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Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

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116 <strong>Zehn</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>zu Hause arm. Innerhalb e<strong>in</strong>es <strong>Jahre</strong>s konnten wir höchstens zwei- oderdreimal Weizenmehl essen, aber mit der Spreu und mit Gemüse liessensich unsere Mägen notdürftig füllen. Jetzt <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> litt ich wirklichunter Hunger. Wir Ch<strong>in</strong>esen aßen ohneh<strong>in</strong> nicht viel Fleisch. UnsereHauptnahrungsmittel zählten für Leute im Westen allenfalls als Beilagen.Früher mochte ich ke<strong>in</strong>e Butter. Während die deutsche Bevölkerung schonunter der Rationierung litt, lebte ich also noch sorgenfrei und gelassen.Als dann aber me<strong>in</strong>e Hauptnahrungsmittel Brot und Kart<strong>of</strong>feln begrenztwurden, da sah es nicht mehr so rosig aus. Als die Butter verschwundenwar, nahm ich stattdessen Margar<strong>in</strong>e. Gab man etwas davon <strong>in</strong> die Suppe,zeigten sich noch e<strong>in</strong> paar Fettaugen.Wer damit briet, hörte eigenartigeGeräusche <strong>in</strong> der Pfanne. Rauch stieg hoch, und die Margar<strong>in</strong>e g<strong>in</strong>g dar<strong>in</strong>auf. Vor dem Besuch e<strong>in</strong>er Gaststätte galt es, strategische Überlegungenanzustellen und die Bereitschaft zu prüfen, den Kellner e<strong>in</strong>e Fleischmarkeabschneiden zu lassen. Schwammen <strong>in</strong> der Suppe Fettaugen, gab es lauteRufe, um die Aufmerksamkeit der Tischnachbarn auf sich zu lenken. Allewaren aufs Höchste erfreut.Am schlimmsten war die Qualität des Brotes. Es wurde mit fragwürdigenZutaten gemischt – angeblich mit Fischpulver. Ob das stimmte, ließ sichweder widerlegen noch bestätigen. Blieb das Brot nur e<strong>in</strong>en Tag liegen,stank es schon. Nach dem Essen entwickelten sich dann Blähungen. DieDeutschen fanden es sehr unhöflich, wenn jemand <strong>in</strong> aller ÖffentlichkeitLuft abließ. Aber wer mit diesem Brot im Magen <strong>in</strong>s K<strong>in</strong>o g<strong>in</strong>g, hatte esschwer, die Anstandssitten e<strong>in</strong>zuhalten. Ich hörte selbst im K<strong>in</strong>o, wie dieFürze anschwollen, Welle auf Welle. Ich wollte nicht über die anderenlachen, weil ich selbst mit der Luft <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Bauch kämpfte und siehöflich zu unterdrücken versuchte. Vergeblich!Es gab noch andere <strong>in</strong>teressante Geschichten: E<strong>in</strong>mal brach ich alle

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