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Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

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104 <strong>Zehn</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>L<strong>in</strong>guistik. Am 14. Januar 1941 hielt ich das <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Tagebuch fest:Hartmann war auch da. Er gratulierte mir zur Doktorarbeit und sagte, Pr<strong>of</strong>essorKrause sei über me<strong>in</strong>e Arbeit voll des Lobes. Die Endung „matha“ sei e<strong>in</strong>e wichtigeEntdeckung. Er habe diesen Abschnitt s<strong>of</strong>ort abgeschrieben, und daraus könnte siche<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante Entdeckung ergeben. Das erzählte mir Frau Boehncke. Ich selbstf<strong>in</strong>de me<strong>in</strong>e Arbeit zwar nicht schlecht, aber auch nicht als etwas Besonderes. Ich fühlemich wirklich wie im siebten Himmel.Soviel über die mündliche Prüfung und me<strong>in</strong>e Doktorarbeit. Ich habedavon so viel berichtet, weil es sich um etwas ganz Wichtiges <strong>in</strong> me<strong>in</strong>emzehnjährigen Studium <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> handelte.Warum wollte ich unbed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>en Doktortitel erlangen? Es gab allgeme<strong>in</strong>e,aber auch besondere Gründe. Viele große Gelehrte <strong>in</strong> der neuerench<strong>in</strong>esischen Geschichte wie Wang Guowei, Liang Qichao, Chen Y<strong>in</strong>que,Guo Moruo und Lu Xun hatten zwar alle ke<strong>in</strong>en Doktortitel, aber dennoche<strong>in</strong>e große Bedeutung <strong>in</strong> der Wissenschaftsgeschichte. Das wusste ich.Sie alle waren ungewöhnliche Genies. E<strong>in</strong> Doktortitel zählte für sie nichtviel. Ich fragte me<strong>in</strong> Herz. Ne<strong>in</strong>, ich war nicht wie sie. Ich schätzte michniemals so hoch e<strong>in</strong> und war gern bereit, e<strong>in</strong> normaler Mensch zu se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>normaler Mensch aber ohne glänzenden Doktortitel würde sicher bei derSchlacht um die Reisschüssel verlieren. Das war das erste Motiv. Das zweiteMotiv: Damals <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a betrachtete ich die stolzierenden ch<strong>in</strong>esischenAuslandsstudenten mit e<strong>in</strong>em kritischen Blick. Ich war davon überzeugt,dass sie im Ausland bloß e<strong>in</strong>ige <strong>Jahre</strong> Gulasch gekocht hatten. Wieder imLande, spielten sie sich groß auf, besonders vor den Ch<strong>in</strong>esen, die nicht imAusland gewesen waren. Wäre ich nicht im Ausland gewesen und verträtediese kritische Ansicht, könnte man mich mit e<strong>in</strong>em Fuchs vergleichen,der ke<strong>in</strong>e We<strong>in</strong>trauben zu essen bekommt und sich trotzdem beklagt, sieseien zu sauer. Das wollte ich nicht. Deshalb musste ich <strong>in</strong>s Ausland gehen

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