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Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

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4 Im „Manzhou“-Zug 25auszufüllen, was uns nicht schwerfiel. Jeder musste drei Silbermünzenals Kommissionsgebühr bezahlen. Das taten wir nur ungern, denn dreiSilbermünzen bedeuteten e<strong>in</strong>en halben Monat Verpflegung. Aber were<strong>in</strong>reisen wollte, musste zahlen. Diese „Maut“ konnten wir uns nichtersparen. Wir hatten ke<strong>in</strong>e andere Alternative, als tief <strong>in</strong> die Tasche zugreifen. Also wechselten drei Silbermünzen den Besitzer. Unzufriedenheitdurfte man sich nicht anmerken lassen. Man musste se<strong>in</strong>e Zunge hüten.Wir wussten, dass vor uns e<strong>in</strong>e Hölle mit Disteln und Dornen lauerte.Also hiess es umsichtig und achtsam zu se<strong>in</strong>, und wir sprachen sehrleise. Aber <strong>in</strong> der Nacht kam unbemerkt e<strong>in</strong> junger Mann <strong>in</strong> Stiefeln <strong>in</strong>unser Abteil. Er sah hübsch und aufgeweckt aus und wirkte gutmütig. Ermochte fünfundzwanzig oder sechsundzwanzig <strong>Jahre</strong> alt se<strong>in</strong>, also etwasälter als wir. Der Unbekannte nickte uns lächelnd zu, und wir erwidertense<strong>in</strong> Lächeln. Er schlief genau über mir. Ihm gegenüber waren wir nichtbesonders wachsam, denn wir hielten ihn für e<strong>in</strong>en normalen Reisenden.Wir lagen schon im Bett. R<strong>in</strong>gsum war alles ruhig, nur das Rattern desZuges war zu hören. Die große Ebene von Manzhou lag im Dunkeln.Man konnte nichts sehen, und wir wollten auch nichts sehen. Der Zugfuhr <strong>in</strong> der Nacht auf se<strong>in</strong>en Schienen, über Berge und Flüsse und anGräbern vorbei. Gerade wollte ich e<strong>in</strong>schlummern, da kam unerwartete<strong>in</strong>e Stimme von oben. Sie gehörte dem fremden Mann.„Was ist de<strong>in</strong> Beruf?“„Student.“„Woher kommst du?“„Aus Beip<strong>in</strong>g.“„Und woh<strong>in</strong> geht die Reise?“„Nach <strong>Deutschland</strong>.“„Zu welchem Zweck?“

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