13.07.2015 Aufrufe

Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

8 Ankunft <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> 55sogar das Fahrgeld bezahle er aus der eigenen Tasche. Ich hatte leiderke<strong>in</strong>e Gelegenheit, ihn persönlich kennen zu lernen. Ihm gegenüberhegte ich e<strong>in</strong> widersprüchliches Gefühl, e<strong>in</strong>erseits bewunderte ich se<strong>in</strong>eHilfsbereitschaft, andererseits fand ich alles sehr merkwürdig. War er ganzrichtig im Kopf?Soviel zu den ch<strong>in</strong>esischen Studenten <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Ins Tagebuch vom 17.Oktober schrieb ich:Bevor ich <strong>in</strong>s Ausland g<strong>in</strong>g, machte mir der Gedanke an die ch<strong>in</strong>esischen Kommilitonenim Ausland Mut. Ich hatte immer viel Respekt vor ihnen. Ich dachte, dass vor allembei den ch<strong>in</strong>esischen Studenten <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> sicher noch etwas Heiliges zu f<strong>in</strong>den sei.Nun b<strong>in</strong> ich e<strong>in</strong>er von ihnen. Ich sehe mit eigenen Augen, wie manche Studenten mitKameras herumlaufen und sich gleichgültig benehmen. Sie reden fast nur darüber, wieman tanzt und wer <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a als Gruppenleiter oder Abteilungsleiter befördert wordenist. Es mag sehr unhöflich se<strong>in</strong>, wenn ich sage, dass ich unter ihnen ke<strong>in</strong>en richtigen„Menschen“ f<strong>in</strong>de. Das wahre Gesicht der ch<strong>in</strong>esischen Studenten im Ausland kenneich erst heute!Das schrieb ich wörtlich so, ich habe ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges Wort verändert.Daran lassen sich me<strong>in</strong>e damaligen wirklichen Gefühle erkennen. Ichkam auf die Idee, e<strong>in</strong> Buch „Neue Geschichte über das Auslandsstudiumim Westen“ zu schreiben. Wäre es vollendet worden, wäre es sicher e<strong>in</strong>Meisterwerk geworden. Leider blieb ich nur kurze Zeit, nämlich nur e<strong>in</strong>enMonat, <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Deshalb habe ich das Meisterwerk nicht schreibenkönnen. E<strong>in</strong> Verlust für die literarische Welt Ch<strong>in</strong>as!Berl<strong>in</strong> war für me<strong>in</strong> Studium <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> e<strong>in</strong>e Übergangsstation. Ichwollte noch andere Städte besuchen, aber welche? Frau Wiehner vomDeutschen Akademischen Austauschdienst wollte mich zunächst nachKönigsberg <strong>in</strong> Ostpreußen schicken. Hier hatte der große klassischePhilosoph Kant gelehrt. Das war selbstverständlich e<strong>in</strong> attraktiver Ort,

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!