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Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

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17 Das große Bombardement 113für Geophysik. Er me<strong>in</strong>te, das sei e<strong>in</strong>e kostbare Gelegenheit für e<strong>in</strong>Experiment. Im Labor habe man diese Chance nicht: Die ganze Stadtzitterte und bebte. Über se<strong>in</strong>em Kopf kreisten die Flugzeuge, die Bombenkonnten jederzeit auf se<strong>in</strong>en Kopf fallen. Er achtete überhaupt nichtdarauf und war bereit, für die Wissenschaft se<strong>in</strong> Leben zu opfern. Waskann man gegen e<strong>in</strong>en solchen Gelehrten sagen?Das große Bombardement verbreitete sich über das ganze Land. Wiereagierte das deutsche Volk? Was würden die faschistischen Häuptl<strong>in</strong>ge tun?Bei jeder Bombardierung hockten die Deutschen die halbe Nacht lang imKeller oder im Bunker. Sie litten an Hunger und Kälte, lebten <strong>in</strong> Angst undSchrecken, aber sie verhielten sich ruhig. Ob sie sich im Stillen beklagtenund beschwerten, weiß ich nicht. Die faschistischen Anführer verkündetens<strong>of</strong>ort, dass alle Bewohner der bombardierten Städte e<strong>in</strong>e „Sonderration“zugeteilt bekämen: e<strong>in</strong>ige Kaffeebohnen und andere Sachen. Ausländererhielten nichts. Wer die Deutschen nicht kennt, kann sich kaum vorstellen,welche Schwäche sie für Kaffee haben. In e<strong>in</strong>er Zeitschrift war e<strong>in</strong>eKarikatur dargestellt: In e<strong>in</strong>en Plat<strong>in</strong>r<strong>in</strong>g war ke<strong>in</strong> Edelste<strong>in</strong>, ke<strong>in</strong> Diamante<strong>in</strong>gelegt, sondern e<strong>in</strong>e Kaffeebohne. Das macht deutlich, wie wertvollKaffee für sie war. Das Bombardement hatte die Menschen erschüttert.Nun fielen durch die Güte der Herrscher e<strong>in</strong>ige Kaffeebohnen vomHimmel, also tranken die Menschen e<strong>in</strong>e Tasse Kaffee, waren wieder frischund sangen begeistert im Chor: „<strong>Deutschland</strong> wird siegen.“Nach dem ersten Bombenangriff auf Gött<strong>in</strong>gen wollte ich wachsambleiben. Heulten Sirenen, floh ich s<strong>of</strong>ort. Die englischen Flugzeuge kamenfast jeden Tag, deshalb brauchte ich nicht auf den Alarm zu warten.Nach dem Frühstück ergriff ich me<strong>in</strong>e Ledertasche voller Manuskripteund versteckte mich auf dem Berg vor dem Luftangriff. E<strong>in</strong>ige ch<strong>in</strong>esischeStudenten schlossen sich an. Sie hatten ihre Wertsachen mitgebracht.

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