13.07.2015 Aufrufe

Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

216 <strong>Zehn</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>Basel, e<strong>in</strong>e lange Zugfahrt entfernt, auf der ich häufig umsteigen musste.Pr<strong>of</strong>essor Kern wartete dort auf mich. Wir besuchten Saras<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>samund besichtigten se<strong>in</strong>e Büchersammlung. Die Schweiz, e<strong>in</strong> Garten derWelt, war e<strong>in</strong> Ort für Indologie. Das war erstaunlich. Saras<strong>in</strong> bot unsTee und Kuchen an. Danach besuchten wir noch e<strong>in</strong>en Priester namensGelzer, der viele <strong>Jahre</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a gelebt hatte. Er lud uns zum Abendessene<strong>in</strong>. Zu später Uhrzeit verließen wir se<strong>in</strong> Haus. Am Bahnh<strong>of</strong> erfuhr ich,dass es ke<strong>in</strong>en direkten Zug mehr nach Fribourg gab. Ich war fassungslosund stieg e<strong>in</strong>fach <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>en Zug e<strong>in</strong>. Schließlich war die Schweize<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Land, und jeder Zug würde früher oder später me<strong>in</strong> Zielerreichen. Mir war überhaupt nicht klar, <strong>in</strong> welche Richtung ich fuhr.Draußen wurde es dunkel. Ich wusste, dass dort e<strong>in</strong>e Märchenwelt vonBergen, Wäldern, Seen und Teichen existierte, die nachts wahrsche<strong>in</strong>lichnoch schöner war als tagsüber, nur jetzt nicht sichtbar. Im Zug dagegenstrahlte helles Licht. Die Fahrgäste plauderten und lachten. Ich fühlte michwie Alice im Wunderland und nicht mehr auf dieser Welt. Zufällig setztesich e<strong>in</strong> Mann mittleren Alters neben mich, der Deutsch sprach. Ohnese<strong>in</strong>en Namen zu kennen – ich fragte auch nicht danach – unterhieltenwir uns angeregt. Nach wenigen Sätzen hatten wir uns angefreundet. Alsich die Ernennung des Priesters Charriere zum Erzbisch<strong>of</strong> erwähnte,reagierte er wie von der Tarantel gestochen. Der Mann war Protestant.Er beschimpfte den Katholizismus auf das Übelste und derart laut, dassdas Zugdach bebte. Ich gehörte ja weder dem Katholizismus noch demProtestantismus an und hielt deshalb den Mund. Die Tatsache, dass ichihm nicht widersprach, versetzte ihn <strong>in</strong> helle Begeisterung. Der Zug rolltedurch die Schweiz und erreichte nach Mitternacht tatsächlich Fribourg.Me<strong>in</strong> neuer Bekannter und ich g<strong>in</strong>gen geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Hotel, und erlud mich auf e<strong>in</strong> Glas We<strong>in</strong> e<strong>in</strong>. Alkohol konnte ich zwar überhaupt nicht

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!