnahmen vom gesetzlichen Anspruchsübergang: einUnterhaltsanspruch nach bürgerlichem Recht geht nicht über, wenn dieunterhaltsberechtigte Person• mit <strong>de</strong>m Verpflichteten in einer Bedarfsgemeinschaft lebt.In diesem Fall wird – soweit nicht <strong>de</strong>r Ausnahmefall <strong>de</strong>s § 9 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vorliegt -überschüssiges Einkommen bzw. nicht geschontes Vermögen ja bereits aufgrund <strong>de</strong>rRegelung <strong>de</strong>s § 9 Abs. 2 S. 1 und 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bedarfsmin<strong>de</strong>rnd berücksichtigt.<strong>Die</strong>se Ausnahme vom Anspruchsübergang muss auch dann gelten, wenn dieunterhaltsberechtigte Person mit <strong>de</strong>m Verpflichteten zwar nicht in einerBedarfsgemeinschaft, aber einer Haushaltsgemeinschaft im Sinne <strong>de</strong>s § 9 Abs. 5 <strong>SGB</strong><strong>II</strong> lebt. § 9 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist die im Verhältnis zu § 33 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> speziellere Norm:wenn, aus welchen Grün<strong>de</strong>n auch immer, die Vermutung <strong>de</strong>s § 9 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nichtgreift, kann es nicht zulässig sein, die unterhaltsverpflichtete Person über <strong>de</strong>n Weg<strong>de</strong>s § 33 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> in Anspruch zu nehmen o<strong>de</strong>r dies zu versuchen. So die Auffassung vonKievel im „Paradigmenwechsel“ von 2005.• mit <strong>de</strong>m o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Verpflichteten verwandt ist und <strong>de</strong>n Unterhaltsanspruch nichtgeltend macht.<strong>Die</strong> Weigerung <strong>de</strong>r unterhaltsberechtigten Person, <strong>de</strong>n Verpflichteten auf Unterhaltin Anspruch zu nehmen, führt zum Schuldnerschutz – soweit in diesen Fällen – siehenachfolgend die Ausnahmen von <strong>de</strong>r Ausnahme - überhaupt noch Unterhaltgeschul<strong>de</strong>t wird; privilegiert sind von <strong>de</strong>n eingangs aufgeführtenUnterhaltsansprüchen also nur die Ansprüche auf Verwandtenunterhalt nach §§ 1601ff. BGB, also nicht die sonstigen Unterhaltsansprüche, wie z.B. Ehegattenunterhalt.


Ausnahmen <strong>de</strong>r Ausnahme:Auf die Weigerung, <strong>de</strong>n Unterhaltsanspruch selbst nicht geltend zu machen, kommtes in folgen<strong>de</strong>n Fällen nicht an:o bei Unterhaltsansprüchen min<strong>de</strong>rjähriger Leistungsberechtigter gegenüberihren Eltern,o bei Unterhaltsansprüchen von Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahrnoch nicht vollen<strong>de</strong>t und <strong>de</strong>ren Erstausbildung noch nicht abgeschlossen ist,gegenüber ihren Eltern.269In diesen Fällen geht <strong>de</strong>r Unterhaltsanspruch also unabhängig davon über, ob dieunterhaltsberechtigte Person <strong>de</strong>n Unterhaltsanspruch gegenüber <strong>de</strong>m Verpflichtetengeltend macht o<strong>de</strong>r nicht.• in einem Kindschaftsverhältnis zum Verpflichteten steht und schwanger ist o<strong>de</strong>r ihrleibliches Kind bis zur Vollendung <strong>de</strong>s 6. Lebensjahres betreut.<strong>Die</strong>se Regelung stellt die konsequente Parallele und Ergänzung <strong>de</strong>r in § 9 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>enthaltenen Regelung dar: wenn im Rahmen <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft bei einemschwangeren Kind o<strong>de</strong>r einem Kind, das sein leibliches Kind bis zum 6. Lebensjahrbetreut, das Einkommen und / o<strong>de</strong>r Vermögen von Eltern o<strong>de</strong>r Elternteilen keineRolle spielt, muss dies auch dann gelten, wenn das Kind zwar noch im elterlichenHaushalt wohnt, aber das 25. Lebensjahr vollen<strong>de</strong>t hat o<strong>de</strong>r aber – unabhängig vomAlter - nicht mehr im elterlichen Haushalt, son<strong>de</strong>rn in einem eigenen Haushalt wohnt.Eine allgemeine Härteklausel, wie sie in § 94 Abs. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> enthalten ist, kennt § 33 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>nicht. Nach § 94 Abs. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> gehen Ansprüche nicht über, soweit die unterhaltspflichtigePerson Leistungsberechtigte nach <strong>de</strong>n Kap. 3 o<strong>de</strong>r 4 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> ist o<strong>de</strong>r bei Erfüllung <strong>de</strong>sAnspruchs wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Übergang <strong>de</strong>s Anspruchs eine unbillige Härte be<strong>de</strong>utenwür<strong>de</strong>.Einschränkung bei zivilrechtlichen Unterhaltsansprüchen - § 33 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>:Soweit die Überleitung eines Unterhaltsanspruchs nach <strong>de</strong>m Vorstehen<strong>de</strong>n zulässig ist,bestimmt § 33 Abs. 2 Satz 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, dass <strong>de</strong>r Anspruchsübergang nur bewirkt wer<strong>de</strong>n darf,soweit das Einkommen und Vermögen <strong>de</strong>r unterhaltsverpflichteten Person das nach <strong>de</strong>n §§11 bis 12 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zu berücksichtigen<strong>de</strong> Einkommen und Vermögen übersteigt.


27019.2 ERSATZANSPRÜCHE BEI SOZIALWIDRIGEM VERHALTEN§ 34 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> enthält eine Regelung <strong>de</strong>r Verpflichtung zum Kostenersatz bei sozialwidrigemVerhalten:Wer nach Vollendung <strong>de</strong>s 18. Lebensjahres vorsätzlich o<strong>de</strong>r grob fahrlässig• die Voraussetzungen <strong>für</strong> die Gewährung von Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>für</strong> sich o<strong>de</strong>ran Personen, die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben,ohne wichtigen Grund herbeigeführt hat, ist zum Ersatz <strong>de</strong>r <strong>de</strong>swegen geleisteten Zahlungenverpflichtet § 34 Abs. 1 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Der Ersatzanspruch umfasst auch die geleistetenBeiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung – Satz 2. Nach Satz 3 ist von <strong>de</strong>rGeltendmachung <strong>de</strong>s Ersatzanspruches abzusehen, soweit sie <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Ersatzpflichtigen eineHärte be<strong>de</strong>uten wür<strong>de</strong>n.Zum wichtigen GrundNach <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweisen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zum § 34 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand22.07.2013, Rn. 34.6, ist zur Beurteilung <strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r Rechtsprechung <strong>de</strong>sBun<strong>de</strong>sverwaltungsgerichts hervorgegangene Begriff <strong>de</strong>r „Sozialwidrigkeit“ einzubeziehen:Hiernach ist je<strong>de</strong>s Tun o<strong>de</strong>r Unterlassen als sozialwidrig anzusehen, das aus Sicht <strong>de</strong>rSolidargemeinschaft zu missbilligen ist. Zu missbilligen ist je<strong>de</strong>s Fehlverhalten, das dieZahlung von steuerfinanzierten Leistungen auslöst.Beispiel:(aus <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweisen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 34 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand22.07.2013, Rn. 34.7:Ein Arbeitnehmer kündigt seinen festen Arbeitsplatz ohne wichtigen Grund. Durch dieAgentur <strong>für</strong> Arbeit wird eine Sperrzeit nach § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I festgestellt. Fürdie Dauer <strong>de</strong>r Sperrzeit wird Arbeitslosengeld <strong>II</strong> beantragt.► Unabhängig von <strong>de</strong>m Eintritt einer Sanktion nach § 31 Abs. 2 Nr. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sind die wegen<strong>de</strong>r Sperrzeit gezahlten Leistungen zu erstatten.<strong>Die</strong> Ersatzverpflichtung geht auf <strong>de</strong>n Erben über, ist aber <strong>de</strong>r Höhe nach auf <strong>de</strong>nNachlasswert zum Zeitpunkt <strong>de</strong>s Erbfalls begrenzt - § 34 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Der Ersatzanspruch erlischt drei Jahre nach Ablauf <strong>de</strong>s Jahres, in <strong>de</strong>m die Leistung erbrachtwor<strong>de</strong>n ist - § 34 Abs. 3 S. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.• <strong>Die</strong>se Frist ist als Ausschlussfrist formuliert; dies be<strong>de</strong>utet, dass <strong>de</strong>r Anspruch nachFristablauf untergeht – ein Umstand, <strong>de</strong>r von Amts wegen zu beachten ist.• An<strong>de</strong>rerseits bestimmt § 34 Abs. 3 Satz 2 erster HS <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, dass die Regelungen <strong>de</strong>sBGB über die Hemmung, die Ablaufhemmung, <strong>de</strong>n Neubeginn und die Wirkung <strong>de</strong>rVerjährung sinngemäß gelten. Damit wird auf die §§ 203 ff. BGB verwiesen.


271Hemmung be<strong>de</strong>utet, dass <strong>de</strong>r Zeitraum <strong>de</strong>r Hemmung in die Frist nicht eingerechnetwird - § 209 BGB.Ablaufhemmung - §§ 210, 211 BGB - be<strong>de</strong>utet, dass sich das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Frist um <strong>de</strong>nHemmungszeitraum hinausschiebt.Beim Neubeginn - § 212 BGB zählt <strong>de</strong>r bisherige Zeitraum nicht, die Frist beginnt neuzu laufen.Nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB wird die Verjährung durch Klageerhebung gehemmt - § 34Abs. 3 S. 2 zweiter HS <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bestimmt, dass <strong>de</strong>r Erhebung <strong>de</strong>r Klage <strong>de</strong>r Erlass einesLeistungsbeschei<strong>de</strong>s gleichsteht. Unter Leistungsbescheid ist ein Bescheid mitvollstreckungsfähigem Inhalt zu verstehen, also ein Bescheid, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Verpflichteten zumKostenersatz in konkret benannter Höhe auffor<strong>de</strong>rt. Wi<strong>de</strong>rspruch und Klage gegen einensolchen Bescheid haben – vorbehaltlich <strong>de</strong>r Anordnung <strong>de</strong>r sofortigen Vollziehbarkeitdurch <strong>de</strong>n Leistungsträger auf <strong>de</strong>r Grundlage von § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG – aufschieben<strong>de</strong>Wirkung, da es sich nicht um einen Verwaltungsakt, <strong>de</strong>r über Leistungen <strong>de</strong>r<strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> Arbeitssuchen<strong>de</strong> entschei<strong>de</strong>t, han<strong>de</strong>lt und <strong>de</strong>mzufolge § 39 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>keine Anwendung fin<strong>de</strong>t.19.3 ERSATZANSPRÜCHE FÜR RECHTSWIDRIG ERHALTENE LEISTUNGEN§ 34a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> regelt die Fälle, wenn jemand durch vorsätzliches o<strong>de</strong>r grob fahrlässigesVerhalten da<strong>für</strong> gesorgt hat, dass rechtswidrig Leistungen an Dritte erbracht wur<strong>de</strong>n.Dritte im Sinne <strong>de</strong>s § 34a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sind sowohl Personen, die mit <strong>de</strong>m Verursacher in einerBedarfsgemeinschaft leben, als auch Personen außerhalb von <strong>de</strong>ssenBedarfsgemeinschaft.Anmerkung:Nicht erfasst von dieser Regelung wird das Verursachen <strong>de</strong>r rechtswidrigenLeistungsgewährung an die eigene Person; hier<strong>für</strong> ist das Rückfor<strong>de</strong>rungsverfahren nach§§ 45 ff. <strong>SGB</strong> X maßgeblich. Das ergibt sich aus § 40 Abs. 2 Nr. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Es wird hier auf Fälle abgestellt, in <strong>de</strong>nen das Fehlverhalten einer Person zuunrechtmäßigen Leistungszahlungen an Dritte geführt haben, z. B. – vgl. die FachlichenHinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 34a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand 22.07.2013, Rn. 34a.10:Danach ist zum Beispiel <strong>de</strong>r Vertreter einer Bedarfsgemeinschaft verantwortlich <strong>für</strong>Überzahlungen an an<strong>de</strong>re Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft, weil er• Einkommen verschwiegen hat o<strong>de</strong>r• unvollständige Angaben zu <strong>de</strong>n Vermögensverhältnissen gemacht hat o<strong>de</strong>r• einen Mietvertrag mit Verwandten vorgetäuscht hat.Der Ersatzanspruch nach § 34a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist nicht auf Personen begrenzt, die das 18.Lebensjahr vollen<strong>de</strong>t haben, es können auch min<strong>de</strong>rjährige Kin<strong>de</strong>r Verursacher sein.


Der Ersatzanspruch nach § 34a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> gegen <strong>de</strong>n Verursacher kann gleichzeitig mit <strong>de</strong>mErstattungsanspruch nach § 50 <strong>SGB</strong> X gegen die rechtswidrig begünstigten Personengeltend gemacht wer<strong>de</strong>n. Nach § 34a Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> haften die Verursacher und die nach §50 <strong>SGB</strong> X zur Erstattung verpflichteten rechtswidrig begünstigten Personen alsGesamtschuldner.Der Ersatzanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf <strong>de</strong>s Kalen<strong>de</strong>rjahres, in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>rErstattungsbescheid nach § 50 <strong>SGB</strong> X unanfechtbar gewor<strong>de</strong>n ist - § 34a Abs. 2 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><strong>Die</strong> Ersatzverpflichtung geht auf <strong>de</strong>n Erben über, ist aber <strong>de</strong>r Höhe nach auf <strong>de</strong>nNachlasswert zum Zeitpunkt <strong>de</strong>s Erbfalls begrenzt. Der Ersatzanspruch erlischt drei Jahrenach <strong>de</strong>m Tod <strong>de</strong>r Person, die die Leistungen empfangen hat, die weiter oben unter 19.2dargestellten Regelungen <strong>de</strong>s BGB über die Hemmung, die Ablaufhemmung, <strong>de</strong>n Neubeginnund die Wirkung <strong>de</strong>r Verjährung gelten ebenfalls sinngemäß.- § 34a Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 2und § 35 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.19.4 ERBENHAFTUNG§ 35 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> regelt die Erbenhaftung:Der Erbe einer Person, die Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> erhalten hat, ist zum Ersatz <strong>de</strong>rLeistungen verpflichtet, soweit diese innerhalb <strong>de</strong>r letzten zehn Jahre vor <strong>de</strong>m Erbfallerbracht wor<strong>de</strong>n sind und 1.700 Euro übersteigen. Der Ersatzanspruch umfasst auch diegeleisteten Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung - nach oben wird dieErsatzpflicht <strong>de</strong>s Erben durch <strong>de</strong>n Nachlasswert im Zeitpunkt <strong>de</strong>s Erbfalls begrenzt.<strong>Die</strong> Haftung <strong>de</strong>s Erben ist ausgeschlossen:• wenn <strong>de</strong>r Wert <strong>de</strong>s Nachlasses unter 15.500 Euro liegt und <strong>de</strong>r Erbe <strong>de</strong>r Partner <strong>de</strong>sLeistungsempfängers war o<strong>de</strong>r mit diesem verwandt war und nicht nurvorübergehend bis zum To<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Leistungsempfängers mit diesem in häuslicherGemeinschaft gelebt und ihn gepflegt hat.• soweit die Inanspruchnahme nach <strong>de</strong>r Beson<strong>de</strong>rheit <strong>de</strong>s Einzelfalles eine beson<strong>de</strong>reHärte be<strong>de</strong>uten wür<strong>de</strong>.Der Ersatzanspruch erlischt drei Jahre nach <strong>de</strong>m Tod <strong>de</strong>s Leistungsempfängers; § 34 Abs. 3Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> gilt sinngemäß; d.h. auch auf diese Ausschlussfrist sind dieVerjährungsvorschriften <strong>de</strong>r §§ 203 ff. BGB sinngemäß anzuwen<strong>de</strong>n.272


273ANHANG 1:Schema <strong>für</strong> die Anspruchs-/Bedarfsprüfung nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Im Folgen<strong>de</strong>n ein Vorschlag von mir, wie die Anspruchs-/Bedarfsprüfung beiFalllösungen erfolgen kann:1. Liegen <strong>für</strong> die einzelnen Personen die Anspruchsvoraussetzungen <strong>de</strong>s § 7 Abs. 1 <strong>SGB</strong><strong>II</strong> vor? / Liegt eine BG nach § 7 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bzw. eine HG nach § 9 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vor?• Altersgrenze nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• Erwerbsfähigkeit nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> i.V.m. § 8 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>(eventuell Bezugnahme auf Zumutbarkeit nach § 10 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)In <strong>de</strong>m Zusammenhang auch Prüfung, ob eine Bedarfs- o<strong>de</strong>rHaushaltsgemeinschaft im Sinne <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vorliegt - § 7 Abs. 2, 3, 3a, § 9 Abs.5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>(wenn jemand nicht erwerbsfähig ist, hat er dann Anspruch wegenZugehörigkeit zur BG - § 7 Abs. 2 i.V.m. § 7 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>? und ggf. Prüfung <strong>de</strong>sVorrangs <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> nach § 5 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)• Hilfebedürftigkeit nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> – hier nur allg. Aussage,ansonsten Verweis auf später• Gewöhnlicher Aufenthalt nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>2. Gibt es Anhaltspunkte, dass an<strong>de</strong>re individuelle Ausschlussgrün<strong>de</strong> <strong>für</strong> einzelnePersonen vorliegen - § 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4, 4a, 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ?3. Prüfen <strong>de</strong>r Hilfebedürftigkeit3.1 Wer ist i.S. <strong>de</strong>s Gesetzes hilfebedürftig?Allgemein § 9 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Einsatz aller Möglichkeiten nach § 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Einstehen<strong>de</strong>r Partner <strong>für</strong>einan<strong>de</strong>r und gegenüber <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn nach § 9 Abs. 2 Sätze 1,2 <strong>SGB</strong><strong>II</strong>3.2 Bestimmung <strong>de</strong>s notwendigen Lebensunterhalts• Was umfasst das Arbeitslosengeld <strong>II</strong> bzw. Sozialgeld? (§§ 19-23 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)• Errechnen <strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>r individuellen Beträge <strong>für</strong> das ALG <strong>II</strong> / Sog3.3 Einkommensprüfung


• Ist Einkommen vorhan<strong>de</strong>n und wenn, ist es zu berücksichtigen? (§§ 11, 11a<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> i.V.m. § 1 ALG <strong>II</strong>-V)• Bereinigung <strong>de</strong>s anzurechnen<strong>de</strong>n Einkommens nach § 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> i.V.m. § 6 Alg<strong>II</strong>-V(Arbeits- o<strong>de</strong>r „müheloses“ Einkommen)3.4 Berechnung <strong>de</strong>r individuellen Ansprüche• Zuordnung <strong>de</strong>s Einkommens(Umkehrschluss aus § 9 Abs. 2 Satz 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> / § 9 Abs. 3 / § 11 Abs. 1 Sätze 3,4<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)• Einkommensverteilung nach § 9 Abs. 2 Satz 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• →Ergebniszusammenfassung <strong>de</strong>r individuellen monatlichen Ansprüche aufArbeitslosengeld <strong>II</strong> / Sozialgeld4. Liegen weitere Bedarfe vor?• Bildung und Teilhabe - § 28 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>• An<strong>de</strong>re unabweisbare / einmalige Bedarfe nach § 24 Abs. 1,3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>5. Gibt es Anhaltspunkte <strong>für</strong> einzusetzen<strong>de</strong>s Vermögen nach § 12 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>?(Anmerkung:In <strong>de</strong>r Praxis empfiehlt es sich, mit diesem Punkt anzufangen, da sich so manchmaldie Frage <strong>de</strong>r Hilfebedürftigkeit schon erledigt hat.)6. Wie und wann kommt man zu <strong>de</strong>r Hilfe?• Antragstellung nach § 37 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>(eventuell verschie<strong>de</strong>ne Anträge notwendig?)• Vertretung <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft nach § 38 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>274


275ANHANG 2:Der Kin<strong>de</strong>rzuschlag nach § 6a BKGG(BKGG in <strong>de</strong>r Fassung <strong>de</strong>r Bekanntmachung vom 28. Januar 2009 (BGBl. I S. 142, 3177), das zuletztdurch Artikel 15 <strong>de</strong>s Gesetzes vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1809) geän<strong>de</strong>rt wor<strong>de</strong>n ist"Seite1 Allgemeines 2761.1 Beabsichtigter Zweck <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rzuschlags1.2 Wer kann <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rzuschlag erhalten?1.3 Zur Beantragung1.4 Zum Bewilligungsabschnitt1.5 Zur Höhe <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rzuschlags / Gesamtkin<strong>de</strong>rzuschlags2 Übersicht zum Kin<strong>de</strong>rzuschlag 2793 <strong>Die</strong> Ermittlung <strong>de</strong>r <strong>für</strong> die Berechnung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rzuschlagsentschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n elterlichen Einkommensgrenzen 2803.1 Das Min<strong>de</strong>steinkommen3.2 <strong>Die</strong> Abschmelzungsgrenze3.3 Der Höchstbetrag4 <strong>Die</strong> Prüfung <strong>de</strong>r Vermeidung von Hilfebedürftigkeit nach § 9 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 2844.1 Grundsätzliches4.2 Ausnahmen <strong>de</strong>r Vorrangigkeit <strong>de</strong>r Sozialleistung Kin<strong>de</strong>rzuschlag und ggf. Wohngeldgegenüber <strong>de</strong>n <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungen4.3 Das sogen. „kleine Wahlrecht“ – wenn die Hilfebedürftigkeit nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nurohne die Berücksichtigung von zustehen<strong>de</strong>n Mehrbedarfen vermie<strong>de</strong>n wird.5 Berechnungsbeispiele 287Achtung:Vorbemerkung:<strong>Die</strong> Leistungen <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe, vgl. Kap. 13, stehen auch <strong>de</strong>n Leistungsberechtigtenauf Kin<strong>de</strong>rzuschlag zu - § 6b Abs. 1 Nr. 1 BKGG.


276Der Kin<strong>de</strong>rzuschlag nach § 6a BKGG1 ALLGEMEINES1.1 Beabsichtigter Zweck <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rzuschlagsSinn <strong>de</strong>r Einführung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rzuschlages zum 01.01.2005 – durch Art. 46 <strong>de</strong>s ViertenGesetzes <strong>für</strong> mo<strong>de</strong>rne <strong>Die</strong>nstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl. I S. 2944 ff.- war nach <strong>de</strong>r Gesetzesbegründung die Vermeidung von Kin<strong>de</strong>rarmut. Familien sollen nichtallein <strong>de</strong>shalb auf Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> angewiesen sein, weil das elterlicheEinkommen zwar zur eigenen Bedarfs<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>r Eltern ausreicht, <strong>de</strong>r Bedarf von Kin<strong>de</strong>rnbis zur Altersgrenze von 25 Jahren aber nicht vollständig daraus ge<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n kann.In <strong>de</strong>r Praxis zeigte sich aber, dass die Zahl <strong>de</strong>r Anspruchsberechtigten mit ca. 100.000Kin<strong>de</strong>rn nicht allzu hoch ausfiel. Aus diesem Grun<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rzuschlag zum01.10.2008 weiterentwickelt - durch das Gesetz zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>skin<strong>de</strong>rgeldgesetzesvom 24.09.2008, BGBl. I S. 1854. Durch die Absenkung <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>steinkommensgrenze und<strong>de</strong>ren Festsetzung auf einheitliche Beträge sowie <strong>de</strong>r geringeren Anrechnung vonErwerbseinkommen bei Überschreiten <strong>de</strong>r Abschmelzungsgrenze, zur Erläuterung sieheweiter unten, sollten nun rund 50.000 Familien mit rund 120.000 Kin<strong>de</strong>rn zusätzlich erreichtwer<strong>de</strong>n. Durch <strong>de</strong>n gleichzeitigen Ausbau <strong>de</strong>s Wohngel<strong>de</strong>s - Gesetz zur Neuregelung <strong>de</strong>sWohngeldrechts und zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Sozialgesetzbuches vom 24.09.2008, BGBl. I S. 1856ff. – sollte die Zahl <strong>de</strong>r zusätzlich Erreichten auf rund 70.000 Familien mit rund 150.000Kin<strong>de</strong>rn steigen, vgl. BTDrs. 16/8867 vom 22.04.2008, S. 4.Es kann hier nicht eingeschätzt wer<strong>de</strong>n, ob diese Steigerung in dieser Höhe tatsächlicheingetreten ist, <strong>de</strong>nn: Genaue statistische Zahlen können nach Angaben <strong>de</strong>rBun<strong>de</strong>sregierung nicht erhoben wer<strong>de</strong>n wegen <strong>de</strong>s von <strong>de</strong>r Familienkasse verwen<strong>de</strong>ten IT-Systems. So die Antwort <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung 17/1415 auf eine Kleine Anfrage <strong>de</strong>r Fraktion<strong>Die</strong> Linke (17/1117) vom 21.04.2010.1.2 Wer kann <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rzuschlag erhalten?Den Kin<strong>de</strong>rzuschlag können Eltern(teile) erhalten,• die mit ihren unverheirateten Kin<strong>de</strong>rn unter 25 Jahren in einer Bedarfsgemeinschaftleben,• <strong>für</strong> diese Kin<strong>de</strong>r Anspruch aufo Kin<strong>de</strong>rgeld nach <strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>skin<strong>de</strong>rgeldgesetz (BKGG) o<strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>n §§ 62 ff.Einkommenssteuergesetz (EStG) o<strong>de</strong>ro an<strong>de</strong>re Leistungen im Sinne von § 4 BKGG haben -(§ 6a Abs. 1 Nr. 1 BKGG),• <strong>de</strong>ren Einkommen mit Ausnahme <strong>de</strong>s Wohn- und Kin<strong>de</strong>rgel<strong>de</strong>s einMin<strong>de</strong>steinkommen erreicht und nicht einen bestimmten Höchstbetragüberschreitet (§ 6a Abs. 1 Nr. 2 und 3 i.V.m. Abs. 4 BKGG), vgl. dazu nachstehen<strong>de</strong>Übersicht unter 2. und unter Punkt 3 und


• die Hilfebedürftigkeit nach § 9 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>de</strong>r Familie wird durch Gewährung <strong>de</strong>sKin<strong>de</strong>rzuschlags und ggf. Wohngeld vermie<strong>de</strong>n, aber ggf. ohne Berücksichtigung aufzustehen<strong>de</strong> Mehrbedarfe und <strong>de</strong>r Bedarfe <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe, vgl. unter Punkt4 (§ 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG),277Das heißt also, dass ohne die Leistung Kin<strong>de</strong>rzuschlag (und ggf. Wohngeld) dieBedarfsgemeinschaft Anspruch auf Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> hätte, da sie ihrenBedarf we<strong>de</strong>r aus ihrem zu berücksichtigen<strong>de</strong>m Einkommen noch Vermögen o<strong>de</strong>ran<strong>de</strong>rweitig <strong>de</strong>cken kann (vgl. § 9 i.V. m. §§ 11, 11a, 11b und 12 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>).Deckt <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rzuschlag nach § 6a BKGG und ggf. Wohngeld <strong>de</strong>n Bedarf <strong>de</strong>r Familienach § 19 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, so ist er eine vorrangige Sozialleistung, auf <strong>de</strong>ssen Bezug nicht zuGunsten von Arbeitslosengeld <strong>II</strong> verzichtet wer<strong>de</strong>n kann. Ausnahme siehe weiterunten.Anm.: Ein Problem stellt schwanken<strong>de</strong>s Einkommen dar. Es kann hierbei häufig zu einemWechsel zwischen <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungssystem und <strong>de</strong>m System Kin<strong>de</strong>rzuschlag /Wohngeld kommen.Beispiele <strong>für</strong> beson<strong>de</strong>re Fallkonstellationen(vgl. Leitfa<strong>de</strong>n zum Arbeitslosengeld <strong>II</strong>, 9. Aufl., S. 511 f.)Anspruch auf Kin<strong>de</strong>rzuschlag bestehtbeiAnspruch auf Kin<strong>de</strong>rzuschlag besteht nichtbei• Schülern, Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n undStu<strong>de</strong>nten, die <strong>für</strong> ihre Kin<strong>de</strong>rSozialgeld erhalten.• Bedarfsgemeinschaften auserwerbsunfähigen Eltern(teilen) ohneAnspruch auf <strong>Grundsicherung</strong> nach<strong>de</strong>m 4. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> un<strong>de</strong>rwerbsfähigen Kin<strong>de</strong>rn ab 15 Jahren.• einem Vater, <strong>de</strong>r als Altersrentner vonAlg <strong>II</strong> ausgeschlossen ist.- SG Aachen vom 30.09.2005 - S 8 [4]KG 1/05- SG Koblenz vom 18.05.2006 – S 11KG 14/05• Asylbewerbern, die nach § 7 Abs. 1 S.2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> i.V.m. § 1 AsylbLG vom Alg <strong>II</strong>ausgeschlossen sind.- BSG vom 15.12.2010 – B 14 KG 1/09R• Kin<strong>de</strong>rn unter 15 Jahren, die mit nichterwerbsfähigen Eltern(teilen)zusammenleben, da sie nurLeistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> erhaltenkönnen.- LSG Ba<strong>de</strong>n-Württemberg vom06.02.2006 – L 1 KG 2052/05


2781.3 Zur BeantragungWie? Der Antrag auf Kin<strong>de</strong>rzuschlag ist schriftlich zu stellen. (§ 9 Abs. 1 BKGG)<strong>Die</strong> Zahlung erfolgt erst ab <strong>de</strong>m Tag <strong>de</strong>r Antragstellung. (§ 6a Abs. 2 S. 4 BKGG)Wo?Bei <strong>de</strong>r Familienkasse <strong>de</strong>r zuständigen Arbeitsagentur (§ 9 i.V.m. § 13 BKGG)Wer ist bei Streitigkeiten zuständig? <strong>Die</strong> Sozialgerichtsbarkeit (§ 15 BKGG)1.4 Zum BewilligungsabschnittDer Kin<strong>de</strong>rzuschlag soll jeweils <strong>für</strong> 6 Monate bewilligt wer<strong>de</strong>n. (§ 6a Abs. 2 S. 3 BKGG)Anm.: Bis zum 31.12.2007 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rzuschlag maximal 36 Monate gezahlt. <strong>Die</strong>seBefristung wur<strong>de</strong> durch Art. 2 und 3 Abs. 2 <strong>de</strong>s Gesetzes zur Errichtung einesSon<strong>de</strong>rvermögens „Kin<strong>de</strong>rbetreuungsausbau“ und zur Entfristung <strong>de</strong>sKin<strong>de</strong>rzuschlags vom 18.12.2007, BGBl. I S. 3023, aufgehoben.1.5 Zur Höhe <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rzuschlags / Gesamtkin<strong>de</strong>rzuschlags• Der Kin<strong>de</strong>rzuschlag beträgt <strong>für</strong> je<strong>de</strong>s zu berücksichtigen<strong>de</strong> Kind bis zu 140 Euro (§ 6aAbs. 2 S. 1 BKGG). Eine Min<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rzuschlags erfolgt um das nach <strong>de</strong>n§§ 11, 11a, 11b und 12 <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> anzurechnen<strong>de</strong> Einkommen und Vermögen <strong>de</strong>sKin<strong>de</strong>s mit Ausnahme <strong>de</strong>s Wohn- und Kin<strong>de</strong>rgel<strong>de</strong>s (§ 6a Abs. 3, S. 1,2 BKGG), wiez.B. Unterhalt o<strong>de</strong>r Halbwaisenrente.Anm.: Je<strong>de</strong>s Kind wird <strong>für</strong> sich betrachtet, das heißt, überschießen<strong>de</strong>s Einkommenkann nicht auf ein an<strong>de</strong>res Kind übertragen wer<strong>de</strong>n.• <strong>Die</strong> Summe <strong>de</strong>r individuell gemin<strong>de</strong>rten Kin<strong>de</strong>rzuschläge <strong>für</strong> alle zuberücksichtigen<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>r bil<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n Gesamtkin<strong>de</strong>rzuschlag (§ 6a Abs. 2 S. 2 BKGG).Eine Min<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Gesamtkin<strong>de</strong>rzuschlags erfolgt durch das dieAbschmelzungsgrenze übersteigen<strong>de</strong> elterliche Einkommen (§ 6a Abs. 4 S. 3 BKGG),vgl. dazu nachstehen<strong>de</strong> Übersicht unter Punkt 2 und Abschnitt 3.2


[Text eingeben]I. Kein Anspruch auf <strong>de</strong>nKin<strong>de</strong>rzuschlag besteht,wenndas Min<strong>de</strong>steinkommen– siehe nebenstehend –nicht erreicht wirdWeitere Rechtsfolgen:a) Anspruch aufAlg <strong>II</strong> / <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> –Leistungenb) kein Anspruch aufWohngeld2. Übersicht zum Kin<strong>de</strong>rzuschlag(nach<strong>de</strong>m er ggf. durch das zu berücksichtigen<strong>de</strong> Einkommen und / o<strong>de</strong>r Vermögen <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s gemäß § 6a Abs. 3 BKGG gemin<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong>)<strong>II</strong>. Anspruch auf <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rzuschlag besteht, wennA. das Min<strong>de</strong>steinkommen erreicht ist B. das elterliche bereinigte Einkommen bzw. das zuberücksichtigen<strong>de</strong> Vermögen höher ist als dieAbschmelzungsgrenze , ohne <strong>de</strong>n Höchstbetrag – siehenebenstehend rechts - zu überschreiten1. Voraussetzung:Das elterliche Einkommen im Sinne von § 11 Abs.1 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, wobei die Beiträge nach § 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>nicht abzuziehen sind - es han<strong>de</strong>lt sich also um dasBruttoeinkommen - mit Ausnahme <strong>de</strong>s Wohngel<strong>de</strong>sund <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rgelds - erreicht:a) bei Alleinerziehen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Betrag von 600 Euro,b) bei zusammenleben<strong>de</strong>n Paaren <strong>de</strong>n Betrag von900 Euro.2. Weitere Rechtsfolgena) es besteht Anspruch auf <strong>de</strong>n Gesamtkin<strong>de</strong>rzuschlagin voller Höhe - und zwar bis zumErreichen <strong>de</strong>r Abschmelzungsgrenze (einschließlich)siehe nebenstehend – wenndadurch Hilfebedürftigkeit nach § 9 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>vermie<strong>de</strong>n wird – bei dieser Prüfung wer<strong>de</strong>ndie Bedarfe <strong>für</strong> Bildung und Teilhabe nach§ 28 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sowie die Mehrbedarfe nach <strong>de</strong>n§§ 21 und 23 Nr. 2 bis 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nichtberücksichtigt letzteres sogen. kleines Wahlrecht)- § 6a Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2,3 BKGGb) es besteht <strong>de</strong>m Grun<strong>de</strong> nach Anspruch aufWohngeld – die Höhe ist zu überprüfen.1. Voraussetzung:a) die Abschmelzungsgrenze wird erreicht, wenn das nach<strong>de</strong>n §§ 11 bis 12 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> mit Ausnahme <strong>de</strong>s Wohngel<strong>de</strong>szu berücksichtigen<strong>de</strong> elterliche Einkommen o<strong>de</strong>rVermögen einen Betrag in Höhe <strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r Berechnung<strong>de</strong>s Arbeitslosengel<strong>de</strong>s <strong>II</strong> o<strong>de</strong>r Sozialgel<strong>de</strong>s zu berücksichtigen<strong>de</strong>nelterlichen Bedarfe erreicht bzw. höher ist.Dazu sind die Kosten <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung in <strong>de</strong>mVerhältnis aufzuteilen, das sich aus <strong>de</strong>m jeweils letztenBericht <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung über die Höhe <strong>de</strong>s Existenzminimums von Erwachsenen und Kin<strong>de</strong>rn festgestelltenentsprechen<strong>de</strong>n Kosten <strong>für</strong> Alleinstehen<strong>de</strong>, Ehepaareund Kin<strong>de</strong>r ergibt.b) Es muss durch <strong>de</strong>n abgeschmolzenen Kin<strong>de</strong>rzuschlagHilfebedürftigkeit entsprechend A. 2 a) vermie<strong>de</strong>nwer<strong>de</strong>n.2. Rechtsfolge:<strong>de</strong>r die Abschmelzungsgrenze übersteigen<strong>de</strong> Teil <strong>de</strong>sEinkommens wird auf <strong>de</strong>n Gesamtkin<strong>de</strong>rzuschlagangerechnet, dieser wird also abgeschmolzen /gemin<strong>de</strong>rt, und zwar wie folgt:a) Wenn das Einkommen aus Erwerbseink. besteht,<strong>für</strong> je übersteigen<strong>de</strong> 10 Euro um 5 Euro,b) in voller Höhe, wenn nur an<strong>de</strong>res Einkommen alsErwerbseinkommen vorliegt,bei Mischeinkommen – siehe Erläuterung3.Weitere Rechtsfolge: Anspruch auf Wohngeld <strong>de</strong>mGrun<strong>de</strong> nach – die Höhe ist zu überprüfen.<strong>II</strong>I. Kein Anspruch auf <strong>de</strong>nKin<strong>de</strong>rzuschlag besteht, wenndas elterliche bereinigteEinkommen bzw. das zuberücksichtigen<strong>de</strong> Vermögen<strong>de</strong>n Höchstbetrag überschreitet1. Voraussetzung<strong>de</strong>r Höchstbetrag ist <strong>de</strong>rEinkommensbetrag, <strong>de</strong>r sichergibt, wenn man zurAbschmelzungsgrenze – siehenebenstehend links – <strong>de</strong>nGesamtkin<strong>de</strong>rzuschlaghinzurechnet.2. Weitere Rechtsfolge:es besteht <strong>de</strong>m Grun<strong>de</strong> nachAnspruch auf Wohngeld – dieHöhe ist zu überprüfen.Anm.: <strong>Die</strong> vorliegen<strong>de</strong> Übersicht wur<strong>de</strong> von Winfried Kievel, em. Prof. an <strong>de</strong>r KHSB, 2009 erarbeitet, von ihm wur<strong>de</strong> auch <strong>de</strong>r im Weiteren verwen<strong>de</strong>te Begriff <strong>de</strong>rAbschmelzungsgrenze übernommen. Gesetzliche Än<strong>de</strong>rungen seit 2009 wur<strong>de</strong>n von mir eingearbeitet.


2803 DIE ERMITTLUNG DER FÜR DIE BERECHNUNG DES KINDERZUSCHLAGESENTSCHEIDENDEN ELTERLICHEN EINKOMMENSGRENZENWie aus <strong>de</strong>r Übersicht unter Punkt 2 hervorgeht, müssen zur Beantwortung <strong>de</strong>r Frage, obund in welcher Höhe die Eltern(teile) einen Anspruch auf <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rzuschlag haben, dreiEinkommensgrenzen betrachtet wer<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong>se sollen im Folgen<strong>de</strong>n dargestellt wer<strong>de</strong>n:3.1 Das Min<strong>de</strong>steinkommenUm überhaupt Anspruch auf <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rzuschlag zu haben, muss zunächst ein bestimmteselterliches Min<strong>de</strong>steinkommen erreicht wer<strong>de</strong>n. Das Min<strong>de</strong>steinkommen im Sinne <strong>de</strong>s § 11Abs. 1 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> – wobei aber die Beiträge nach § 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nicht abzusetzen sind -beträgt mit Ausnahme <strong>de</strong>s Wohn- und Kin<strong>de</strong>rgel<strong>de</strong>s nach § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG• bei Alleinerziehen<strong>de</strong>n 600 Euro und• bei zusammenleben<strong>de</strong>n Paaren (verheiratete und zusammenleben<strong>de</strong> Eltern,eingetragene Lebenspartner und eheähnliche Partner) 900 Euro.Es geht hierbei nicht um das bereinigte Einkommen, son<strong>de</strong>rn um das Bruttoeinkommen. Essind außer <strong>de</strong>n in § 11a genannten nicht zu berücksichtigen<strong>de</strong>n Einkommen also allean<strong>de</strong>ren Einkommen zu berücksichtigen - aus abhängiger Beschäftigung, aus selbständigerTätigkeit, aus Vermietung und Verpachtung, aus Kapitalerträgen o<strong>de</strong>r auch aus Unterhaltsleistungen.3.2 <strong>Die</strong> AbschmelzungsgrenzeÜberschreitet das nach <strong>de</strong>n §§ 11, 11a und 11b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bereinigte elterliche Einkommen o<strong>de</strong>rdas nach § 12 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> über <strong>de</strong>n Freibeträgen liegen<strong>de</strong> zu berücksichtigen<strong>de</strong> Vermögen dieAbschmelzungsgrenze, wird <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rzuschlag bzw. Gesamtkin<strong>de</strong>rzuschlag nicht mehr involler Höhe gezahlt, er wird gemin<strong>de</strong>rt bzw. abgeschmolzen - (§ 6a Abs. 4 S. 3 BKGG).Wie errechnet sich die Abschmelzungsgrenze?Ausgangspunkt ist das Arbeitslosengeld <strong>II</strong> bzw. Sozialgeld nach § 19 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><strong>Die</strong> Abschmelzungsgrenze ergibt sich aus <strong>de</strong>r Summe <strong>de</strong>s maßgeblichen Regelbedarfs <strong>de</strong>sAlleinerziehen<strong>de</strong>n bzw. <strong>de</strong>s zusammenleben<strong>de</strong>n Paares, ggf. zustehen<strong>de</strong>r Mehrbedarfe undihrer anteiligen Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft und Heizung.


281Zum maßgeblichen RegelbedarfEr beträgt• bei Alleinerziehen<strong>de</strong>n 391 Euro (§ 20 Abs. 2 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>),• bei Paaren jeweils 353 Euro (§ 20 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)Beson<strong>de</strong>rheit: <strong>Die</strong> Aufteilung <strong>de</strong>r Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft und HeizungDer elterliche Anteil an <strong>de</strong>n Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft und Heizung errechnet sich in diesem Fallnicht nach <strong>de</strong>r Kopfteilmetho<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn die Verteilung ist nach <strong>de</strong>m Verhältnisvorzunehmen, das sich aus <strong>de</strong>m jeweils letzten Bericht <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung über die Höhe<strong>de</strong>s Existenzminimums von Erwachsenen und Kin<strong>de</strong>rn ergibt - § 6a Abs. 4 S. 2 BKGG. <strong>Die</strong>serwird alle zwei Jahre erstellt. Heranzuziehen sind dabei die angegebenen Durchschnittswerte<strong>für</strong> Unterkunft und Heizung <strong>für</strong> Alleinstehen<strong>de</strong>, Paare und Kin<strong>de</strong>r:Nach <strong>de</strong>m <strong>für</strong> 2014 gültigen 9. Existenzminimumbericht <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung(Bun<strong>de</strong>stagsdrucksache 17/11425 vom 07.11.2012) ist• <strong>für</strong> Alleinstehen<strong>de</strong> ein durchschnittlicher Betrag <strong>für</strong> Unterkunft von 239 Euro imMonat und <strong>für</strong> Heizung ein solcher von 67 Euro – zusammen 306 Euro anzusetzen,• <strong>für</strong> Ehepaare ergibt sich ein durchschnittlicher monatlicher Betrag <strong>für</strong> Unterkunft von380 Euro und Heizung von 84 Euro – zusammen 464 Euro,• <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r sind <strong>für</strong> Unterkunft monatlich 76 Euro und <strong>für</strong> Heizung 17 Euro monatlichin Ansatz zu bringen – zusammen 93 Euro.Auf <strong>de</strong>r Grundlage dieser Zahlen ergeben sich <strong>für</strong> Alleinstehen<strong>de</strong> und Paare in Abhängigkeitvon <strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r die aus <strong>de</strong>r nachstehen<strong>de</strong>n Tabelle ersichtlichen prozentualenAnteile <strong>de</strong>r tatsächlichen, angemessenen Kosten <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung:Prozentualer Anteil <strong>für</strong> Unterkunft und HeizungAnzahl <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r bei Alleinstehen<strong>de</strong>n bei Paaren1 76,69% 83,30%2 62,20% 71,38%3 52,31% 62,45%4 45,13% 55,50%5 39,69% 49,95%


282Kleiner Exkurs: Wie errechnen sich die Zahlen aus <strong>de</strong>r Tabelle?Zum Beispiel bei einer Familienkonstellation Ehepaar mit 3 Kin<strong>de</strong>rn:(1) Für ein Ehepaar beträgt nach <strong>de</strong>m Bericht die durchschnittliche Warmmiete 464 Euro.Für 3 Kin<strong>de</strong>r sind nach <strong>de</strong>m Bericht 3 mal 93 Euro, also 279 Euro zu berücksichtigen.(2) Bei<strong>de</strong> Beträge müssen nun addiert wer<strong>de</strong>n, um die angemessene Warmmiete <strong>für</strong> dieseFamilienkonstellation zu ermitteln: 464 Euro + 279 Euro = 743 Euro(3) Im letzten Schritt kann nun <strong>de</strong>r prozentuale Anteil <strong>de</strong>r Eltern an <strong>de</strong>r Gesamt-Warmmietein Höhe von 743 Euro errechnet wer<strong>de</strong>n: 464 Euro sind im Verhältnis zu <strong>de</strong>n 743 Euro62,45%Entsprechend lässt sich die Tabelle bei Bedarf <strong>für</strong> Konstellationen mit mehr Kin<strong>de</strong>rnvervollständigen.Beispiele <strong>für</strong> die Berechnung <strong>de</strong>r Abschmelzungsgrenzea) Ein Ehepaar mit 3 Kin<strong>de</strong>rn unter 25 Jahren bewohnt in Berlin eine Wohnung mit einerangemessenen Warmmiete von 680 Euro.→ Regelbedarf <strong>für</strong> die Eltern von je 353 Euro = 706 Euro→ Anteilige Kosten <strong>de</strong>r Eltern <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung: 62,45% von 680 Euro = 424,66Euro⇒ Abschmelzungsgrenze: 706 Euro + 424,66 Euro = 1.130,66 Eurob) Eine alleinerziehen<strong>de</strong> Mutter mit 2 Kin<strong>de</strong>rn im Alter von 6 und 9 Jahren bewohnt in Berlineine Wohnung mit einer angemessenen Warmmiete von 512 Euro.→ Regelbedarf <strong>für</strong> die Mutter = 391 Euro→ Mehrbedarf <strong>de</strong>r Mutter wegen Alleinerziehung 36% <strong>de</strong>r Regelleistung = 140,76 Euro→Anteilige Kosten <strong>de</strong>r Mutter <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung: 62,20% von 512 Euro = 318,46Euro


283⇒ Abschmelzungsgrenze: 391 Euro + 140,76 Euro + 318,46 Euro = 850,22 EuroWenn das elterliche zu berücksichtigen<strong>de</strong> Einkommen o<strong>de</strong>r Vermögen im Beispiel a) also1.130,66 Euro und im Beispiel b) 850,22 Euro übersteigt, wird <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rzuschlag bzw.Gesamtkin<strong>de</strong>rzuschlag abgeschmolzen.Wie erfolgt das Abschmelzen?Der die Abschmelzungsgrenze übersteigen<strong>de</strong> Teil <strong>de</strong>s Einkommens bzw. Vermögens wird wiefolgt auf <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rzuschlag / Gesamtkin<strong>de</strong>rzuschlag angerechnet (§ 6a Abs. 4 S. 5-7 BKGG):a) Wenn es sich um Erwerbseinkommen han<strong>de</strong>lt, wird <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rzuschlag <strong>für</strong> je 10 Euro,um die <strong>de</strong>r maßgeben<strong>de</strong> Betrag überstiegen wird, um 5 Euro gemin<strong>de</strong>rt,b) in voller Höhe, wenn es sich um an<strong>de</strong>res Einkommen o<strong>de</strong>r Vermögen han<strong>de</strong>lt.c) Besteht das elterliche Einkommen nicht nur aus Erwerbseinkünften, son<strong>de</strong>rn auchaus an<strong>de</strong>ren Einkommensarten und / o<strong>de</strong>r Vermögen, ist davon auszugehen, dass dieÜberschreitung durch Erwerbseinkünfte verursacht wird. Es wird dann also wie untera) beschrieben angerechnet.An<strong>de</strong>res gilt, wenn die Summe <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Einkommensteile o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Vermögens<strong>für</strong> sich genommen die Abschmelzungsgrenze übersteigen, dann erfolgt dieAnrechnung in voller Höhe.3.3 Der HöchstbetragDer Höchstbetrag ergibt sich aus <strong>de</strong>r Summe <strong>de</strong>r Abschmelzungsgrenze und <strong>de</strong>sGesamtkin<strong>de</strong>rzuschlags, wobei sich <strong>de</strong>r Gesamtkin<strong>de</strong>rzuschlag wie gezeigt aus <strong>de</strong>r Summe<strong>de</strong>r individuellen Kin<strong>de</strong>rzuschläge ergibt. Beim individuellen Kin<strong>de</strong>rzuschlag sei an dieserStelle noch mal darauf hingewiesen, dass er ggf. durch das zu berücksichtigen<strong>de</strong> Einkommenund / o<strong>de</strong>r Vermögen <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s gemäß § 6a Abs. 3 BKGG gemin<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n muss.BeispieleEs wer<strong>de</strong>n hier die obigen Beispiele aus <strong>de</strong>r Berechnung <strong>für</strong> die Abschmelzungsgrenzewie<strong>de</strong>r aufgenommen. Da in bei<strong>de</strong>n Beispielen nichts weiter angegeben ist, ist davonauszugehen, dass die Kin<strong>de</strong>r über kein anrechenbares Einkommen o<strong>de</strong>r Vermögen verfügen.zu a) Der Höchstbetrag beträgt 1.130,60 Euro + 420 Euro (3 x 140 Euro) = 1.550,60 Euro


284zu b) Der Höchstbetrag beträgt 850,22 Euro + 280 Euro (2 x 140 Euro) = 1.130,22 EuroWas ist, wenn das zu berücksichtigen<strong>de</strong> elterliche Einkommen und <strong>de</strong>r Höchstbetragi<strong>de</strong>ntisch sind?Der Kin<strong>de</strong>rzuschlag steht noch zu, wenn das Einkommen aus Erwerbseinkommen o<strong>de</strong>rüberwiegend aus Erwerbseinkommen besteht, da er dann wie bereits gezeigt, <strong>für</strong> je 10 Euro,mit <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r maßgeben<strong>de</strong> Betrag überstiegen, nur um 5 Euro gemin<strong>de</strong>rt wird. In <strong>de</strong>n Fällen,wenn elterliches (Erwerbs-)Einkommen und Höchstbetrag i<strong>de</strong>ntisch sind, steht <strong>de</strong>rKin<strong>de</strong>rzuschlag also wenigstens noch zu 50% zu.Im Beispiel a) wür<strong>de</strong>n die Eltern also, wenn sie über ein zu berücksichtigen<strong>de</strong>s Einkommen inHöhe von 1.550,60 Euro verfügen und damit die Höchstgrenze erreichen, noch einenGesamtkin<strong>de</strong>rzuschlag in Höhe von 210 Euro erhalten, die alleinerziehen<strong>de</strong> Mutter aus <strong>de</strong>mBeispiel b) bei einem zu berücksichtigen<strong>de</strong>m Einkommen von 1.130,22 Euro noch 140 Euro.Liegt das zu berücksichtigen<strong>de</strong> Einkommen jedoch nur einen Euro über <strong>de</strong>m Höchstbetrag,entfällt <strong>de</strong>r Anspruch auf <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rzuschlag und als Möglichkeit zur Aufstockung <strong>de</strong>rfinanziellen Ressourcen verbleibt nur das Wohngeld, wenn die übrigen Bedingungen <strong>für</strong>seinen Bezug erfüllt sind.4 DIE PRÜFUNG DER VERMEIDUNG VON HILFEBEDÜFTIGKEIT NACH § 9 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>4.1 GrundsätzlichesDer errechnete Kin<strong>de</strong>rzuschlag muss zusammen mit an<strong>de</strong>rem Einkommen und <strong>de</strong>mKin<strong>de</strong>rgeld sowie ggf. Wohngeld ausreichen, um <strong>de</strong>n Bedarf <strong>de</strong>r gesamten Familie soabzu<strong>de</strong>cken, dass kein Anspruch auf Arbeitslosengeld <strong>II</strong> / Sozialgeld besteht. Insofern mussalso eine Vergleichsrechnung erfolgen.Bei <strong>de</strong>r Prüfung bleiben nach § 6a Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BKGG die Bedarfe <strong>für</strong> Bildung undTeilhabe nach § 28 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> außer Betracht. Hintergrund ist, dass Kin<strong>de</strong>rzuschlags- undWohngeldberechtigte diese Leistungen nach § 6b BKGG beantragen können.Zu <strong>de</strong>n Beson<strong>de</strong>rheiten, wenn Mehrbedarfe nach <strong>de</strong>n §§ 21 und 23 Nummer 2 bis 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>einzelnen Mitglie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft zustehen, siehe weiter unten unter 4.3.Deckt <strong>de</strong>r errechnete Kin<strong>de</strong>rzuschlag mit <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren Einkommen und Kin<strong>de</strong>rgeld sowieggf. Wohngeld <strong>de</strong>n Bedarf <strong>de</strong>r Familie nach § 19 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, fällt sie aus <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungssystem heraus. Bei <strong>de</strong>r Prüfung wird also zustehen<strong>de</strong>s Wohngeld mit


285berücksichtigt, das heißt, <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rzuschlag wird auch dann bewilligt, wenn dieHilfebedürftigkeit nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> allein mit <strong>de</strong>m Kin<strong>de</strong>rzuschlag nicht, aber zusammen mit<strong>de</strong>m Wohngeld vermie<strong>de</strong>n wird. Es besteht dann auch keine Wahlmöglichkeit nach § 6a Abs.1 Nr. 4 BKGG, vgl. weiter unten. Der Kin<strong>de</strong>rzuschlag und ggf. Wohngeld sind eine vorrangigeSozialleistung, auf <strong>de</strong>ren Bezug nicht zu Gunsten von Arbeitslosengeld <strong>II</strong> verzichtet wer<strong>de</strong>nkann.Anm.: Es ist aber möglich, zu Gunsten <strong>de</strong>s Wohngel<strong>de</strong>s auf <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungen zu verzichten -§ 8 Abs. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 WoGGHiervon hat <strong>de</strong>r Gesetzgeber zwei Ausnahmen gemacht:4.2 Ausnahmen von <strong>de</strong>r Vorrangigkeit <strong>de</strong>r Sozialleistung Kin<strong>de</strong>rzuschlag und ggf.Wohngeld gegenüber <strong>de</strong>n <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungen4.2.1 Wahlmöglichkeit wegen <strong>de</strong>s Verlustes an<strong>de</strong>rer höherer AnsprücheNach dieser Vorschrift - § 6a Abs. 5 BKGG - entfällt ein Anspruch auf <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rzuschlag,wenn <strong>de</strong>r Berechtigte erklärt, ihn <strong>für</strong> einen bestimmten Zeitraum wegen eines damitverbun<strong>de</strong>nen Verlustes von an<strong>de</strong>ren höheren Ansprüchen nicht geltend machen zu wollen.<strong>Die</strong> Verzichtserklärung kann je<strong>de</strong>rzeit mit Wirkung <strong>für</strong> die Zukunft wi<strong>de</strong>rrufen wer<strong>de</strong>n.<strong>Die</strong>se im Juli 2006 eingeführte Regelung dürfte in <strong>de</strong>r Praxis seit Januar 2011 ihre Be<strong>de</strong>utungverloren haben. Anlass <strong>für</strong> diese Regelung war offensichtlich <strong>de</strong>r Umstand, dass nach <strong>de</strong>rursprünglichen Fassung <strong>de</strong>s Gesetzes <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rzuschlag als <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vorgelagerte, alsovorrangige Leistung, Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> auch einschließlich <strong>de</strong>s befristetenZuschlags nach § 24 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> verdrängte und damit betroffene Familien mit <strong>de</strong>mKin<strong>de</strong>rzuschlag zum Teil finanziell erheblich schlechter stellte als mit <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>–Leistungeneinschließlich <strong>de</strong>s befristeten Zuschlags nach § 24 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Durch das Haushaltsbegleitgesetz2011 vom 09.12.2010, BGBl. I S. 1885 ff., ist <strong>de</strong>r befristete Zuschlag zum 01.01.2011 ersatzlosgestrichen wor<strong>de</strong>n.4.2.2 Wahlrecht, wenn nicht <strong>für</strong> alle Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft dieHilfebedürftigkeit <strong>für</strong> wenigstens drei Monate beseitigt wird.Seit 01.01.2011 gilt nach § 12a Satz 2 Nr. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>: Es besteht keine Verpflichtung, vorrangigWohngeld nach <strong>de</strong>m Wohngeldgesetz o<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rzuschlag nach <strong>de</strong>m BKGG in Anspruch zunehmen, wenn dadurch nicht die Hilfebedürftigkeit aller Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bedarfsgemeinschaft<strong>für</strong> einen zusammenhängen<strong>de</strong>n Zeitraum von min<strong>de</strong>stens drei Monaten beseitigt wür<strong>de</strong>.


2864.3 Das sogen. „kleine Wahlrecht“ – wenn die Hilfebedürftigkeit nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nurohne die Berücksichtigung von zustehen<strong>de</strong>n Mehrbedarfen vermie<strong>de</strong>n wirdDer Begriff „kleines Wahlrecht“ wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Geschäftsanweisung Nr. 30/2008 vom 21.08.2008<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit entnommen.Es wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>r Neuregelung zum Oktober 2008 eingeführt und kann dann ausgeübtwer<strong>de</strong>n, wenn bei <strong>de</strong>r Berechnung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rzuschlags eine Hilfebedürftigkeit nach <strong>de</strong>m<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nur ohne Berücksichtigung von zustehen<strong>de</strong>n Mehrbedarfen vermie<strong>de</strong>n wird - § 6aAbs. 1 Nr. 4 S. 3-5 BKGG.Das sogen. kleine Wahlrecht ist erst nachträglich in <strong>de</strong>n Gesetzentwurf aufgenommenwor<strong>de</strong>n. Durch die mögliche Nichtberücksichtigung zustehen<strong>de</strong>r Mehrbedarfe nach <strong>de</strong>n§§ 21 und 23 Nr. 2 bis 4 <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> – wegen Schwangerschaft, Alleinerziehung, Teilhabe amArbeitsleben (<strong>für</strong> erwerbsfähige behin<strong>de</strong>rte bzw. nicht erwerbsfähige behin<strong>de</strong>rte über 15Jahre alte Leistungsberechtigte,), medizinisch notwendiger kostenaufwändiger Ernährung,<strong>für</strong> einen im Einzelfall unabweisbaren, laufen<strong>de</strong>n, nicht nur einmaligen beson<strong>de</strong>ren Bedarfo<strong>de</strong>r wegen <strong>de</strong>zentraler Warmwasserversorgung o<strong>de</strong>r <strong>für</strong> nichterwerbsfähige Personen mitMerkzeichen G – verringert sich <strong>de</strong>r Bedarf nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, und die Voraussetzung <strong>für</strong>einen Anspruch auf Kin<strong>de</strong>rzuschlag, Hilfebedürftigkeit nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zu vermei<strong>de</strong>n, istleichter zu erfüllen. Wird mit <strong>de</strong>m Kin<strong>de</strong>rzuschlag und ggf. Wohngeld also <strong>de</strong>r Bedarf <strong>de</strong>rFamilie ohne zustehen<strong>de</strong> Mehrbedarfe nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> erreicht, können diese Familienzwischen Leistungen <strong>de</strong>r <strong>Grundsicherung</strong> nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> und <strong>de</strong>m Kin<strong>de</strong>rzuschlag wählen.Entschei<strong>de</strong>n sich die Familien <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rzuschlag, muss je<strong>de</strong>s volljährige Mitglied <strong>de</strong>rBedarfsgemeinschaft <strong>de</strong>n Verzicht auf Leistungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bzw. X<strong>II</strong> erklären.Nach <strong>de</strong>n Fachlichen Hinweisen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit zu § 12a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, Stand06.06.2011, Rn. 12a.8a, müssen die <strong>Grundsicherung</strong>sstellen über das „kleine Wahlrecht“ undseine grundsätzlichen Folgen gemäß § 14 <strong>SGB</strong> I umfassend beraten.Der Verzicht kann je<strong>de</strong>rzeit <strong>für</strong> die Zukunft wi<strong>de</strong>rrufen wer<strong>de</strong>n.Was ist bei <strong>de</strong>n Wahlmöglichkeiten und einem eventuellen Verzicht zu be<strong>de</strong>nken?Neben <strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>r Zahlbeträge sollte sorgfältig abgewogen wer<strong>de</strong>n, welche weiterenVorteile bzw. Nachteile sich durch einen Verzicht ergeben.Für einen Verzicht kann sprechen:• <strong>Die</strong> auf Alg <strong>II</strong>-Verzichten<strong>de</strong>n bleiben von <strong>de</strong>n Mitwirkungs- und Kontrollpflichten,insbes. intensiver Erwerbssuche, verschont.


287• Der Bezug von Kin<strong>de</strong>rgeld, Kin<strong>de</strong>rzuschlag und ggf. Wohngeld löst keineErbenhaftung aus, vgl. <strong>de</strong>mgegenüber § 35 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.Zu be<strong>de</strong>nken ist aber:• Bei einem Verzicht fallen an<strong>de</strong>re Vergünstigungen wie zum Beispiel dieRundfunkbeitragsbefreiung, das Berlin-Ticket S von S-Bahn Berlin und BVG und <strong>de</strong>r„berlinpass“ <strong>für</strong> die Eltern (-teile) weg!• Bei unverheirateten Partnern in einer Bedarfsgemeinschaft kann <strong>de</strong>r Kranken-,Pflege- und Rentenversicherungsschutz eines nicht erwerbsfähigen Partnersentfallen!5 BERECHNUNGSBEISPIELEBerechnungsbeispiel 1Es geht um eine Familie in Berlin mit 3 Kin<strong>de</strong>rn im Alter von 15, 10 und 7 Jahren. Sie wohnenin einer Wohnung mit einer angemessenen Warmmiete in Höhe von 660 Euro. Der Vatererzielt Einkommen aus einer abhängigen Beschäftigung in Höhe von 1.900 Euro Brutto. Mit<strong>de</strong>r Steuerklasse <strong>II</strong>I erreicht er ein Nettoeinkommen in Höhe von 1.470,89 Euro. Für dieKin<strong>de</strong>r erhält die Familie Kin<strong>de</strong>rgeld. Über zu berücksichtigen<strong>de</strong>s Vermögen nach § 12 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>verfügt die Familie nicht.(1) Wird das elterliche Min<strong>de</strong>steinkommen <strong>für</strong> Paare erreicht?Das Min<strong>de</strong>steinkommen <strong>für</strong> Paare beträgt 900 Euro (Brutto!).⇒ Es wird mit <strong>de</strong>m 1.900 Euro-Bruttoverdienst <strong>de</strong>utlich überschritten.(2) Wie hoch ist <strong>de</strong>r Gesamtbedarf <strong>de</strong>r Familie im Sinne <strong>de</strong>r Regelungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>?Leistungen zum Lebensunterhalt:Vater: Regelbedarf gemäß § 20 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Mutter: Regelbedarf gemäß § 20 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Kind 15 J.: Regelbedarf gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Kind 10 J.: Regelbedarf gemäß § 23 Abs. 1 zweite Alternative <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Kind 7 J.: Regelbedarf gemäß § 23 Abs. 1 zweite Alternative <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>Angemessene Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft: 660 Euro353 Euro353 Euro296 Euro261 Euro261 Euro1.524 Euro⇒ Gesamtbedarf: = 2.184,00 Euro(3) Kann <strong>de</strong>r Gesamtbedarf aus <strong>de</strong>m zu berücksichtigen<strong>de</strong>m Einkommen und / o<strong>de</strong>rVermögen <strong>de</strong>r Familie ge<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n?• Anzurechnen<strong>de</strong>s Vermögen ist nicht vorhan<strong>de</strong>n.


288• Anzurechnen<strong>de</strong>s Einkommen:obei <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn jeweils Kin<strong>de</strong>rgeld:in Höhe von 184 Euro <strong>für</strong> die ersten 2 Kin<strong>de</strong>r undin Höhe von 190 Euro <strong>für</strong> das 3. Kind⇒oinsgesamt also 558 Euro Kin<strong>de</strong>rgeldaus <strong>de</strong>r Beschäftigung <strong>de</strong>s Vaters:Von seinem Nettoeinkommen in Höhe von 1.470,89 Euro ist abzuziehen <strong>de</strong>rPauschalbetrag nach § 11b Abs. 1 Nr. 3 bis 5 i.V.m. § 11b Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> in Höhevon 100 Euro sowie <strong>de</strong>r Freibetrag nach § 11b Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> in Höhe von 180 +50 = 230 Euro.Insgesamt ergibt sich also ein Absetzungsbetrag von 330 Euro, dasanzurechnen<strong>de</strong> Einkommen <strong>de</strong>s Vaters beträgt damit 1.140,89 Euro.⇒<strong>Die</strong> Familie verfügt insgesamt über ein anzurechnen<strong>de</strong>s Einkommen in Höhevon 558 + 1.140,89 = 1.698,89 Euro.⇒ Der Gesamtbedarf <strong>de</strong>r Familie ist <strong>de</strong>mentsprechend mit 485,11 Euro (2.184,00 –1.698,89 Euro) nicht ge<strong>de</strong>ckt.Anm.: Wäre <strong>de</strong>r Gesamtbedarf <strong>de</strong>r Familie ge<strong>de</strong>ckt, wäre die Prüfung hier zu En<strong>de</strong>, dadie Familie nicht hilfebedürftig nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> wäre und damit keinenAnspruch auf <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rzuschlag hätte.(4) Wie hoch ist <strong>de</strong>r Gesamtkin<strong>de</strong>rzuschlag nach Berücksichtigung von anzurechnen<strong>de</strong>mEinkommen / Vermögen eines Kin<strong>de</strong>s?Alle 3 Kin<strong>de</strong>r verfügen über kein anzurechnen<strong>de</strong>s Einkommen / Vermögen, daKin<strong>de</strong>rgeld nicht berücksichtigt wird (§ 6a Abs. 3 S. 2 BKGG),⇒ <strong>de</strong>r Gesamtkin<strong>de</strong>rzuschlag beträgt also 3 x 140 = 420 Euro(5) Berechnung <strong>de</strong>r <strong>für</strong> die Höhe <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rzuschlags entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n elterlichenEinkommensgrenzen und die sich daraus ergeben<strong>de</strong> konkrete Höhe <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rzuschlagsa) <strong>Die</strong> Abschmelzungsgrenze, vgl. 3.2:Maßgeblicher Regelbedarf: 2 x 353 Euro = 706,00 Euro+ Anteilige Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft: 62,45 % von 660 Euro = 412,17 Euro⇒ <strong>Die</strong> Abschmelzungsgrenze beträgt 1.118,17 Euro


289b) <strong>Die</strong> Höchstgrenze, vgl. 3.3:⇒ <strong>Die</strong> Höchstgrenze beträgt 1.118,17 Euro (Abschmelzungsgrenze) + 3 x 140 Euro(Gesamtkin<strong>de</strong>rzuschlag), also 1.538,17 Euro.c) Errechnung <strong>de</strong>r konkreten Höhe <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rzuschlags:⇒ Das anrechenbare elterliche Einkommen beträgt 1.140,89 Euro, vgl. unter (3).⇒ <strong>Die</strong> Höchstgrenze wird nicht überschritten, daher besteht grundsätzlich Anspruch auf<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rzuschlag.⇒ Da die Abschmelzungsgrenze aber überschritten wird, min<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>r übersteigen<strong>de</strong>Betrag von 22,72 Euro (1.140,89 – 1.118,17 Euro) <strong>de</strong>n Gesamtkin<strong>de</strong>rzuschlag wie folgt:Da es sich um Erwerbseinkommen han<strong>de</strong>lt, wer<strong>de</strong>n <strong>für</strong> je 10 Euro <strong>de</strong>s übersteigen<strong>de</strong>nBetrages 5 Euro auf <strong>de</strong>n Gesamtkin<strong>de</strong>rzuschlag angerechnet, in diesem Fall also 10Euro.⇒ <strong>Die</strong> Familie hat also einen Anspruch auf einen Gesamtkin<strong>de</strong>rzuschlag in Höhe von 420 –10 = 410 Euro.(6) Schlussprüfung: Wird mit <strong>de</strong>m Kin<strong>de</strong>rzuschlag und ggf. Wohngeld Hilfebedürftigkeit i.S.<strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vermie<strong>de</strong>n?• Wie unter (2) gezeigt, beträgt <strong>de</strong>r Gesamtbedarf nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 2.184,00 Euro.Überprüfung, ob durch <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rzuschlag Hilfebedürftigkeit i.S. <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vermie<strong>de</strong>n wird:• Anzurechnen<strong>de</strong>s Einkommen <strong>de</strong>s Vaters:• Kin<strong>de</strong>rgeld:• Kin<strong>de</strong>rzuschlag:1.140,89 Euro558,00 Euro410,00 Euro2.108,89 Euro⇒ Da <strong>de</strong>r Gesamtbedarf nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 2.184,00 Euro beträgt, wird durch <strong>de</strong>nKin<strong>de</strong>rzuschlag allein nicht Hilfebedürftigkeit vermie<strong>de</strong>n, es ist aber davon auszugehen,dass die Lücke in Höhe von 75,11 Euro durch Wohngeld geschlossen wird.(7) En<strong>de</strong>rgebnis <strong>für</strong> die FamilieDurch <strong>de</strong>n Bezug von Kin<strong>de</strong>rzuschlag stehen <strong>de</strong>r Familie folgen<strong>de</strong> Einkommensquellen zurVerfügung:• Arbeitsrechtlicher Nettoverdienst: 1.470,89 Euro• Kin<strong>de</strong>rgeld:558,00 Euro• Kin<strong>de</strong>rzuschlag:410,00 Euro2.438,89 Euro + zustehen<strong>de</strong>s Wohngeld


290Berechnungsbeispiel 2Eine alleinerziehen<strong>de</strong> Mutter wohnt mit ihrem 17-jährigen Sohn in Berlin in einer Wohnungmit einer angemessenen Warmmiete in Höhe von 420 Euro. <strong>Die</strong> Mutter erhält einebefristete Rente wegen vermin<strong>de</strong>rter Erwerbsfähigkeit in Höhe von 750 Euro und Kin<strong>de</strong>rgeld<strong>für</strong> <strong>de</strong>n Sohn. An<strong>de</strong>res Einkommen bzw. Vermögen gibt es nicht.(1) Wird das elterliche Min<strong>de</strong>steinkommen <strong>für</strong> Alleinstehen<strong>de</strong> erreicht?Das Min<strong>de</strong>steinkommen <strong>für</strong> Alleinstehen<strong>de</strong> beträgt 600 Euro.⇒ Es wird mit <strong>de</strong>r Rente wegen vermin<strong>de</strong>rter Erwerbsfähigkeit <strong>de</strong>r Mutter erreicht.(2) Wie hoch ist <strong>de</strong>r Gesamtbedarf <strong>de</strong>r Familie im Sinne <strong>de</strong>r Regelungen nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>?Anm.: Es han<strong>de</strong>lt sich hier um eine Bedarfsgemeinschaft nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, die über <strong>de</strong>nerwerbsfähigen Sohn gebil<strong>de</strong>t wird, die Mutter erhält Sozialgeld, da sie nicht aufDauer erwerbsgemin<strong>de</strong>rt ist und so keine Leistungen nach <strong>de</strong>m 4. Kapitel <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong>X<strong>II</strong> beanspruchen kann.Leistungen zum Lebensunterhalt:Mutter: Regelbedarf gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>391,00 EuroMehrbedarf wegen Alleinerziehung gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 2(12% vom RB) 46,92 EuroSohn 17 J.: Regelbedarf gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>296,00 Euro733,92 EuroAngemessene Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft: 420 Euro⇒ Gesamtbedarf: = 1.153,92 Euro(3) Kann <strong>de</strong>r Gesamtbedarf aus <strong>de</strong>m zu berücksichtigen<strong>de</strong>m Einkommen und / o<strong>de</strong>rVermögen <strong>de</strong>r Familie ge<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n?• Anzurechnen<strong>de</strong>s Vermögen ist nicht vorhan<strong>de</strong>n.• Anzurechnen<strong>de</strong>s Einkommen:oobei <strong>de</strong>m 17-jährigen Sohn Kin<strong>de</strong>rgeld in Höhe von 184 Euro,bei <strong>de</strong>r Mutter:<strong>Die</strong> Rente wegen vermin<strong>de</strong>rter Erwerbsfähigkeit wird um dieVersicherungspauschale in Höhe von 30 Euro bereinigt, damit verbleibt einanzurechnen<strong>de</strong>s Einkommen <strong>de</strong>r Mutter in Höhe von 720 Euro.


291⇒ <strong>Die</strong> Familie verfügt insgesamt über ein anzurechnen<strong>de</strong>s Einkommen in Höhe von184 + 720 Euro = 904 Euro.⇒ Der Gesamtbedarf <strong>de</strong>r Familie ist <strong>de</strong>mentsprechend mit 249,92 Euro (1.153,92 – 904Euro) nicht ge<strong>de</strong>ckt.(4) Wie hoch ist <strong>de</strong>r Gesamtkin<strong>de</strong>rzuschlag nach Berücksichtigung von anzurechnen<strong>de</strong>mEinkommen / Vermögen eines Kin<strong>de</strong>s?• Der 17-jährige Sohn verfügt über kein anzurechnen<strong>de</strong>s Einkommen bzw. Vermögen.⇒ Der Gesamtkin<strong>de</strong>rzuschlag beträgt also 140 Euro.(5) Berechnung <strong>de</strong>r <strong>für</strong> die Höhe <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rzuschlags entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n elterlichenEinkommensgrenzen und die sich daraus ergeben<strong>de</strong> konkrete Höhe <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rzuschlagsa) <strong>Die</strong> Abschmelzungsgrenze, vgl. 3.2:Maßgeblicher Regelbedarf:+Mehrbedarf wegen Alleinerziehung 12 % <strong>de</strong>r Regelleistung+Anteilige Kosten <strong>de</strong>r Unterkunft: 76,69 % von 420 Euro =391,00 Euro46,92 Euro322,10 Euro⇒ <strong>Die</strong> Abschmelzungsgrenze beträgt 760,02 Eurob) <strong>Die</strong> Höchstgrenze, vgl. 3.3:⇒ <strong>Die</strong> Höchstgrenze beträgt 760,02 Euro (Abschmelzungsgrenze) + 140 Euro(Gesamtkin<strong>de</strong>rzuschlag), also 900,02 Euro.c) Errechnung <strong>de</strong>r konkreten Höhe <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rzuschlags:⇒ Das anrechenbare elterliche Einkommen beträgt 720 Euro, vgl. unter (3).⇒ <strong>Die</strong> Höchstgrenze wird nicht überschritten, daher besteht grundsätzlich Anspruch auf<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rzuschlag.⇒ <strong>Die</strong> Abschmelzungsgrenze wird auch nicht überschritten.⇒ Der Kin<strong>de</strong>rzuschlag steht in voller Höhe zu.(6) Schlussprüfung: Wird mit <strong>de</strong>m Kin<strong>de</strong>rzuschlag und ggf. Wohngeld Hilfebedürftigkeit i.S.<strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vermie<strong>de</strong>n?• Wie unter (2) gezeigt, beträgt <strong>de</strong>r Gesamtbedarf nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 1.153,92 Euro.


292Überprüfung, ob durch <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rzuschlag Hilfebedürftigkeit i.S. <strong>de</strong>s <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vermie<strong>de</strong>n wird:• Anzurechnen<strong>de</strong>s Einkommen <strong>de</strong>r Mutter:• Kin<strong>de</strong>rgeld:• Kin<strong>de</strong>rzuschlag:720,00 Euro184,00 Euro140,00 Euro1.044,00 Euro⇒ Hilfebedürftigkeit nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> wird durch <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rzuschlag nicht vermie<strong>de</strong>n,auch dann nicht, wenn man bei <strong>de</strong>r Berechnung <strong>de</strong>s Gesamtbedarfes <strong>de</strong>n Mehrbedarf<strong>de</strong>r Mutter wegen Alleinerziehung nicht berücksichtigen wür<strong>de</strong> (1.153,92 – 46,92 Euro =1.107 Euro). Es kann also zunächst auch kein „kleines Wahlrecht“ ausgeübt wer<strong>de</strong>n.Allerdings ist auch hier die Höhe <strong>de</strong>s ggf. zustehen<strong>de</strong>n Wohngel<strong>de</strong>s zu prüfen. Wenn mitihm die Bedarfslücke in Höhe von 109,92 Euro ge<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n kann, stehtKin<strong>de</strong>rzuschlag zu und bei<strong>de</strong>s wäre als vorrangige Leistung in Anspruch zu nehmen.! Beträgt das Wohngeld min<strong>de</strong>stens 63 Euro wür<strong>de</strong> mit ihm <strong>de</strong>r Bedarf ohneBerücksichtigung <strong>de</strong>s Mehrbedarfs ge<strong>de</strong>ckt sein, dann käme das „kleine Wahlrecht“ zumTragen. <strong>Die</strong> Familie könnte auf die <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>-Leistungen zu Gunsten <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rzuschlags undWohngelds verzichten, die Mutter hätte dann aber zum Beispiel keinen Anspruch auf dasBerlin-Ticket S und <strong>de</strong>n „berlinpass“.(7) En<strong>de</strong>rgebnis <strong>für</strong> die FamilieDer Familie stehen folgen<strong>de</strong> Einkommensquellen zur Verfügung, wenn Wohngeld die o.g.Beträge nicht übersteigt:• Erwerbsmin<strong>de</strong>rungsrente <strong>de</strong>r Mutter:• Kin<strong>de</strong>rgeld:• Alg <strong>II</strong>-Leistungen750,00 Euro184,00 Euro249,92 Euro1.183,92 EuroÜbersteigt das Wohngeld die o.g. Beträge, also erreicht mind. 63 Euro (mit „kleinemWahlrecht“) bzw. 109,92 Euro entschei<strong>de</strong>n:• Erwerbsmin<strong>de</strong>rungsrente <strong>de</strong>r Mutter:• Kin<strong>de</strong>rgeld:• Kin<strong>de</strong>rzuschlag:• + zustehen<strong>de</strong>s Wohngeld750,00 Euro184,00 Euro140,00 Euro1.074,00 Euro


293Verwen<strong>de</strong>te Literatur<strong>Die</strong> Quellen sind in <strong>de</strong>n jeweiligen Texten angegeben. Hier nur die verwen<strong>de</strong>ten Bücher,bzw. Erläuterungen zu <strong>de</strong>n Quellenangaben:Geiger, Udo(unter Mitarbeit vonUlrich Stascheit und Ute Winkler)Geiger, Udo(unter Mitarbeit vonDominik Ben<strong>de</strong>r)Mün<strong>de</strong>r, Johannes (Hrsg.)Papenheim / BaltesArbeitslosenprojekt TuWas (Hrsg.)Leitfa<strong>de</strong>n zum Arbeitslosengeld <strong>II</strong>,Der Rechtsratgeber zum <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>hrsg. vom Arbeitslosenprojekt TuWas9. Auflage, Stand 1.07.2012Fachhochschulverlag Frankfurt am Main 2012Unterkunfts- und Heizkosten nach <strong>de</strong>m <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>,Ein Leitfa<strong>de</strong>nhrsg. vom Arbeitslosenprojekt TuWas2. Auflage, Stand 1.01.2013Fachhochschulverlag Frankfurt am Main 2013Sozialgesetzbuch <strong>II</strong>,<strong>Grundsicherung</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeitsuchen<strong>de</strong></strong>,Lehr- und Praxiskommentar, (zitiert: LPK-<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)5. AuflageNomos-Verlagsgesellschaft, Ba<strong>de</strong>n-Ba<strong>de</strong>n 2013Verwaltungsrecht <strong>für</strong> die soziale Praxis22. AuflageVerlag Recht <strong>für</strong> die soziale Praxis 2010<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> • Alg <strong>II</strong>-VO • <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I • RBEG • RBSFV<strong>Die</strong> aktuelle Textausgabe6. AuflageFachhochschulverlag Frankfurt am Main 2013Internet:Fachliche Hinweise <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur <strong>für</strong> Arbeit unter:http://www.arbeitsagentur.<strong>de</strong>/nn_166486/zentraler-Content/A01-Allgemein-Info/A015-Oeffentlichkeitsarbeit/Allgemein/IW-<strong>SGB</strong>-<strong>II</strong>-Fachliche-Hinweise.htmlDer gesamten Ausarbeitung <strong>de</strong>r Einführung liegt zu Grun<strong>de</strong> (siehe Kleines Vorwort)Kievel, W. / Lehmann-Franßen, N. Paradigmenwechsel bei <strong>de</strong>n Leistungen zurSicherung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts und zurWie<strong>de</strong>reinglie<strong>de</strong>rung in ArbeitKatholische Hochschule <strong>für</strong> Sozialwesen Berlin(Hrsg.)Eigenverlag „Grüne Reihe zur Sozialen Arbeit“2006

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