Zu Ernst Jünger - gesamtausgabe
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215Zu Ernst Jünger, »DerArbeiter«Seine Grundstellung ist - zumal wenn man sie nicht aus der metaphysischenGrundstellung Nietzsches und wenn man diese wiederumnicht als Vollendung der abendländischen »Metaphysik«und wenn man auch diese wieder nicht aus der Geschichte desSeyns erfahren kann - durch und durch »aufreizend«-»einseitig«,in vielem unzulänglich und in den Grundlagen nicht durchdachtund begründet.Und dennoch - über all dieses hinweg vollzieht er doch einein das Wirkliche des Willens zur Macht und machtrücksichtslos ernst mit diesem Wirklichen.Er kann auch keine weitere Aussicht und Rettung anbieten,weil das Ja zu diesem Wirklichen das Letzte und Erste ist, woriner steht.Dieses Ja ist nicht sein persönlicher Eigenwille, sondern eineNotwendigkeit der abendländischen Geschichte - so wie sie sichselbst heute in ihren Vollstreckern zu nehmen vermag.Man kann Jünger viel Unrichtigkeiten, Einseitigkeiten nachrechnenund trifft doch noch nicht das Wesentliche. Das ist besondersschwer deshalb, weil auch Jünger nicht den Bereich derEntscheidung als einen solchen ausarbeitete und auch nicht ausarbeitenkann; das hängt damit zusammen, daß er und wie er dieZeit als einen »Zwischenzustand«, »Zwischenakt« sieht und wieer bereits den nächsten Akt des Dramas glaubt bestimmen zu können.Vgl. 196 und 90/9i.(Nur aus der Geschichte des Seyns her ist der zureichendeStandort zu gewinnen; nicht überzeitlich.Aber Jünger kennt nur dieses Entweder-Oder - wie alle, die inder Metaphysik stehen.Der Entscheidungsbereich gar nicht an Jünger zu entfalten,sondern aus dem Wesen der Metaphvsik und ihrer Geschichte.
214 11 Teil: Aussprache über Ernst Jünger1 Ernst Jünger, der Arbeiter. 1932215Zur Eiriführung in Ernst Jüngers »Der Arbeiter«Die einleitenden Erörterungen haben auf den Zusammenhangder Werke Jüngers mit Nietzsches metaphysischer Grundstellunghingewiesen. Zugleich wurde Jüngers eigene Kennzeichnung seinerGrundhaltung, der »heroische Realismus«, im Umriß erläutert.Diese Hinweise bedürfen noch einer Verdeutlichung, die zugleichin das Hauptwerk »Der Arbeiter» überleiten. Wenn wireinen Zusammenhang Jüngers mit Nietzsehe feststellen, dannkommt dies nicht aus der Absicht, Ernst Jünger »Abhängigkeiten«von Nietzsehe historisch nachzurechnen. Dies Verfahrensieht zwar oft so aus, als sei es das gründlichste Eingehen auf dieSache und ist doch nur ihre Auflösung in Solches, was dann ebenso wenig in seinem Wesen begriffen und ernst genommen wird,wie das, was der historischen Verrechnung anheimHillt. Der ZusammenhangJüngers mit Nietzsche soll aber auch nicht beigezogenwerden, um dadurch Jünger »besser« zu verstehen; denn dassetzte voraus, daß wir bereits die Grundstellung Nietzsches hinreichendbegreifen.Wenn es sich schon um eine Erleichterung des Verständnisseshandelt, dann wäre zu sagen, daß für die Heutigen eher Nietzschedurch Jünger verständlicher wird. Dies gilt in der Tat deshalb,weil Jünger sich nicht zur »Metaphysik« Nietzsches als einem vermeintlichenSystem und einer Lehrmeinung bekennt, sondernweil er inmitten der»Wirklichkeit« Fuß faßt, die Nietzsehe nichtausgedacht, sondern denkerisch erlitten hat. Um dieses VerhältnisJüngers zu Nietzsche handelt es sich allein; dies Verhältnis zuNietzsehe ist ein wesentliches, gesetzt, daß überhaupt nur zweiMöglichkeiten für uns hinsichtlich des Bezuges zu Nietzsche bestehen:entweder das unbedingte und mitschaffende Fußfassen inder Wirklichkeit, die Nietzsches Metaphysik ins Freie gebrachthat, oder in eins mit dem Vorigen die Überwindung dieser Metaphysikund d. h. dieser Wirklichkeit, welche Überwindung nichtszu tun hat mit einer Widerlegung von Sätzen und AnsichtenNietzsches. Wle es denn überhaupt Widerlegung nur im Felde der»Wissenschaften« gibt, niemals in der Philosophie; jede echtePhilosophie ist unwiderlegbar, nicht weil es an Gegengründenmangelt, um ihre Lehrmeinungen anzuzweifeln, sondern weil dieHaltung des Widerlegenwollens überhaupt nie zuläßt, in das vorzudringen,was in einer Philosophie zur Entscheidung steht - dieWahrheit über das Seiende im Ganzen und damit jeweils die Bestimmungdes Wesens der Wahrheit selbst. Doch was diesdavon können wir vielleicht auf dem Gang einer Auseinandersetzungmit Jünger eine Spur erfahren. Solche Erfahrung glückt umso eher, je entschiedener wir die gewöhnliche Meinung von unswerfen, es handle sich in der Philosophie um eine entrückte »Spekulation«;in Wahrheit verlangt die Philosophie die einfachsteBesinnung auf ein Nächstes das wir freilich seiner Nähe wegenimmer schon zugunsten von Anderem, scheinbar Gewißerem undGreiflicherem, übersprungen haben; denn das Einfache ist Birden Menschen gerade niemals »einfach«.Das Wirkliche, inmitten dessen Jünger zufolge einer entscheidendenGrullderfahrung 1
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214 11 Teil: Aussprache über <strong>Ernst</strong> <strong>Jünger</strong>1 <strong>Ernst</strong> <strong>Jünger</strong>, der Arbeiter. 1932215<strong>Zu</strong>r Eiriführung in <strong>Ernst</strong> <strong>Jünger</strong>s »Der Arbeiter«Die einleitenden Erörterungen haben auf den <strong>Zu</strong>sammenhangder Werke <strong>Jünger</strong>s mit Nietzsches metaphysischer Grundstellunghingewiesen. <strong>Zu</strong>gleich wurde <strong>Jünger</strong>s eigene Kennzeichnung seinerGrundhaltung, der »heroische Realismus«, im Umriß erläutert.Diese Hinweise bedürfen noch einer Verdeutlichung, die zugleichin das Hauptwerk »Der Arbeiter» überleiten. Wenn wireinen <strong>Zu</strong>sammenhang <strong>Jünger</strong>s mit Nietzsehe feststellen, dannkommt dies nicht aus der Absicht, <strong>Ernst</strong> <strong>Jünger</strong> »Abhängigkeiten«von Nietzsehe historisch nachzurechnen. Dies Verfahrensieht zwar oft so aus, als sei es das gründlichste Eingehen auf dieSache und ist doch nur ihre Auflösung in Solches, was dann ebenso wenig in seinem Wesen begriffen und ernst genommen wird,wie das, was der historischen Verrechnung anheimHillt. Der <strong>Zu</strong>sammenhang<strong>Jünger</strong>s mit Nietzsche soll aber auch nicht beigezogenwerden, um dadurch <strong>Jünger</strong> »besser« zu verstehen; denn dassetzte voraus, daß wir bereits die Grundstellung Nietzsches hinreichendbegreifen.Wenn es sich schon um eine Erleichterung des Verständnisseshandelt, dann wäre zu sagen, daß für die Heutigen eher Nietzschedurch <strong>Jünger</strong> verständlicher wird. Dies gilt in der Tat deshalb,weil <strong>Jünger</strong> sich nicht zur »Metaphysik« Nietzsches als einem vermeintlichenSystem und einer Lehrmeinung bekennt, sondernweil er inmitten der»Wirklichkeit« Fuß faßt, die Nietzsehe nichtausgedacht, sondern denkerisch erlitten hat. Um dieses Verhältnis<strong>Jünger</strong>s zu Nietzsche handelt es sich allein; dies Verhältnis zuNietzsehe ist ein wesentliches, gesetzt, daß überhaupt nur zweiMöglichkeiten für uns hinsichtlich des Bezuges zu Nietzsche bestehen:entweder das unbedingte und mitschaffende Fußfassen inder Wirklichkeit, die Nietzsches Metaphysik ins Freie gebrachthat, oder in eins mit dem Vorigen die Überwindung dieser Metaphysikund d. h. dieser Wirklichkeit, welche Überwindung nichtszu tun hat mit einer Widerlegung von Sätzen und AnsichtenNietzsches. Wle es denn überhaupt Widerlegung nur im Felde der»Wissenschaften« gibt, niemals in der Philosophie; jede echtePhilosophie ist unwiderlegbar, nicht weil es an Gegengründenmangelt, um ihre Lehrmeinungen anzuzweifeln, sondern weil dieHaltung des Widerlegenwollens überhaupt nie zuläßt, in das vorzudringen,was in einer Philosophie zur Entscheidung steht - dieWahrheit über das Seiende im Ganzen und damit jeweils die Bestimmungdes Wesens der Wahrheit selbst. Doch was diesdavon können wir vielleicht auf dem Gang einer Auseinandersetzungmit <strong>Jünger</strong> eine Spur erfahren. Solche Erfahrung glückt umso eher, je entschiedener wir die gewöhnliche Meinung von unswerfen, es handle sich in der Philosophie um eine entrückte »Spekulation«;in Wahrheit verlangt die Philosophie die einfachsteBesinnung auf ein Nächstes das wir freilich seiner Nähe wegenimmer schon zugunsten von Anderem, scheinbar Gewißerem undGreiflicherem, übersprungen haben; denn das Einfache ist Birden Menschen gerade niemals »einfach«.Das Wirkliche, inmitten dessen <strong>Jünger</strong> zufolge einer entscheidendenGrullderfahrung 1