13.07.2015 Aufrufe

Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

8 Ankunft <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> 51von göttlicher Gnade erleuchtet: „Ne<strong>in</strong>, das ist ja gar nicht me<strong>in</strong> Beleg!“Mir wurde klar, dass ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em falschen Geschäft gelandet war. Überdiese kle<strong>in</strong>e Anekdote habe ich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Prosasammlung „Die Komödiemit der Uhr“ geschrieben.In <strong>Deutschland</strong> habe ich mich mehrmals blamiert. Dazu möchte ich diefolgende Geschichte erzählen. Die Deutschen essen am Tag nur e<strong>in</strong>malwarm – zum Mittagessen. Zum Abendessen gibt es Brot, Wurst oderKäse, manchmal auch Tee. E<strong>in</strong>es Tages hatte ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Metzgerladenetwas Aufschnitt für das Abendessen gekauft. Ich kochte schwarzen Teeund war mit Freude dabei, me<strong>in</strong>en Sch<strong>in</strong>ken zu essen. Da stellte ich e<strong>in</strong>enmerkwürdigen Beigeschmack fest, weil der Sch<strong>in</strong>ken roh war. Ich ärgertemich sehr darüber. Die Deutschen machen sich lustig über die Ausländer,so dachte ich, unerhört! Sogar im Traum konnte ich me<strong>in</strong>en Zorn nichtunterdrücken. Früh am Morgen des folgenden Tages suchte ich denMetzger auf und versuchte, ihn öffentlich dieser Missetat zu beschuldigen.Die Verkäufer<strong>in</strong> hörte me<strong>in</strong>e Beschwerde an und begutachtete denSch<strong>in</strong>ken <strong>in</strong> me<strong>in</strong>en Händen. Sie staunte zunächst, dann lachte sie: „In<strong>Deutschland</strong> isst man Sch<strong>in</strong>ken roh, auch Fleisch kann roh gegessenwerden, es muss nur ganz frisch se<strong>in</strong>.“ Was sollte ich dazu sagen? Ich ware<strong>in</strong> Idiot.Aber natürlich war ich nicht wegen des Sch<strong>in</strong>kens nach <strong>Deutschland</strong>gekommen, sondern zum Studium. Dafür waren gute Deutschkenntnisseerforderlich. An der Q<strong>in</strong>ghua-Universität hatte ich zwar Deutsch gelerntund <strong>in</strong> vier <strong>Jahre</strong>n acht „ausgezeichnet“ bekommen. Tatsächlich konnteich aber noch nicht richtig Deutsch sprechen. Ich wollte aber nicht weiterstumm bleiben. Deswegen wollte ich <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> nachträglich Alltagsdeutschlernen. Dr. L<strong>in</strong>de und Dr. Rochall von der Fernost-Gesellschaftunterstützen mich sehr freundlich und begleiteten mich zum Direktor

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!