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Nach Bild Vor - Ina Bierstedt

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Eine Projektskizze für ein künstlerisches Statement von <strong>Ina</strong> <strong>Bierstedt</strong>zum Werk von Wolfgang <strong>Bierstedt</strong> (geb. 1936, gest. 1983)Stand Oktober 2013


„Mach keine Kompromisse mit dir selbst. Du bist alles was du hast.“Janis JoplinMit nach bild vor beleuchte und ergründe ich unter ästhetischen Gesichtspunkten eineWerkauswahl des Künstlers, meines verstorbenen Vaters Wolfgang <strong>Bierstedt</strong> (geb. 1936,gest. 1983).Ich entwickle dazu in einem offenen vielschichtigen malerischen Prozess unter Verwendungvon Texten, <strong>Bild</strong>ern und Zeitdokumenten ein eigenes künstlerisches Statement.Meine Untersuchung startete 2012 mit der Sichtung des in familiärem Besitz befindlichenkünstlerischen <strong>Nach</strong>lasses und der handschriftlich verfassten Werkdokumentationmeines Vaters Wolfgang <strong>Bierstedt</strong>. Ausgangspunkt und Motiv war der Wusch eine Ausstellungvorzubereiten, um das schlummernde Werk meines Vaters einer zeitgenössischenÖffentlichkeit zugänglich zu machen. Bekanntermaßen zählte bis zum Ende der 80erJahre die Kunst osteuropäischer, wie auch ostdeutscher Künstler, zu der einer historischfestgesetzten „Peripherie“.<strong>Vor</strong> allem aus meiner Beschäftigung mit den von Fotos flankierten Handschriften entstandmein Wunsch, mir einige Malereien und Drucke meines Vaters genauer anzusehen.So begann ich einige der mir vertrauten Arbeiten in einem neuen Licht zu sehen.Es waren vor allen Dingen die Portraits, die meine Aufmerksamkeit weckten.Wolfgang <strong>Bierstedt</strong> hat sich in seinen jungen Jahren, den 50iger und 60iger Jahren derDDR, in gewählter Distanz zum inhaltlichen Diktat des Sozialistischen Realismus,malerisch und zeichnerisch mit seinen persönlichen identitätsstiftenden <strong>Vor</strong>bildernauseinandergesetzt.In einer vielteiligen Holzschnittserie von 1954 bis 1957 bezog er sich ganz explizit aufdie Romanfigur „Johann Christof“ von Romain Rolland , insbesondere auf die Stationendes Lebens dieses heranwachsenden musikalisch begabten Kindes aus unterprivilegiertenVerhältnissen. So kam es vor allem in seinen frühen Werken zu einer Art Fiktion inder Fiktion, zu einem Sich-spiegeln, Sich-betrachten in einem literarischen, von jemandanderem erfundenen <strong>Bild</strong>.Der gleichnamige Roman des Literaturnobelpreisträgers Rolland stammt von 1912.Im Verlauf meiner Recherche erfuhr ich, dass der Urheber des mehrteiligen Romans„Johann Christof“ in jungen Jahren sogar den persönlichen Kontakt zu seinen <strong>Vor</strong>bildernsuchte. Seine umfangreiche Korrespondenz mit bedeutenden Zeitgenossen begann mitTolstoi, der Rolland in seinem Wunsch bestärkte, Schriftsteller zu werden.Als ich diese scheinbar zufälligen Verknüpfungen entdeckte, begann mich dieses „Sichspiegeln“in einem <strong>Bild</strong>, diese ,„Geschichten in Geschichten“ und die daraus resultierendenPhänomene zu interessieren.


Auf der Rückseite des Covers einer „Amiga“- Schallplatte von 1979, mit Musik der amerikanischenBluessängerin Bessie Smith, die Bestandteil unserer familiären Plattensammlungwar, machte ich zeitgleich eine Entdeckung:In der von Herbert Flügge verfassten Lebensgeschichte der Musikerin hieß es im vorletztenAbsatz:„Als sie auf dem Friedhof von Darby, Pennsylvania zur letzten Ruhe gebettet wurde,folgten ihrem Sarg etwa 7000 Trauergäste. Trotz dieser Anteilnahme blieb ihr Grab 33Jahre namenlos. Erst 1970 wurde ihr ein Grabstein gesetzt. Das Geld dafür hatte dieRocksängerin Janis Joplin gespendet, die sich ihrem <strong>Vor</strong>bild verpflichtet fühlte.“Vom Frontcover der Platte lachte mir das fotografische Abbild der schwarzen Sängerin injungen Jahren entgegen.So kam es dazu, dass meine Portraitserie für nach bild vor auf der Grundlage von netzpresentenMedienbildern und Texten mit Portraits von Bessie Smith und Janis Joplin startete.Der weitere Prozess meiner malerischen Auseinandersetzung ist momentan noch offen.Weitere Portraits werden folgen, aber auch die dadurch bedingte bildliche Auseinandersetzungmit den Entwicklungen in der Portraitmalerei seit 1950, während der Teilung,danach und im zeitgenössischen Kontext der globalisierten Vernetzung und den Überlagerungender Informationen.Die Mythenbildung in Kunst, Kultur und deren werbewirksamen Effekte interessiert michsehr und könnte somit ein Zweig meiner nach bild vor - bedingten künstlerischen Untersuchungsein.Auch die Untersuchung der offensichtlichen Parallelen im meiner Malerei und der meinesVaters, die Auseinandersetzung mit dem Landschaftsbild, möchte ich momentan nichtausschließen.nach bild vor stellt das Werk von Wolfgang <strong>Bierstedt</strong> in einen zeitgenössischen europäischenKontext. Es geht jedoch in erster Linie um Malerei, um einen Dialog, um <strong>Bild</strong>er derErinnerung, Medienbilder und die Entwürfe der imaginierten und präsentierten Welt.


"Jedes Erinnern findet in der Gegenwart statt."Wolf Singer in "Wahrnehmen, Erinnern, Vergessen", 2000


„Bessie Smith“, 2013, Öl auf Holz, 41 x 29 cm<strong>Ina</strong> <strong>Bierstedt</strong>


„Janis Joplin“, 2013, Öl auf Holz, 31 x 41 cm<strong>Ina</strong> <strong>Bierstedt</strong>


„When I´m sitting round late in the evening, childWondering why, why, why did I ever leaveWell, I went out searching for something, babyI left it behind me now, baby, noe I see“Janis Joplin, „Catch me, Daddy“


Wolfgang <strong>Bierstedt</strong>„Der tote Vater“ (nach Johann Christof), 1954, Holzschnitt, ohne Rahmen, 12 x 25 cm„Tod der Mutter“ (nach Johann Christof), 1957, Linolschnitt, ohne Rahmen, 15,5 x 19 cm


„Albert Schweitzer“, 1958, Öl auf Pappe, gerahmt, 31 x 22cmWolfgang <strong>Bierstedt</strong>


Wolfgang <strong>Bierstedt</strong>„Albert Schweitzer – <strong>Vor</strong>bild und Mahner“, 1962, Holzschnitt, gerahmt, 58 x 39cm


„Dr. Martin Luther“, 1959, Holzschnitt, ohne Rahmen, 39 x 30 cmWolfgang <strong>Bierstedt</strong>


„Sommer“, 1955, Holzschnitt, ohne Rahmen, 24,5 x 18,5 cm


„Abendnebel“, 1965, Öl auf Pappe, gerahmt, 46 x 57 cmWolfgang <strong>Bierstedt</strong>


„Gelb“, 2012, Acryl und Öl auf Leinwand, 50 x 65 cm<strong>Ina</strong> <strong>Bierstedt</strong>


„Kasino“, 2010, Acryl und Öl auf Leinwand, 105 x 130 cm<strong>Ina</strong> <strong>Bierstedt</strong>


„Stürzender Baum“, 2011, Acryl und Öl auf Leinwand, 140 x 110 cm<strong>Ina</strong> <strong>Bierstedt</strong>


www.inabierstedt.dewww.capri-berlin.de<strong>Ina</strong> <strong>Bierstedt</strong>1965 in Salzwedel/DDR geboren1984 Ausreise aus der DDRseit 1986in Berlin1972 – 1982 Besuch der POS “Friedrich Engels” in Beetzendorf/DDR1984 – 1986 Ausbildung zur Krankenschwester1990 – 1993 Berlin-Kolleg- Institut zur Erlangung der Hochschulreife1993 Abitur1995– 2001 Studium der Freien <strong>Bild</strong>enden Kunst an der UdK beiWalter Stöhrer und Katharina Sieverding1999 Studium am Chelsea College of Art and Design, London2001 Meisterschülerabschluss bei Katharina Sieverding2001 - 2006 im Leitungsteam des Projektraumes Capri in Berlinseit 2010seit 2010im kuratorischen Team Capri für internationale Ausstellungsprojektein der künstlerische Lehre an der UdK Berlin und der KunsthochschuleKassel tätigAusstellungen (Auswahl)2015 upcoming“nach bild vor“, Johann-Friedrich-Danneil-Museum,Salzwedel2013 Le peintre de la vie moderne, Jochen Hempel Galerie, Leipzig (G)Tierstücke, SØR Rusche Sammlung Oelde/Berlin, KLoster Abtei Liesborn(G)2012 WALDKREIS, polarraum, Hamburg (E)Stillstehende Sachen, SØR Rusche Sammlung Oelde/Berlin, KLosterAbtei Liesborn (G)ALLES WASSER, SØR Rusche Sammlung Oelde/Berlin und Galerie MikaelAndersen, Berlin (G)landscapeism, Palais für Aktuelle Kunst, Kunstverein Glückstadt (G)2011 I KNOW WHAT YOU DON´T SEE, Futura, Centre for Contemporary Art,Prag, Tschechische Republik (G)Frühjahrskollektion, Kunstverein Tiergarten–Galerie Nord, Berlin (G)2010 ICH WEISS WAS DU NICHT SIEHST, Kunstraum Kreuzberg/Bethanien,Berlin (G)2009 landwards, Galleria DAC, Genua, Italien (E)2008 second, KUTTNER SIEBERT Galerie, Berlin (E))Die Sprache der Dinge – zeitgenössische Positionen im Dialog mitNiederländischer Malerei des 17. Jahrhunderts aus der SØR RuscheSammlung, Anhaltische Gemäldegalerie, Dessau (G)Neue Arbeiten aus der Sammlung im Willy-Brandt-Haus, W.-B.-H., Berlin(G)Landschaft entdecken - zeitgenössische Positionen im Dialog mit derSØR Rusche Sammlung, Kunstsammlung Gera (G)2007 Förderkohle-Stipendiaten des Berliner Senats, NBK, Berlin (G)Trajectories, The Agency Contemporary, London (G)Raumwelten, Kunsthalle Arnstadt (G)2006/2007 Dogenhaus Galerie Leipzig (E)2006 Canon, The Agency Contemporary, London (G)KUTTNER SIEBERT Galerie, Berlin (E)2005 emerging artists: HOT SPOTS 05, Essl Museum , Klosterneuburg beiWien, (G)Le peintre de la vie moderne, Museum De Paviljoens, Almere,Niederlande, (G)


Wolfgang <strong>Bierstedt</strong>1936 in Kyritz geboren1954-1957 Malerlehre im Betrieb des Großvaters in Beetzendorf / DDR1958 Meisterprüfung im Malerhandwerk1963-1964 Studium der Malerei bei Fritz Dähn an der Kunsthochschule Berlin-Weißenseewww.kh-berlin.deseit 1964restauratorische und malerische Instandsetzung von Kirchen inder Altmark und Prignitz / DDR1983 durch Freitod gestorbenAusstellungen (Auswahl)2015 upcoming „nach bild vor“, Johann-Friedrich-Danneil-MuseumSalzwedel (E)www.museen-altmarkkreis.de1983 „Gedenkausstellung Wolfgang <strong>Bierstedt</strong>“, Kleine Galerie,Beetzendorf (E)1982 „Malerei und Grafik von Wolfgang <strong>Bierstedt</strong> und SiegfriedJagenholz“, Johann-Friedrich-Danneil-Museum Salzwedel (E)1981 „Wolfgang <strong>Bierstedt</strong>“, Kulturhaus Beetzendorf (E)1974 „25 jahre bildende kunst in der altmark“, Winckelmann-MuseumStendal (G)www.winckelmann-gesellschaft.de1969 „Malerei und Grafik von Wolfgang <strong>Bierstedt</strong>“, Johann-Friedrich-Danneil-Museum Salzwedel (E)1962/63 „5. Deutsche Kunstausstellung“, Albertinum Dresden (G)www.skd.museum1962 „Volkskunstwettbewerb“, Johann-Friedrich-Danneil-MuseumSalzwedel (G)1961 „Ausstellung der Altmark“, Johann-Friedrich-Danneil-MuseumSalzwedel (G)1959 Gruppenausstellung in der Fachschule für Angewandte KunstMagdeburg (G)

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