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Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

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33 In Fribourg 213herunter, g<strong>in</strong>g auf die Kanzel und predigte. Anschließend kehrte er zum Altar zurück.Während der großen Messe verbeugten sich alle, sangen und beteten bis halb 12.So sah me<strong>in</strong>e konkrete Er<strong>in</strong>nerung aus, und das war me<strong>in</strong> E<strong>in</strong>druckals Unbeteiligter vom Schweizer Katholizismus. E<strong>in</strong> Mitbewohner imSankt-Josef-Stift, Priester Tian, führte mit mir e<strong>in</strong>ige lange Gesprächeüber Religion und Glauben. Wahrsche<strong>in</strong>lich wollte er mich bekehren.Doch leider besitze ich überhaupt ke<strong>in</strong>e Stammzellen für Religion undb<strong>in</strong> wahrsche<strong>in</strong>lich e<strong>in</strong> ganz normaler Mensch ohne e<strong>in</strong> Bedürfnis nachReligion. Se<strong>in</strong>e Bemühungen waren jedenfalls vergeblich. Weder frühernoch später nahm ich irgendwelche Kontakte mit dem Katholizismusauf. Später traf ich Priester Tian <strong>in</strong> Beij<strong>in</strong>g wieder. Er hatte se<strong>in</strong>Priestergewand abgelegt und e<strong>in</strong>e Familie gegründet. Wir haben unsnur kurz unterhalten. Ich fragte ihn nicht, was passiert war, um nichtunhöflich zu se<strong>in</strong>. Wie groß doch die Veränderungen im Leben s<strong>in</strong>d!In Fribourg lernte ich auch e<strong>in</strong>ige deutsche und österreichischeWissenschaftler kennen, die natürlich alle Deutsch sprachen. Zunächsterwähne ich Fritz Kern, e<strong>in</strong>en Pr<strong>of</strong>essor für Geschichte an der UniversitätBonn. Er war e<strong>in</strong> Gegner der Nazis und vor ihnen <strong>in</strong> die Schweizgeflüchtet. Da er ke<strong>in</strong>en Lehrstuhl an e<strong>in</strong>er Schweizer Universitätbekam, und weil hier Reis so teuer war wie Perlen und Brennholz soteuer wie ch<strong>in</strong>esischer Zimt, arbeitete se<strong>in</strong>e Frau als Haushälter<strong>in</strong> beie<strong>in</strong>er Pfarrers-Familie auf dem Land. Der Pfarrer war stets schlechterLaune und sehr aufbrausend. Die E<strong>in</strong>wohner des Dorfes hatten ihm denNamen „Unwetter“ gegeben. Wie die Arbeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er solchen Familieaussah, lässt sich leicht vorstellen. Pr<strong>of</strong>essorenfrauen arbeiteten <strong>in</strong><strong>Deutschland</strong> üblicherweise nicht. Aber jetzt lebten sie <strong>in</strong> der Schweizunter e<strong>in</strong>em fremden Dach und mussten ihren Lebensunterhalt unteranderen Bed<strong>in</strong>gungen verdienen. Da konnten sie nur den Kopf senken

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