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Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

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34 Der Kampf mit der Botschaft 219Wie Regen und W<strong>in</strong>de von allen Seiten trafen sie sich hier <strong>in</strong> der MitteEuropas wie <strong>in</strong> Zhong Zhou im Herzen Ch<strong>in</strong>as. Zu dem Zeitpunkt warich schon e<strong>in</strong>ige <strong>Jahre</strong> durch die Hölle des Hungers gegangen, und nunwürden auf e<strong>in</strong>mal viele vorzügliche ch<strong>in</strong>esische Speisen vor mir stehenund ich hastig wie e<strong>in</strong> Wolf schl<strong>in</strong>gen und wie e<strong>in</strong> Tiger schlucken.E<strong>in</strong> deutscher Arzt hatte mir gesagt, wer lange Zeit gehungert hat undplötzlich zu viel isst, verliere das Sättigungsgefühl. Nach dem ErstenWeltkrieg hätten e<strong>in</strong>ige Menschen <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> nach längerer Zeitdes Hungerns zu viel gegessen und seien daran gestorben. Diese Wortehatte ich fest im H<strong>in</strong>terkopf. Tatsächlich aß ich nicht so viel, wie <strong>in</strong> michh<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gepasst hätte. Me<strong>in</strong> Appetit auf gutes Essen wurde trotzdeme<strong>in</strong>igermaßen befriedigt.Später besuchte ich die Botschaft während me<strong>in</strong>es Fribourger Aufenthaltesnur noch selten. Was sich <strong>in</strong> unserer Botschaft <strong>in</strong>tern abspielte, erfuhrich nach und nach von Studenten, die schon länger <strong>in</strong> der Schweizlebten. Nach ihren Worten gab es unter den Mitarbeitern zwangsläufigProbleme, die durch die vielen Fraktionen <strong>in</strong>nerhalb der Guom<strong>in</strong>dangverursacht wurden. Die Gesandtschaft geriet auch mit den Studenten <strong>in</strong>Konflikt. Genaues wusste ich nicht. Es kam aber zu Ausschreitungen,die von den ch<strong>in</strong>esischen Studenten ausgelöst worden waren. Dah<strong>in</strong>tersteckten vermutlich f<strong>in</strong>anzielle Probleme. Alle Telefonleitungen wurdengekappt, e<strong>in</strong> Beamter der Botschaft, wahrsche<strong>in</strong>lich e<strong>in</strong> Sekretär, ranntemit e<strong>in</strong>er Pistole umher und rief nach der Schweizer Polizei. Aber nachInternationalem Recht galt die Botschaft als ch<strong>in</strong>esisches Hoheitsgebiet,das die Schweizer Polizei nicht betreten durfte. Sie konnte daher nurzuschauen – e<strong>in</strong>e Situation, wie sie <strong>of</strong>t <strong>in</strong> alten ch<strong>in</strong>esischen Romanengeschildert wird. Der Ausgang der Ausschreitungen <strong>in</strong>teressierte michzwar nicht weiter, aber die Ereignisse blieben nicht ohne Auswirkungen.

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