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Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

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7 In der roten Hauptstadt 43den Augen. Solche cleveren Menschen waren stets Herr der Lage undverstanden jede Gelegenheit auszunutzen. Und auch jetzt nach e<strong>in</strong>emhalben Jahrhundert wuchert dort immer noch der Schwarzmarkt, wasmich nachdenklich stimmt.Die ganze Nacht war es ruhig im Abteil. Man spürte die Bewegungendes Zuges nicht. Am folgenden Tag passierte der Zug die GrenzstationStolpce zwischen der Sowjetunion und Polen. Hier stiegen wir <strong>in</strong> denpolnischen Zug um, und abends erreichten wir Warschau. DeutschenBoden sollten wir erst am 14. September 1935 morgens um vier Uhrbetreten.Während der Fahrt dorth<strong>in</strong> stiegen polnische Fahrgäste e<strong>in</strong> und aus.Sie sahen ganz anders aus als die Russen, waren gut gekleidet, sehrlebhaft und sprachen mehrere Fremdsprachen, neben der Muttersprachenoch Russisch, Deutsch und etwas Englisch. Wir konnten uns nun gutverständigen, nicht mehr nur durch Gesten wie <strong>in</strong> der Sowjetunion. Inden Abteilen herrschte plötzlich reger Betrieb. Die Polen schienen an unsCh<strong>in</strong>esen sehr <strong>in</strong>teressiert zu se<strong>in</strong>. Wir unterhielten uns mal auf Deutsch,mal auf Englisch. Unbemerkt und leise kam e<strong>in</strong> polnisches Mädchen zuuns <strong>in</strong>s Abteil. Sie hatte e<strong>in</strong> rundes Gesicht, runde Augen, kristallklar,k<strong>in</strong>dlich und unschuldig. Sie schaute sich um, fand e<strong>in</strong>en Platz und setztesich natürlich und ungezwungen zu uns. Wir sprachen sie versuchsweiseauf Englisch an und sie erwiderte höflich unsere Fragen auf Englisch.Wir fragten nach ihrem Namen. Sie hieß Wala. Auf Ch<strong>in</strong>esisch kl<strong>in</strong>gt daswie die ch<strong>in</strong>esische Interjektion „wa la“. Der Mitreisende Xie Jiaze lachtedeshalb und plapperte ununterbrochen: „Wa la, Wa la“. Das Mädchenverstand nicht, was das sollte, und starrte ihn irritiert mit großen Augenan. Wir unterhielten uns immer lebhafter und <strong>in</strong> dem kle<strong>in</strong>en Abteilherrschte e<strong>in</strong>e fröhliche Stimmung. E<strong>in</strong> nicht mehr ganz junger Mann,

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