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Zehn Jahre in Deutschland - University of Macau Library

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98 <strong>Zehn</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>angelangt? Ke<strong>in</strong>e Nachrichten! Am 23. Juni ke<strong>in</strong>e Nachricht, am 24., 25.,26. und auch am 27. Juni ke<strong>in</strong>e Nachricht. Am 28. Juni schrieb ich <strong>in</strong>me<strong>in</strong> Tagebuch:Von der Ostfront kommt ke<strong>in</strong>e verlässliche Nachricht. Ich glaube, es läuft für diedeutsche Armee nicht nach Plan.Das machte mich schadenfroh. Der Rundfunk hatte e<strong>in</strong>e Woche langgeschwiegen. Am 29. Juni, e<strong>in</strong>em Sonntag, wurde das Radio plötzlichlebendiger. Es kündigte an e<strong>in</strong>em Morgen acht „Sondersendungen“ an.Die deutsche Armee drang unaufhaltsam und rasch <strong>in</strong> das sowjetischeH<strong>in</strong>terland vor. Woh<strong>in</strong> die Truppen auch immer vorstießen, überall„flüchtete der Fe<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Panik“. Jede dieser Sondersendungen berichteteüber e<strong>in</strong>en großen Erfolg. Die Deutschen, sonst eher gleichgültig, sangenund tanzten jetzt wie Verrückte vor Freude. Sie riefen: „Hoch lebe ... hochlebe ...“ Ich tobte vor Wut. Jedes Mal, wenn ich e<strong>in</strong>e Sondermeldung imRadio hörte, wurde ich außerordentlich nervös und zitterte am ganzenKörper. Ich musste mir mit beiden Händen die Ohren zuhalten. ImInnern zählte ich „e<strong>in</strong>s, zwei, drei, vier“ und dachte, es müsste nun zuEnde se<strong>in</strong>. Ich nahm die Hände herunter, und das Radio schrie immernoch. Das Blut wallte heiss <strong>in</strong> mir auf und stieg mir <strong>in</strong> den Kopf. Abendsbenötigte ich e<strong>in</strong>e doppelte Dosis Schlafmittel, bevor ich e<strong>in</strong>schlafenkonnte. In me<strong>in</strong> Tagebuch schrieb ich am 30. Juni:Wenn ich noch länger hier bleibe, werde ich verrückt.Seit dieser Zeit litt ich unter starker Schlaflosigkeit.

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