Zu Ernst Jünger - gesamtausgabe

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132 I Teil: Au/zeichnungen zu Ernst JüngerVIII »Gestalt« und Sein. Die Gestalt des Arbeiters 133118. »Gestalt«=»das Metaphysische« die metaphysische Macht. Metaphysischim herkömmlichen Sinne, des »ewigen« aller Veränderung enthobenenSeienden an sich.1. woher und wie diese Ansetzung und ihre Wahrheit?2. woher der Grund für die neuzeitliche Fassung im Sinne derGestalt?Wie das Verhältnis von Gestalt des Arbeiters und dem Menschen?V gl. 162: »der tätige und leidende Mensch als eines Mediums«,»dessen sich die Gestalt des Arbeiters bedient«.Was heißt Medium? Und wie ist dieses?119. Jüngers Ansetzung der »Gestalt«Daher ist nicht entscheidend, was Jünger selbst eigens betont:a) daß Gestalt mehr ist als die Summe der Teile (d.h. Ganzheit).(Formaler Gestaltbegriff).b) das wiederaufkommende Sehen von »Gestalten«. (Gestalt­-theorie). (Gleichwohl diese eingemischt - die physikalischeAnalogie, Gestalt als Kern eines Kraftfeldes, 153).Sondern entscheidend ist das, was Jünger nicht sieht und gemäßseiner Denkart auch nicht hinreichend durchschauen kann:1. Die Gestalt-setzung ist eine metaphysische. Zwar sagt das auchJünger und setzt sogar das Metaphysische mit dem »Sein« derGestalt und als Gestalt gleich (vgl. 113, 124, 146), aber washeißt hier metaphysisch? Nur. daß hier ein »Ewiges«, ÜbersinnlichesSeiendes (»Sein«) gesetzt werde, zu dem die »Erscheinungen«und Entwicklungen des Werdenden »transparent«sind. Das ist zwar das platonische und allgemeine Grundgefügeder Metaphysik, begründet aber noch nicht die Ansetzung derGestalt eines Menschentums.2. Dazu ist der Grund die neuzeitliche Metaphysik im Sinne derAnsetzung des Menschen als Subjektum und die damit gesetz-te Auslegung des Seins als Vorgestelltheit (d.h. Objektivität imSinne der Subjekt-Objektbeziehung).3. bei aller Metaphysik dieser Art ist aber das Entscheidende dasäußerste Stadium dieser Metaphysik.Sein als Wille zur Macht.Hier erst, wie noch vom ff7ahrheitswesen her zu zeigen (vgl.Wahrheit und Gestalt!), die Notwendigkeit, ein Bild des Menschenzu setzen als bildendes Bild, davon er sich bestätigt unddiese Bestätigung als das Höchste, nämlich des ihm möglichen,d. h. der Subjektivität. Zugleich auch die Welt als »Bild«. Der perspektivischeCharakter des Willens zur Macht - Vorblick auf Gestalt.»Denken« im primitiven Zustande (vor-organisch) ist Gestalten-durchsetzen,»wie beim Krystalle« (»Der Wille zur Macht«,n. 499, 585).Jünger stellt alles so dar, als seien die neuen Verhältnisse desArbeiters zum Elementaren, zur Freiheit, zur Macht die Folgender Ansetzung der Gestalt. In Wahrheit ist es umgekehrt. Jeneneuen Verhältnisse sind der Grund der Unumgänglichkeit derAnsetzung der Gestalt. Sie selbst aber, diese »neuen Verhältnisse«,sind die Folgen der Umkehrung des Platonismus, d. h. der entsprechendenAuslegung des Seins und der Bestimmung des Wesensder Wahrheit.Aber diese Folge (die Notwendigkeit der Gestalt-setzung) zeigteben, daß die Umkehrung des Platonismus niemals dessen Überwindungsein kann, sondern umgekehrt zu einer Erneuerung desPlatonismus führt - die nur nicht mehr weiß, daß sie das ist.120. Gestalt - Menschenbild Weltbild(Erläuterndes und Kritisches zu Jüngers GestaltbegrijJJ»Gestalt« hier nicht im formal-allgemeinen und gar aristotelischenSinne zu nennen; wenngleich ein geschichtlicher Bezugdazu bleibt, da alles Metaphysik ist.diesem Band Nr. 37, S. 57

134 1. Teil: AuJzeichnungen zu Ernst JüngerV111 »Gestalt« und Sein. Die Gestalt des Arbeiters135Gestalt - auch nicht als bloßes »Bild« im Sinne eines weggestelltenAnblicks, sondern »Bild«, das selbst die Quelle, das Seinvon »Maqß und Mitte« (Nietzsehe, XII, n. 712) der bildendenKrqft (vgl. über »Macht«) ist. Das bildende Bild. Vor- und Leitbildund Gegenbild.Der Ursprung eines solchen Bildes und seine Notwendigkeit.Bei Jünger sieht es so aus, als würde die »Gestalt« historischzurück und vorausrechnend feststellbar sein, während ja diesesFeststellen erst und nur im Umkreis des Gestaltentwuifes. Dieseraber: das Bild des Obermenschen.Ein solches Bild, als bildendes Leit- und Gegenbild nur und erstnotwendig in der Wirklichkeit als Wille zur Macht, im Chaos, undd.h. überhaupt in der Neuzeit (vgl. S. 67).Hier für den Menschen als Subjektum die Welt als »Bild« (jetztim Sinne des herzustellenden Vor-gestellten Vergegenständlichungals Meisterung). V gl. Vortrag 1938. 1Die Welt als »Bild« Gebilde, gemeistertes Chaos nur dortwesentlich, wo das Chaos angesetzt.Aber eben hier, wo das menschliche »Leben« rein auf sich selbstgestellt ist, muß dieses aus sich, für sich, über sich und auf sich zuein bildendes Bild errichten und d. h. dann finden: die »Gestalt«.Das Sich-bestätigen in der Gestalt ist dann die einzige Form derSicherheit und Sicherung, da ja diese überhaupt im Bereich derneuzeitlichen Freiheit das Höchste der Subjektivität darstellt.(Das Bildschaffen ist wesentlich und notwendig je verschiedenin Bezug auf die »Welt« und den Menschen dort, wo durch dieUmkehrung des Platonismus die Seinsverlassenheit unbedingtgeworden.)Erst da kommt es zu der äußersten Not der Bildschaffung (ewigeWiederkehr des Gleichen und der Übermensch).Hier kann im Einzelnen nicht der »Zarathustra« gezeichnetwerden. Außerdem ist die Gestalt gar nicht gegenständlich faßbar.I Martin Heidegger: Die Zeit des Weltbildes. In: Ders.: Holzwege. Gesamtaus·gabe Bd. 5. Hrsg. v. F.·W. von Herrmann. Frankfurt am Main 1977, S. 75-·114.Dafür um so deutlicher Nietzsches Wille und Not in Bezug aufdiese nur in der Vollendung der Metaphysik nötigen und einzigenAufgabe. Dafür einige Belege aus den Notizen zum »Zarathustra«(1886):XII, n. 694.»Nicht um das Recht kämpft ihr alle, ihr Gerechten, sonderndarum, daß euer Bild vom Menschen siege. Und daß an meinemBild vom Übermenschen alle eure Bilder vom Menschen zerbrechen:siehe, das ist Zarathustra' s Wille zum Rechte.« [V gl. NietzschesBegriff der Gerechtigkeit.]XII, n. 697.»Die ungeheure Aufgabe des Herrschenden, der sich selber erzieht;die Art Menschen und Volk, über welche er herrschenmuß in ihm vorgebildet sein: da muß er erst Herr gewordenseinI«XII, n. 712.»Maaß und Mitte zufinden im Streben über die Menschheit hinaus:es muß die höchste und krqftvollste Art des Menschen gifundenwerdenI«XII, n. 717.»Die tiefe Unfruchtbarkeit des 19. Jahrhunderts.Ich bin keinem Menschen begegnet, der wirklich ein neuesIdeal gebracht hätte. Am längsten hat mich der Charakter derdeutschen Musik zu hoffen verleitet. Ein stärkerer Typus, in demunsere Kräfte synthetisch gebunden sind - mein Glaube.Anscheinend ist alles decadence. Man muß das Zu-Grunde-gehenso leiten, daß es den Stärksten eine neue Existenzform ermöglicht.«XII, n. 718.»Neue Form der Gemeinschaft: sich kriegerisch behauptend.Sonst wird der Geist matt. Keine >Gärten< [des Epikurl] und bloßes>Ausweichen vor den Massen

132 I Teil: Au/zeichnungen zu <strong>Ernst</strong> <strong>Jünger</strong>VIII »Gestalt« und Sein. Die Gestalt des Arbeiters 133118. »Gestalt«=»das Metaphysische« die metaphysische Macht. Metaphysischim herkömmlichen Sinne, des »ewigen« aller Veränderung enthobenenSeienden an sich.1. woher und wie diese Ansetzung und ihre Wahrheit?2. woher der Grund für die neuzeitliche Fassung im Sinne derGestalt?Wie das Verhältnis von Gestalt des Arbeiters und dem Menschen?V gl. 162: »der tätige und leidende Mensch als eines Mediums«,»dessen sich die Gestalt des Arbeiters bedient«.Was heißt Medium? Und wie ist dieses?119. <strong>Jünger</strong>s Ansetzung der »Gestalt«Daher ist nicht entscheidend, was <strong>Jünger</strong> selbst eigens betont:a) daß Gestalt mehr ist als die Summe der Teile (d.h. Ganzheit).(Formaler Gestaltbegriff).b) das wiederaufkommende Sehen von »Gestalten«. (Gestalt­-theorie). (Gleichwohl diese eingemischt - die physikalischeAnalogie, Gestalt als Kern eines Kraftfeldes, 153).Sondern entscheidend ist das, was <strong>Jünger</strong> nicht sieht und gemäßseiner Denkart auch nicht hinreichend durchschauen kann:1. Die Gestalt-setzung ist eine metaphysische. Zwar sagt das auch<strong>Jünger</strong> und setzt sogar das Metaphysische mit dem »Sein« derGestalt und als Gestalt gleich (vgl. 113, 124, 146), aber washeißt hier metaphysisch? Nur. daß hier ein »Ewiges«, ÜbersinnlichesSeiendes (»Sein«) gesetzt werde, zu dem die »Erscheinungen«und Entwicklungen des Werdenden »transparent«sind. Das ist zwar das platonische und allgemeine Grundgefügeder Metaphysik, begründet aber noch nicht die Ansetzung derGestalt eines Menschentums.2. Dazu ist der Grund die neuzeitliche Metaphysik im Sinne derAnsetzung des Menschen als Subjektum und die damit gesetz-te Auslegung des Seins als Vorgestelltheit (d.h. Objektivität imSinne der Subjekt-Objektbeziehung).3. bei aller Metaphysik dieser Art ist aber das Entscheidende dasäußerste Stadium dieser Metaphysik.Sein als Wille zur Macht.Hier erst, wie noch vom ff7ahrheitswesen her zu zeigen (vgl.Wahrheit und Gestalt!), die Notwendigkeit, ein Bild des Menschenzu setzen als bildendes Bild, davon er sich bestätigt unddiese Bestätigung als das Höchste, nämlich des ihm möglichen,d. h. der Subjektivität. <strong>Zu</strong>gleich auch die Welt als »Bild«. Der perspektivischeCharakter des Willens zur Macht - Vorblick auf Gestalt.»Denken« im primitiven <strong>Zu</strong>stande (vor-organisch) ist Gestalten-durchsetzen,»wie beim Krystalle« (»Der Wille zur Macht«,n. 499, 585).<strong>Jünger</strong> stellt alles so dar, als seien die neuen Verhältnisse desArbeiters zum Elementaren, zur Freiheit, zur Macht die Folgender Ansetzung der Gestalt. In Wahrheit ist es umgekehrt. Jeneneuen Verhältnisse sind der Grund der Unumgänglichkeit derAnsetzung der Gestalt. Sie selbst aber, diese »neuen Verhältnisse«,sind die Folgen der Umkehrung des Platonismus, d. h. der entsprechendenAuslegung des Seins und der Bestimmung des Wesensder Wahrheit.Aber diese Folge (die Notwendigkeit der Gestalt-setzung) zeigteben, daß die Umkehrung des Platonismus niemals dessen Überwindungsein kann, sondern umgekehrt zu einer Erneuerung desPlatonismus führt - die nur nicht mehr weiß, daß sie das ist.120. Gestalt - Menschenbild Weltbild(Erläuterndes und Kritisches zu <strong>Jünger</strong>s GestaltbegrijJJ»Gestalt« hier nicht im formal-allgemeinen und gar aristotelischenSinne zu nennen; wenngleich ein geschichtlicher Bezugdazu bleibt, da alles Metaphysik ist.diesem Band Nr. 37, S. 57

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