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Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

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42 <strong>Zehn</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>und weiße Zähne, schöne rot leuchtende F<strong>in</strong>gernägel und Perlen. WelchePracht! Ich kam gerade aus dem wüsten und kalten Sibirien und trug dieSchatten der endlosen Urwälder noch <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Er<strong>in</strong>nerung. Jetzt befandich mich hier, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Märchenwelt, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er fast irrealen Welt.Andere Gäste blieben hier und aßen zu Mittag. Natürlich wurden US-Dollar verlangt. E<strong>in</strong> Q<strong>in</strong>ghua-Kommilitone, der <strong>in</strong> der Botschaft <strong>in</strong>Moskau arbeitete, lud uns <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Restaurant e<strong>in</strong>. Das Restaurant erstrahltevor Pracht. Hier probierte ich zum ersten Mal <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Lebenkostbaren Kaviar. Auch andere Speisen schmeckten lecker, gerade für unsjunge Männer, die acht Tage im Zug „Xleb“ gekaut hatten. Wir langtenzu wie hungrige Wölfe. Wie viele Gänge wir aßen, zählte niemand. E<strong>in</strong>esstand jedenfalls fest: Das war die fe<strong>in</strong>ste, unvergesslichste Mahlzeitme<strong>in</strong>es Lebens. Sie würde <strong>in</strong> die Geschichte e<strong>in</strong>gehen. Sie kosteteaber auch 300 Rubel, das entsprach etwa 200 US-Dollar. Wir warenunserem Kommilitonen Xie Zidun sehr zu Dank verpflichtet. Wegender nachfolgenden großen Veränderungen habe ich leider den Kontaktzu ihm verloren. Ob er wohl noch am Leben ist? Mittlerweile ist ja e<strong>in</strong>halbes Jahrhundert vergangen. Ich wünsche ihm Glück!An jenem Abend stiegen wir wieder <strong>in</strong> den Zug und trafen die anderenausländischen Mitreisenden, darunter die ältere Frau, die im Zug immerWasser von uns erbeten hatte, und der Herr mittleren Alters, der <strong>in</strong>Manzhouli bei der Zollkontrolle zur Geduld riet. Der Herr zw<strong>in</strong>kertemir listig zu und sagte, sie hätten fe<strong>in</strong> und preisgünstig gegessen. Ichverstand ihn nicht. Leise erzählte er weiter, sie hätten <strong>in</strong> Haerb<strong>in</strong> auf demSchwarzmarkt US-Dollar gegen Rubel getauscht, zehnmal besser als zum<strong>of</strong>fiziellen Wechselkurs. Auch <strong>in</strong> Moskau kannten sie sich beim Dollar-Rubel-Tausch gut aus. Es hieß, für e<strong>in</strong> sehr gutes Essen brauchten sienur sieben bis acht US-Dollar zu bezahlen. Mir fiel es wie Schuppen von

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