13.07.2015 Aufrufe

Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

30 <strong>Zehn</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>Mühe e<strong>in</strong> Leben lang dieses Ziel nicht erreichen. Wenn es aber bloß umVerständigung geht, ist die Sache sehr e<strong>in</strong>fach. Abgesehen von e<strong>in</strong>erVerständigung auf Pidg<strong>in</strong>-Ebene reichen manchmal e<strong>in</strong> oder zwei Wörteraus, um durchzukommen. E<strong>in</strong> Botschafter der Guom<strong>in</strong>dang-Regierungkannte zum Beispiel nur e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges italienisches Wort, nämlich das Wortfür „das“. Mit diesem Wort kommandierte er se<strong>in</strong>en italienischen Diener.Wenn zum Beispiel e<strong>in</strong> Fenster geöffnet war, sagte der Botschafter„Das!“ und zeigte auf das Fenster. Der Diener verstand s<strong>of</strong>ort, dass eres schließen sollte. War das Fenster geschlossen, reichte dieses „das“ desBotschafters aus, und der Diener öffnete es. Auf- oder zumachen, es gabnur diese zwei Möglichkeiten und absolut ke<strong>in</strong>e dritte. E<strong>in</strong> „das“ ware<strong>in</strong>fach und wirksam, es wirkte wie e<strong>in</strong> buddhistisches Zauberwort.Doch ich schweife zu weit ab: Zurück zu Haerb<strong>in</strong>!Nachdem wir uns <strong>in</strong> dem kle<strong>in</strong>en Gasthaus ausgeruht hatten, kauftenwir Proviant für die Zugreise. Das war nicht schwierig, denn <strong>in</strong> denStraßen lagen die Läden der Weißrussen dicht nebene<strong>in</strong>ander. Wirbrauchten nur unsere Wünsche zu äußern, dann bekamen wir schone<strong>in</strong>en großen Korb voller Waren, gefüllt mit e<strong>in</strong>em großen „Xleb“, dassieben oder acht Pfund wog, und e<strong>in</strong> paar dicken Würsten, Käse, Butterund Konservendosen. Zusammen mochten es etwa vierzig bis fünfzigPfund se<strong>in</strong>. Das alles genügte für die acht- bis neuntägige Reise mitder Transsibirischen Eisenbahn. An den Zug war auch e<strong>in</strong> Speisewagenangekoppelt, aber wir wussten, dass es im Speisewagen sehr teuer war unddie Bedienung nur US-Dollar annahm. Warum war klar. Die Sowjetunionwar das Land der proletarischen Diktatur. Man durfte den Klassenkampfnie vergessen. Ausländer wurden im Allgeme<strong>in</strong>en als Kapitalistenangesehen, als Gegner des Proletariats. Deshalb mussten sie „bekämpft“werden – und e<strong>in</strong> überteuerter Speisewagen war e<strong>in</strong> Kampfmittel. Leider

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!