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Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

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80 <strong>Zehn</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>Das waren kle<strong>in</strong>e Episoden, aber sie s<strong>in</strong>d dennoch bedeutsam, denn siezeigten uns, wie der deutsche Pr<strong>of</strong>essor mit aller Mühe den Studentenbeizubr<strong>in</strong>gen suchte, unbee<strong>in</strong>flusst vom Äußeren bei der Beobachtung derD<strong>in</strong>ge wahrheitsgetreu zu bleiben.Zurück zu me<strong>in</strong>en Nebenfächern. E<strong>in</strong>es stand fest: Ich wollte nichtS<strong>in</strong>ologie wählen. Aber was sollte ich nehmen? Ich hatte an Englische undDeutsche L<strong>in</strong>guistik gedacht und auch an Arabisch, denn das hatte ich e<strong>in</strong>ganzes Jahr lang <strong>in</strong>tensiv studiert, um schließlich festzustellen, dass me<strong>in</strong>eWahl nicht richtig war, und aufzugeben. Am Ende entschied ich mich aberfür Englische und Slawische L<strong>in</strong>guistik. Für Slawische L<strong>in</strong>guistik sollteman nicht nur Russisch lernen, deshalb wählte ich Jugoslawisch h<strong>in</strong>zu.Damit war dann alles klar.Das Institut für Slawistik befand sich auch im Gauß-Weber-Gebäude.Jeden Tag kam ich <strong>in</strong>s Institut und arbeitete den ganzen Tag. Selbständigkonzentrierte ich mich auf Sanskrit und Pali. Am Sanskrit-Sem<strong>in</strong>arnahm ich ursprünglich als e<strong>in</strong>ziger teil. Vom dritten Semester an kamenzwei deutsche Studenten dazu: e<strong>in</strong> Student der Geschichte und e<strong>in</strong>Dorfpriester. Der Geschichtsstudent hatte vor mir bereits e<strong>in</strong>ige Semesterbei Pr<strong>of</strong>essor Sieg studiert. Als ich das zweite Studienjahr begann, g<strong>in</strong>ger mit mir <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Klasse. Anfangs hatte ich Respekt vor ihm, weil er e<strong>in</strong>älterer Student war. Nach e<strong>in</strong>iger Zeit erkannte ich, dass das Studium ihnviel Mühe kostete. Er hatte zwar <strong>in</strong> der Oberschule Griechisch und Late<strong>in</strong>gelernt, konnte auch Englisch und Französisch, aber die unvorstellbarkomplizierte Sanskrit-Grammatik machte ihn völlig ratlos. Sobald derLehrer etwas fragte, starrte er <strong>in</strong>s Leere, stotterte herum und konnteke<strong>in</strong>en Ton herausbr<strong>in</strong>gen. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegesund se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>ziehung hatte er Sanskrit nicht bewältigt. Er hattesozusagen „den Sprung über den Pass“ nicht geschafft.

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