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Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

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21 Me<strong>in</strong>e Lehrer 1351. Februar 1941:Um 5.30 Uhr morgens g<strong>in</strong>g ich zu Pr<strong>of</strong>essor Sieg. Er will für mich e<strong>in</strong> besseresGehalt aushandeln. Der Institutsleiter hat schon zugestimmt. Ich habe das wirklichnicht erwartet. Wie kann ich diesem alten Herrn danken? Er kümmert sich so sehrum mich. Das werde ich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em ganzen Leben nicht vergessen!Pr<strong>of</strong>essor Sieg hatte me<strong>in</strong> hartes Leben bemerkt und sich persönlich anden Institutsleiter gewandt, um nach e<strong>in</strong>er Gehaltserhöhung zu fragen.Tatsächlich reichte me<strong>in</strong> Gehalt aus. Aber weil ich so viele Bücher kaufte,schien das Geld knapp zu se<strong>in</strong>.1941 suchte ich nach Wegen, <strong>Deutschland</strong> zu verlassen und nach Hausezu fahren. Am 29. Oktober schrieb ich <strong>in</strong> me<strong>in</strong> Tagebuch:Um 11.30 Uhr kam Pr<strong>of</strong>essor Sieg zum Unterricht. Als ich ihm anschließenderzählte, dass ich <strong>Deutschland</strong> verlassen wollte, wurde er ganz aufgeregt, bekam e<strong>in</strong>rotes Gesicht und se<strong>in</strong>e Stimme zitterte e<strong>in</strong> wenig. Er sagte, dass er zukünftig e<strong>in</strong>e festeStelle für mich vorgesehen hätte, die es mir ermöglichen würde, weiter <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>zu leben. Er war völlig überrascht, dass ich beabsichtigte wegzugehen, und versuchtemich zum Bleiben zu überreden. Er wollte für mich beim Rektor der Universitätnach e<strong>in</strong>er Gehaltszulage fragen, damit ich wieder zu Kräften käme. Fast wären ihmdie Tränen gekommen. Natürlich zögerte ich <strong>in</strong>nerlich e<strong>in</strong> wenig und b<strong>in</strong> immer nochgerührt. Wenn ich <strong>Deutschland</strong> e<strong>in</strong>mal verlassen habe, ist ungewiss, ob ich je wiederzurückkehren kann. Ich werde den Mann, der sich um mich wie e<strong>in</strong> Vater kümmert,nicht mehr wiedersehen. Ich b<strong>in</strong> noch ganz aufgewühlt. Ich habe die Fassung verlorenund würde am liebsten we<strong>in</strong>en.Es gibt noch viele E<strong>in</strong>drücke dieser Art <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Tagebuch, die ichnicht alle wiedergeben möchte. Diese drei Zitate machen schon deutlich,wie die Beziehungen zwischen uns waren. Noch vieles gibt es zuberichten. Später werde ich über me<strong>in</strong> Studium der tocharischen Spracheerzählen. Für den Moment höre ich hier auf.

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