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Rausch und Kreativität (Arbeitstitel) - Gesellschaft für Kreativität

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A man does not exist until he is drunk.Ernest HemingwayKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


<strong>Rausch</strong>Auszug aus dem Grimmschen Wörterbuch:• das rauschen, die rauschende bewegung• ungestüme bewegung• zustände der trunkenheit• taumel, die seelische trunkenheit, dasentzücken des innern bis zumselbstvergessen• rausch, in einem gewissen kartenspielKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Arten des <strong>Rausch</strong>sEine willkürliche Auswahl:• “exogen”: <strong>Rausch</strong>mittel• “endogen”: PsychopathologieKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Gliederung• Historische Aspekte– “Genie <strong>und</strong> Wahnsinn”– Dionysos vs. Apollon• <strong>Rausch</strong>mittel <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>– Mögliche Zusammenhänge– Empirische Bef<strong>und</strong>e• Psychopathologie <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>– Bipolare Störung– Ein Beispiel: Robert SchumannKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Gliederung (Forts.)• Wirkmechanismen– Primär- <strong>und</strong> Sek<strong>und</strong>ärprozesse– Neuheit <strong>und</strong> Unkonventionalität• Synthese, Fazit <strong>und</strong> Ausblick• DiskussionKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Gliederung• Historische Aspekte– “Genie <strong>und</strong> Wahnsinn”– Dionysos vs. Apollon• <strong>Rausch</strong>mittel <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>– Mögliche Zusammenhänge– Empirische Bef<strong>und</strong>e• Psychopathologie <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>– Bipolare Störung– Ein Beispiel: Robert SchumannKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Great wits are sure to madness near allied;And thin partitions do their bo<strong>und</strong>s divide.John Dryden, 1631-1700Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Genie <strong>und</strong> WahnsinnDer Kuss der MuseZeus’ Töchter:9 Musen• Historiographie• Tragödie• Chorlyrik/Tanz• Komödie• Lyrik/Flötenspiel• Liebesdichtung• Astronomie• Gesang• epische Dichtung,Rhetorik, Philosophie,WissenschaftKünstlerKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.Dionysos vs. ApollonF. Nietzsche (1872).Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik


Gliederung• Historische Aspekte– “Genie <strong>und</strong> Wahnsinn”– Dionysos vs. Apollon• <strong>Rausch</strong>mittel <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>– Mögliche Zusammenhänge– Empirische Bef<strong>und</strong>e• Psychopathologie <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>– Bipolare Störung– Ein Beispiel: Robert SchumannKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


I am going to drink myself dead.Amedeo Modigliani, 1884-1920Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Zur Wirkung von <strong>Rausch</strong>mitteln(Lewin, 1927)InebriantiaAlkoholPhantasticaPsilocybinExitantiaKaffee, SpeedHypnoticaEuphoricaValiumOpium, ProzacKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Klassifikation von Bales (1946)• Abstinenzkulturen (z.B. islamische oderbuddhistische Länder)• Ambivalenzkulturen (z.B. Großbritannien,USA, Kanada)• Permissivkulturen (z.B. mediterraneLänder)• Permissiv-funktionsgestörte Kulturen(z.B. manche osteuropäische odersüdamerikanische Länder, Japan)Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Warum trinken Künstler?(Beveridge & Yorston, 1999)• mystisch-spirituelle Exploration• épater les bourgeois• als Reaktion aufgr<strong>und</strong> übermäßigerEmpfindsamkeitKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Daseinsebenen<strong>Rausch</strong>Andere (bessere?) DaseinsebeneHier <strong>und</strong> JetztNormale DaseinsebeneKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Und... wirkt's?Empirische Bef<strong>und</strong>e von Ludwig (1990):• Biographische Analysen• N=34 (davon 28 Schriftsteller)• Herausragende Leistungen UNDintensiver Alkoholkonsum• Insgesamt: Alkohol eher abträglichKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


80757065605550454035302520151050A > ^CA > I > ^CA > vCA > I > vCA : CC > ^AC > I > ^AC > vAC > I > vAA < I > C(nach Ludwig, 1990; Mehrfachnennungenmöglich, daher >100%)Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Gliederung• Historische Aspekte– “Genie <strong>und</strong> Wahnsinn”– Dionysos vs. Apollon• <strong>Rausch</strong>mittel <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>– Mögliche Zusammenhänge– Empirische Bef<strong>und</strong>e• Psychopathologie <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>– Bipolare Störung– Ein Beispiel: Robert SchumannKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


We of the craft are all crazy.Lord George Gordon Byron, 1788-1824Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Bipolare Störung• Affektive Störung• Früher “manisch-depressiveErkrankung”• Typen: Bipolar I, Zyklothymie(schwächer), Bipolar II, Bipolar n.n.b.• Manische Phasen: Stimmungshoch• Depressive Phasen: Verlust vonInteresse <strong>und</strong> EnergieKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Emil Kraepelin (1913)Hypothese: Manie fördert <strong>Kreativität</strong>“Die volitionale Erregung, die die Krankheit begleitet,kann unter gewissen Umständen Kräfte freisetzen, diesonst durch allerlei Hemmungen eingeschränkt sind.Insbesondere künstlerisches Handeln, indem sichder Kranke den Stimmungen <strong>und</strong> Launen desMomentes unterwirft, <strong>und</strong> hier besonders diedichterische Aktivität durch die Vereinfachungsprachlichen Ausdrucks, kann hier eine gewisseFörderung erfahren.”Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Effekte der bipolaren Störung(zsf. Jamison, 1994)• Stimmungswechsel können <strong>Kreativität</strong>fördern: schnelle Reaktivität• Denkprozesse durch (Hypo)Manie“gelockert”: Flexibilität• Tempo gesteigert: Fluidität• Periodizität des künstlerischenSchaffens = zyklischer Charakter derbipolaren Störung?Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Empirische Bef<strong>und</strong>e(zsf. Jamison, 1994; Baudson, in Vorb.)• Familiäre Häufung von kreativen Leistungen<strong>und</strong> psychischer Störung (ähnlich beiSchizophrenie); erhöhte Suizidrate• Vor allem Schriftsteller <strong>und</strong> Komponistenhaben affektive Störungen, bildende Künstlerweniger• Kategorisierung: Kreative gruppieren einevorgelegte Liste ähnlich wie Bipolare• Korrelation existiert, Kausalität ist jedochfraglich; methodische ProblemeKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.Robert Schumann(1810-1859)


Robert Schumann(1810-1859)Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Robert Schumann(1810-1859)(Weisberg, 1994)Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Robert Schumann(1810-1859)(Weisberg, 1994)Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Robert Schumann(1810-1859)Zusammenfassung (Weisberg, 1994):– Geringere “Produktion” in depressiven Jahren– Kein Zusammenhang zwischen Anzahl derKompositionen <strong>und</strong> ihrer Qualität – weder <strong>für</strong> die(hypo-)manischen noch <strong>für</strong> die depressiven Jahre– Depression geht qualitativ hochwertigerer“Produktion” auch nicht voraus (lag=1)– Fazit: Stimmung wirkt nur auf Quantität, nicht aufQualitätKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Gliederung• Wirkmechanismen– Primär- <strong>und</strong> Sek<strong>und</strong>ärprozesse– Neuheit <strong>und</strong> Unkonventionalität• Synthese, Fazit <strong>und</strong> Ausblick• DiskussionKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Perspektivenwechsel• Die Realität existiert nichtobjektiv, sondern ihreInterpretation hängt abvon der Perspektive desBetrachters• Im <strong>Rausch</strong> ist esmöglich, ggf.überraschende neuePerspektiven aufBekanntes einzunehmenKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Primary-process thinkingLOGIK!Lösung ProblemKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Eigenschaften vonPrimärprozessen (Freud)• Inhaltlich: am Lustprinzip orientiert,tabuisierte Inhalte, unzensiert• Formal: nicht sprachgeb<strong>und</strong>en, gehorchtkeiner Logik, assoziativ (wobei dieBindeglieder sehr lose sein können),“psycho-logisch”• Heute: weg von der Dichotomie; Primär- <strong>und</strong>Sek<strong>und</strong>ärprozesse als zwei Extrema einerDimensionKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Primärprozesse <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>Freud: Kreative/künstlerische Tätigkeit istdas Ausleben unerfüllter Bedürfnisse(Sublimierung).Wege zum “primitiven” Denken:• Verlust der Kontrolle (Traum, Fieber,Geisteskrankheit)• Perfektion der Kontrolle (“Regressionim Dienste des Ich” – Künstler)Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Effekte von Halluzinogenen:Beispiel PsilocybinMit M., wie ich Mitglied der Organisation, diedie intelligentesten 2% der Menschheit vereint,habe ich Psilocybin genommen, <strong>und</strong> nunstecken wir mit dem Auto im Schlamm. [...]Hatten wir eben noch die Illusion, dasUniversum passe auf uns auf <strong>und</strong> behütejeden unserer Schritte, so erstreckte sich diesanscheinend nicht auf unser Auto. DieAbsurdität der Situation ist nicht zuüberbieten.Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Veränderte WahrnehmungMeine Finger fühlen sich komisch an, sie wachsenTentakeln gleich <strong>und</strong> verschmelzen mit der Tastatur.Gleichzeitig... erlebe ich heftige Halluzinationen. DieSituation ist, wie gesagt, völlig absurd. Interessant istdabei, dass man gleichzeitig so viele Eindrücke aufeinmal verarbeiten muss, weil die Zeit subjektiv einfachviel, viel langsamer vergeht. M. neben mir telefoniertmit einem Fre<strong>und</strong>, schildert ihm die Situation <strong>und</strong> lachtsich dabei tot, abwechselnd mit intensiven Phasen, indenen er sich über [unsere] aktuelle Lage klar wird.Klarheit scheint ein rares Gut in einer Zeit, da selbstLaptopmonitore spontan ihre Farbe <strong>und</strong> Form ändern.Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Holistische ErfahrungenIch erinnere mich daran, dass ich zu Anfang des Tripsmeine Eindrücke auf Papier niederschreiben wollte –auf Papier, das sich in besagtem Regen bald auflöste,eins wurde mit der roten Tinte aus dem Filzschreiber –<strong>und</strong> den Stift bewusst langsam führte, aus Angst, dasKratzen könne die Harmonie der Natur um mich herumallzu sehr stören. Der Schwung des Stifts fand seinenWiderhall in den Tropfen des Regens, die, aufgelöst inArpeggien, im See niedersanken <strong>und</strong> sich mit ihmvereinten.Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Intensivierte SinneseindrückeDie Lichter der umliegenden Siedlungen sind ein statischesFeuerwerk, angemessen unserem aktuellen Zustand des Seins.Der Himmel spiegelt sich in den Lichtern, <strong>und</strong> in meinen Ohrengeht gerade ein Klanguniversum in Flammen auf, zerstiebt ineinzelne Funken. Nun hören wir Schischiphus oder der Kellnermeines Onkels. (Gerade erlebe ich wieder diesen Zustand derextremem Verlangsamung, bei denen ich jeden Tastendruckgenau prämeditiere). Die Gesamtheit der sensorischenEmpfindungen bringt mich gerade fast um… Die Schönheit derSprache Borcherts hatte ich schon fast vergessen, Alliterationen,hervorgehoben von einem begnadeten Vorleser, der denkindlichen Ich-Erzähler vor dem inneren Auge erstehen lässt, dieganze Situation des Kennenlernens der beidenSprachfehlerhaften...Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Bedeutung derSek<strong>und</strong>ärprozesse• Nicht nur ungezügeltes Schaffen(Primärprozess), sondern auchNachbearbeitung erforderlich• bei Bipolarer Störung begünstigt durchzyklischen Charakter:– (hypo)manisch: Tempo, erhöhte Aktivität,qualitative Veränderungen; Selbstwert– depressiv: Verlangsamung, Hinterfragen– die meiste Zeit “normal”!Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Bedeutung derSek<strong>und</strong>ärprozesseKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Neuheit im kreativen AktMartindale, Moore &Borkum (1990):• Potential, denBetrachteremotional zuberühren (aber nichtzu sehr!)• Tabus <strong>und</strong>GewöhnungseffekteKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Gliederung• Wirkmechanismen– Primär- <strong>und</strong> Sek<strong>und</strong>ärprozesse– Neuheit <strong>und</strong> Unkonventionalität• Synthese, Fazit <strong>und</strong> Ausblick• DiskussionKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Historische Geb<strong>und</strong>enheit• “wahnsinniges Genie” ist eine prototypischromantische Vorstellung (identitätsbildend!)• dagegen (Post-)Moderne: eher distanziert,ironisch, normverletzend• Romantik eher “günstig” <strong>für</strong> Bipolare, (Post-)Moderne <strong>für</strong> Menschen mit schizophrenenTendenzen? (Sass, 2000-2001)Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Auswirkungen des <strong>Rausch</strong>s auf<strong>Kreativität</strong>• Lockerung von Assoziationen• “Wurstigkeit” gegenüber Konventionen• Auswirkungen auf Selbstwert <strong>und</strong>Selbstsicherheit• Effekte nicht bei allen Störungsbildern,Drogen... gleichKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Nicht jeder <strong>Rausch</strong>, den man hat,passt zu jedem Projekt, das manmacht.Helmut Krausser (geb. 1964)Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Fazit 1: Sind Genies “kaputter”?• Methodenprobleme (selektive Stichproben,Operationalisierung)• Rolle belastender Lebensumstände• Psychische Krankheiten treten bei Untätigenindes eher auf!• Kreatives Schaffen als “Linderung”?• <strong>Rausch</strong> als “Hingabe an die Sache”?Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Furor poeticusAlles in ein paar Tagen, es war ein namenloserSturm, ein Orkan im Geist (wie damals aufDuino), alles, was Faser in mir ist <strong>und</strong> Geweb,hat gekracht, – an Essen war nie zu denken,Gott weiß, wer mich genährt hat.Rainer Maria Rilke (1875-1926) an Marie Taxisüber die Fertigstellung des zweiten Teilsder Duineser ElegienKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Fazit 2: Machen Drogenkreativer?• allenfalls insofern, als sie denErfahrungshorizont erweitern können• langfristig eher zerstörerisch• Ungewöhnliche Ideen sind nur ein Teil deskreativen Prozesses• Umsetzung/Nachbearbeitung unabdingbar(<strong>und</strong> das geht unter Drogen nur sehrbedingt!)Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Ausblick:<strong>Kreativität</strong> als sozialer Prozess• Anerkennung der kreativen Leistung• Rolle des Künstlers in der <strong>Gesellschaft</strong>(Selbst- <strong>und</strong> Fremdattributionen)• Gratwanderung zwischen Neuheit <strong>und</strong>NutzenKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Ausblick:Offene Fragen (1)Kann die <strong>Gesellschaft</strong> herausragendeLeistungen möglicherweise eherakzeptieren, wenn diese von Leidenbegleitet sind?Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Ausblick:Offene Fragen (2)Ist <strong>Kreativität</strong> heilbar?Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


Danke <strong>für</strong> Ihre Aufmerksamkeit!Fragen sind willkommen.Hier <strong>und</strong> jetzt oder auch per Mail ankleintg@uni-trier.deKlein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.


LiteraturBales, R. F. (1946). Cultural differences in rates of alcoholism. Quarterly Journal of Studies onAlcohol, 6, 480-503.Baudson, T. G. (in Vorb.): <strong>Kreativität</strong> <strong>und</strong> Psychopathologie. In M. Dresler & T. G. Baudson (Hrsg.),<strong>Kreativität</strong>. Beiträge aus den Natur- <strong>und</strong> Geisteswissenschaften. Stuttgart: Hirzel.Becker, G. (1987). The Mad Genius Controversy: A Study in the Sociology of Deviance. Beverly Hills:SAGE Publications.Beveridge, A. & Yorston, G. (1999). I drink, therefore I am: alcohol and creativity. Journal of the RoyalSociety of Medicine, 92, 646-648.Hare, E. (1987). Creativity and mental illness. British Medical Journal, 295, 1587-1589.Jamison, K. R. (1994/1993). Touched with Fire: Manic-Depressive Illness and the ArtisticTemperament. New York: The Free Press.Journal of Creativity, 13(1) (2000-2001). [Sonderausgabe zu <strong>Kreativität</strong> <strong>und</strong> Schizophrenie]Kraepelin, E. (1913). Das manisch-depressive Irresein. In: Psychiatrie. Ein Lehrbuch <strong>für</strong> Studierende<strong>und</strong> Ärzte (8., völlig umgearb. Aufl.) (S. 1183-1395). Leipzig: J. A. Barth.Kupfer, A. (1996). Die künstlichen Paradiese: <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> Realität seit der Romantik. Ein Handbuch.Stuttgart: J. B. Metzler.Lewin, L. (1927/1980). Phantastica. Die betäubenden <strong>und</strong> erregenden Genußmittel. Für Ärzte <strong>und</strong>Nichtärzte. Linden: Volksverlag.Ludwig, A. M. (1990). Alcohol input and creative output. British Journal of Addiction, 85, 953-963.Martindale, C., Moore, K. & Borkum, J. (1990). Aesthetic preference: Anomalous findings forBerlyne's psychobiological theory. The American Journal of Psychology, 103(1), 53-80.Nietzsche, F. (1872). Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik. Leipzig: E. W. Fritzsch.Weisberg, R. W. (1994). Genius and madness? A quasi-experimental test of the hypothesis thatmanic-depression increases creativity. Psychological Science, 5(6), 361-367.Klein, T. G. (2008). <strong>Rausch</strong> <strong>und</strong> <strong>Kreativität</strong>. Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Kreativität</strong> e. V., Mainz, 23.02.2008.

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