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Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

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86 <strong>Zehn</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>Beim E<strong>in</strong>steigen öffnete er ihr die Tür, g<strong>in</strong>g mit ihr Arm <strong>in</strong> Arm undsagte, sobald er den Mund auftat: „Darl<strong>in</strong>g“. Sie habe das Gefühl gehabt,erzählte Tante Zhang, auf Wolken zu sitzen und die allerglücklichsteFrau auf Erden zu se<strong>in</strong>. Aber das Glück kann sich unversehens wenden.E<strong>in</strong>es Tages habe sie entdeckt, dass die Wirklichkeit ganz anders aussah,und sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dichten Nebelmeer verloren: Zhang Shizhao warse<strong>in</strong>es Postens enthoben worden und mit se<strong>in</strong>er Frau und se<strong>in</strong>en Söhnennach Gött<strong>in</strong>gen gekommen. Sie erzählte viel mehr von Zhang Shizhao,als ich hier wiedergebe. Aber e<strong>in</strong>er tugendhaften Person muss manRespekt erweisen. Ich will an dieser Stelle deshalb me<strong>in</strong>e Ausführungenbeenden. In den letzten zwei <strong>Jahre</strong>n hatte sie wer weiß wie <strong>of</strong>t und wieviele Episoden über ihren Mann erzählt, jedes Mal sehr anschaulichund detailliert. Das alles hatte ihren Sohn Zhang Yong sehr irritiert. Erschwieg dazu, zog aber se<strong>in</strong>e Brauen noch dichter zusammen.Wir besuchten diese e<strong>in</strong>fache und naive alte Dame gern. Ich wolltehauptsächlich mit Zhang Yong sprechen und mit ihm diskutieren. Se<strong>in</strong>eMutter berichtete mir, jedes Mal, wenn ich da sei, würde Zhang Yonge<strong>in</strong> ganz anderer Mensch, und es zeige sich e<strong>in</strong> Lächeln auf se<strong>in</strong>emGesicht. Er werde auch gesprächiger. Die alte Dame freute sich, holteKuchen, brühte Drachenbrunnentee auf und lud mich des Öfteren zumAbendessen e<strong>in</strong>. Während sie von Zhang Shizhao redete, hatte sie alleHände voll zu tun. E<strong>in</strong>mal, als Zhang Yong und ich uns gerade eifrigunterhielten, hörten wir das Donnern e<strong>in</strong>es Unwetters. Durch das kle<strong>in</strong>eFenster sahen wir dunkle Wolken heranziehen, die die Baumgruppeauf dem Berg im Osten bedeckten. Überall wurde es grau. WelcheNaturgewalt! Unsere Freude an der Unterhaltung jedoch nahm trotz desstarken Regens, der an das Fenster klopfte, nicht ab.Die schöne Zeit dauerte nicht lange, vielleicht bis zum Sommer 1936. Mit

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