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Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

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1 Schwärmerei vom Auslandsstudium gewesen, denn geboren wurde ich als K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>er Bauernfamilie. Me<strong>in</strong>Onkel arbeitete <strong>in</strong> der Stadt als Angestellter, aber leider zählte er nicht zuden leitenden Beamten, und so konnten wir nur e<strong>in</strong> kümmerliches Dase<strong>in</strong>fristen. Als ich 1934 me<strong>in</strong> Studium abschloss, hatte me<strong>in</strong> Onkel se<strong>in</strong>eArbeit verloren. Unsere Familie war mittellos, Jammer und unvorstellbareArmut hatten bei uns E<strong>in</strong>zug gehalten. Nie habe ich auch nur zudenken gewagt, e<strong>in</strong> Auslandsstudium aus eigenen Mitteln bestreiten zukönnen. Mich, die Kröte, gelüstete es nie nach Schwanenfleisch, wiedumm ich auch se<strong>in</strong> mochte. Die staatlichen Stipendien wurden nur anStudenten der Naturwissenschaften und des Ingenieurwesens vergeben.Sozialwissenschaftler wurden missachtet. Wenn auch heutzutage dieSozialwissenschaften ger<strong>in</strong>g geschätzt werden, so hat das demnach e<strong>in</strong>elange Geschichte. Wir s<strong>in</strong>d die ewigen Pechvögel, das ist unser Los!Kurz gesagt, gleich nach dem Abschluss befand ich mich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>erunglücklichen Situation: Ke<strong>in</strong>e H<strong>of</strong>fnung auf e<strong>in</strong> Studium im Ausland,und e<strong>in</strong>e Arbeitsstelle war kaum zu ergattern. Ich konnte nur im tiefenWasser nach Fischen gieren, e<strong>in</strong> Netz aber vermochte ich nicht zuknüpfen. Angesichts solcher Ausweglosigkeit war ich niedergeschlagenund hätte am liebsten gewe<strong>in</strong>t. Vor der Schande konnte ich mich abernirgendwo verbergen. In dieser verzweifelten Lage bot mir Herr SongHuanwu, der Schuldirektor me<strong>in</strong>er früheren Oberschule <strong>in</strong> Ji´nan <strong>in</strong> derProv<strong>in</strong>z Shandong, e<strong>in</strong>e Stelle als Ch<strong>in</strong>esischlehrer an. Offenbar sollte ichaus me<strong>in</strong>er h<strong>of</strong>fnungslos sche<strong>in</strong>enden Lage doch noch gerettet werden!Ich hatte jedoch westliche Literatur studiert, und me<strong>in</strong> Kopf war vollvon den Gestalten Goethes und Shakespeares. Nun aber sollte ich zu

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