Zu Ernst Jünger - gesamtausgabe
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152 1. Teil: Aufzeichnungen zu Ernst Jünger1X Das Wesen der Freiheit153139. Freiheit (neuzeitliche)als Wesen des neuzeitlichen Menschentums (der Freiheitsanspruchdaher selbstverständlich). Dieser ist als Sichbifreien zur Freiheitim Sinne der Selbstgesetzgebung - Autonomie »Herrschaft«.Das Sichbifreien - als Sich freimachen von ...1. Freiheit von Dogma - als eigentliche - (der übernatürlichenOffenbarung), (Heilsgewißheit). [Kein] I ewiges Heil der unsterblichenSeele durch Gnadenvorstellung, sondern Aufsichgestellt.2. Freiheit von der Überlieferung überhaupt. Erforschung derWelt. Verbum, res.3. Freiheit von der Kirche (Heilsanstalt) als mqjJgebende Lebensordnung(souveräner Staat.) Der Schaffende; Genie.»Kultur« Weltentdeckung - Welteroberung. Handel,Industrie.Dieses Sich befreien stellt sich in den Zwang, sich selbst zuschaffen (Welt-bild + Menschen-bild) und zu sichern. Auf sich,sich wissend, gestellt. »Reflexion«, Selbstbewlff3tsein entscheidend.Hier ist auf weitverbreitetes Mißverständnis hinzuweisen:1. Der Satz, die neuzeitliche Metaphysik beginnt mit Descartes,wird oft so verstanden, als sei gemeint, mit Descartes beginneder neuzeitliche Mensch, als entspränge er gleichsam aus demSatz »cogito, ergo sum«.Schon vorher gab es neuzeitliche Menschen, und zwarnicht nur und nicht zuerst im Felde der Philosophie. Renaissance.2. Der Satz über die Metaphysik des Descartes (vgl. Subjektivität)darf aber zum anderen auch wieder nicht so gedeutet werden,als hätte Descartes gleichsam nur zu dem bereits existierendenneuzeitlichen Menschen die Auslegung und das Bewlfßtsein,t [Vom Herausgeberdie »Ideologie« seiner selbst nachgeliifert; - die philosophischeBegleitmusik, d. h. im Grunde eine überflüssige, unwirkliche»Abstraktion«.Sondern:Weil für das Wesen des neuzeitlichen Menschen die Befreiungzu ihm selbst als einem solchen durch sich befreienden entscheidendist und damit seiner selbst als des sich wissend-willentlichauf sich selbst stellenden. Deshalb gehört das Selbstbewußtseinzum Wesen des neuzeitlichen Menschen, ja »gehört« nicht nur»auch« dazu, sondern ist sein Wesensgrund, weil dieses Selbstbewußtseinerst und zugleich die Art des Weltbewußtseins bestimmt.Die Metaphysik Descartes' nicht ein Nachtrag, sondern jeneArt von Grundlegung des neuzeitlichen Menschentums und d.h.seines Weltverhältnisses, die es macht, daß von nun an der neuzeitlicheMensch nicht mehr als Ausnahme gilt gegenüber derÜberlieferung der christlichen Lebens- und Weltordnung, sondernsich selbst als die Gesetz- und Regelgebung begreift nachNietzsches Wort als »Maaß und Mitte«. Die Freiheit ist jetzt Anspruchauf Freiheit im Sinne der autonomen Selbstbestimmung.Der »Freiheitsanspruch« - Wesen des neuzeitlichen Menschentums.Der neuzeitliche Mensch ist nicht nur »frei«, sondern seinFreisein besteht darin, auf Freiheit Anspruch zu machen und diesenAnspruch als den Ausspruch seines eigensten Wesens zu wissen.Im Wesen der neuzeitlichen Freiheit als Selbst-gesetzgebungdes Subjektums liegt daher sowohl die ständig neue Notwendigkeitder Gesetzgebung, der Bindung, als auch die stete Gifahr derblC!ßen Un-gebundenheit. Daher: die Zweideutigkeit des »Liberalismus«.Der Freiheitsanspruch in seiner Verantwortungfor die Bindungund ihre Sicherung.Wie das Subjektum das Welt-bild fordert und gestaltet.Wie das Subjektum seine Subjektivität bestimmt. Denn wo das
154 1. Teil: Aufzeichnungen zu Ernst JüngeriX Das Wesen der Freiheit155Sich-alffsich-selbst-Stellen des Menschen sein innerstes und einzigesWesen ausmacht, wird die selbstvollzogene Setzung des eigenenWesens als Subjektivität die höchste und erste Aufgabe.(Demzufolge besteht die Frage nach dem Auftrag als Frage!)Subjektivität '* »Egoität« und »Individualismus«; »Ichheit«eine Form der Subjektivität, aber nicht umgekehrt.Wie wird die Welt zur »Arbeitswelt« und was heißt hier »Arbeit«?Jüngers Grundstellung hält sich durchaus, ja im AiifJersten nurin dieser Position des neuzeitlichen Menschen; das ist wichtig fürdie Stellungnahme zu ihm im Ganzen, insgleichen für die Beurteilungder Art, wie er den geschichtlichen Ort des Arbeiters bestimmt.140. Hinweis azif Begriff von Subjectum und SubjectivitätU1tOKEiIlEVOV 1tp&'tov - fundamentum absolutum inconcussum.Subjektivität nicht durch lchheit bestimmt, sondern umgekehrt»Ich« durch Subjektivität.»Ich« im Sinne des Individualismus, daher nicht wesentlich.»Subjekt« kann auch Gemeinschaft sein, »Gesellschaft«, dasVolk oder die Gestalt.141. Freiheitals die Wesensfuge des (neuzeitlichen) Menschentums angesetzt.Sogleich das einleitende Kapitel läßt die Freiheit als Grundbestimmunganklingen; darnach festzuhalten, daß in diese Fuge dasWesen des Arbeiters eingefügt, ja von da her bestimmṯ--wird.(Freiheit als die Subjektivität des Subjektums: Sich-auf-sich-stellen.)Obzwar das einleitende Kapitel sogleich negativ beginnt undkritisch (»Scheinherrschaft«), soll doch angezeigt werden: denDeutschen das »Bürgertum« der französischen Revolution nichtgemäß, eine andere Freiheit wesentlich Selbst-gesetzgebung.Aber diese in sich - Aufgabe! Gesetz Bindung - Selbst.In jeder Hinsicht aber für die Neuzeit die Freiheit wesentlich.V gl. Descartes, Meditationes de prima philosophia. 1641. 1 Med.IV. De vero et falso (die eigentliche Grundlage für das certum alsverum und ens).V gl. Erasmus, De libero arbitrio ÖU1:tptßT1. 1524. 2Luther, De servo arbitrio. 1525. 3Molina, De concordia gratiae et liberi arbitrii. 1588. 4Gibieuf, Berulle 5 , De libertate Dei et creaturae. 1630. 6Iansenius, Episcopi Iprensis »Augustinus«. 1640. 7Christliche Freiheit: »Natur« - Sünde - Gnade Vorherbestimmung- Gott.Später verweltlicht und verödet in die Frage nach der »Willensfreiheit«(Kausalbetrachtung).Freiheit: negative: Ungebundenheit; Frei -ledig vonpositive: Bindung; Frei - zur Verfügung für. .., sichfügend - in und zu ...Beides im Wechselbezug gehört zum Wesen der Freiheit.Und überall, wo scheinbar nur die Eine, ist auch eine Entscheidunghinsichtlich der Anderen gefallen.I Renati Des Cartes Meditationes de philosophia. In qua dei existentia etanimae irnrnortalitas demonstratur. 1641.2 De libero arbitrio diatribe, sive collatio, desiderii Erasmi Roteroda. Strasbourg1524., De servo arbitrio Martini Lutheri ad D. F.rasrnus Roterodamum. Wittenberg• n Ludovicus Molina: Liberi arbitrii cum gratiae donis, divina praescientia,praedestinatione et reprobatione, Concordia. Ad nonnullos partis n ThomaeArticulos. 2. Aufl. Antwerpen 1595.S [Pierre de BeruHe 1575-1629, Kardinal und Politiker, Gründer der Priesterkongregationder Oratorianer.]6 Guillaume Gibieuf: De libertate Dei et creaturae !ibri duo. Paris 1630.7 Cornelii lansenii: lprensis, Augustinus seu doctrina Sanctii Augustinde humanae naturae aegritudine, medicina adversus Pelagianos lienses. Tribus tomis comprehensa. Löwen 1640.
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