Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library
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242 Zehn Jahre in Deutschlandder Leute beim Ma-Jiang-Spielen. Wie bei einem Sturm, der über einegroße Fläche fegt. Kaum zu glauben, aber so sah die Wirklichkeit aus.Im damaligen Hongkong gab es die Natur, das Meer und die nächtlicheSzenerie. Ähnlich wie in der Bergstadt Chongqing leuchteten überall inder Nacht viele tausend Lichter. Große und kleine, runde und eckigeLichter funkelten wie zahlreiche Sterne am Himmel – eine idyllische Welt.Dennoch schienen auch hier Auseinandersetzungen unvermeidbar.Die diplomatische Vertretung entpuppte sich wie in der Schweiz, inMarseille und Saigon mal wieder als unser Gegner. Wir hatten uns mitdem außerordentlichen diplomatischen Vertreter Guo Dehua verabredet,um unsere Weiterfahrt nach Shanghai zu besprechen. Was ich zu hörenbekam, kannte ich schon aus Saigon: „Die Abfahrt des Schiffes istunbestimmt“, hieß es. Also brauchten wir seine tatkräftige Unterstützung.Guo Dehua hatte ein großes helles Büro. Er saß hinter einem riesigenSchreibtisch und gab sich sehr würdevoll. Die Bügel seiner Brillewaren aus Schildpatt hergestellt. Er trug einen kleinen Bart, hatte einMillionärsgesicht und machte sich wichtig. Gnädig winkte er uns heran.Sein Verhalten kam uns bekannt vor. Wie sagt doch ein Sprichwort: „Nurdurch Kampf lernt man eine Sache richtig kennen.“ Das mussten wirihm jetzt zeigen. Guo Dehua stand nicht auf, und wir setzten uns auchnicht auf den Platz, den er uns zugewiesen hatte. Stattdessen machtenwir es uns geradewegs auf seinem Schreibtisch bequem. Das zeigte soschnell Wirkung, als hätte man einen Stab aufgestellt und schon einenSchatten bekommen. Er schnellte hoch, lächelte, und das Problem mit derSchiffsreise war erledigt.Uns fiel ein Stein vom Herzen. Wir verbrachten noch einige Tage inHongkong, besuchten einige Freunde und warteten auf die Abfahrt.
39 In den Armen der Heimat 24339. In den Armender HeimatNachdem wir nun auch mit dem Diplomaten in Hongkong siegreichgekämpft und endlich das Ticket erhalten hatten, betraten wir am13. Mai 1946 das Schiff nach Shanghai. Das war unsere letzte Fahrt aufdem Weg in die Heimat. Wie aufregend!Das Schiff war wieder sehr klein, hatte eine Wasserverdrängungvon weniger als tausend Tonnen und eine erschütternd miserableEinrichtung. An Bord befanden sich noch weitere Chinesen, die imAusland studiert hatten und nun in die Heimat fuhren. Wir waren alsonicht mehr so einsam. Überdies drängten sich noch mehrere hundertchinesische Passagiere auf dem Schiff. Für sie gab es keinen Schlafplatz.Normalerweise bietet das Zwischendeck die billigste und primitivsteUnterkunft auf einem Schiff, aber hier existierte noch ein zusätzlichesDeck. Überall lagen Gepäckstücke herum, aus denen es nach eingelegtemFisch stank. Die Menschen drängten sich, jeder hatte nur einennotdürftigen Platz. Die Stärksten verschafften sich mehr Platz, ebenso
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242 <strong>Zehn</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>der Leute beim Ma-Jiang-Spielen. Wie bei e<strong>in</strong>em Sturm, der über e<strong>in</strong>egroße Fläche fegt. Kaum zu glauben, aber so sah die Wirklichkeit aus.Im damaligen Hongkong gab es die Natur, das Meer und die nächtlicheSzenerie. Ähnlich wie <strong>in</strong> der Bergstadt Chongq<strong>in</strong>g leuchteten überall <strong>in</strong>der Nacht viele tausend Lichter. Große und kle<strong>in</strong>e, runde und eckigeLichter funkelten wie zahlreiche Sterne am Himmel – e<strong>in</strong>e idyllische Welt.Dennoch schienen auch hier Ause<strong>in</strong>andersetzungen unvermeidbar.Die diplomatische Vertretung entpuppte sich wie <strong>in</strong> der Schweiz, <strong>in</strong>Marseille und Saigon mal wieder als unser Gegner. Wir hatten uns mitdem außerordentlichen diplomatischen Vertreter Guo Dehua verabredet,um unsere Weiterfahrt nach Shanghai zu besprechen. Was ich zu hörenbekam, kannte ich schon aus Saigon: „Die Abfahrt des Schiffes istunbestimmt“, hieß es. Also brauchten wir se<strong>in</strong>e tatkräftige Unterstützung.Guo Dehua hatte e<strong>in</strong> großes helles Büro. Er saß h<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>em riesigenSchreibtisch und gab sich sehr würdevoll. Die Bügel se<strong>in</strong>er Brillewaren aus Schildpatt hergestellt. Er trug e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Bart, hatte e<strong>in</strong>Millionärsgesicht und machte sich wichtig. Gnädig w<strong>in</strong>kte er uns heran.Se<strong>in</strong> Verhalten kam uns bekannt vor. Wie sagt doch e<strong>in</strong> Sprichwort: „Nurdurch Kampf lernt man e<strong>in</strong>e Sache richtig kennen.“ Das mussten wirihm jetzt zeigen. Guo Dehua stand nicht auf, und wir setzten uns auchnicht auf den Platz, den er uns zugewiesen hatte. Stattdessen machtenwir es uns geradewegs auf se<strong>in</strong>em Schreibtisch bequem. Das zeigte soschnell Wirkung, als hätte man e<strong>in</strong>en Stab aufgestellt und schon e<strong>in</strong>enSchatten bekommen. Er schnellte hoch, lächelte, und das Problem mit derSchiffsreise war erledigt.Uns fiel e<strong>in</strong> Ste<strong>in</strong> vom Herzen. Wir verbrachten noch e<strong>in</strong>ige Tage <strong>in</strong>Hongkong, besuchten e<strong>in</strong>ige Freunde und warteten auf die Abfahrt.