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Ausgabe 8/2012 - Online Scout

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Unsere BVA eu22Zinsen für Staatsanleihen werden von Ratingagenturenmassiv beeinflusst. Nun wurde erstmalsamtlich festgestellt, dass die Bewertung einesFinanzproduktes willkürlich erfolgte. Standard &Poors muss für den Schaden aufkommen.Präzedenzurteilgegen RatingagenturFoto: arahan - Fotolia.comStandard & Poor’s haftbar für Schäden aus irreführender Bewertung von Finanzprodukten:In Australien hat ein Gericht Klagen von glücklosen Investoren gegendie Rating agentur Standard & Poor’s gutgeheißen. Rechtsanwälte sprechen voneinem „Testfall“ und kündigen weitere Klagen in Europa an. Text: Heidi GmüreuErschienen in der„Neuen ZürcherZeitung“ am7. 11. <strong>2012</strong>.Mit freundlicherGenehmigung der„Neuen ZürcherZeitung“.Mehrere australische Gemeinden, die sich während derFinanzkrise an einem vermeintlich sicheren strukturiertenFinanzprodukt die Finger verbrannt hatten, haben erfolgreichgegen die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P)geklagt. Eine Bundesrichterin in Sydney kam am Montagzum Schluss, dass die Agentur haftbar ist für einen Teil desSchadens, da die Bewertung des strukturierten Finanzproduktesmit der Höchstnote „AAA2“ „täuschend und irreführend“gewesen sei. Es ist das erste Mal, dass S&P wegeneines Ratings juristisch belangt wird.Ebenfalls haftbar gemacht hat sich laut dem Gericht dieniederländische Investmentbank ABN Amro. Sie hatte dasFinanzprodukt, sogenannte „constant proportion debt obligations“(CPDO), im April 2006 entworfen und – versehenmit dem „AAA“-Gütesiegel von S&P – im Herbst desselbenJahres auf den australischen Markt gebracht. Währenddie Bank den Papieren den schmeichelhaften Übernamen„Rembrandt“ verpasst hatte, sprach die Richterin im Urteilvon einem „grotesk komplizierten“ Vehikel. Der lokaleFinanzdienstleister Local Government Financial Services(LGFS) kaufte damals von ABN Amro „Rembrandts“ imWert von 45 Mio. austr. $ (knapp 44 Mio. Fr.), wovon ereinen Teil an 13 Gemeinden des Gliedstaates New SouthWales weiterverkaufte. Insgesamt investierten diese öffentlicheGelder in der Höhe von rund 16 Mio. austr. $ – imGlauben, eine sichere Anlage zu tätigen. Im Februar 2008stufte S&P die Papiere jedoch auf „BBB+“ herunter, undbereits im Herbst 2008 war deren Wert auf unter 10 %gefallen, woraufhin sie liquidiert wurden. 2009 reichten die13 Gemeinden Klage gegen S&P, ABN Amro und LGFS ein.Für die Richterin besteht gemäß der schriftlichen Urteilsbegründungkein Zweifel daran, dass die – wiederholte– Bewertung der „Rembrandts“ mit der Höchstnote gar niehätte erfolgen dürfen. Zustande gekommen sei sie vielmehrwegen falscher Modellannahmen, die S&P von der ABNAmro teilweise gutgläubig und ungeprüft übernommenund teilweise selber willkürlich gewählt hatte. Die Richterinhielt dazu fest, dass das Modellieren des Risikos und dieBenotung durch S&P nicht in einer Weise erfolgt seien, wiees von einer „einigermaßen kompetenten“ Ratingagenturerwartet werden könnte.Gemäß ihren Ausführungen kam es aber noch dicker:Jene Serie von „Rembrandts“, die den Gemeinden zumVerhängnis wurde, hatte S&P im Herbst 2006 sogar in vollemBewusstsein um die unzutreffenden Modellannahmenerneut mit der Höchstnote versehen; zu diesem Zeitpunktbezeichnete selbst ein S&P-Angestellter die Angelegenheitals „a real mess“. Wegen irreführenden und täuschendenVerhaltens müssen S&P, ABN Amro und LGFS laut der Richterinnun für den Schaden aufkommen, der den Gemeindendurch den Kauf des Produktes erwachsen ist. Einwändeder Beklagten, wonach die Gemeinden ein Mitverschuldentreffe, wies sie zurück.Ein Sprecher von S&P teilte auf Anfrage mit, dass die Agenturenttäuscht sei vom Gerichtsentscheid. Man weise jeglichenVerdacht zurück, dass deren Meinungen nicht angemessengewesen seien, und werde gegen das Urteil appellieren.Als bedeutenden Schlag bezeichnete hingegen die australischeAnwaltskanzlei Piper Alderman, die 12 der Gemeindenvertreten hat, das Urteil. Dieses werde sicherstellen,dass Ratingagenturen künftig zur Rechenschaft gezogenwerden könnten für ihre Bewertungen. Auch Hugh McLernon,Chef der Firma IMF, die den Prozess finanziert hatte,sprach von einem „Testfall“. Die IMF selber plant weitereKlagen gegen ABN Amro und S&P in Neuseeland, Australien,aber auch in den Niederlanden und in Großbritannien.Bereits am Samstag sollen in Europa Treffen stattfinden,wobei McLernon die potenziellen Kläger nicht preisgebenwollte. Die IMF geht aber davon aus, dass allein in EuropaCPDO im Wert von rund 2 Mrd. € verkauft wurden.

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